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08.05.2025 | Materialentwicklung | Im Fokus | Online-Artikel

Wie Graphen Lithium-Ionen-Batterien optimiert

verfasst von: Christiane Köllner

4:30 Min. Lesedauer

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Graphen gilt als vielversprechendes Material für die Batterieindustrie – wenn es gelingt, die Skalierbarkeit weiter zu verbessern. Doch der breite Markteintritt steht noch aus.

Graphen gilt wegen seiner einzigartigen elektronischen, mechanischen und chemischen Eigenschaften als vielversprechendes Material für die Weiterentwicklung von Lithium-Ionen-Batterien (LIB). Mit dem Material lässt sich die Leistungsfähigkeit von Batterien deutlich verbessern. Während hier die Materialforschung in der vergangenen Zeit Fortschritte gemacht hat, bleiben Skalierbarkeit und Produktionskosten aber zentrale Herausforderungen. Wie künftige Perspektiven für die Kommerzialisierung von Graphen in der Batterietechnologie aussehen könnten, zeigt jetzt die aktuelle Publikation "Graphene Roadmap Briefs (No. 4): innovation prospects for Li-ion batteries" im Fachmagazin 2D-Materials auf. Das Paper basiert auf zwei vom Fraunhofer-Institut für System- und Innovationsforschung (ISI) für die Graphene-Flagship-Initiative der EU ausgearbeiteten Technologie-Roadmaps.

Graphen ist "eine dünne, zwei-dimensionale Kohlenstoffschicht, die aus nur einer Lage (Monolage), hexagonal miteinander verbundener Atome besteht", wie Springer-Autor Peter Wellmann im Buchkapitel Graphen und weitere Kohlenstoffallotrope erläutert. Da die Kohlenstoffatome flach und wabenartig angeordnet sind, punktet Graphen mit guter elektrischer Leitfähigkeit, so Hayley Birch im Buchkapitel Graphen. Dazu kommt: Graphen ist ein sehr elastisches Material, das gleichzeitig sehr stark, aber auch sehr leicht ist. Sarang Muley und Nuggehalli M. Ravindra stellen im Buchkapitel Graphene: Properties, Synthesis, and Applications die Eigenschaften von Graphen vor und vergleichen es mit anderen Materialien:

Eigenschaft

Wert

Vergleich mit anderen Materialien

Bruchfestigkeit

42 N/m

Mehr als 200 Mal stärker als Stahl

Elastizitätsgrenze

~20 %

<1 % für Stahl

Trägerbeweglichkeit bei Raumtemperatur

200,000 cm2 V−1 s−1

Mehr als 100 Mal höher als Si

Wärmeleitfähigkeit

~5000 W/mK

Mehr als 10-mal höher als Kupfer

Maximale Stromdichte

>108 A/cm

~100 Mal größer als Cu

Optischer Absorptionskoeffizient

2.30 %

~50-mal höher als GaAs

Eigenschaften von Graphen im Vergleich mit anderen Materialien. Aus: Graphene: Properties, Synthesis, and Applications, Tabelle 5.1., Seite 223,  Semiconductors.

Graphen macht Batterien nachhaltiger und leistungsfähiger

Welches Innovationspotenzial bietet nun der Einsatz von Graphen bei Lithium-Ionen-Batterien? Laut der Ergebnisse des Fraunhofer-Papers ermögliche Graphen als Zusatzstoff in Silizium-Kohlenstoff-Kompositen eine bis zu 30 % höhere Energiedichte bei Batterien. Graphen könnte auch Vorteile für die Schnellladefähigkeit bieten und mithelfen, Ladezeiten zu verkürzen. Zudem ließe sich durch die Einarbeitung von Graphen in Siliziumanoden die Stabilität und damit die Lebensdauer und Nachhaltigkeit von Batterien weiter verbessern. Allerdings reiche die Stabilität von Siliziumanoden aktuell noch nicht an herkömmliche Graphitanoden heran.

Umgekehrt fehle es bislang an kosteneffizienten Herstellungsverfahren für eine breite Marktanwendung von Graphen-basierten Batterien, so die Forscher, und die Preise von Graphen und verwandten Materialien blieben in der Vergangenheit unerwartet hoch. Parallel verbessere sich die Performance von Lithium-Ionen-Batterien stetig, der Anteil von Elektrofahrzeugen wachse und der Aufbau europäischer Zellfertigungsanlagen schreite weiter voran. Dies wiederum soll die Chancen zur Einführung neuer Materialien wie Graphen, insbesondere bei leistungsoptimierten Anwendungen, erhöhen, wie die Forscher erklären.

Integration in industrielle Produktionsprozesse nötig

"Wir beobachten ein kontinuierliches Interesse an Graphen-basierten Lösungen in der Batteriebranche, sehen aber auch, dass Lithium-Ionen-Batterien effizienter und in punkto Kosten und Performance stetig optimiert werden. Entscheidend für den Einsatz von Graphen in Lithium-Ionen-Batterien ist, wie schnell sich Graphen-basierte Batteriekomponenten in industrielle Produktionsprozesse integrieren lassen und ob wir eine stabile und bedarfsgerechte Lieferkette aufbauen können", erklärt Maximilian Stephan, Erstautor der Publikation. Und weiter: "Dafür braucht es koordinierte Strategien, um den wissenschaftlich belegten Nutzen auch industriell nutzbar zu machen."

Es gibt mehrere Methoden zur Herstellung von einlagigem (atomarem) Graphen, wie Tapan Gupta im Buchkapitel Graphene beschreibt. Die einfachste Methode sei die mechanische Exfoliation. Eine weitere vielversprechende Methode zur Herstellung von einlagigem Graphen sei die chemische Gasphasenabscheidung (CVD). Die CVD-Methode ist zwar skalierbar und kostengünstig, die Notwendigkeit hoher Temperaturen und die Komplexität der Übertragung von Graphen auf andere Substrate machen sie aber zur Herausforderung.

Daher beschäftigen sich zahlreiche Start-ups und Unternehmen auch mit neuartigen Ansätzen zur Graphen-Produktion. Jedoch verfolgen sie teilweise ganz unterschiedliche Strategien. So würden manche auf die Entwicklung kostengünstiger und großflächiger Produktionsmethoden für weniger reines Graphen setzen, wie das Paper verdeutlicht. Andere Unternehmen würden auf die Verwendung von hochreinem Graphen für spezifische Anwendungen zielen, bei denen die Leistung den potenziell höheren Preis rechtfertigen könne. Was den zukünftigen Graphen-Preis anbelange, so die Forscher, gebe es Potenzial für künftige Kostensenkungen durch Hochskalierung in der Produktion und verbesserte Herstellungsverfahren.

Marktdurchdringung von Graphen möglich

Ungeachtet der vielen Herausforderungen halten die Fraunhofer-Autoren eine künftige Marktdurchdringung von Graphen in der Batterietechnologie für möglich. "Ein vielversprechendes Anwendungsfeld könnte sich in der Fertigung von Silizium-Graphen-Kompositen für Spezialbatterien ergeben, weil diese technologische Vorteile bieten und etwa die Leistung von Silizium-basierten Anoden verbessern können", heißt es. Darüber hinaus werde Graphen als potenzieller Bestandteil für Lithium-Schwefel-Batterien erforscht, die langfristig eine Alternative zu herkömmlichen LIB darstellen könnten.

Die weitere Entwicklung hänge stark von der Forschung und industriellen Kooperationen ab, so die Autoren. Zunächst gelte es, die Marktreife von Graphen-basierten Komponenten und die Kommerzialisierung voranzutreiben und die Leistungsfähigkeit von Graphen im Vergleich zu alternativen Hochleistungsmaterialien fortlaufend zu evaluieren. Um die Marktdurchdringung zu erhöhen, sei zudem eine enge Zusammenarbeit zwischen Materialherstellern, Batterieproduzenten, der Automobilindustrie sowie der Forschung erforderlich. Und es heißt: "Höhere Preise könnten sich durch einen hohen Zusatznutzen und die Konzentration auf Hochleistungs-Anwendungen rechtfertigen lassen".

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2019 | OriginalPaper | Buchkapitel

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Open Access 15.02.2021 | LCA FOR MANUFACTURING AND NANOTECHNOLOGY

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