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15.03.2019 | Mifid II | Nachricht | Online-Artikel

Mifid II ist zu teuer und verschreckt Kunden

verfasst von: Jan F. Wagner

2:30 Min. Lesedauer

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Die deutschen Bankenverbände haben eine Studie vorgelegt, in dem der europäischen Wertpapierrichtlinie Mifid II ein verheerendes Zeugnis ausgestellt wird. Die Institute sehen sich darin bestätigt.

Im Auftrag der Verbände hat Stephan Paul, Professor an der Ruhr-Universität Bochum, rund 3.000 Kunden und mehr als 150 deutsche Kreditinstitute befragt. Das Ergebnis: Mifid II hat den Instituten nicht nur viel Geld gekostet – von bis zu sechs Milliarden Euro ist die Rede – sondern auch viele Kunden von den Kapitalmärkten vertrieben.

"Bärendienst an der Wertpapierkultur"

"Aus der Vermutung ist nun Gewissheit geworden. Mit Mifid II ist der europäische Gesetzgeber deutlich über das Ziel hinausgeschossen", sagte Andreas Krautscheid, Hauptgeschäftsführer Bundesverband deutscher Banken (BdB), auf einer Pressekonferenz in Frankfurt. "Mifid II ist ein Ärgernis für die Kunden und ein Alptraum für Kreditinstitute. Sie erweist dem Anlegerschutz und der Wertpapierkultur in Deutschland einen Bärendienst."

Wie aus der Studie hervorgeht, sind 62 Prozent der Bankkunden mit der Fülle von Kosten- und Produktinformationen, die gemäß der Regelung vor Orderausführung ausgehändigt werden müssen, schlichtweg überfordert. Auch habe die vorgeschriebene Aufzeichnung von Beratungsgesprächen am Telefon die Kunden sehr verärgert. Folglich werde nur noch jede zehnte Order für ein Wertpapier oder einen Fonds telefonisch erteilt. Dies entspreche einem Rückgang von 50 Prozent im Vergleich zu der Zeit vor der Regelung. Die Richtlinie trat Anfang 2018 in Kraft.

Beratungsangebote schwinden

Laut Befragung haben weitere 40 Prozent der Kunden gesagt, sie würden sich weniger oder gar nicht mehr am Kapitalmarkt engagieren wollen. Statt ihre Ersparnisse in Wertpapiere oder Fonds zu investieren, bevorzugten sie nunmehr Tages- oder Festgeld, hieß es. "Die Deutschen haben zig Milliarden Euro auf diesen Konten rumliegen. Sie bekommen dafür kaum Zinsen und können somit die Inflation nicht ausgleichen", erklärte Krautscheid. "Aber anstatt Anstrengungen zu unternehmen, diesen Leuten zu helfen, sagen viele kleinere Banken in Deutschland, wir können die Wertpapierberatung nicht mehr anbieten. Das ist gesellschaftlich kontraproduktiv und kann nicht im Sinne von Mifid II sein."

Die Finanzaufsicht Bafin kennt die Kritik seitens der Institute. Sie glaubt allerdings, dass die Richtlinie den Anlegerschutz in Deutschland dennoch gestärkt hat. Als Beispiele hierfür nennt die Behörde die Geeignetheitserklärung oder die vorgeschriebene Kostentransparenz. "Vorteilhaft für Anleger sind außerdem die Aufzeichnungen von telefonischen Anlageberatungen. Sie helfen, im Streitfall nachzuweisen, welche Angaben tatsächlich gemacht wurden, beispielsweise zu den persönlichen Verhältnissen", erklärte Anja Schuchardt, Bafin-Pressesprecherin, in einem Interview mit dem Bankmagazin in der Januar-Ausgabe.

Banken fordern zügige Überprüfung von Mifid II

Die Europäische Kommission will erst im März 2020 prüfen, ob bei Mifid II Korrekturbedarf besteht. Die Verbände der deutschen Privatbanken, Volksbanken und Sparkassen wollen allerdings nicht so lange warten. Sie fordern, dass die Überarbeitung der Richtlinie "ganz oben auf die Agenda der neuen EU-Kommission im Herbst 2019 gesetzt wird". Dafür müsste die Bundesregierung im EU-Rat sorgen, heißt es.

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