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13.09.2023 | Maschinen | Im Fokus | Online-Artikel

Afrika braucht für die Industrialisierung mehr als Maschinen

verfasst von: Thomas Siebel

3:30 Min. Lesedauer
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Die Industrialisierung Afrikas schreitet vielerorts voran, und der VDMA möchte dabei unterstützen. Für den Aufbau industrieller Wertschöpfungsketten braucht es allerdings mehr als Maschinen und Know-how.

Weite Teile Afrikas streben nach industrieller Wertschöpfung. Von den 54 Länder des Kontinents haben 37 in den letzten zehn Jahren ihren Industrialisierungsgrad erhöht, wie das Onlinemagazin Africa live mit Verweis auf die Afrikanischen Entwicklungsbank schreibt. Allen voran Südafrika schreitet voran, aber auch Marokko, Ägypten oder Tunesien machen Tempo. Der Entwicklungsökonom und Afrikawissenschaftler Helmut Asche sieht die Länder in ihrem Ansinnen grundsätzlich auf einem guten Weg: "Höhere Entwicklungsniveaus sind immer mit der verarbeitenden Industrie erreicht worden, nicht nur mit der Landwirtschaft und den Dienstleistungen allein."

Einen Beitrag zur Industrialisierung Afrikas und zur Wettbewerbsfähigkeit afrikanischer Produkte will auch der deutsche Maschinen- und Anlagenbau leisten, zum Beispiel mit Maschinen für dem Ausbau der Stromversorgung oder für die Kreislaufwirtschaft, aber auch mit Know-how und der Ausbildung von Fachkräften. Dabei startet die Branche allerdings von einem niedrigen Niveau: Nur circa 2 % des der aus Deutschland exportierten Maschinen und Anlagen gehen nach Afrika.

Entwicklungspolitisch sinnvoll Exporte scheitern

In einem kürzlich vorgelegten Positionspapier fordert der VDMA nun neue Rahmenbedingungen "für eine echte Partnerschaft auf Augenhöhe" zwischen Deutschland und Afrika. Eine konzertierte Afrikastrategie der Bundesregierung sei dafür notwendig, die von einem Staatsminister oder einem Parlamentarischen Staatssekretär koordiniert werden soll, der idealerweise im Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) angesiedelt sei.

Laut VDMA können entwicklungspolitisch sinnvolle Exporte im Rahmen der Entwicklungszusammenarbeit heute oftmals nicht umgesetzt werden, weswegen Programme des Bundesministeriums für Zusammenarbeit (BMZ) und des BMWK nun enger verzahnt werden. Der VDMA begrüßt das. Verbesserungen fordert der Verband darüber hinaus im Bereich der Exportgarantien. So solle der Staat auch Auftragsvolumen von weniger als 10 Millionen Euro – sogenannte Small Tickets – absichern, was gerade für den mittelständischen Maschinenbau wichtig sei, und gleichzeitig mehr private Investitionen in Afrika mobilisieren.

Industrialisierung setzt wirtschaftliche Einheit voraus

Zudem sollten Ausbildungszentren des VDMA wie jene in Botsuana, Kenia und Nigeria vom BMZ als gleichwertig mit Bildungsprojekte der Entwicklungszusammenarbeit anerkannt und finanziell vergleichbar ausgestattet werden. Neben dem Ausbau der industriellen Wertschöpfung in Afrika, der Förderung von Energiepartnerschaften, der Fachkräfteausbildung sieht der VDMA auch eine Diversifizierung der eigenen Wertschöpfungsketten als Anreiz für eine engere Kooperation mit Afrika.

Allerdings hängen erfolgreiche Industrialisierungen in Afrika nicht allein von der Verfügbarkeit von Maschinen und Know-how ab, sondern auch von der wirtschaftlichen Einheit, wie Helmut Asche im Buch Regionale Integration, Handel und Industrie in Afrika schreibt. Derzeit könnten nur drei oder vier große Länder in Afrika erwarten, allein erfolgreich zu sein. Ansonsten stecke der Kontinent, der über eine vielfältige Landschaft schwer zu kartierender, regionaler Wirtschaftsgemeinschaften verfüge, in einem Teufelskreis: "Die Industrie braucht gut integrierte Regionen, und die Regionen brauchen die Industrie für eine sinnvolle Arbeitsteilung." Allerdings sei keines von beiden auch nur annähernd verwirklicht.

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Schlussfolgerung und Ausblick

In Zusammenfassung der Hauptargumente dieses Textes ist festzuhalten, dass Afrika den fehlerhaften Zirkel von flacher Wirtschaftsintegration und fehlender industrieller Diversifizierung, die sich gegenseitig bedingen, nur mit gemeinschaftlicher Wirtschaftspolitik mit dem Ziel nachholender Industrialisierung auflösen kann. 

Regionale Wertschöpfungsketten als Zukunftsmodell

Einen kritischen Blick wirft Asche auch auf die anhaltende Automatisierung von Fabriken infolge des Industrie 4.0-Trends. Die integrierte Fabrik beziehe Afrika nicht ein. Stattdessen sei der Verlust von Arbeitsplätzen im Bereich der gering qualifizierten Arbeitskräfte für Afrika besonders kritisch . Verzögerungen bei der afrikaweiten Digitalisierung erschwerten afrikanischen Ländern aktiv im Industrie-4.0-Umfeld mitzuwirken. Derzeit versuche man auf dem Kontinent stattdessen, arbeitsintensive Produktion aus Ost- und Südostasien zu holen, wo die Lohnkosten steigen.

Dennoch sind die Perspektiven Afrikas Asche zufolge grundsätzlich vielversprechend. Chancen sieht der Wissenschaftler insbesondere im Reshoring, also im Trend hin zu einer stärkeren regionalen Wertschöpfung. Dadurch könnte Afrika zwar in einigen Bereichen von globalen Wertschöpfungsketten abgeschnitten werden, für andere Produktionszweige könnten afrikanische Ballungsräume andererseits aber eine viel größere Rolle als wirtschaftliche Drehscheiben spielen, die afrikanische Regionen mit Waren versorgen, die einst um den ganzen Globus verschifft wurden. "Echte regionale Wertschöpfungsketten werden an Bedeutung gewinnen."

Die Vision von "Grünen Regionen", in denen schwerpunktmäßig Zwischen- und Endprodukte aus der Region hergestellt werden, sei wahrscheinlich. Eine gemeinsame regionale Politik sei dabei der natürliche Weg, um die Wirtschaftsakteure in den afrikanischen Subregionen auf eine industrielle Zukunft vorzubereiten.

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