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10.12.2018 | Materialentwicklung | Nachricht | Online-Artikel

Eigene Schmiermittelversorgung wie beim Regenwurm

verfasst von: Nadine Winkelmann

2:30 Min. Lesedauer

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Ein neues reibungsminderndes Material, das sich bei Druck selbst mit Schmiermittel versorgen kann, eröffnet vielfältige Anwendungsmöglichkeiten in der Industrie und Biomedizin. Als Vorbild diente die Haut des Regenwurms.

Regenwürmer sind trotz feuchter und klebriger Erde immer sauber. Das haben sie einer Schmutz abweisenden, gleitfördernden Schmierschicht zu verdanken, die sich auf ihrer Haut immer wieder selbst bildet. Forscher vom Leibniz-Institut für Neue Materialien (INM) haben dieses System aus der Natur nun künstlich nachgebaut: Sie entwickelten ein Material mit einer Oberflächenstruktur, die sich selbst mit Schmiermittel versorgt, wenn Druck ausgeübt wird.

Das neue Material besteht aus einem weichen Kunststoff, in dessen Innerem sich Tröpfchen aus Silikonöl als Schmiermittel befinden. Wird Druck auf das Material ausgeübt, verändern die Tröpfchen ihre Form und wandern an die Oberfläche. Das Silikonöl verteilt sich dann gleichmäßig auf der Oberfläche zu einer wasser- und schmutzabweisenden Gleitschicht. Verringert sich der Druck, bilden sich die Tröpfchen zurück. Die Gleitschicht lässt sich wieder entfernen und bildet sich neu, wenn erneut Druck auf das Material einwirkt. "Es reagiert also dynamisch auf Druck – wie ein 'atmendes' System", fasst Jiaxi Cui, Leiter der Forschungsgruppe Schaltbare Mikrofluidik zusammen. 

Raue Oberfläche verlängert die Schmierwirkung

Die Oberflächenstruktur des neuen Materials spielt ebenfalls eine wichtige Rolle: "Auch hierbei haben wir uns vom Regenwurm inspirieren lassen. Seine Hautoberfläche ist nicht glatt, sondern rau. Das haben wir bei unserem Material berücksichtigt und die Oberfläche aufgeraut", erläutert Cui. Gerade durch diese Rauigkeit könne sich ein gleichmäßiger Schmierfilm ausbilden und gut haften bleiben. Davon hängt ab, wie reibungsmindernd sich das neue Material verhalten kann.

Die Oberflächenstruktur ist aber auch für die Langlebigkeit der Schmierwirkung von Bedeutung: "Wir haben den Gleitfilm auf unseren 'Regenwurmstrukturen' mit einem Gleitfilm auf einer glatten Oberfläche verglichen: Unsere Strukturen überstehen 10.000 Reibungszyklen, während es bei Gleitfilmen auf glatten Strukturen nur 300 Reibungszyklen sind", erklärt Cui. Gerade diese Kombination aus rauer Oberfläche und den Schmiermitteltröpfchen im Inneren sei das Besondere an dem neuen Material. Zwar gibt es schon einige Strukturen, die die Reibung vermindern, darunter auch solche, die der Funktionsweise von Tierhäuten nachempfunden sind. Auch Systeme, die selbst Schmierstoffe freisetzen, sind von Forschern untersucht. Sie alle funktionieren bisher jedoch nur in flüssiger Umgebung. 

Anwendung in Industrie und Biomedizin

Da das geschmierte Material reibungsmindernd ist und auch das Aufwachsen von Mikroben verhindert, können sich die Forscher zahlreiche Anwendungen in der Industrie oder Biomedizin vorstellen, sobald ein Gerät reibungslos durch etwas Festes gleiten soll. Ihre Ergebnisse publizierten die Wissenschaftler vor kurzem in der Fachzeitschrift Advanced Materials.

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