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09.01.2020 | Materialentwicklung | Nachricht | Online-Artikel

Hochentropie-Legierungen – hitzefest und leicht

verfasst von: Nadine Winkelmann

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Eine neue Werkstoffklasse verspricht viele Innovationen in der Luftfahrt und im Turbinenbau: Hochentropie-Legierungen sind Metalle, in denen sich fünf oder mehr Elemente in jeweils ähnlichen Anteilen atomar verbunden haben. Richtig designt, sind sie härter, hitzefester und leichter als Stahl, Aluminium und andere klassische Werkstoffe.

Klassische Legierungen wie Stahl sind bereits seit der Antike bekannt und werden seit über 150 Jahren hochindustriell hergestellt. Stahl enthält neben Eisen kleinere Mengen Kohlenstoff sowie Mangan, Nickel, Vanadium oder andere Elemente. Diese winzigen Beimischungen beeinflussen die Härte, Elastizität, Schmiedbarkeit und andere Eigenschaften des Stahls. Hochentropie-Legierungen (HEL) dagegen sind erst seit dem Jahr 2004 in den Fokus von Forschern und Ingenieuren gerückt. Sie bestehen aus mindestens fünf verschiedenen Bestandteilen in jeweils hohen Anteilen. Das können beispielsweise Aluminium, Titan, Eisen, Chrom oder Nickel sein, aber ebenso ganz andere Elemente, auch in Kombination mit Stickstoff oder Kohlenstoff – dann entstehen Keramiken.

"Einige dieser Legierungen, die aus Elementen wie Aluminium, Titan, Niob, Hafnium und Vanadium bestehen, eignen sich als Hochtemperaturwerkstoffe für Turbinen", sagt Dr. Jörg Kaspar, der am IWS die Forschungsgruppe für Werkstoff- und Schadensanalytik leitet. "Damit können effizientere Kraftwerke und Flugzeuge konstruiert werden, die weniger Gas beziehungsweise Treibstoff verbrauchen. Andere Verbindungen empfehlen sich mehr für den Leichtbau." Keramische HEL-Beschichtungen würden außerdem die gewaltigen Blechumformwerkzeuge in der Automobilindustrie verschleiß- und hitzebeständiger machen.

Manuelle Brauerei würde tausende Jahre dauern

Allerdings sind noch einige technologische Probleme zu lösen, bevor solche Legierungen tauglich für die Massenproduktion werden. "Hochentropielegierungen sind in sehr vielen Varianten denkbar", erläutert Kaspar. "Wer sie alle einzeln durchprobieren wollte, würde einige tausend Jahre dafür brauchen." Daher haben die Dresdner Fraunhofer-Analytiker Methoden weiterentwickelt, um Proben aus verschiedenen HEL-Rezepturen sehr rasch herzustellen und automatisiert auf Härte, Festigkeit und andere Eigenschaften zu testen. Möglich machen dies »additive Fertigungsanlagen«, die ihre HEL-Zutaten aus mehreren Behältern mit Eisen-, Chrom-, Nickel- und anderen elementaren Pulvern fördern. Ein Laser schmilzt diese Stoffe auf und trägt die gewünschte Mischung auf eine Probenplatte. Für die nächste Probe nimmt sich die Maschine dann zum Beispiel weniger Eisen und mehr Chrom, testet den Einfluss auf die Härte der neuen HEL, variiert die Rezeptur dann erneut. Die Anlage verändert die Zusammensetzung in den Folgeschritten solange, bis die Testreihe abgeschlossen ist.

Das Fraunhofer IWS veranstaltet am 12. und 13. März 2020 das "1. HEL-Symposium für Hochentropielegierungen: Potenziale für die industrielle Anwendung" in Dresden. Prof. Christoph Leyens, Leiter des Fraunhofer-Instituts für Werkstoff- und Strahltechnik IWS und Direktor des Instituts für Werkstoffwissenschaft der Technischen Universität Dresden: "Wir wollen Grundlagenforscher und Anwender zusammenbringen. Denn wir merken immer wieder: Viele Unternehmen sind sich dieser neuen Werkstoffklasse gar nicht bewusst. Dabei verfügen Hochentropielegierungen großes wirtschaftliches und technologisches Potenzial."

Weitere Informationen unter https://www.iws.fraunhofer.de/de/veranstaltungen/hel-symposium.html

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