1998 | OriginalPaper | Buchkapitel
Markt- oder Staatsversagen?
Regulierung und Deregulierung der deutschen Bahnen
verfasst von : Konrad Zoz, Jens Köke
Erschienen in: Volkswirtschaft in fünfzehn Fällen
Verlag: Gabler Verlag
Enthalten in: Professional Book Archive
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Nachdem die Bundesbahn den Staat im Laufe der Jahre mit steigender Tendenz über 300 Milliarden DM an Zuschüssen und Subventionen gekostet hatte, wurde mit der Bahnreform Anfang Januar 1994 ein wichtiger Schritt auf dem Wege zur Beendigung eines staatlichen Monopols unternommen, das seit 1920 ununterbrochen Bestand gehabt hatte. Dieser Schritt kennzeichnet eine grundlegende Abkehr von der Überzeugung, im Verkehrssektor würden die Marktprozesse nicht zu den erwünschten Ergebnissen führen.Die Sonderstellung der Eisenbahnen ist ehemals mit Gemeinwohlpflichten, der Gefahr ruinöser Konkurrenz und der Unterversorgung in einem natürlichen Monopol begründet worden. Traditionell wurde eine Lösung der hiermit verbundenen Effizienzverluste in einer staatlichen Regulierung des gesamten Verkehrsmarktes gesehen: Die Bundesbahn wurde als staatlicher Monopolbetrieb geführt, und zusätzlich beschränkten zahlreiche Regelungen den Wettbewerb zwischen den verschiedenen Verkehrsträgern. Die Versorgung mit Verkehrsleistungen wurde behördlich festgelegt, und die entstehenden Verluste wurden durch eine staatliche Subventionierung ausgeglichen. Diese faktische Kostendeckungsgarantie schaltete die Anreize zum effizienten Betrieb aus und trieb die Kosten in die Höhe. Die betrieblichen Ineffizienzen waren zuletzt so groß, daß nicht einmal die Personalkosten gedeckt wurden. Die behördliche Struktur verhinderte zudem eine klare Kundenorientierung als Dienstleister. Die Bahn war trotz aller Protektion immer weniger der zunehmenden Konkurrenz durch Straßen- und Luftverkehr gewachsen, hat dramatisch an Marktanteilen verloren und untragbare Defizite verursacht.Die Bahnreform soll diese Probleme durch Privatisierung und Deregulierung lösen. Die privatwirtschaftliche Organisation verbunden mit unternehmerischer Freiheit in der Gestaltung von Preisen und Streckenangebot soll die Konkurrenzfähigkeit der Bahn erhöhen. Die Bereitstellung des Schienennetzes (die Ursache des natürlichen Monopols) wurde von der eigentlichen Verkehrsleistung organisatorisch getrennt. Damit wird die Möglichkeit einer Konkurrenz im Betrieb eröffnet. Außerdem wurde die Belastung der Bahn durch struktur- und sozialpolitische Aufgaben abgeschafft. Sind öffentliche Körperschaften an der Aufrechterhaltung von unrentablen Strecken interessiert, müssen sie für die entstehenden Betriebsverluste aufkommen.