Für das Marketing gibt es 2020 einiges zu tun. Trends und neue Schwerpunkte im Werbemarkt treffen auf moderne Technologien, die es geschickt einzusetzen gilt. Die zunehmend fragmentierte Customer Journey kommt erschwerend hinzu.
Viele Märkte sind übersättigt, die Produkte homogen und Marken werden immer austauschbarer: Daran wird sich mit Blick auf die Markt- und Konsumforschung auch 2020 nicht viel ändern. Neben überzeugenden rationalen Verkaufsargumenten ist das Marketing daher gefragt, Zielgruppen über das Kundenerlebnis emotional an die Marke zu binden. Da immer mehr Medienkanäle und Endgeräte die Customer Journey, also die Reise des Kunden im Kaufprozess, prägen, kommt es dabei auf jeden einzelnen kleinen Mikro-Moment an, den die Zielperson im Zusammenhang mit einer Marke erlebt. Diese vorauszusagen, ist für Unternehmen jedoch schwerer denn je: 76 Prozent der Verbraucher machen laut einer Studie von Think with Google beim Shopping unerwartete Entdeckungen, mit denen sich 85 Prozent in den darauffolgenden 24 Stunden beschäftigen.
High-Tech trifft auf Menschlichkeit
Dabei gilt: Konsumenten werden nicht nur immer reizüberfluteter und sprunghafter, was sich in einer kurzen Aufmerksamkeitsspanne und schwindender Markentreue niederschlägt. Es steigt auch der Anspruch an Brands weit über ihr Leistungsversprechen hinaus. Neben dem Erlebnis steht die Glaubwürdigkeit einer Marke deshalb über allem. Die fünf wichtigsten Trends, die Marketer und Kommunikationsprofis 2020 beschäftigen, bildet die nachfolgende Tabelle ab.
Trend | Aussichten 2020 |
Künstliche Intelligenz (KI) | KI ist weiterhin auf dem Vormarsch und beflügelt Anwendungen im Bereich Marketing Automation, Programmatic Advertising und dem Internet der Dinge mit dem Ziel der personalisierten Kundenansprache. KI-basierte Lösungen werden aber wohl auch 2020 hauptsächlich in Unternehmen mit großen Datenbeständen und dementsprechenden leistungsstarken Ressourcen zum Einsatz kommen, so das Online-Marketing-Unternehmen Criteo. |
Social Media | Unternehmen haben begriffen, dass sie soziale Netzwerke wieder in ihrer ursprünglichen Ausrichtung begreifen müssen: Statt reiner Werbung verschiebt sich der Fokus des unternehmerischen Engagements mehr und mehr auf die Vernetzung mit den (potenziellen) Stakeholdern. Das gilt in besonderem Maße für das Marketing im Business-to-Business-Segment, wie der Bundesverband Industrie Kommunikation e.V. (bvik) für 2020 prognostiziert. |
Interaktivität | Konsumenten möchten nicht nur ein anregendes Markenerlebnis, sondern künftig auch verstärkt darin eingebunden werden. Interaktive Konzepte wie Quizze, Umfragen, Augmented Reality (AR) oder Virtual Reality werden daher an Wichtigkeit gewinnen, so die Prognose des Online-Marketing-Unternehmens Imaos. Auch Gamification und E-Sports gelten als große Trends, die Chancen für Werbetreibende bereithalten. |
Online Video & Audio | 84 Prozent der Mediabudget-Verantwortlichen haben in einer globalen Studie des Marktforschungsinstituts Kantar angegeben, 2020 verstärkt in Online Videos zu investieren. Diese werden häufig speziell auf die sozialen Netzwerke zugeschnitten produziert. Für Podcasts steigen die Budgets bei 63 Prozent. Nachdem in den USA Podcasts bereits seit Jahren etabliert sind, schwappt der Hype nun auch endgültig auf Deutschland über. |
Purpose driven Marketing | Marken, die einem höheren Ziel, einem "Purpose", folgen, wachsen 2020 doppelt so stark wie Marken, die keinen solchen Ansatz verfolgen, meldet Kantar in einer weiteren Studie. |
Das sagen Vertreter aus Marketing, Service und Kommunikation
(Auszüge)
Sandy Wilzek, Agenturleiterin B2B-Kommunikationsagentur Möller Horcher Public Relations GmbH
"Viel zu lang haben sich Marketer an die Customer Journey geklammert und Phase für Phase, Touchpoint für Touchpoint eine Route konstruiert, die zwar schlüssig war, allerdings nur wenig mit der Realität zu tun hatte. Die Kundenreise verläuft nicht linear, sondern individuell. Darum ist es wichtig, dass Unternehmen die für ihre Zielgruppe relevanten Touchpoints mit dem richtigen Content bespielen, und zwar unabhängig davon, in welcher Phase sich ein potenzieller Kunde gerade befinden könnte. Der Content muss für jeden möglichen Kunden ein Wegbereiter sein, um tatsächlich die Informationen zu erhalten, die er aktuell benötigt, dies gelingt vor allem über Verweise und Backlinks."
Jan Pilhar, Executive Director IBM Deutschland:
"Chief Marketing Officer müssen ihre Rolle heute als Chief Experience Officer verstehen. Sie sind ganzheitliche Koordinatoren eines Kundenerlebnisses, das marktgerecht ist und am Markt Bestand hat."
Gabriele Horcher, Kommunikations-Wissenschaftlerin und geschäftsführende Gesellschafterin Möller Horcher
"Die Veränderungen durch Voice Commerce, Text-Mining und den Einsatz digitaler Assistenten sind bei genauerer Betrachtung der Zielgruppen bereits jetzt sichtbar. Unternehmer und Führungskräfte in Sales, Marketing, Service und Kommunikation müssen jetzt agieren, damit sie nicht unvorbereitet, sondern fähig sind, erfolgreich die Kommunikation der Zukunft mitzugestalten."
Hendrik Habermann, Unternehmer, Speaker und Springer-Autor des Buchkapitels "Wie Sie in Zukunft Kunden gewinnen: multisensual und emotional – oder gar nicht!" (Seite 183)
"Der Blick auf uns von außen wird zunehmend kritischer werden, die Transparenz unseres Handelns, und zwar in jedem Aspekt unseres Seins und Wirkens, wird zunehmen. Es wird letztlich nicht weniger gefordert sein als ein klares Bekenntnis zu Werten und einer eindeutigen Antwort auf die Frage danach, wozu wir überhaupt angetreten sind und wie und womit wir unseren Teil dazu beitragen möchten, dass diese Welt zumindest für ein Teil der Menschen besser wird."