Handwerkliche Fehler können den Erfolg und die Aussagekraft von Onlinebefragungen torpedieren.
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Online-Befragungen sind beliebt, vielseitig einsetzbar und im Internet fast überall anzutreffen. In Abstimmungen wird gevotet und bewertet, was das Zeug hält. Die Ergebnisse lassen sich dann öffentlichkeitswirksam für die eigene PR nutzen.
Doch solche Schnellschüsse haben nichts mit wirklicher Marktforschung zu tun, stellt Springer-Autor Axel Theobald klar. "Belastbare Daten zur Entscheidungsunterstützung erfordern eine genauer definierte Stichprobenauswahl sowie einen intelligenten Fragenkatalog mit aufeinander abgestimmten Inhalten und einer durchdachten Dramaturgie, der verschiedene Fragestellungen auch zueinander in Beziehung setzen und damit Erkenntnisgewinne gewährleisten kann", schreibt er in der "Einleitung" seines Buches "Praxis Online-Marktforschung".
Bedeutung der Onlinemarktforschung wächst
Doch abgesehen davon hat sich die Onlinemarktforschung mittlerweile zu einer gleichberechtigten Erhebungsmethode entwickelt und auch große Marktforschungsinstitute können dies schon lange nicht mehr ignorieren. Der Trend ist eindeutig: "Online-Interviews nehmen rasant zu, und zwar zu Ungunsten der teureren persönlichen Interviews sowie der langsameren schriftlichen Interviews", weiß auch Theobald (Seite 18). Dies ist kaum verwunderlich, denn sie sind im Vergleich zu anderen Marktforschungsmethoden schneller und billiger.
Die beliebtesten Fehler
Eine Folge dieser Entwicklung ist ein erhöhter Konkurrenz- und Kostendruck. Zudem wächst die Gefahr, dass dadurch die Forschungsqualität sinkt. Im Buchkapitel "Gutgemeinte Tipps und die beliebtesten Fehler" hat der Autor 23 der häufigsten Fehler, die bei Onlinebefragungen gemacht werden zusammengetragen (Seite 392 ff.). Fünf davon werden hier vorgestellt:
- Unterschätzen Sie nicht den Zeitaufwand im Vorfeld: Online-Befragungen können unglaublich schnell umgesetzt und publiziert werden. Aber nur wenn die Umsetzer auch die Details selbst entscheiden können oder die Entscheider unmittelbar mitarbeiten. Nicht selten sind jedoch zeitraubende Schleifen erforderlich, weil ein Projekt "von oben" noch abgesegnet werden muss oder von dort noch mehr oder weniger nützliche Korrekturwünsche kommen.
- Verlassen Sie sich bei der Projektplanung nicht blind auf Ihre Umfrage-Software: Nicht alles, von dem Sie meinen, dass es die Software doch können müsse, beherrscht sie auch wirklich. Mitunter tritt ein Grad der Komplexität bei den Anforderungen ein, der im Zweifel dann doch nicht oder nur mit höherem Aufwand lösbar ist.
- Überfischen Sie nicht Ihr Feld: Umfrageteilnehmer sind ein wertvolles Gut, das nicht überstrapaziert oder verärgert werden sollte. Die zu häufige Durchführung, beispielsweise von Kunden- oder Mitarbeiterbefragungen, kann rasch zum Verlust des Interesses und der Glaubwürdigkeit auf Seiten der Teilnehmer führen.
- Verwenden Sie keine ungeeigneten oder zu wertvollen Incentives: Incentives haben neben der gewünschten (und hoffentlich auch erfolgenden) Motivationssteigerung noch andere Auswirkungen. Deshalb müssen sie, wenn man sie schon einsetzen will oder muss, auch klug ausgewählt werden. Die lapidare Aussage "Da verlosen wir einfach drei iPods!" ist in aller Regel etwas zu einfach gedacht. Denn zu attraktive oder einseitig wirkende Incentives führen möglicherweise zu ungeeigneten Stichproben.
- Führen Sie keine Befragungen zu Werbezwecken, mit Verkaufsabsicht oder zum E-Mail-Sammeln durch: Die Vermischung von Forschungs- und Verkaufsaktivitäten ist unzulässig. Dies gilt auch für "gutgemeinte" Prämien mit Zuzahlung, wie etwa Probeabos.
Grundsätzlich gilt: Onlinebefragungen unterliegen den gleichen methodischen Anforderungen wie die Methoden der klassischen Marktforschung. Unternehmen sollten daher darauf achten, ihre Qualitätsansprüche nicht aus Kostengründen zu senken.