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2023 | Buch

Medien | Zeiten

Interdependenzen

herausgegeben von: Sven Grampp, Peter Podrez, Nicole Wiedenmann

Verlag: Springer Fachmedien Wiesbaden

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Über dieses Buch

Medien lassen sich nicht durch eine einzige Temporalform bestimmen, sondern sind immer schon von mehreren Zeitlogiken durchzogen und bringen ebenso Temporalitäten in jeweils spezifischen Wechselverhältnissen hervor. Diese programmatische These des Medienwissenschaftlers Kay Kirchmann bildet den Ausgangspunkt des vorliegenden Sammelbandes. Die einzelnen Beiträge beschäftigen sich anhand konkreter Fallbeispiele mit den vielfältigen Zusammenhängen medialer und temporaler Phänomene. Anhand so unterschiedlicher Medien wie Fernsehen, Film, Fotografie, Theater, Musikvideos, Dioramen, Diagrammen oder auch GIFs geht es dementsprechend um die Beantwortung der Frage, wie sich die Interdependenzen, also die vielfältigen Wechselbeziehungen von Medien und Zeit, gestalten und erklären lassen.

Inhaltsverzeichnis

Frontmatter
Wechselseitige Abhängigkeiten von Medien, Zeiten und Akteuren
Zur Einführung
Zusammenfassung
Bei dem vorliegenden Sammelband handelt es sich um eine Festschrift für Kay Kirchmann zum 60. Geburtstag. Deshalb möchten wir in der Einleitung zunächst einige Stationen des intellektuellen Weges des Medienwissenschaftlers skizzieren. Daran anschließend gilt es darzulegen, welchen thematischen Schwerpunkt wir für diese Festschrift gewählt haben und warum uns dieser zur Charakterisierung dessen, was Kirchmann die letzten knapp vier Dekaden wissenschaftlich primär umtrieb, besonders geeignet scheint. Einer der zentralen Gegenstände Kirchmanns ist – wie im Titel vermerkt – der Zusammenhang von Medien und Zeit. Seine Beschäftigung zielt dabei anhand diverser Medien wie Fernsehen, Film, Fotografie, aber auch Theater und Geldspielautomaten immer wieder auf die Beantwortung der Frage, wie sich die Interdependenzen, also die vielfältigen Wechselbeziehungen von Medien und Zeit, gestalten und erklären lassen. Diesen Zusammenhang wollen wir in der Einführung in möglichst vielen Facetten erfassen – und zwar in der Weise, wie es Kay Kirchmann unseres Erachtens selbst im Lauf seines Forschungslebens getan hat. Im Zuge dessen werden die einzelnen Beiträge des vorliegenden Sammelbandes vorgestellt und in Zusammenhang mit Kirchmanns Perspektivierung der Interdependenzen von Medien und Zeit gebracht.
Sven Grampp, Peter Podrez, Nicole Wiedenmann
Reise als symbolische Form filmischer Moderne
Zur Zeiterfahrung einer kinematographischen Romantik bei Andrej Tarkovskij
Zusammenfassung
Ausgehend von Andrej Tarkovskijs Stalker (SU 1979) entwickelt der Aufsatz einerseits eine Hermeneutik der Reise als semantisches Symbol mit spezifischen formsprachlichen wie inhaltsästhetischen Neuerungen, die konstitutiv wurden für die Kunst zwischen Aufklärung und Romantik. Andererseits entsprechen solche faszinierenden wie schockierenden Zeiterfahrungen der Dynamik und Mobilität der Welterfahrung in der Gesellschaft der Moderne im Ganzen, die als Affirmation wie Negation wiederum Gegenstand ästhetischer Reflexion wird. Tarkovskij findet dabei eine besondere kinematographische Poetik, bei der seine Vorstellung von Zeit und Dauer als die eigentlichen Gestaltungsmittel des Films zu ihrer sinnlichen Evidenz kommen. Es geht auch um das Paradox, dass gerade die Verweigerung der Zeitgenossenschaft im Sinne romantischer Weltflucht Anlass der absoluten modernité in Form und Inhalt wird.
Norbert M. Schmitz
Die Unbewohnbarkeit denken
Dioramen inhabitabler Habitate
Zusammenfassung
Der Fortbestand des Planeten ohne die menschliche Spezies ist für die Vertreter dieser Spezies nicht (ohne weiteres) repräsentierbar. In alle menschlichen Vorstellungen und Begriffe der Welt glaubt der Mensch sich selbst immer schon einzutragen. Dieser Gedanke ist sowohl kosmologisch als auch logisch und phänomenologisch begründbar und beschäftigt aktuell den „Spekulativen Realismus“ ebenso wie die Theorie vom Anthropozän. Diese Ansätze ziehen allerdings ästhetische Erfahrungen und ästhetisches Denken nicht ausreichend in Betracht. Am Beispiel ausgewählter naturkundlicher und künstlerischer Dioramen zeigt sich jedoch, wie die ästhetischen Operationen der zeitlichen und räumlichen „Versetzung“ und „Serialisierung“ sehr wohl menschlich und organisch inhabitable Habitate aufschließen und so zum Denken der Unbewohnbarkeit beitragen können.
Lorenz Engell
Am Ende Liebe?
Zeitlichkeiten der Liebe in Erzählungen aus Film und Fernsehen
Zusammenfassung
Ausgehend von der These, dass Liebessemantiken auch durch die Medien geprägt sind, in denen von der Liebe erzählt wird, unternimmt der Text einen Vergleich von Mustern audiovisueller Liebeserzählung in Film und Fernsehen. Im Fokus steht dabei die Untersuchung, wie die jeweils medientypische Zeitlichkeit bestimmte Formen des Endens hervorbringt. Im Vergleich zeigt sich, dass Film und Fernsehen in unterschiedlichen Genres narrative Muster formen, von denen einige romantische Liebe forcieren, andere hingegen Liebesbeziehungen über das Muster des Konflikts oder der seriellen Monogamie perspektivieren, wenn sie nicht sogar die Möglichkeit von Liebesglück ganz ausschließen. Die medialen Differenzen erweisen sich nicht als rigide, sondern äußern sich in abweichenden Schwerpunktsetzungen und Zielpublika.
Jens Ruchatz
Die Zeit der Liebe
Clint Eastwoods Breezy
Zusammenfassung
Der Text argumentiert methodisch für den Wert interpretativer Einzelfalluntersuchungen von Filmen und analysiert die Figurationen der Liebe in Clint Eastwoods Film Breezy (USA 1973) insbesondere unter dem Aspekt der Zeit. Die These ist, dass es dem Film im Durchlauf unterschiedlicher Beziehungskonstellationen und durch die Darstellung einer unwahrscheinlichen Liebe gelingt, eine ‚Verteidigung‘ der Liebe gegen ihre z. B. von Alain Badiou vorgetragenen Gefährdungen zu formulieren. Zentral hierfür ist zum einen die spezifische soziale Affektstruktur des Optimismus, die der Film zur Geltung bringt, zum anderen das Motiv forcierter Differenz zwischen den Liebenden.
Thomas Morsch
Zeitliches im Überzeitlichen
Manfred Noas Verfilmung von Lessings Nathan der Weise (1922)
Zusammenfassung
Der Beitrag analysiert Manfred Noas Verfilmung (D 1922) von Lessings Nathan der Weise (1779). Er erläutert Entstehungs- und erste Rezeptionskontexte sowie Referenzen auf den frühen arabisch-israelischen Konflikt. Vor allem die Verdoppelung der Ringparabel in der Filmdiegese und die Pogrom-Sequenz eröffnen die Möglichkeit, den Film zugleich auf eine unbestimmte historische Diegese (nach den Kreuzzügen), die Entstehungszeit des Dramas (Aufklärung, Toleranzforderung) und die politischen Konflikte nach dem Zerfall des Osmanischen Reiches im frühen 20. Jahrhundert (Koexistenz-Forderung, Antisemitismus, Unruhen) zu beziehen. Durch diese spezifische Zeitstruktur offenbart sich im Film Zeitliches im Überzeitlichen.
Dirk Niefanger
The Past, Present and Future in 2001: A Space Odyssey (1968)
Abstract
In this essay the author – like Kay Kirchmann born in 1961 and, also like Kirchmann, a long standing admirer of Stanley Kubrick’s films who has published widely on them – takes personal as well as generational and transgenerational experiences as a point of departure for a series of reflections on 2001: A Space Odyssey (GB/USA 1968). These concern the ‘archival turn’ in Film Studies, specifically in scholarly work on Kubrick, and also the role played by existential threats to humanity in the prehistory and development of Kubrick’s masterpiece and in its reception. Against this background, the essay offers both familiar and new perspectives on the meanings as well as the historical and contemporary resonances of 2001: A Space Odyssey.
Peter Krämer
Portugiesische Nächte
Zur Serienästhetik von Miguel Gomes’ As Mil e Uma Noites
Zusammenfassung
Im vorliegenden Text wird die Miniserie As Mil e Uma Noites (Miguel Gomes, Diverse 2015) analysiert. Die dreiteilige Serie nimmt konkreten Bezug auf die ökonomische Krise Europas der Jahre 2010–2014 sowie die Verarmung Portugals und stellt sie in einen historischen und kulturellen Kontext der Kooperationen und Vermischungen der Kulturen, die durch den Bezug auf die Erzählung Tausendundeine Nacht medial und narratologisch fundiert werden. Die These ist, dass Portugal dabei zu einem zeitübergreifenden und heterochronen Gebilde wird, einer Kreuzung verschiedener historischer, kultureller oder medialer Epochen. Dies verweist auf die Tiefenstruktur des Seriellen, die durch Tausendundeine Nacht inspiriert und mit Blick auf das Europa der Gegenwart forterzählt wird.
Oliver Fahle
Mobilisierung der Anschauungsformen
Raum und Zeit in der Klassischen Moderne – Malerei, Architektur, Film
Zusammenfassung
Der Text verfolgt eine sowohl kunst- wie kulturhistorische Fragestellung in Bezug auf die Formationsphase der Klassischen Moderne. Ausgangspunkt ist die Annahme, dass in den ersten Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts die Fluidisierung der Wahrnehmung der lebensweltlichen Wirklichkeit zur allgemeinen kulturellen Erfahrung wird. Untersucht werden sollen daraufhin zum einen die (sehr verschiedenartigen) Veränderungen in den einzelnen Künsten, und zum anderen soll nach Korrespondenzen bzw. übergreifenden Mustern bei den neu sich ausbildenden Anschauungsformen gefragt werden.
Christoph Asendorf
Die Krise Savoyen-Piemonts
Zur Zeit der Entscheidung um 1700
Zusammenfassung
Im vorliegenden Text wird der Versuch unternommen, am Beispiel Savoyen-Piemonts um 1700 die Geschichte einer Entscheidungssituation zu schreiben. Ausgangspunkt ist dabei die Feststellung, dass Entscheidungssituationen nicht entstehen, sondern hergestellt werden. Insofern richtet sich das Hauptaugenmerk der Untersuchung, in deren Mittelpunkt die Schlacht um Turin im Jahr 1706 steht, auf die zeitgenössischen Formen der Repräsentation von Wirklichkeit sowie auf die Medialität vermeintlich universaler Beobachtungskategorien wie Wahrscheinlichkeit, Risiko und Kontingenz.
Marcus Sandl
Erinnerung, Kritik und Deutung im Film
Von Deutschland nach Kolumbien
Zusammenfassung
Der Beitrag bringt mit Hilfe des Films Deutschland und Kolumbien in Dialog. Ausgehend von Wolfgang Beckers Good Bye, Lenin! (D 2003) und den kolumbianischen Produktionen Distrito Salvaje (Cristian Conti, COL 2018) und Alma de Héroe von Orlando Pardo (COL 2019) wird gezeigt, in welcher Weise die Filme nicht nur die gesellschaftspolitischen Spannungen dokumentieren, sondern eine Deutungsmacht artikulieren, die einen gesellschaftlichen Versöhnungsprozess in Gang setzen kann oder ihn im schlimmsten Fall verhindert.
Wolfgang Fuhrmann
Cute und mütterlich
Vom großen Zurück in Tonari no Totoro von Hayao Miyazaki
Zusammenfassung
Im vorliegenden Text geht es um den japanischen Animationsfilm Mein Nachbar Totoro (1988) von Hayao Miyazaki, eine nicht als solche kenntlich gemachte Adaption von Astrid Lindgrens Ferien auf Saltkrokan (1964). Dass es sich bei ihr um einen Regressions- und Traumafilm handelt, in dem das In-Stellung-Bringen eines ‚Schutzwahns‘ gegen den Mutterverlust Thema ist, verdeutliche ich anhand einer klassisch psychoanalytischen Lesart, die Otto Ranks Thesen zum Geburtstrauma mit Einlassungen zur spezifischen Ästhetik des Cuten in Dialog bringt.
Jörn Glasenapp
Play it again, Sam. Oder: Das ambivalente Verhältnis von Kunst und Medien zur Wiederholung
Zusammenfassung
Der vorliegende Text versucht das prekäre und widersprüchliche Verhältnis von Medien- und Kunstsystem zur Redundanz zu analysieren und dabei zugleich die historische Dynamik der wechselseitigen Zuschreibungen und Denunziationen in den Blick zu nehmen.
Rainer Leschke
Computerspiel als Entelechie
Wiederholung, Wiederaufnahme und Re-Entry
Zusammenfassung
Der Text spekuliert über spezifische Handlungen in Computerspielen. Am Beispiel der (handelnden, narrativen) Wiederholungsstruktur – als eine Figur des ‚Re-Entry‘ – soll über Einübungsformen einer spezifischen Rationalität nachgedacht werden, die über eine schlichte Selbstoptimierung des Subjekts im Handeln hinausgeht und vielmehr vorschlägt, die ‚Wiederauferstehung‘ im Spiel als eine teleologische (oder präziser: entelechische) Aushandlung zu begreifen.
Rolf F. Nohr
Loop: Zur chronischen Zeit digitaler Serialität
Zusammenfassung
In der vernetzten Bewegtbildkultur stellt der Loop eine allgegenwärtige Erscheinungsweise digitaler Serialität dar. Der Beitrag untersucht die temporalen Strukturen der Bildschleife und fragt nach ihrer Rolle auf den Social Media-Plattformen. In Rückgriff auf das Konzept der chronischen Zeit wird insbesondere diskutiert, inwiefern loop-ähnliche Prozesslogiken für plattformspezifische Kommodifizierungsmechanismen funktional sind. Aufgespannt zwischen Krise und Habitualisierung, reflektiert sich in der Serialität des Loops, so die These, die chronisch gewordene Temporalität des digitalen Kapitalismus.
Olga Moskatova
Closer: Sampling im Bewegtbildumlauf
Zusammenfassung
Der Beitrag untersucht das Sampling als spezifisch mediale Kulturtechnik. Im Fokus stehen dabei auditive und visuelle Prozesse der Referenzierung, die nicht nur die produktive Weiterverarbeitung von bereits vorhandenem Material, sondern auch die mediale Leistung des Sampling als zeitlich verfasstes Verfahren der Transformation und Rekursion erkennen lassen.
Lisa Gotto
Ein dreifacher Auftritt mit Medienreflexion und Wiederholung
Der Fan, die Diva und das Tonbandgerät in Jean-Jacques Beineix’ Diva (1981)
Zusammenfassung
Jean-Claude Beineix’ Film Diva (1981) wird aus einer musiktheaterwissenschaftlichen, genauer: opernforschenden und medienreflexiven Perspektive diskutiert. Im Mittelpunkt stehen dabei zwei Themen: erstens die Auftritte der Aufzeichnungs- und Abspielapparaturen und zweitens die Spezifik von Oper als Live-Medium und die darin begründete Dichotomie zwischen der Unwiederholbarkeit der Live-Kunst Oper einerseits und dem Wunsch und der Sehnsucht nach Wiederholung auf der anderen Seite.
Clemens Risi
Medien der Zukunft oder Zukunft der Medien?
Zukünftige Interfaces und die Reformulierung des medialen Apriori
Zusammenfassung
Mit besonderem Fokus auf Interfaces im Sinne von Mensch-Maschine-Schnittstellen wird im vorliegenden Text der Verflechtung von Imaginationen zukünftiger Medien mit der Entwicklung von prädiktiven Medien nachgegangen. Im Kontext der zeitgenössischen Debatte um die theoretische Begründung eines ‚medialen Apriori‘ argumentiert der Text dafür, die Imagination von zukünftigen Medien in klassischen Medien wie dem Film – exemplarisch veranschaulicht anhand von Stanley Kubricks 2001: A Space Odyssey (GB/USA 1968) – als strukturelle Bedingung für die gesellschaftliche Ausgestaltung von Medienwandel ernst zu nehmen.
Christoph Ernst
Imaginationsräume der KI
Maschinelles Sehen im Film, der Film als Sehmaschine
Zusammenfassung
Unter Rückgriff auf Paul Virilios Konzept der „Sehmaschine“ widmet sich der vorliegende Beitrag der Art und Weise, wie Science-Fiction-Filme Technologien der Computer Vision imaginieren und diese ästhetisch in Szene setzen. Was ist die Besonderheit der kulturellen Artikulationslogik des maschinellen Sehens als Technologie der Künstlichen Intelligenz in einem Medium, das selbst als Sehmaschine verstanden werden kann?
Andreas Sudmann
Zur Instantaneität der Magnetbandaufzeichnung
Die Medienkonstellation der Fernsehberichterstattung vom Eichmann-Prozess
Zusammenfassung
Während Videorecorder häufig Hinblick auf ihre archivarische Funktion besprochen werden, hebt der Beitrag die Instantaneität hervor, die Anfang der 1960er-Jahre als zeitliche Qualität der Magnetbandaufzeichnung akzentuiert wurde. Er zeigt am Beispiel des Prozesses gegen Adolf Eichmann, der 1961 in Jerusalem stattfand, wie die Technologie zum Einsatz kam, um das Medienereignis einem globalen Fernsehpublikum zugänglich zu machen. Dies war nur durch das Zusammenspiel von verschiedenen Akteuren möglich, wobei technologische Weiterentwicklungen bereits kurze Zeit später dazu führten, dass Videorecordernzur instantanen Berichterstattung obsolet wurden.
Judith Keilbach
Bildbearbeitung im Wandel
Techniken und Bewertungen von historischen und aktuellen Veränderungen politischer Motive
Zusammenfassung
In diesem Beitrag wird der Frage nachgegangen, wie Techniken und Praktiken zu bewerten sind und welche Motive ggf. dazu beigetragen haben, Bilder im Verlauf der Geschichte zu verändern. Es werden exemplarisch verschiedene Praktiken und Beispiele der analogen und digitalen Bildbearbeitung aus den letzten hundert Jahren vorgestellt und eingeordnet. Dazu gehören unter anderem das Einfügen oder Entfernen von Personen und Gegenständen sowie Fotokombinationen und Montagetechniken. Anhand dieser Beispiele mit politischen Motiven im historischen Wandel wird der Frage nachgegangen, welche Formen und Ausprägungen bearbeiteter Bilder sich aufzeigen lassen und wie diese bewertet werden können. Zudem wird diskutiert, inwiefern die Verfahren der Bildbearbeitung durch Markierungen kenntlich gemacht werden sollten. Schließlich wird reflektiert, in welchen Kontexten und unter welchen Bedingungen die Veränderung von Bildern im Wandel der Zeit aus einer medienethischen Perspektive angemessen oder unangemessen ist.
Christian Schicha
Medienpraktiken des Löschens
Zusammenfassung
Eine der wichtigen, aber wenig beachteten Medienpraktiken ist die des Löschens. Die Definition von Medium als Technologie der Speicherung, Übertragung und Verarbeitung von Information privilegiert mit der Speicherung die dauerhafte Aufbewahrung von Information in einem Archiv. Demgegenüber sollen verschiedene Formen des Löschens diskutiert werden.
Jens Schröter
Beliebiger Moment und dehnbare Dauer
Chronometer in der klassischen Konzeptphotographie
Zusammenfassung
Eingebettet in die allgemeine medienbezogene Selbstreflexivität der klassischen Konzeptphotographie der 1960er- und 70er-Jahre, untersucht der Beitrag Thematisierungen der photographischen Zeitlichkeit in Arbeiten von drei ihrer wichtigsten Vertreter, Joseph Kosuth, John Hilliard und Jan Dibbets. Im Mittelpunkt der Betrachtung steht das an die Kulturtechnik des Chronometers gebundene Konzept einer quantifizierten Zeit, an dem zwei Aspekte, der beliebige Moment und die dehnbare Dauer, beleuchtet werden.
Lars Nowak
Variationen über ‚Dazwischen‘
Zur Performance-Praxis der ‚Attitüden‘
Zusammenfassung
Ausgehend von einem Umspringen zwischen den Praktiken Textlektüre und Videosichtung erkundet der Text die spezifische Bewegungsqualität eines ‚Durchgehens durch die Bilder‘ in der Aufführungspraxis der ‚Attitüden‘ zwischen Stillstand und Bewegung, Bild und Performance. Im Rückgriff auf die historische Performance-Praxis der Attitüden im 18. Jahrhundert werden theoretische Überlegungen zur spezifischen Zeitlichkeit von Posen entfaltet, die eine Neubefragung von Bild- und Performance-Konzepten nötig machen, und abschließend schlaglichtartig der Zwischenstatus von Posen in der Gegenwart (im Film, im Sport) in Hinblick auf die Frage von Popularität und die Gender-Dimension von Attitüden und verwandten Praktiken beleuchtet.
Bettina Brandl-Risi
HALT!
Versuch über den Sinn der Unterbrechung
Zusammenfassung
Auf der Grundlage allgemeiner evolutionshistorischer und psychogenetischer Überlegungen entwickelt der Beitrag Thesen zur Wahrnehmung zeitlicher Ereignisse als Korrelierung zyklischer Ereignisse in der Außenwelt mit inneren, physisch-psychischen Prozessen. Dabei werden die Bedeutung intensiver, schmerz- oder lustvoller Wahrnehmungen von plötzlichen Unterbrechungen, störenden oder gewaltsamen zeitlichen Einschnitten skizziert und Möglichkeiten ihrer Überwindung, ästhetischen Sublimierung oder Transformation nachgezeichnet.
Peter Gendolla
Metadaten
Titel
Medien | Zeiten
herausgegeben von
Sven Grampp
Peter Podrez
Nicole Wiedenmann
Copyright-Jahr
2023
Electronic ISBN
978-3-658-38688-7
Print ISBN
978-3-658-38687-0
DOI
https://doi.org/10.1007/978-3-658-38688-7