Die Materialeigenschaften von Hochentropie-Legierungen lassen sich nur schwer vorhersagen. In der Fertigung wird daher mitunter nach dem Prinzip Trial-and-Error gearbeitet. Das könnte sich nun ändern.
Die Forschungsergebnisse eröffnen neue Möglichkeiten zur Prozesskontrolle.
Alexander Ratzing
Einem internationalen Forschungsteam mit Beteiligung der Hochschule München ist es gelungen, die komplexen physikalischen Eigenschaften von Legierungen zu berechnen und deren Veränderung bei der Bearbeitung mit Laserlicht vorauszusagen. Die theoretischen Voraussagen wurden durch Experimente an der EPFL in Lausanne sowie am Paul-Scherrer-Institut im Kanton Aargau untermauert: Dort untersuchten die Forschenden mithilfe hochenergetischer Röntgenstrahlung eine Legierung aus Chrom, Mangan, Eisen, Kobalt und Nickel – eine Metallmischung, die in der Forschung als Prototyp für Hochentropie-Legierungen eingesetzt wird.
"Dank der Experimente und der theoretischen Berechnungen konnten wir die Einflüsse von chemischer Entropie und starken elektronischen Wechselwirkungen auf die Materialeigenschaften separieren", sagt Erstautor Dr. David Redka von der Hochschule München.
Entropie von Edelstahl am Lichtspektrum erkennbar
Laut Redka wirken sich starke elektronische Wechselwirkungen bei Beleuchtung der Oberfläche auf die Absorption von sichtbarem Licht aus. Die Entropie wiederum beeinflusst den elektrischen Widerstand und die Absorption von infrarotem Licht. Licht, das von der Oberfläche reflektiert wird, verrät darüber hinaus, in welchem Zustand sich die Legierung befindet: Je höher die Temperatur und je dichter das aufgeschmolzene Material, desto stärker verändert sich der Brechungsindex und damit auch die Farbe des reflektierten Lichtstrahls.
Die Ergebnisse der Arbeit wollen die Forschenden jetzt nutzen, um neue Verfahren zum Prozesskontrolle bei der Materialbearbeitung mit Ultrakurzpuls-Lasern zu entwickeln. Langfristiges Ziel ist es, mithilfe eines Lichtstrahls, der auf die Oberfläche einer Legierung geleitet und dort reflektiert wird, in Echtzeit Temperatur und Dichte zu bestimmen. Damit sollen erstmals Sensoren entwickelt werden, die eine Überwachung der Bearbeitung mit hochenergetischer Laserstrahlung ermöglichen.