Der Artikel beleuchtet die Marmorgewinnung und Schmiedetätigkeit im Frühmittelalter am Beispiel des Steinbruchreviers Spitzelofen in Kärnten, Österreich. Im Jahr 2020 wurden bei neuen Untersuchungen einer Brandschicht aus dem 8. und 9. Jahrhundert n. Chr. Funde wie Holzkohle, Tierknochen und ein Messer entdeckt. Diese Funde deuten auf eine frühmittelalterliche Nutzung des Steinbruchs hin, was neue Erkenntnisse zur Schmiedetechnik und Marmorgewinnung in dieser Zeitperiode liefert. Die metallurgischen Analysen des Hammerschlags zeigen, dass die Schmiedetätigkeiten vor Ort stattfanden und wahrscheinlich zur Instandhaltung und Reparatur von Steinbruchwerkzeugen dienten. Der Artikel diskutiert auch die Bedeutung der Marmorgewinnung im Frühmittelalter und die mögliche Wiederverwendung von römischen Marmorobjekten. Die detaillierten Fundbeschreibungen und Analysen bieten wertvolle Einblicke in die Lebens- und Arbeitsbedingungen der damaligen Zeit und sind von großem Interesse für Fachleute in den Bereichen Archäologie, Historie und Geologie.
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Zusammenfassung
Im römerzeitlichen Marmorsteinbruchrevier Spitzelofen in Kärnten wurde bei archäologischen Ausgrabungen auch Hammerschlag gefunden, der aus einer frühmittelalterlichen Brandschicht stammt. Radiokarbondatierungen dieser Schicht weisen den Befund in das 8. bzw. 9. Jahrhundert n. Chr. Im Zuge der metallurgischen Untersuchung wurde plättchenförmiger Hammerschlag festgestellt. Die Dicke der Plättchen variiert zwischen etwa 30 und 100 µm. Es kann davon ausgegangen werden, dass diese Plättchen durch Verzunderung während des Schmiedevorgangs entstanden. Weiters wurde kugelförmiger Hammerschlag beobachtet, bei dem es sich um ein Gemisch aus geschmolzenem Eisen und Schlacke handelt, das beim Hochtemperaturschmieden (> 1200 °C) vom Werkstück wegspritzt. Diese Teilchen haben einen Durchmesser von etwa 250 µm. Der archäologische Kontext, der Hammerschlag und die Radiokarbondatierungen belegen eine mit der Marmorgewinnung zusammenhängende Schmiedetätigkeit im 8. und 9. Jahrhundert n. Chr. In einer einfachen Feldschmiede wurden die durch die Benutzung stumpf gewordenen Steinbruchwerkzeuge nachgeschärft. Dieser somit indirekt gewonnene Nachweis einer frühmittelalterlichen Steingewinnung am Spitzelofen deckt sich zeitlich mit der Marmorverwendung für die frühmittelalterlichen Flechtwerksteine in Karantanien (772 bis 817/828 n. Chr.).
Hinweise
Hinweis des Verlags
Der Verlag bleibt in Hinblick auf geografische Zuordnungen und Gebietsbezeichnungen in veröffentlichten Karten und Institutsadressen neutral.
1 Fundsituation
1.1 Lage und Stratigraphie
Im Jahr 2020 wurde im römerzeitlichen Marmorsteinbruchrevier Spitzelofen am Westabhang der Koralpe in Kärnten (Sankt Georgen im Lavanttal, Bezirk Wolfsberg) ein archäologischer Befund erneut untersucht [1], der bereits 1930 durch den Juristen und Altertumsforscher Franz Jantsch (1898–1948) bei einer Grabung im Südwestbereich des Steinbruchs mit der sog. Saxanus-Inschrift (GO 38) dokumentiert und beschrieben worden war ([2]; Abb. 1). Bei diesem Befund handelt es sich um eine ca. 20 cm starke Brandschicht in einem vor der Südostwand des Steinbruchs liegenden Haldenkörper (Abb. 2). Laut dem Ausgräber lag die Brandschicht auf einer eingeebneten, zwei Meter mächtigem Marmorschuttschicht und enthielt Keramik, Tierknochen und ein Messer; allesamt Funde, die er für römerzeitlich hielt.
Abb. 1
Marmorsteinbruchrevier Spitzelofen, Drohnenfoto vom Steinbruch mit der Saxanus-Inschrift (GO 38), Pfeil: Lage der Grabungsstelle „Profilschnitt 2020“. (Foto: Paul Bayer)
Marmorsteinbruchrevier Spitzelofen, Steinbruch GO 38, Profilschnitt 2020 bei der Abbauwand „Südost“, Blick auf das innere Querprofil. Von oben nach unten: Waldboden SE 9, Versturzschicht SE 10, Schuttschicht SE 13, Brandschicht SE 14 (Pfeil) und Schuttschicht SE 15. (Foto: Paul Bayer)
Die Grabung von 2020 konnte nun Reste dieser Brandschicht erneut erfassen, einerseits im Bereich des verstürzten bzw. erodierten Grabungsprofils von 1930 (SE 11), andererseits im Bereich der noch intakten Halde (SE 14). Die Brandschicht besaß eine Stärke von ca. 25 bis 30 cm und dünnte nach Nordosten aus.
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1.2 Funde und Datierung
Neben zahlreichen Holzkohlestücken (Fnr. SpO-25), deren Größe zwischen 0,5 und 1 cm schwankte, aber vereinzelt bis 3,5 cm erreichte, bestand die Brandschicht vor allem aus Grobsand und einzelnen durchschnittlich 5 bis 10 cm großen Bruchsteinen aus verwittertem Marmor und anderen Nebengesteinen. Ein besonders erhöhter Anteil von Marmorgrus – wie bei Schutthalden – war nicht festzustellen, auch keine Bruchstücke qualitativen (abbauwürdigen) Marmors. Stattdessen fanden sich in dieser Schicht einzelne verbrannte Gneise und Feldspäte (Fnr. SpO-27) sowie eine größere Schuppe von Hammerschlag (Fnr. SpO-26) und eisenhältige Partikel (Fnr. SpO-28-1), die mit Hammerschlagfragmenten durchsetzt waren.
Von zwei Holzkohlestücken aus der Brandschicht – SE 11 im verstürzten Zustand (FNr. SpO-25/1) und SE 14 in der intakten Halde (FNr. SpO-30/1) – liegt eine 14C-Altersbestimmung durch das Labor Beta Analytic Inc. vor (Beta-565280 und Beta-565281). Die Radiokarbondatierung dieser Schicht (Cal 2‑sigma 614–763 n. Chr. und 676–870 n. Chr.) verweist den Befund in das 8. bzw. 9. Jahrhundert n. Chr.
1.3 Fragestellungen
Das obige Datum ist überraschend, da es in Verbindung mit dem Hammerschlag eine frühmittelalterliche Schmiedeaktivität im Steinbruch Spitzelofen belegt und damit vor Ort eine einfache Feldschmiede zur Instandhaltung und Reparatur von Steinbruchwerkzeugen indiziert. Zu Beginn dieses Beitrags soll deshalb kurz der Forschungsstand zum frühmittelalterlichen Schmiedehandwerk rekapituliert werden, worauf die Bedeutung des Hammerschlags für die Rekonstruktion von Schmiedetätigkeiten im Allgemeinen erläutert wird. Danach werden die Analyseergebnisse des frühmittelalterlichen Hammerschlags vom Spitzelofen vorgestellt und die daraus resultierenden Schlussfolgerungen hinsichtlich der Schmiedetätigkeit im Steinbruch. Zum Abschluss gilt es zu hinterfragen, wie wahrscheinlich eine frühmittelalterliche Marmorgewinnung am Spitzelofen ist und welche Nachweise hierfür neben dem Hammerschlag existieren.
2 Das frühmittelalterliche Schmiedehandwerk
Für die Rekonstruktion des Schmiedehandwerks im Frühmittelalter (Mitte 6. bis Mitte 11. Jahrhundert) stehen der Forschung in Mittel- und Nordeuropa zahlreiche schriftliche, bildliche und archäologische Quellen zur Verfügung. Bei den Schriftquellen handelt es sich vor allem um örtlich bezogene Urkunden, Güter- und Zinsverzeichnisse sowie Rechtstexte, die Informationen zur Kaufkraft von Eisen, zur Höhe von Eisenabgaben oder der rechtlichen und sozialen Stellung des Eisenschmieds (faber ferrarius) liefern [3, 4]. Ergänzt werden diese durch Darstellungen von Schmieden und ihren Werkzeugen auf nordischen Steindenkmälern, angelsächsischen Schnitzarbeiten (Abb. 3) oder karolingischen Bilderhandschriften ([5‐8]; Abb. 4, 5). Bei den Darstellungen in den illustrierten Manuskripten, wie den Stuttgarter oder Utrechter Psalter, ist jedoch unklar, inwieweit sie ältere spätantike/mediterrane Bildvorlagen wiedergeben oder sie der tatsächlichen frühmittelalterlichen Realität entsprechen.
Abb. 3
Der Schmied Wieland auf dem Walbeinkästchen von Auzon (Département Haute-Loire, Frankreich), auch bekannt als Franks Casket, Anfang 8. Jahrhundert, Britisch Museum in London, Umzeichnung eines Details auf der Vorderseite mit den Schmiedewerkzeugen in Dunkelrot (Hämmer, Zange, Amboss). (Grafik: Daniel Modl)
Darstellung von einem Schmied am Amboss (rechts) und einem Blasebalg-Gehilfen an einer Bodenesse mit erhöhter Rückwand (links) im Stuttgarter Psalter, um 830. (Quelle: Stuttgart, Württembergische Landesbibliothek, Cod. bibl. fol. 23, Bl. 121r)
Darstellung einer überdachten Hochesse mit Schmied und einem Blasebalg-Gehilfen im Utrechter Psalter, um 820. (Quelle: Universitätsbibliothek Utrecht, Hs. 32, fol. 6v)
Einzelne Hämmer, Zangen, Feilen oder Ambosse, wie auch ganze Werkzeugsätze sind als Beigaben Teil von „Schmiedegräbern“, die eine starke Tradition in Skandinavien und im Baltikum, allen voran im heutigen Norwegen, besitzen [9‐11]. Sie stellen nicht nur die Arbeitsutensilien des Verstorbenen dar, sondern spiegeln auch die mythisch-religiöse Bedeutung der Handwerksdisziplin wider und sind in vielen Fällen als Repräsentationsmittel und Symbolgut zu interpretieren. Die Werkzeuge in Gräbern der Oberschicht lassen auf eine enge Verbindung zwischen dem Schmiedehandwerk und der gesellschaftlichen Machtelite schließen, die diesen strategischen Wirtschaftszweig kontrollierte. Die Werkzeuge verdeutlichen die damalige Arbeitsweise und die angewandten Techniken, sind aber auch selbst Produkte, die zusammen mit weiteren Eisenobjekten aus Grab‑, Hort- oder Siedlungskontexten metallkundlich untersucht wurden [12‐14].
Für den Südostalpenraum liegen archäometallurgische Analysen bislang nur für Waffen und andere militärische Ausrüstungsgegenstände primär aus dem 8. Jahrhundert vor, die tiefe Einblicke in die damalige Technik des Feuerverschweißens und der Härtung/Wärmebehandlung erlauben [15‐17]. Sie zeigen, dass die frühmittelalterlichen Schmiede – trotz Unkenntnis der Stahlzusammensetzung oder von Gefügen – ein differenziertes technologisches Wissen besaßen, das ihnen ermöglichte, die Güte des Metalls zu beurteilen und seine Qualität gezielt zu beeinflussen. Die untersuchten Stücke sind der Forschung als Grabfunde und Streu- bzw. Altfunde ohne bekannten Fundzusammenhang überliefert. Sie weisen typologisch, wie auch konstruktions- und schmiedetechnisch starke Bezüge zu Waffen aus dem Frankenreich bzw. dem rheinländischen Gebiet auf, wobei die äußerst hochwertigen Fabrikate wohl Importe darstellen. Auf Basis der metallografischen Ergebnisse wurden auch einzelne Waffen nachgeschmiedet, wie z. B. die frühkarolingerzeitliche Spatha vom Typus Mannheim aus Hohenberg in der Obersteiermark [18].
Die hohe Qualität des frühmittelalterlichen Schmiedehandwerks wird – nicht nur im Bereich der Waffentechnologie, sondern auch im Bereich der Holz- und Landwirtschaft – durch mehrere Eisendepotfunde in Slowenien deutlich, die vom späten 8. bis in die erste Hälfte des 10. Jahrhunderts datieren [19‐21]. Sie enthalten neben Militaria auch Agrargeräte und Werkzeuge der Holzverarbeitung zwischen denen äußerlich kein qualitatives Gefälle in der Fertigung festzustellen wäre. Die Horte spiegeln auch die Bedeutung des Eisenschmieds für die agrarisch bestimmte Gesellschaft des Frühmittelalters wider, wo der Herstellung und Instandhaltung der landwirtschaftlichen Infrastruktur große Bedeutung in den autark ausgerichteten Siedlungen zukam. Der bereits in das 6. Jahrhundert datierte Schmiededepotfund von Wegscheid am Kamp (Niederösterreich) zeigt mit Zangen, Hämmern, Amboss, Durchschlag, Meißel, Reißnadel und Düsenrohr den vielfältigen Werkzeugsatz des Eisenschmiedes im österreichischen Donauraum [22].
In den slowenischen Horten sind auch Stabbarren und axtförmige Barren enthalten, die vor allem in Skandinavien und Nordosteuropa eine Handelsform des Eisens darstellten [23‐25]. Da sie jedoch nur vereinzelt im Südostalpenraum auftreten, kann angenommen werden, dass im Rennfeuer erzeugte Eisenluppen das primäre Ausgangsmaterial für die Herstellung von Eisengeräten in dieser Region waren. Die Luppen wurden durch mehrmaliges Erhitzen und Homogenisieren, ein Prozess den der Schmied „Ausheizen“ nennt, von Schlacke und anderen Verunreinigungen befreit [26, 27]. Mehrere Luppen konnten zudem durch Feuerverschweißung zu größeren Eisenchargen verbunden werden [28]. Gleichzeitig ist auch das Recycling von Alteisen für die frühmittelalterlichen Werkstätten belegt [29, 30].
Schmiede und ihre Werkstätten sind für das Frühmittelalter im Kontext mit Zentral- und Residenzorten, Höhensiedlungen, Marktplätzen, Mittelpunktsburgen, ländlichen Dörfern, Weilern und Einzelhöfen sowie Klöstern zu erwarten. Das Vorhandensein ortsfester Werkstätten schließt jedoch nicht mobile bzw. wandernde Schmiede aus, die auftragsgebunden oder saisonal ihrer Tätigkeit nachgingen.
Der idealisierte Klosterplan von St. Gallen vom Anfang des 9. Jahrhunderts verzeichnet ein Handwerkerhaus mit getrennten Arbeitsbereichen für Goldschmiede (aurifices) und Eisenschmiede (fabri ferramentorum) sowie Schildmacher (scutarii) und Schwertfeger (emundatores vel politores gladiorum) [31]. Die einzelnen Berufsbezeichnungen im Klosterplan, aber auch in anderen fränkischen Schriftquellen, wie dem Capitulare de villis (um 812) [32], belegen – zumindest in den kulturellen und wirtschaftlichen Zentren der damaligen Zeit – eine Spezialisierung und Arbeitsteilung im Schmiedehandwerk, vor allem im Bereich der Waffenproduktion. Gleichsam beweist der um 1000 datierende Eichenholzkasten aus dem Moor Mästermyr auf der schwedischen Insel Gotland, der Werkzeuge für Grobschmiede‑, Goldschmiede‑, Blechner- und Tischler‑/Zimmermannsarbeiten enthielt, dass manche der damaligen Schmiedemeister wohl überraschend vielseitig waren [33].
Gut erhaltene Einzelbefunde von eingetieften, ebenerdigen oder erhöhten Schmiedeessen (fornaces) oder großflächige Schmiedeareale sind bis heute selten geblieben (z. B. [34, 35]), jedoch erlauben Funde von kalottenförmigen Schmiedeschlacken oder Essensteinen (Windformen, Düsenziegel) auch indirekt die Größe, Form und Funktion der ehemaligen Anlagen zu rekonstruieren und sich über archäologische Experimente sogar dem Aussehen der damaligen Gebläse zu nähern [36]. Streufunde von Werkzeugen, Halbfabrikaten und Rohmaterial werden nur selten gefunden [37], da diese aufgrund ihres Materialwertes soweit möglich beim Verlassen der Werkstätten mitgenommen wurden. Die meisten Schmieden sind allein durch ihre Abfälle nachweisbar, wie durch zerstreut oder massenhaft angehäufte Schlacken, Konzentrationen von Hammerschlag oder zahlreiche kleine Eisenfragmente.
Frühmittelalterlicher Hammerschlag wurde für Mitteleuropa erst selten ausführlicher publiziert, wie im Fall der Werkstätten des Weilers Develier-Courtételle im Kanton Jura (Schweiz) [38]. Oftmals wird Hammerschlag in den wissenschaftlichen Arbeiten nur flüchtig erwähnt und ist kaum näher untersucht. Dies betrifft beispielsweise die Fundstellen Tautecourt bei Prény (Frankreich) [39], Büsserach im Kanton Solothurn [40] und Otelfingen im Kanton Zürich [41] (beide Schweiz), Wiernsheim in Baden-Württemberg (Deutschland) [42], Thunau am Kamp in Niederösterreich (Österreich) [43] und Pržanj bei Ljubljana (Slowenien) [44, 45].
Der obige Hammerschlag stammt bislang ausschließlich aus Siedlungskontexten, sodass dem Fund vom Spitzelofen besondere Bedeutung zukommt. Er belegt einfache Schmiedearbeiten im Steinbruchrevier, wohl im Zusammenhang mit der Instandhaltung und Reparatur der Werkzeuge. Dass schon in der Antike eine enge Beziehung zwischen den Eisenschmieden und der Gruppe der Steinbrucharbeiter und Steinmetze bestand, zeigen beispielsweise schriftliche Zeugnisse zu den in der römischen Kaiserzeit ausgebeuteten Steinbrüchen Ägyptens [46]. Im Fall des Spitzelofens ist jedoch nicht an eine gut ausgestattete „Bergschmiede“ zu denken, vielmehr ist von einer primitiven Esse im Abbaubereich auszugehen (Abb. 6). Diese kann wohl am besten als einfache Feldschmiede oder „Bergmannsfeuer“ (zum Begriff [47]) beschrieben werden, wo die Steinbrucharbeiter selbst einfache Reparatur- und Wartungsarbeiten durchführten.
Abb. 6
Idealisierte Darstellung der Entstehung von schuppigem (a) und kugeligem (b) Hammerschlag während des Schmiedeprozesses. (Grafik: Daniel Modl)
Ob es sich bei den Steinbrucharbeitern am Spitzelofen auch gleichzeitig um die späteren Steinmetze handelte, die den Marmor weiterverarbeiten, ist ebenso unbekannt, wie die damals verwendeten Abbauwerkzeuge. Eine Vorstellung von den frühmittelalterlichen Steinmetzwerkzeugen vermittelt möglicherweise ein als „Spitzfläche“ gedeuteter Fund aus einem Grab des 6. Jahrhunderts in Fellbach-Schmiden (Baden-Württemberg, Deutschland) [48].
3 Hammerschlag
Als Hammerschlag (auch Zunder; va. Glühspan, Schmiedesinter; engl. hammerscale, fr. battiture, ital. battitura, slowen. kovaška škaja) werden kleine Eisenoxydplättchen bezeichnet, die beim Erhitzen und Schmieden des Eisens vom glühenden Werkstück abfallen bzw. abspringen (Abbrand). Sie gelten als sicherer Beleg für vor Ort stattgefundene Schmiedearbeiten und finden sich vor allem rund um den ehemaligen Standort des Ambosses, aber auch im Bereich der Esse. Aufgrund ihrer geringen Größe von nur wenigen Millimetern sind Hammerschlagreste jedoch nur schwer auffindbar und mit viel Zeitaufwand quantifizierbar. Sie können meist nur durch Schlämmen und der Hilfe von Magneten aus dem Sediment herausgelöst werden.
Die Bildung von Hammerschlag ist schon in mehreren Arbeiten untersucht worden, wobei hier Hammerschlag aus archäologischen Fundkontexten oft mit jenem aus praktischen bzw. experimentalarchäologischen Versuchen verglichen wurde [49‐58]. Hierzu wurden traditionelle Schmiede aus Europa in die Experimente eingebunden, wie auch die Abfälle aus afrikanischen Schmieden untersucht [59]. Die kombinierte Auswertung erlaubt es unterschiedliche Verarbeitungsschritte (Ausheizen, Schmieden, Feuerschweißen) zu differenzieren, aber neuerdings auch Art und Herkunft des verarbeiteten Eisens durch die geochemische Zusammensetzung der im Hammerschlag enthaltenen Schlackeneinschlüsse zu bestimmen [60]. Hinzu kommen Detailuntersuchungen zum möglichen Recycling von Hammerschlag [61].
Hammerschlag bildet sich bei der Oxidation von heißglühenden Eisenoberflächen und besteht mehrheitlich aus den Eisenoxiden Magnetit (Fe3O4), Wüstit (FeO) und Hämatit (Fe2O3) sowie einer silikatreichen Komponente. Bei Letzterem handelt es sich um im metallischen Roheisen enthaltene Schlackenreste, aber auch um Verunreinigungen durch anhaftende Materialien (Brennstoffasche, abgeschmolzene Ofen- bzw. Essenwandung) oder um absichtlich zugegebene Antioxidantien/Flussmittel (Sand, Ton). Je nach Eisen- und Stahlsorte (Kohlenstoffanteil), dem Reinheitsgrad des Metalls (Schlackenanteil) und der Verarbeitungsstufe (Luppe – Barren – Fertigprodukt) kann die chemische Zusammensetzung des Hammerschlags deutlich variieren.
Der Hammerschlag platzt einerseits durch Volumenänderung schon während der Erhitzung in der Esse und andererseits durch mechanische Beanspruchung beim Schmieden in Form dünner, grau-schwarzer, manchmal bläulicher Plättchen bzw. Schuppen vom Werkstück ab (Abb. 6a). Die meisten Plättchen schwanken zwischen 0,1 bis 0,7 mm Stärke, wobei eine lange Glühdauer bzw. eine hohe Glühtemperatur des Werkstücks auch zu entsprechend stark ausgeprägten Oxidschichten und damit Hammerschlagschuppen führen. Je nach Form des Werkstücks, Verarbeitungsstufe und Anzahl der Schmiededurchgänge kann der Eisenverlust stark schwanken, jedoch dürfte dieser im Durschnitt bei 5–10 % gelegen haben. Über die Oxidation von Eisen an Luft und die Ausbildung von teils massiven Oxidschichten liegen auch außerhalb der archäologischen Literatur zahlreiche Untersuchungen vor [62‐67].
Neben dem plättchenförmigen Hammerschlag wird bei archäologischen Grabungen auch oft eine kugelförmige Varietät angetroffen (Abb. 6b). Diese entsteht, wenn das Werkstück auf Schmiedetemperaturen über 1200 °C erhitzt und durch das Hämmern geschmolzenes Material aus dem Eisen herausgetrieben wird. Dieses spritzt vom Werkstück weg und erstarrt im Flug zu porösen oder hohlen Kugeln mit meist weniger als 1 mm Durchmesser, die neben den Eisenoxyden einen höheren Silicium-Anteil enthalten. Neben dem schuppigen und kugeligen Hammerschlag finden sich im Fundmaterial auch oft amorphe Partikel, die beispielsweise entstanden, wenn das wegspritzende Material im noch viskosen Zustand auf dem Boden auftraf und sich verformte.
4 Metallurgische Analyse
4.1 Probenauswahl
In der 0,7 g schweren Materialprobe SpO-28‑1 aus dem Marmorsteinbruchrevier Spitzelofen waren eisenhältige Mineralpartikel und Hammerschlag stark miteinander verbacken. Um die Teilchen voneinander zu trennen, wurde die gesamte Probe mit verdünnter Salzsäure gereinigt. Danach wurde der Hammerschlag in die drei Fraktionen „fein“, „grob“ und „sortiert“ gegliedert (Abb. 7a–c).
Abb. 7
Für die metallurgische Analyse bereitgestellter, frühmittelalterlicher Hammerschlag aus der Brandschicht (SE 11) im Marmorsteinbruchrevier Spitzelofen. a „fein“, b „grob“, c „sortiert“
Die verschiedenen Fraktionen des Hammerschlags wurden mittels 3D-Digitalmikroskop (3D-DM) sowie Rasterelektronenmikroskop (REM) mit Rückstreuelektronen (BSE) und energiedispersiver Röntgenanalyse (EDX) untersucht. Aufgrund der geringen Probenmengen konnten keine metallographische Präparation und keine Röntgenbeugungsmessungen (XRD) zur Identifikation der vorliegenden Phasen durchgeführt werden.
4.3 Kornfraktion „fein“
In der Kornfraktion „fein“ (Abb. 8) liegen Körner mit unterschiedlichen Brauntönen und Korngrößen zwischen 0,1 bis 1 mm vor (Abb. 8a–c). Es sind auch einige dunkelgraue Plättchen zu erkennen, welche der zu untersuchende Hammerschlag ist. Die braunen Anteile bestehen aus unförmigen Eisenoxidteilchen und diversen Silikaten, welche jedoch nicht genauer bestimmt wurden. Im REM erscheinen die vorliegenden Plättchen tendenziell heller und aufgrund der EDX-Messung sollte es sich um Fe3O4 handeln (Abb. 8d–i). Eine eindeutige Phasenidentifikation mittels XRD war nicht möglich. Die EDX-Analyse zeigte zudem geringe Verunreinigungen mit Ca, Fe, Al und Si.
Abb. 8
Die Kornfraktion „fein“ im 3D-DM (a–c) und REM (d–i)
Die Hammerschlagplättchen erreichen Abmessungen bis etwa 500 × 500 µm und Dicken bis zu 30 µm (Abb. 9a–c). An den Bruchflächen der Plättchen sind auch Poren zu erkennen, welche auf Volumensänderungen während der Verzunderung zurückgeführt werden können. Der in Abb. 8c zu sehende Partikel zeigt zahlreiche parallele Risse, ist aber nach EDX-Analysen ebenfalls Hammerschlag.
Eine Besonderheit in dieser Kornfraktion sind mehr oder weniger kugelige Teilchen (Abb. 8e), welche bei höheren Vergrößerungen in Abb. 9d–f zu sehen sind. Die Teilchendurchmesser liegen zwischen 200 und 300 µm. Es dürfte sich dabei um beim Schmieden wegspritzende Eisenpartikel handeln. Diese entstehen, wenn bei höheren Temperaturen geschmiedet wird. Das Eisen dieser Partikel überzieht sich rasch mit einer Zunderschicht und in weiterer Folge kann es zu einer Korrosion des darunterliegenden Eisens kommen. Abb. 9d zeigt eine intakte Kugel und Abb. 9e eine Kugel mit Rissen. Hingegen zeigt Abb. 9f eine gebrochene Kugel mit einer dünnen, glatten Schale und einem porösen Inneren, welches das korrodierte Eisen darstellt. Die Korrosionsprodukte bei wässriger Korrosion sind üblicherweise Eisenhydroxide.
4.4 Kornfraktion „grob“
Die Kornfraktion „grob“ (Abb. 10) enthält Partikelgrößen bis etwa 2 mm mit Färbungen von hellbraun bis dunkelbraun (Abb. 10a–c). Die in der Kornfraktion „fein“ beobachteten Hammerschlagplättchen und kugelförmigen Teilchen wurden hier nicht beobachtet. In den REM-BSE Bildern sind Bereiche mit deutlichen Helligkeitsunterschieden zu sehen (Abb. 10d–f). Eine Bestimmung der einzelnen Phasen war nicht möglich, aber in Anlehnung an eine frühere Hammerschlag-Studie [68] sollten FeO hellgrau, sowie Fe3O4 und Fe2O3 dunkelgrau erscheinen.
Abb. 10
Die Kornfraktion „grob“ im 3D-DM (a–c) und REM (d–f)
In der Kornfraktion „sortiert“ (Abb. 11) liegen überwiegend graue Hammerschlagplättchen vor, deren Größe der Kornfraktion „grob“ mit bis zu 2 mm entsprechen (Abb. 11a–c). Einzelne dieser Hammerschlagplättchen erreichen eine Dicke von etwa 100 µm (Abb. 11f, g). Die sichtbaren Bruchflächen zeigen eine körnige Struktur und auch eine Reihe von Poren etwas außerhalb der Plättchenmitte (Abb. 11g). Es liegen in dieser Kornfraktion auch einige unregelmäßig geformte Teilchen vor, welche in den REM-BSE Bildern eine ähnliche Helligkeit aufweisen, und auch die EDX-Messungen zeigen als Hauptbestandteil Fe mit variablen O‑Gehalten.
Abb. 11
Die Kornfraktion „sortiert“ im 3D-DM (a–c) und REM (d–i)
Der frühmittelalterliche Hammerschlag vom Spitzelofen ist Großteils von schuppiger Form, jedoch wurden auch einzelne kugelige Aggregate gefunden. Aufgrund der geringen Fundmenge sind verlässliche Aussagen zu dem im Steinbruch stattgefundenen Schmiedeprozessen kaum möglich. Die geringe Stärke der Hammerschlagschuppen von etwa 30 und 100 µm lässt vermuten, dass das Werkstück nicht besonders lang erhitzt wurde. Der kugelige Hammerschlag indiziert jedoch eine durchaus hohe Glühtemperatur während des Schmiedeprozesses. Der Hammerschlag scheint – bedingt durch den Fundort – für die Instandhaltung oder Reparatur von eisernen Werkzeugen zum Marmorabbau zu sprechen. Wie experimentelle Untersuchungen gezeigt haben [69], mussten eiserne Werkzeuge regelmäßig nachgespitzt werden, weshalb eine Schmiede vor Ort unerlässlich war.
5 Die antike und frühmittelalterliche Marmorgewinnung
Die Gewinnung und Verarbeitung des ostalpinen weißen Marmors stellte im südöstlichen Teil der römischen Provinz Noricum bis in das 3. Jahrhundert n. Chr. hinein einen blühenden Wirtschaftszweig dar. Mehrere römerzeitliche Steinbrüche mit charakteristischen Abbauspuren, wie Schrämwände mit groben, zumeist horizontal verlaufenden Schrämrillen und Keiltaschen eingetieft in keilförmigen Schrotschlitzen, liegen in den ostalpinen Steinbruchrevieren vor [70]. Durch intensive Geländeprospektionen der letzten Jahre hat sich die Anzahl zunehmend erhöht; aktuell sind es: Spitzelofen, Gummern, Treffen/Alt-Treffen, Treffen/Pölling, Tentschach, Kraig, Oswaldgraben und Schaidberg.
Veränderungen in den Bestattungssitten, u. a. der allmähliche Wechsel zur Körperbestattung, und der allgemeine wirtschaftliche Rückgang ab Mitte des 3. Jahrhunderts führten dazu, dass monumentale Grabbauten aus Marmor nicht mehr errichtet wurden oder nicht mehr leistbar waren [71]. Im Laufe des 4. Jahrhunderts dürfte die Marmorgewinnung in den Steinbrüchen gänzlich zum Erliegen gekommen sein.
Wenn ab dem ausgehenden 4. Jahrhundert noch gelegentlich Marmor gebraucht wurde, entstammt er zumeist aus dem Recycling von Erzeugnissen aus diesem Gestein; bevorzugt aus den nicht mehr betreuten bzw. aufgegebenen Grabanlagen aus Marmor. Eine umfassende Spolienverwendung im 5. Jahrhundert ist u. a. an den frühchristlichen Kirchen von Teurnia bei St. Peter in Holz (Kärnten) oder der Bischofskirche am Kirchbichl von Lavant bei Aguntum (Osttirol) nachweisbar. Im Gegensatz zum Beginn der Marmorgewinnung in den ostalpinen Steinbrüchen, der durch datierbare Monumente aus dem betreffenden Gestein indirekt erschlossen werden kann [72], sind wir hinsichtlich ihrer Aufgabe aufgrund der Problematik der Wiederverwendung und fehlender archäologischer Hinweise in den Steinbrüchen selbst nur auf Vermutungen angewiesen. Durchaus kann es aber noch bis zum 6. Jahrhundert in einzelnen Fällen zum Brechen von Marmorblöcken gekommen sein, vor allem dann, wenn geeignete Formate nicht im Altmaterial zur Verfügung standen.
Nach den frühchristlichen Kirchenbauten der Spätantike, die teilweise mit Marmor reich ausgestattet waren, und einzelnen marmornen Grabplatten verlor der Marmor mit Beginn der slawischen Landnahme um 600 und der Entstehung eines slawischen Fürstentums in Karantanien gänzlich seine Bedeutung. Dies änderte sich jedoch mit dem Sieg des bairischen Herzogs Tassilo III. über die Karantanen im Jahre 772 als der einheimische karantanische Adel nach bairischem Vorbild repräsentative Eigenkirchen mit flechtwerkverzierten Chorschranken aus Marmor errichtete [73]. Diese Entwicklung war aber nicht nachhaltig, denn mit der Entmachtung der karantanischen Führungsschicht und der Einrichtung der Grafschaft Karantanien im Jahre 817/828 wurde diese wiederbelebte Wertschätzung des Marmors neuerlich beendet und über das gesamte Mittelalter hindurch bis zur Frühneuzeit nicht mehr aufgenommen.
Für die frühmittelalterlichen Flechtwerksteine in Karantanien wurde durchwegs ein ostalpiner Marmor genutzt, wobei man wie bei den frühchristlichen Kirchenausstattungen der Spätantike davon ausgeht, dass dafür Grabdenkmale oder andere Bauten aus Marmor der römischen Kaiserzeit wiederverwendet wurden [74]. Spuren einer solchen Wiederverwendung sind jedoch bislang nur an einem (freistehenden) Steindenkmal ersichtlich: dem Pfeiler mit Flechtwerkdekor im Stift Sankt Lambrecht, der aus einem römerzeitlichen Grabaltar herausgearbeitet wurde [75].
Auch die bisherigen, eher wenig systematisch angelegten Marmorprovenienzanalysen von Flechtwerksteinen helfen nur bedingt bei der Frage einer frühmittelalterlichen Marmorgewinnung in den Steinbrüchen. Drei beprobte Teile der Chorschranke von St. Peter bei Moosburg (Nr. MP1, 2, 9) sollen aus ganz unterschiedlichen – auch mit dem freien Auge gut unterscheidbaren – Marmoren bestehen: Kraiger bzw. Gummerner Marmor [76].
Ein bemerkenswerter Flechtwerkstein (Abb. 12) wurde 2001 im Pfarrhof von Mariahof in der Steiermark gefunden [77]. Er besteht aus einem grauweißen, grobkörnigen Marmor mit Pyrit-Einschlüssen und ähnelt damit – makroskopisch beurteilt – einem Marmortyp, der am Spitzelofen am Westabhang der Koralpe ansteht (Abb. 13). Eine geowissenschaftliche Marmorprovenienzanalyse des Flechtwerksteins von Mariahof ist noch in Arbeit [78]. Spuren einer Wiederverwendung eines älteren Werksteins konnten am betreffenden Objekt nicht festgestellt werden, jedoch schließt dies eine solche nicht aus. Die Platte mit einer ursprünglichen Breite von ca. 115 cm und einer Höhe von ca. 105 cm besitzt eine Dicke von nur 8 bis 9 cm. Es handelt sich dabei um ein Format, das nur mit erheblichem Aufwand aus dem gängigen Bestand römerzeitlicher Grabbauteile zuzurichten gewesen wäre.
Abb. 12
Flechtwerkstein aus einem grobkörnigen grauen Marmor von Mariahof in der Steiermark, letztes Viertel des 8. bis 1. Viertel des 9. Jahrhunderts (Foto: Paul Bayer)
Optischer Vergleich der Marmortextur (Bildbreite jeweils 3 cm); a verwitterte Marmoroberfläche am Flechtwerkstein von Mariahof; b frische Bruchfläche eines typischen Marmors vom Spitzelofen. (Fotos: Paul Bayer)
Bis auf das Beispiel von Mariahof sind weitere in das Frühmittelalter zu datierende Marmorobjekte im Umfeld der Marmorvorkommen auf der Kor- und Gleinalpe und im Süden der Wölzer Tauern – geologisch handelt es sich dabei um Marmore des Rappold-Komplexes [79] –, wie im Lavanttal und im Oberen Murtal, bislang unbekannt. Diese Tallandschaften liegen historisch im Randbereich von Karantanien und außerhalb des Kerngebiets der Verbreitung von frühmittelalterlichen Flechtwerksteinen; eine breite Marmorverwendung wäre hier gar nicht zu erwarten.
6 Zusammenfassung
Vor dem Hintergrund der wenigen Zeugnisse frühmittelalterlicher Marmorverwendung im Ostalpenraum nimmt der hier vorgestellte archäologische Befund im Marmorsteinbruchrevier Spitzelofen auf der Koralpe eine wichtige Rolle ein. Der aus einer Brandschicht stammende Hammerschlag bezeugt nämlich eine mit der Marmorgewinnung zusammenhängende Schmiedetätigkeit im 8. und 9. Jahrhundert n. Chr. An dieser Stelle wurden demnach Eisenobjekte geschmiedet bzw. instandgehalten, bei denen es sich aufgrund des Kontextes wohl nur um Steinbruchwerkzeuge handeln kann.
Der frühmittelalterliche Hammerschlag vom Spitzelofen tritt plättchenförmig auf, jedoch wurden auch einige kugelige Aggregate gefunden. Der typische Hammerschlag besteht aus den Eisenoxiden Wüstit (FeO), Magnetit (Fe3O4) und Hämatit (Fe2O3), jedoch können auch verschiedene Eisenhydroxyde vorliegen, wenn metallisches Eisen vorlag und korrodierte. Aufgrund der geringen Probenmenge wurden keine Anschliffe durchgeführt, wodurch auch keine Fayalitschlacke und kein metallisches Eisen nachgewiesen werden konnten. EDX-Analysen des Hammerschlags zeigten nur geringe Verunreinigungen mit Ca, Fe, Al und Si. Plättchenförmiger Hammerschlag entsteht durch Diffusion und Oxidbildung (Verzunderung) während des Erhitzens der Werkstücke, wobei es beim Schmiedevorgang zur Abplatzung der spröden Oxidschichten kommt. Kugelförmiger Hammerschlag bildet sich durch Wegspritzen von flüssigem Metall oder flüssiger Schlacke, wofür höhere Schmiedetemperaturen notwendig sind (> 1200 °C).
Steinbruchwerkzeuge mussten in regelmäßigen Abständen „nachgeschärft“ werden, um die Effektivität des Werkzeugs zu erhalten. Dies erfolgte in einfachen Feldschmieden direkt im Nahbereich der Steinbrüche, zumeist von den Steinbrucharbeitern selbst. Für diese Nachbearbeitung war es vermutlich nicht notwendig, das gesamte Werkzeug auf Schmiedetemperatur zu erwärmen, sondern nur so weit, dass die gewünschte Reparatur durchgeführt werden konnte.
Der Umfang der frühmittelalterlichen Marmorgewinnung am Spitzelofen ist sicherlich als gering zu bezeichnen, da die Abbauwände bis heute von sehr regelhaften und einheitlichen Schrämspuren überzogen sind, die mit dem Abbau während der römischen Kaiserzeit in Verbindung stehen. Vom kaiserzeitlichen Abbausystem abweichende Spuren sind nur im Bereich der Sohle des Steinbruchs GO 38 bekannt, wo auch die Brandschicht mit dem Hammerschlag freigelegt wurde. Da der Marmorbedarf im Frühmittelalter im Vergleich zur römischen Kaiserzeit gering war, ist eher davon auszugehen, dass die im Steinbruchrevier verbliebenen Roh- und Halbfertigprodukte sowie Ausschuss- und Abfallprodukte zur weiteren Nutzung herangezogen wurden und gar kein Marmor frisch gebrochen werden musste.
Danksagung
Unser Dank für die Bereitstellung von Abbildungen, Informationen und Literatur gilt Paul Bayer, MA (Archaeogon, Graz), Dr. Folke Damminger (Landesamts für Denkmalpflege Baden-Württemberg, Karlsruhe), Dr. Bart Jaski (Universitätsbibliothek Utrecht), Dr.in Daša Pavlovič (Narodni muzej Slovenije, Ljubljana), Ao. Univ.-Prof. Dr. Walter Prochaska (Österreichische Akademie der Wissenschaften, Österreichisches Archäologisches Institut, Wien), Arietta Ruß (Württembergische Landesbibliothek Stuttgart), Wolfgang Scheiblechner (Palfau), Univ.-Prof. Vincent Serneels (Universität Freiburg/Université de Fribourg, Departement für Geowissenschaften), Dr. Gerd Stegmaier (Eberhard Karls Universität Tübingen, Institut für Ur- und Frühgeschichte und Archäologie des Mittelalters), Mag.a Dr.in Astrid Steinegger (Bundesdenkmalamt, Landeskonservatorat für Kärnten, Klagenfurt), Dr. Georg Tiefengraber (Naturhistorisches Museum Wien) und Dr. Peter Turk (Narodni muzej Slovenije, Ljubljana).
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