Die Prioritäten von Managern ändern sich. Wie eine Umfrage zeigt, rückt das Thema Mitarbeiterbindung auf der Agenda der Chefs ganz nach oben. Treiber für die Entwicklungen sind die Erfahrungen aus der Corona-Krise.
Die Herausforderungen, denen Unternehmenslenker gegenüber stehen, sind nicht kleiner geworden. Die Corona-Pandemie und die Digitalisierung bleiben für Firmen große Brocken. Die Frage ist, welche Auswirkungen das auf die Leadership-Entwicklungen hat. Daher hat die Unternehmensberatung Atreus im Januar und Februar 2022 online rund 1.000 Top-Manager befragt. Ergebnis ist die Studie "Leadership+ – Alles anders?", der zufolge das Jahr 2021 vorrangig von Problemen mit der Supply Chain (rund 35 Prozent) und dem Teamzuammenhalt im Homeoffice geprägt war (32 Prozent).
Für 2022 neues Führungsverständnis
Für 2022 zeichne sich nach Ansicht der Studienautoren deutlich ab, dass in den Firmen ein neues Führungsverständnis Einzug hält. Zu den wesentlichen betrieblichen Herausforderungen und kulturverändernden Führungs- und Managementaufgaben in deutschen Organisationen gehöre es in diesem Jahr, die richtigen Mitarbeiter an Bord zu halten, zu gewinnen und für das Unternehmen zu begeistern (61 Prozent). Aber auch die digitale Transformation (42 Prozent) bleibt ein Dauerbrenner, dicht gefolgt von der Unternehmenskultur (39 Prozent).
Um das brennende Thema der Mitarbeitermotivation und -bindung voranzutreiben nennen die Studienteilnehmer in erster Linie die Etablierung eines hybriden Arbeitsmodells, offene Kommunikation, regelmäßige Workshops und Events sowie neue Bonus- und Beteiligungssysteme als Maßnahmen.
Risiken geringer Mitarbeiterbindung
Springer-Autor Michael Hübler betont zudem, dass die Führungskraft Dreh- und Angelpunkt der Mitarbeiterbindung sei. Im Buchkapitel "Mitarbeiterbindung als Kernthema der Zukunft" erklärt er, warum ungebundene Beschäftigte ein Risiko für Unternehmen darstellen (Seite 3 f.):
- Eigene Agenda: Beschäftigte, die ihrem Arbeitgeber kaum verbunden sind, haben eine eigene Agenda. Das Problem: Sie können Unternehmen ernsthaft schaden, indem sie Kunden abwerben, sich Vorteile verschaffen, bei Abrechnungen mogeln oder ihre Zeit mit anderen Dingen als Arbeit vertreiben.
- Aggressionsverschiebungen: Sind Arbeitnehmer verärgert, verschaffen sie sich Luft durch Mobbing, Vandalismus, Diebstahl oder machen einfach Dienst nach Vorschrift. Im schlimmsten Fall schwärzen sie sogar den Arbeitgeber bei Kunden an.
- Krankheit: Mitarbeiter, die innerlich bereits gekündigt haben, sind häufiger krank, daher unzuverlässig und lassen sich schlecht einplanen.
- Schlechte Stimmung im Team: Unzufriedene Arbeitskräfte vergiften die Stimmung im Team und sind emotional belastend.
- Mangelnde Kreativität und Produktivität: Ungebundene Beschäftigte engagieren sich nicht mehr richtig für das Unternehmen und tragen kreativ nicht zu Weiterentwicklungen oder Problemlösungen bei.
- Fahrlässigkeit: Identifizieren sich Arbeitnehmer nicht mit ihrem Arbeitgeber, produzieren sie häufiger Ausschuss und Fehlware.
Am Ende dieser Skala von Risiken droht letztendlich die Kündigung durch den Arbeitnehmer, die für Unternehmen angesichts des Fachkräftemangels weitere Probleme nach sich zieht. Neben den Kosten, die entstehen, geht oft wertvolles Erfahrungswissen verloren und schlimmstenfalls lässt sich die Stelle nicht mit einem neuen Talent besetzen.
Laut Leadership-Studie wollen die deutschen Chefs auch mit Vertrauen und Wertschätzung gegensteuern, mehr Feedbackgespräche führen und Mitarbeiter zur stärkeren Identifikation besser in Entscheidungsprozesse einbinden. "Wer sich im Wettbewerb behaupten und High Potentials halten und gewinnen möchte, der benötigt ein neues Mindset, eine tiefgreifende Kulturtransformation”, kommentiert Rainer Nagel, Managing Partner und CEO von Atreus, diese Entwicklung.