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09.05.2014 | Maschinenelemente | Schwerpunkt | Online-Artikel

Schrauben aus Keramik

verfasst von: Dieter Beste

3 Min. Lesedauer

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Schrauben sind meist aus Stahl. Hohe Temperaturen oder korrosive Angriffe setzen dem Metall jedoch stark zu. Keramik verhält sich in solchen Umgebungen äußerst robust – aber eignet sich der spröde Werkstoff auch für Schraubverbindungen?

„Der meist verwendete Werkstoff für Befestigungsschrauben, Muttern und Zubehör ist Stahl mit guter Zähigkeit, der trotz hoher Festigkeit und des komplizierten, dreidimensionalen Spannungszustands in der Verbindung ein hinreichendes Dehnungsvermögen aufweist, um den gefährlichen Sprödbruch zu vermeiden“, schreiben die Autoren in dem von Waldemar Steinhilper und Bernd Sauer herausgegebenen Buch „Konstruktionselemente des Maschinenbaus 1“ auf Seite 299. Überdies, so die Autoren, müsse der Schraubenwerkstoff gut kaltverformbar sein.

Neben Stahl spielen in Leichtbaukonstruktionen auch Aluminiumschrauben eine große Rolle. Aber Schrauben aus Keramik? „Keramiken zeichnen sich durch große elastische Steifigkeit, hohe Festigkeit, insbesondere unter Druckbelastung, gute chemische Beständigkeit sowie hohe Temperaturbeständigkeit aus“, schreiben die Springer-Autoren Joachim Rösler, Harald Harders und Martin Bäker in ihrem Buch „Mechanisches Verhalten der Werkstoffe“ (Seite 227). Sie fügen allerdings hinzu, dass Keramiken neben diesen positiven Eigenschaften auch einen entscheidenden Nachteil haben: „Sie sind spröde, was nicht nur im Einsatz, sondern auch bei der Herstellung von Bauteilen problematisch sein kann.“

Schraubenprüfstand für Härtetests

„Mit Keramikschrauben könnte man den Techniksprung hin zur Keramik endlich vollständig vollziehen“, sagt Christof Koplin, Wissenschaftler am Fraunhofer-Institut für Werkstoffmechanik IWM in Freiburg. Bisher stehen die Hersteller dem spröden Werkstoff jedoch noch skeptisch gegenüber. Zwar gibt es durchaus Keramiken, die ähnlich viel aushalten wie Stahl. Verarbeitet man diese allerdings zu einer Schraube, bleiben schätzungsweise nur rund 10 bis 20 Prozent der ursprünglichen Tragkraft übrig. Wie viel Last sie allerdings tatsächlich tragen können, wussten die Schraubenhersteller bislang nicht.

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Forscher am IWM widmen sich mit einem Schraubenprüfstand und Simulationen dieser Frage – gemeinsam mit ihren Kollegen des Fraunhofer-Instituts für Keramische Technologien und Systeme IKTS in Dresden und dem Institut für Werkzeugmaschinen und Fabrikbetrieb IWF der TU Berlin. „Wir testen verschiedene Keramikschrauben und überprüfen, wie viel sie wirklich aushalten“, erläutert Koplin. Gefördert wird das Projekt vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie BMWi und der Arbeitsgemeinschaft industrieller Forschung AiF.

Neues Schraubendesign

Zudem optimieren die Wissenschaftler das Schraubendesign. So liegt eine der Herausforderungen darin, dass die Belastbarkeit bei gleich gebauten Keramikschrauben stark variiert: Während die eine viel aushält, bricht die andere bereits deutlich früher. Die Schrauben dürfen daher nur so weit belastet werden, dass auch die Schwächsten unter ihnen durchhalten. Der Grund für diese Unterschiede liegt im Aufbau der Keramik: Der Werkstoff besteht aus vielen kleinen Körnern. Verbinden sich diese bei der Herstellung nicht richtig miteinander, entsteht ein kleiner Riss, der schließlich zum Bruch führen kann. Die Forscher haben den gesamten Herstellungsprozess nun so optimiert, dass in keinem der zahlreichen Bearbeitungsschritte solche Risse entstehen. „Wir konnten die Streuung deutlich reduzieren und damit die Belastungsgrenze der Schrauben erhöhen“, sagt Koplin. Besonders viel Potenzial für Verbesserungen sieht Koplin im letzten Arbeitsschritt, der dem Schraubengewinde eine Form verleiht – sei es über das Spritzgießen oder das Schleifen.

Inzwischen können sich Schraubenhersteller an das IWM wenden und sich vom Projektteam beraten lassen, welches Design für die angestrebte Schraubenbelastung gut ist und wie der ideale Herstellungsprozess aussehen sollte. In ihrem Prüfstand haben die Forscher auch selbst hergestellte Keramikschrauben getestet. Das Besondere an diesen Lösungen: Sie haben etwa 30 bis 35 Prozent der Tragkraft von gleich gestalteten Pendants aus Stahl. „Das ist ein großer Sprung nach vorne“, sagt Koplin. „Für viele Anwendungen würde diese Tragkraft bereits ausreichen, wenn man die Schraube etwas größer auslegt.“

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