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31.01.2020 | Markenführung | Kommentar | Online-Artikel

Gretas Gratwanderung

verfasst von: Eva-Susanne Krah

3 Min. Lesedauer

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Greta Thunberg hat die Welt mit ihrer Fridays-for-Future-Bewegung emotional bewegt. Jetzt professionalisiert sie sich und wird zur Marke. Ein cleverer Schachzug. Doch ob er gelingt?

Wochenlang gab es in Wirtschaft, Politik und Marketing fast nur ein Top-Thema: Was macht Greta? Die von der jungen Klimaaktivistin initiierten Fridays for Future haben Schüler wie engagierte erwachsene Umweltschutzbefürworter aktiv wie passiv bewegt. Die Transatlantikreise von Greta Thunberg im Segler war der vorläufige Höhepunkt. Längst haben sich im Hintergrund von Gretas kräftezehrendem persönlichen Engagement professionelle Teams gebildet. Jetzt soll der Begriff Fridays for Future laut "spiegel.de" über die Stiftung "The Greta Thunberg and Beata Ernman Foundation" als Marke geschützt werden. Aus reiner Marketingsicht nur konsequent und clever, denn die Marke hat Potenzial. Zudem könnte das die Umweltbewegung gegen Trittbrettfahrer schützen, die Gretas Idee abwandeln und mit ihr sozial und politisch Kasse machen wollen. Auf den ersten Blick erinnert das grün-weiße Logo der Bewegung an die US-Kaffeekette Starbucks, eine erfolgreiche Lifestyle-Marke der jungen Konsumentengeneration. 

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Erfolgsfaktoren und Instrumente nachhaltiger Brands

Das Buch analysiert die Erfolgsfaktoren ökologischer und sozialer Marken und bietet Einblicke in die Strategien moderner Konzerne, Familien- sowie Sozialunternehmen. Auf Basis von Betriebswirtschaft, Markensoziologie und Sozialpsychologie beschreiben die Autoren übergreifende Strukturmerkmale und zeigen Lösungen Schritt für Schritt an konkreten Beispielen auf. Erfahrungen beim Aufbau und der europaweiten Durchsetzung der grünen Marke „wooden radio“ bilden die Grundlage für zahlreiche direkt umsetzbare Empfehlungen.

Interessant ist ein näherer Blick auf den Markenrechtsantrag beim Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum (Euipo). Als Geschäftsfelder für die künftige Marke werden dort beispielsweise die Bereiche Versicherungs- und Finanzwesen, Geldgeschäfte, Fundraising, Bildung und Wissenschaft, aber auch Werbung, Marketing und Verkaufsförderung oder technologische Dienstleistungen angegeben. Spannend wird also sein, wie der Vermarktungsplan für Fridays for Future aussehen wird. Finanzdienstleistungen, etwa nachhaltige Investment-Produkte oder ein grüner Stiftungsfonds ließen sich sicher vermarkten, Charity-Galas veranstalten, grüne Umweltprojekte oder nachhaltige Produktsortimente auflegen, die bei Rewe irgendwann mit Gretas Label im Supermarktregal landen. Doch das kann schnell einen bitteren Beigeschmack haben. Denn gerade das ungestüme, völlig spontan anmutende Engagement der jungen Schwedin hat ihre Bewegung so einzigartig gemacht. 

Marke braucht einen genetischen Code

Im Sinne der Markenführung macht Greta alles richtig: Eine solide Markenpositionierung und "der Aufbau eines klaren Markenimages ist grundlegend für eine langfristig erfolgreiche Markenführung", schreibt Springer-Autor Franz-Rudolf Esch im Kapitel "Markenpositionierung als Grundlage der Markenführung" (Seite 201) aus dem "Handbuch Markenführung". Sein Argument: Eine klare Positionierung im Markt bringe die Marke und deren Besonderheiten zum Ausdruck, ist für Kunden relevant, ermöglicht "die Abgrenzung zur Konkurrenz" und ist auch langfristig gültig. Sie sei damit die Grundlage für den Aufbau starker Marken. 

Allerdings muss die Fridays-for-Future-Bewegung ihr Profil als grüne Marke erst noch entwickeln. "Der ,genetische Code' der Marke, d. h. das Erfolgsprofil", wie es Oliver Errichiello und Arnd Zschiesche im Kapitel "Entwicklung, Entfaltung und Führung einer grünen Marke" (Seite 107) nennen, ist entscheidend. Grüne Werte, die sich möglichst nicht verändern, geben aus seiner Sicht das Koordinatensystem vor, wie Marken agieren müssen, um "ein positives Urteil zu ihrem Namen tiefer zu verankern" und die Wertschöpfungskraft zu stärken, erklären sie. Unternehmen sollten auf Ursachenforschung gehen, was eine Marke im ökologisch, sozialen, grünen Bereich, dem man Fridays for Future zuordnen kann, stark macht. Die Autoren nennen drei Beispiele:

  • Was sind die Ursachen dafür, dass viele Menschen heute der Marke Dr. Hauschka eine hohe Kompetenz im Bereich Naturkosmetik zubilligen?
  • Was sind die Ursachen dafür, dass Lemonaid gerne als hippes, junges Produkt wahrgenommen und mit gutem Gewissen getrunken wird? 
  • Was sind die Ursachen dafür, dass es einem handgebauten Radio aus Holz ("wooden radio"), das in Zeiten des High-Fidelity-Sounds noch mit einem einfachen analogen Empfänger ausgestattet, sich trotzdem in ganz Europa zu einem Premiumpreis verkaufen lässt?

Dem Vermarktungspfad zu folgen, wird für Fridays for Future eine Gratwanderung. Unternehmen wie die Nothilfe- und Entwicklungsorganisation Oxfam haben diesen Weg bis heute glaubwürdig beschritten. Das kann man auch Greta Thunberg nur wünschen.

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