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26.02.2021 | Materialentwicklung | Im Fokus | Online-Artikel

Laborerfolg von großer praktischer Tragweite

verfasst von: Dieter Beste

3:30 Min. Lesedauer
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Forschern gelang es, einen leistungsstarken thermoelektrischen Generator auf Basis von kostengünstigen Werkstoffen zu entwickeln, der zudem noch in einem einfachen und gut skalierbaren Fertigungsprozess herstellbar ist.

Bei aller Vielfalt der Entwicklung neuer Werkstoffe beobachten die Springer-Autoren Hansgeorg Hofmann und Jürgen Spindler gegenwärtig einen Arbeitsschwerpunkt in der Forschung bei solchen Materialien, die Energieerzeugung ohne CO2-Freisetzung beziehungsweise eine sparsame Energienutzung möglich machen. Ein spannendes Arbeitsfeld für Materialentwickler und Werkstoffforscher sind beispielsweise thermoelektrische Generatoren. Mit ihnen, so Hofmann und Spindler in "Aktuelle Werkstoffe", lasse sich etwa die Abwärme bei Verbrennungsmotoren in nutzbare elektrische Energie umwandeln. 

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Mehr als 60 Prozent der erzeugten Energie werden gegenwärtig durch die Verbrennung fossiler Brennstoffe generiert und gehen als Abwärme verloren – mehr als die Hälfte davon fällt im Niedertemperaturbereich an, also bei Temperaturen unter 300°C. Das Ziel, diese Abwärme zur Stromerzeugung effektiv zu nutzen, hat ein Wissenschaftlerteam am Leibniz-Institut für Festkörper- und Werkstoffforschung IFW Dresden, an der University of Houston (USA) und am Harbin Institute of Technology (China) motiviert, mit neuen Materialien eine Verbesserung der Technologie der thermoelektrischen Generatoren zu erreichen. Das Forscherteam um Gabi Schierning, inzwischen  Professorin für Experimentalphysik an der Fakultät für Physik der Universität Bielefeld, wurde fündig und hat ihre Ergebnisse jetzt im Fachmagazin "Nature Communications" veröffentlicht.

Der thermoelektrische Effekt beschreibt den Zusammenhang zwischen elektrischer Potenzial- und Temperaturdifferenz und zwischen elektrischer Stromdichte und Wärmestromdichte in einem Material. "Je nach Anwendung macht man sich bei der Beschreibung der thermoelektrischen Vorgänge die Phänomene des Seebeck-, Peltier- und Thomson-Effektes zunutze", erklärt Peter Wellmann in "Materialien der Elektronik und Energietechnik" (Seite 241). Der Seebeck-Effekt beschreibt das Phänomen, dass Ladungsträger in einem (Halb-) Leiter von der heißen zur kalten Seite diffundieren und dass es somit zu einer statistischen Umverteilung der Ladungsträger kommt. Der Peltier-Effekt wiederum bedeutet die Umkehrung des Seebeck-Effektes. Durch den elektrischen Stromfluss wird zwischen zwei Kontaktpunkten ein Wärmefluss initiiert, der nach außen als Temperaturdifferenz in Erscheinung tritt. Und beim Thomson-Effekt, so Wellmann, verhält es sich ähnlich wie beim Peltier-Effekt, nur dass innerhalb eines Materials ein Stromfluss aus dem heißen in das kalte Gebiet oder umgekehrt betrachtet wird.

Seebeck-Effekt ermöglicht thermoelektrische Generatoren

Thermoelektrische Generatoren machen sich den Seebeck-Effekt zunutze: "Der Relationskoeffizient zwischen der Thermospannung und der Temperatur bzw. Temperaturdifferenz wird im Falle beliebiger elektrischer, thermischer und materialtechnischer Situationen als Seebeck-Koeffizient bezeichnet. Ältere Literaturstellen führen dafür bevorzugt den Begriff Thermokraft", präzisiert Klaus Irrgang in seiner Einführung zu "Altes und Neues zu thermoelektrischen Effekten und Thermoelementen". Thermoelektrika mit hohen Seebeck-Koeffizient sind laut Hofmann und Spindler Halbleitermaterialien, wie zum Beispiel Bismuttellurit (Bi2Te3), Bleitellurit (PbTe), Bismutantimonit (BiSb) und Eisendisilizid (FeSi2). Ein Ziel der Forschung und Entwicklung, so die Springer-Autoren, bestehe in der Verbesserung bekannter Systeme und dem Einsatz neuer Werkstoffe.

Seit über 50 Jahren basierten kommerzielle thermoelektrische Generatoren auf Bismuttellurid-Verbindungen, schreibt das Wissenschaftlerteam in "Nature Communications".  Dieses Material besteche durch seine hervorragenden thermoelektrischen Eigenschaften im Niedertemperaturbereich. Ein großflächiger Einsatz von Bismuttellurid-basierten Generatoren sei jedoch durch die Knappheit von Tellur stark begrenzt (Te <0,001 ppm in der Erdkruste und Produktion <500 t/Jahr).

Seltenes und teures Tellur lässt sich substituieren

"Es ging darum, Materialien zu finden, die ähnlich effizient sind, aber häufiger in der Erdkruste vorkommen und damit kostengünstiger sind – dadurch steigt die Chance, dass die Technologie marktfähig wird", sagt Schierning. Für ihre Studie haben die Wissenschaftler chemische Verbindungen analysiert, die auf den Elementen Magnesium und Antimon basieren. "Dass solche Verbindungen geeignete Materialien für die Thermoelektronik sind, war schon einige Zeit bekannt. Bisher konnte aber nicht gezeigt werden, dass sich aus ihnen auch funktionierende thermoelektrische Bauelemente herstellen lassen. Das ist uns nun gelungen", sagt Schierning.

Der in Nature Communications vorgestellte Tellur-freie thermoelektrische Generator auf Basis von Magnesium-Antimon Verbindungen ist nach Angaben der Forscher leistungsstark und lässt sich in einem einfachen, flexiblen und gut skalierbaren Fertigungsprozess herstellen. Die neuen thermoelektrischen Generatoren erreichen einen Wirkungsgrad von 7,0% bei einer Temperaturdifferenz von 250°C und übertreffen damit sogar den Wirkungsgrad (ca. 5,2%) kommerzieller Bismuttellurid-basierter thermoelektrischer Generatoren.

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