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07.04.2016 | Markenstrategie | Interview | Online-Artikel

"Marken müssen den Wandel mitgestalten"

verfasst von: Anja Schüür-Langkau

4 Min. Lesedauer

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Interviewt wurden:
Dr. Annette Bruce

gründete 2001 die Creative Advantage GmbH in Hamburg und ist Geschäftsführerin des Unternehmens.

Christoph Jeromin

ist Associate Partner bei der Creative Advantage GmbH in Hamburg. 

Das Erfolgsrezept der agilen Markenführung bedeutet Komplexitätsreduktion, Handlungsorientierung und Anpassungsfähigkeit. Was dies für Marken genau bedeutet, erläutern Annette Bruce und Christoph Jeromin. 

Springer Professional: Welchen Herausforderungen stehen Marken derzeit gegenüber?

Annette Bruce: Nie hat der Kunde die Industrie so vor sich hergetrieben, wie es heute der Fall ist. Es sind schon lange nicht mehr die Innovationsabteilungen der Unternehmen, die Märkte machen, sondern diejenigen, die – meist dank der neuen Technologien – die Regeln eines Marktes komplett umschreiben. Viele unterschiedliche Entwicklungen tragen dazu bei: Kunden agieren heute meist multioptional. Das geht in der Differenzierung weit über den klassischen Mercedes-Fahrer, der bei Aldi einkauft, hinaus. Soziale Medien haben zum Ende der Kommunikationshoheit von Marken geführt und auf Plattformen wie Airbnb oder Soundcloud verschmelzen die Grenzen zwischen Anbieter und Nachfrager völlig.

Was sind aus Ihrer Sicht die dringendsten Aufgaben der Markenführung heute?

Christoph Jeromin: Das kann man auf einen Nenner bringen: Orientierung schaffen – und das zu gleichen Teilen für die Kunden und für die Mitarbeiter in Unternehmen und Organisationen. Markenführung war lange auf die Außenbeziehung konzentriert, mit dem Ziel, die Marke für Konsumenten attraktiv und identifikationsstiftend zu machen. Aber mit der gestiegenen Anspruchshaltung der Kunden, dem sich verschärfenden "War for Talent", der zunehmenden Transparenz von Unternehmen und der wachsenden Zahl an Touchpoints wird zusätzlich die Orientierungsfunktion nach innen immer wichtiger. Wir sagen unseren Kunden heute, dass sich eine Marke und ihre Wahrnehmung mindestens zur Hälfte aus der Unternehmenskultur ableiten – ob man das will oder nicht.

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Dieses Buch zeigt, wie eine agile Markenführung in dynamischen Märkten gelingen kann. Die digitale Welt zwingt Unternehmen dazu, die reine Stabilitäts- und Kontinuitätsfunktion der Markenpositionierung um Freiräume für Agilität und Anpassungsfähigkeit zu erweitern.


In Ihrem Buch stellen sie das Konzept der agilen Markenführung vor. Was verstehen Sie genau darunter?

Annette Bruce: In Zeiten, in denen sich Märkte extrem schnell entwickeln und verändern, ist das Risiko für Markenentscheider groß, in Aktionismus zu verfallen. Das könnte man positiv formuliert auch als entscheidungsfreudig bezeichnen. Aber das meinen wir mit Agilität nicht. Unter Agilität in der Markenführung verstehen wir eine angemessene, zielgerichtete und schnelle Reaktion auf sich verändernde Marktsituationen. Das Ziel der agilen Markenführung ist das Erreichen eines angemessenen Gleichgewichtes aus Planen und Handeln sowie aus Kontinuität und Veränderung. Oder um es noch deutlicher zu sagen: Wir sind der Meinung, dass eine gut geführte Marke in der Lage sein sollte, den Wandel mitzugestalten, statt in einer ständigen Aufholjagd die Kräfte zu vergeuden.

Welches sind die wichtigsten Erfolgsfaktoren der agilen Markenführung?

Christoph Jeromin: Drei Faktoren sind aus unserer Sicht zentral: Komplexitätsreduktion, Handlungsorientierung und Anpassungsfähigkeit. Viele Instrumente und Modelle der Markenstrategie und Markenpositionierung sind aus unserer Sicht zu komplex und mindern so eher die Orientierung für Kunden und Mitarbeiter. Der Kern einer Marke sollte so einfach, kurz und verständlich wie möglich definiert sein, damit er klare Orientierung bieten kann.

Annette Bruce: In unserer Beratungspraxis und einer unserer Studien haben wir festgestellt, dass der Einfluss einer Markenpositionierung – eigentlich das zentrale Steuerungsinstrument – häufig funktionsübergreifend nur geringen Einfluss hat, manchmal sogar nicht einmal im gesamten Marketing-Mix. So wird ungeheures Potenzial verschenkt. Die Grundsätze einer Marke müssen allen Unternehmensmitgliedern Handlungsorientierung und Entscheidungshilfe sein und zwar auf allen Hierarchiestufen und in jeder Abteilung. Bei der Anpassungsfähigkeit spielt das angesprochene Gleichgewicht aus Kontinuität und Veränderung die entscheidende Rolle. Es gilt die Fähigkeit zu entwickeln, kontinuierlich das Marktgeschehen zu kennen und zu bewerten, um entscheiden zu können, wann und in welcher Form Anpassungen am Marketing-Mix oder sogar an der Markenstrategie nötig sind.

Sie sprechen zudem vom Begriff der Marktintelligenz. Können Sie diesen näher erläutern?

Christoph Jeromin: Marktintelligenz verstehen wir als Grundlage der agilen Markenführung. Neben der Exploration der Kundenbedürfnisse schließt sie eine intensive Wettbewerbsanalyse, die Messung der im Unternehmen verankerten Leistungserbringung einer Marke und die Identifikation wesentlicher Einflussfaktoren der Marktumwelt ein. Ohne die kontinuierliche Generierung von Marktintelligenz ist die Anwendung der Prinzipien der agilen Markenführung nicht möglich.

Welche Unternehmen nutzen dieses Konzept schon und gelten sozusagen als Vorreiter?

Annette Bruce: Auch wenn es das Unternehmen selbst sicher nicht "agile Markenführung" nennen wird, sehen wir Motel One als ein sehr gutes Beispiel. Wie mit einem Leitsatz "Konzentriere dich aufs Wesentliche – aber genüge damit den höchsten Ansprüchen" ein Angebot geschaffen wurde, das sowohl eine klare Orientierung nach innen bietet als auch für viele Kunden hoch attraktiv ist, ist beeindruckend. Ein Beispiel aus unserer Beratungspraxis ist A-Rosa Flusskreuzfahrten. Die Marke konnte sich mit einem differenzierendem Premium-Angebot und dem Markenkern "Mehr Zeit", der das Besondere einer Flusskreuzfahrt auf den Punkt bringt, in einem sehr schwierigen Markt deutlich von der Konkurrenz absetzen. 

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