Mehr Regierungsforschung wagen! Entwicklungslinien und Forschungsbedarfe der Regierungsforschung

Auszug

Regierungsforschung verfolgt das Ziel systematisch und empirisch gesättigt wie theoretisch anspruchsvoll Form, Inhalt und Prozess der Regierungstätigkeit auszuleuchten. Regierungsforschung ist in der bundesdeutschen Politikwissenschaft angekommen (Korte und Grunden 2013). Doch was bedeutet dieser Befund aus forschungsstrategischer Sicht? Ist die Regierungsforschung saturiert? Aktuelle politische Entwicklungen im Regierungssystem sprechen gegen eine solche Interpretation. Die Bearbeitung der Flüchtlingskrise durch Regierungen in Bund, Länder und Kommunen zeigt erbliche Defizite. Neue Formen politischer Steuerung kommen auf: Nudging zielt darauf ab, das Verhalten der Bürgerinnen in unterschiedlichen Politikfeldern, wie der Verbraucher- und Umweltpolitik effektiv zu lenken (Thaler und Sunstein 2009). Dürfen und sollen die Bürgerinnen und Bürgen durch einen „Nanny-Staat“ bevormundet werden? Die Folgen der Schuldenbremse im föderalen Mehrebenensystem für die Handlungsfähigkeit des Staates sind ungewiss. Es ist offensichtlich: Die Aufgaben für Regierungsforschung sind keineswegs abgearbeitet. Doch mit der Identifikation der Problemstellungen ist es nicht getan. Gleichzeitig bedarf Regierungsforschung heute der kritischen Reflexion des Forschungsgegenstandes, der normativen Prämissen und des methodischen Vorgehens, um den Anspruch der modernen Regierungslehre einzulösen. …