30.06.2016 | Markenrecht | Im Fokus | Online-Artikel
Was der Brexit für EU-Marken bedeutet
EU-weit agierende Unternehmen hoffen, dass die rechtlichen Unsicherheiten nach dem Brexit schnell geklärt werden.
M. Schuppich | Fotolia
Klar ist, dass nun auch über die Markenrechte zwischen der Europäischen Union (EU) und Großbritannien neu verhandelt werden muss. Für international agierende Unternehmen bedeutet dies eine weitere Herausforderung. Allein die von der britischen Regierung angekündigte Taktik, mit den Austrittsverhandlungen erst im Herbst zu beginnen, führt zu rechtlichen Unsicherheiten und einer vermutlich jahrelangen Übergangsphase. Dies könnte Markenpiraten auf den Plan rufen, die eventuelle Rechtslücken für sich nutzen wollen.
Unionsmarke für alle EU-Länder
In der EU – und damit bislang auch in Großbritannien – sind Marken durch die Gemeinschaftsmarkenverordnung geschützt. Bei der Gemeinschaftsmarke handelt es sich "um ein einheitliches Schutzrecht, das nur für das gesamte Gebiet der Europäischen Union eingetragen, übertragen bzw. für nichtig erklärt werden kann", erklärt Sönke Ahrens in dem Fachbeitrag "Internationale Schutzrechte" auf Seite 66. Praktischerweise besteht seit 1996 die Möglichkeit, beim Amt der Europäischen Union für Geistiges Eigentum (EUIPO) in Alicante eine Unionsmarke mit Schutz in allen EU-Mitgliedstaaten zu beantragen. Dort können zudem Gemeinschaftsgeschmacksmuster registriert werden, die einheitlichen Designschutz für alle EU-Mitgliedstaaten bieten.
Eine Erfolgsgeschichte, wie Springer-Autor Ahrens meint: "Allein im Jahre 2011 sind beim HABM 105.857 Anträge auf Eintragung einer Gemeinschaftsmarke eingereicht worden, darunter die einmillionste Anmeldung einer Gemeinschaftsmarke [...]. Dabei spielt auch der Kostenvorteil eine Rolle. Eine Gemeinschaftsmarke kostet mit 900 Euro Anmeldegebühr ungefähr das Dreifache einer nationalen deutschen Marke. Sie bietet jedoch Schutz für alle 28 EU-Mitgliedstaaten. Außerdem erstreckt sich ihr Schutzbereich automatisch auch nachträglich in alle neu der EU beitretenden Mitgliedstaaten. Am 1. Juli 2013 haben also alle Inhaber einer Gemeinschaftsmarke automatisch auch Schutz für das Territorium Kroatiens erlangt." (Seite 66). Seit März 2016 wurde das "Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt" (HABM) in "Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum" (EUIPO) umbenannt.
Rechte schnell sichern
Die Briten sorgen nun mit ihrem Austrittsvotum für Verunsicherung. Da die EU nicht bestimmen kann, wie das künftige Nicht-EU-Mitglied mit den Vereinbarungen zur Gemeinschaftsmarke und dem Gemeinschaftsgeschmacksmuster umgeht, könnten Inhaber dieser Markenrechte in Großbritannien plötzlich ohne Schutz dastehen. Durch neue Schutzrechtsanmeldungen vor dem britischen Markenamt lässt sich die Schutzlücke schließen. Allerdings besteht das Risiko, dass sich Nachahmer oder Markenpiraten diese Rechte durch schnellere Anmeldungen ganz legal sichern.
Eine Vereinbarung zwischen EU und Großbritannien, die den Fortbestand der Gemeinschaftsmarken und Gemeinschaftsgeschmackmuster garantiert, würde diese Gefahr bannen. „"Sollte es zu einer solchen Einigung nicht kommen, müssten alle Inhaber von Unionsmarken und Gemeinschaftsgeschmacksmustern unmittelbar aktiv werden, um ihre Rechte für Großbritannien weiter zu sichern“, warnt Rechtsanwältin Julia Dönch von BDO Legal. Gleiches gelte auch für Lizenzgeber und -nehmer.