Lithium ist einerseits ein sehr reaktives Material und damit gut geeignet für Batterien, da man eine hohe Spannung erzeugen kann. Andererseits liegt in dieser Eigenschaft aber auch ein Sicherheitsrisiko: Die Batterien müssen vollkommen luftdicht abgedichtet sein. "Für kleine portable Anwendungen sind Lithium-Ionen-Batterien heute noch erste Wahl", sagt Peter Strasser von der TU Berlin, Fachgebiet Elektrochemische Katalyse und Materialien. Aber die Sicherheitsrisiken von Lithium-Ionen-Batterien seien bei großen Batteriespeichern, wie sie für die Energiewende hin zu regenerativen Energien benötigt werden, recht herausfordernd.
Schon seit Längerem arbeitet man in der Wissenschaft deshalb aus solchen Sicherheitserwägungen, aber auch aus Kostengründen und der Materialverfügbarkeit an Alternativen zum Lithium. Eine Übersicht über den Stand der Technik elektrochemischer Speicher geben Peter Stenzel, Johannes Fleer und Jochen Linssen in "Energietechnologien der Zukunft" ab Seite 157. In aufkommenden stationären Einsatzbereichen, insbesondere im Zusammenhang mit der Nutzung erneuerbarer Energien, kommen neben Blei-Säure- und Lithium-Ionen Batterien zunehmend auch andere Typen wie -, Natrium-Hochtemperatur- (NaS, NaNiCl2) und Redox-Flow-Batterien zur Anwendung, so die Springer-Autoren. Diese vier Batterietypen werden in Deutschland bereits in unterschiedlichen Anlagengrößen in der Praxis eingesetzt. "Darüber hinaus befindet sich eine Vielzahl von neuen Batteriekonzepten (z. B. Metall-Luft-Batterien, Festkörperbatterien, Flüssigmetallbatterien) in der Entwicklung, welche allerdings erst im Zeitraum nach 2025 für erste praxisrelevante Anwendungen infrage kommen könnten."
Neuer Typ von Elektrodenmaterial
Das Chemiker-Team um Peter Strasser an der TU Berlin entwickelt einen neuen Typ von Elektrodenmaterialien, die auf Aluminium und Magnesium statt Lithium beruhen, wie die Forscher jetzt in Nature Materials berichten. "Diese Metalle sind preiswerter und können sicherer an der Luft gelagert werden – diese größere Sicherheit bezahlt man allerdings mit einer geringeren Spannung. Dafür stellen diese Ionen nicht wie Lithium nur eine, sondern zwei beziehungsweise drei positive Ladungen zur Verfügung und erlauben daher eine viel dichtere Speicherung von elektrischer Ladung – was gerade für große kompakte Batteriespeicher sehr wichtig ist", so Strasser.
Das Problem: Die zwei- und dreiwertig geladenen Ionen ließen sich bisher nur schlecht so in ein Wirtsmaterial (Elektrodenmaterial) einlagern, dass sie anschließend reversibel zwischen den Elektroden ausgetauscht werden können. "Meinem Mitarbeiter Toshinari Koketsu ist es jetzt gelungen, diese Ionen reversibel in eine chemisch modifizierte Form des weißen Farbpigments Titanoxid einzulagern", erklärt Strasser. "Das Titanoxid wurde dabei zunächst von unseren Kooperationspartnern an der Pariser Universität Sorbonne mit Fluorid-Ionen dotiert. Das bedeutet, dass Fluorid-Ionen in der Gitterstruktur des Titanoxids einen Teil der Sauerstoff-Ionen ersetzen, dabei einige der positiv geladenen Titan-Ionen ausstoßen und so eine Art ‚Loch’ oder Fehlstelle in dem Gitter produzieren. Es zeigt sich, dass diese Fehlstellen, ideale Einlagerungsstellen für positiv geladene Magnesium- oder Aluminium-Ionen sind."
Reversible Einlagerung der Aluminium- und Magnesium-Ionen
In mehreren Versuchsreihen konnten die Wissenschaftler nachweisen, dass die reversible Einlagerung der Aluminium- und Magnesium-Ionen über mehrere hundert Zyklen stabil funktioniert und dabei hohe Ladungskapazitäten zeigt. Strasser: "Damit konnten wir zeigen, dass Fluorid-dotierte Oxidmaterialien mit speziellen Fehlstellen tatsächlich eine grundlegend neue Batteriechemie mit Magnesium- und Aluminium-Ionen ermöglichen, die von fundamentaler wie praktischer Bedeutung sein wird."