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10.06.2025 | Mitarbeiterbindung | Schwerpunkt | Online-Artikel

Wie die Gen Z den Arbeitsmarkt bereichert

verfasst von: Michaela Paefgen-Laß

8 Min. Lesedauer

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Work-Life-Balance und Teilzeit über alles? Dieses Vorurteil prägt die öffentliche Meinung über die Gen Z. Die Fakten sprechen eine andere Sprache. Die junge Generation zeigt ein überraschend hohes Maß an Arbeitsengagement.

Die Generation Z hat ihre ganz eigenen Vorstellungen vom Arbeitsleben. Doch was davon ist berechtigt und welche Vorurteile müssen revidiert werden?


Die jüngste Generation auf dem Arbeitsmarkt hatte es beim Start ins Berufsleben nicht leicht: Sie haben ihren Schul- oder Hochschulabschluss aus der Ferne gemacht, sind vielleicht während der Pandemie über das Homeoffice in den neuen Job eingetreten und müssen sich jetzt in den Büros angekommen, vorwerfen lassen, produktives Arbeiten nur vorzutäuschen.

Task Masking lautet das neue Business-Buzzword, das derzeit auf Tik Tok trendet und eine Form von Arbeitszeitbetrug thematisiert. Zur Diskussion gebracht hat das Ganze ein Artikel im US-amerikanischen "Forbes-Magazin". Dort werden Task-Masking-Strategien wie walking around holding laptops, typing unnecessarily loudly, making important-sounding calls to nobody überwiegend der Gen Z angelastet und als Management-Aufgabe eingestuft. Mittlerweile beschäftigten sich auch europäische Medien wie der britische "Guardian", der österreichische "Standard" oder "Focus-Online" mit dem Phänomen. Für die zwischen 1995 und 2010 Geborenen ist das ein weiteres Klischee, das zu entkräften wäre, denn arbeitsscheu sind sie ganz und gar nicht. Im Gegenteil.

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Die Gen Z beteiligt sich stärker am Arbeitsmarkt als Vorgängergenerationen

Zwar ist die öffentliche Wahrnehmung der Generation Z von Skepsis und Vorurteilen geprägt. Gerne wird ihnen mangelndes Engagement und eine übertriebene Fokussierung auf Freizeitaktivitäten unterstellt. Eine aktuelle Erhebung des Instituts für Arbeitsmarkt und Berufsforschung (IAB) widerlegt diese Vorurteile allerdings: Die Erwerbsbeteiligung der jungen Generation ist nach einem deutlichen Rückgang über zwei Jahrzehnte hinweg nach 2015 deutlich gestiegen und liegt mittlerweile so hoch, wie seit Mitte der 1990er Jahre nicht mehr - und das, obwohl gleichzeitig mehr junge Menschen studieren. 

Für seine Berechnungen wertete das IAB Daten des Mikrozensus, der Bundesagentur für Arbeit (BA) und des Statistischen Bundesamtes (Destatis) aus. Die Studie konzentriert sich auf den Bevölkerungsanteil mit deutscher Staatsangehörigkeit, um den Einfluss von Migrationsbewegungen ab 2025 zu berücksichtigen und Verzerrungen zu vermeiden. 

So hat sich die Erwerbsbeteiligung der Generation Z entwickelt:

  • Anstieg der Erwerbsbeteiligung der Gen Z von 2015 bis 2023: 6,2 Prozentpunkte,
  • Anstieg der Erwerbsbeteiligung der 25- bis 64-Jährigen von 2025 bis 2023: 2,8 Prozentpunkte,
  • Erwerbsbeteiligung der Gen Z im Jahr 2023 auf dem höchsten Stand seit Mitte der 1990er Jahren: 75,9 Prozent,
  • Stärkerer Anstieg der Teilzeitbeschäftigung (von 20,4 auf 24,9 Prozent) als der Vollzeitbeschäftigung (leichter Anstieg auf 47,1 Prozent) bei Gen Z,
  • Teilzeitquote Gen Z 2023: Leicht unterdurchschnittlich im Vergleich zur Gesamtbevölkerung,
  • Anstieg der Erwerbsquote von Studierenden (20- bis 24-Jährige) zwischen 2015 und 2023: 19,3 Prozentpunkte auf 56 Prozent.
  • Die höhere Erwerbsbeteiligung von Studierenden trägt wesentlich zum Anstieg der Erwerbsbeteiligung der Gen Z bei.

Junge Menschen streben nach Sicherheit und materiellem Wohlstand

Die IAB-Analyse widerspricht dem Vorurteil einer generellen Arbeitsunwilligkeit der Generation Z. Ein wesentlicher Faktor für die Arbeitsmarktbeteiligung scheint auch der starke Anstieg von Studierenden mit Nebenjobs zu sein. Eine weltweite Umfrage von Deloitte unter mehr als 22. 841 - als Generation AI zusammengefassten - Arbeitnehmenden der Generationen Z und Millennials (darunter 500 der Gen Zl und 300 Millennials aus Deutschland), ergab im vergangenen Jahr, dass mehr als die Hälfte aller Befragten von Gehaltsscheck zu Gehaltsscheck lebt.

Hohe Lebenshaltungskosten verursachen länderübergreifend die größte Sorge junger Erwerbstätiger, ist aus dem Deloitte Gen Z and Millennial Survey 2024 zu erfahren. Bezüglich ihrer Finanzen sind junge Deutsche sogar noch weniger optimistisch gestimmt als der globale Durchschnitt. So haben 34 Prozent der Generation Z Angst, dass ihr Einkommen zum Leben nicht reicht und 39 Prozent der Millennials. Auch die Sorge, den Arbeitsplatz an die Künstliche Intelligenz zu verlieren, ist in Deutschland besonders hoch. Selbst bei häufiger KI-Nutzung gaben das 58 Prozent der zwischen 1995 und 2010 Geborenen und 70 Prozent der Millennials zu. 

Fleiß und Ehrgeiz sind der Gen Z wichtig

Gerade in diesen als schwierig empfundenen Zeiten scheinen klassische Tugenden eine Renaissance zu erfahren. Das geht aus der 19. Shell Jugendstudie 2024 hervor. Daran beteiligten sich 2.509 Jugendliche im Alter von 12 bis 25 Jahren. Die Daten wurden über standardisierte Fragebögen und zusätzliche qualitative Gespräche erhoben. 

  • 82 Prozent halten Fleiß und Ehrgeiz für wichtig,
  • 87 Prozent wollen nach "Sicherheit" streben, im Vergleich zu 77 Prozent im Jahr 2019,
  • für 91 Prozent ist ein sicherer Arbeitsplatz wichtig.
  • Im Vergleich zur Studie aus 2019 haben zugenommen: 
    • ein hohes Einkommen (83 Prozent zu 76 Prozent),
    • gute Aufstiegsmöglichkeiten (80 Prozent zu 74 Prozent).
    • der Wunsch, von zu Hause aus arbeiten zu können (69 Prozent zu 61 Prozent).

Die Erwartungen junger Menschen an ihren Beruf und die Gestaltung der Berufstätigkeit fassen die Studienautoren in fünf Dimensionen zusammen:

  1. Materieller Nutzen: Ein hohes Einkommen und gute Aufstiegschancen stehen an erster Stelle. Bereitschaft zu hohem Einsatz, wenn sich dieser finanziell lohnt.
  2. Persönliche Erfüllung: etwas Sinnvolles tun, eigene Ideen vorbringen können und dafür anerkannt zu werden. Die Arbeitsplatzsicherheit ist wichtig.
  3. Sozialer Nutzen: durch die Berufstätigkeit etwas Gutes für die Gesellschaft und die Mitmenschen erreichen zu können. Kontakte zu anderen Menschen im Beruf werden gesucht.
  4. Vereinbarkeit von Arbeit und Privatleben: von zu Hause arbeiten können sowie als Elternteil in Teilzeit zu arbeiten und die Arbeitszeit kurzfristig an die eigenen Bedürfnisse anpassen zu können.
  5. Planbarkeit der eigenen Berufstätigkeit: die unmittelbare lebensweltliche Perspektive steht im Mittelpunkt und nicht eine biografische. Arbeitszeiten mit klar festgelegtem Beginn und Ende sowie der Wunsch, für den Job nicht wegziehen zu müssen.

Eine starke Generation auf wackeligen Beinen

Die Generation Z hat die wichtigsten Teile ihres Erwachsenwerdens in der Pandemie verbracht - keine Abschlussbälle, keine Ersti-Parties, andere Auszubildende und Studierende haben sie nur über Zoom und Teams kennengelernt, kaum gemeinsame Unternehmungen und Teambuildings. Und nun? Sie blicken in eine ungewisse Zukunft, mit Krisen und Kriegen, die zum Greifen nah sind, Inflation, Klimakatastrophe, wirtschaftlichen Schwierigkeiten und politischem Dauerstress.

Die Gen Z weiß, dass sie mehr arbeiten muss, als ihre Eltern, dass deren Versprechen auf Wohlstand nicht mehr gelten und finanzielles Auskommen im Alter auf wackeligen Beinen steht. "Die Gen Z bleibt in Teilen (vollständig) unverstanden", schreibt Andrea Hüttmann in "Die Gen Z - Eine Annäherung" (Seite 76). Die Springer-Autorin mahnt Boomer und Vertreter der Gen X zur Nachsicht und hält ihnen sogar den Spiegel vor:

Bemerkenswert ist indessen, dass man sich über die Gen Z und ihre Vorstellungen von Arbeit echauffiert, obwohl diese doch nur das laut ausspricht, was andere, Ältere, längst denken, fühlen, erdulden und erleiden. Streiks, mittels denen eine Reduktion der Wochenarbeitszeit bei vollem Lohnausgleich gefordert wird, sind zurzeit an der Tagesordnung. Ständig wird in Talkshows und Dokumentationen die Überforderung von Arbeit- nehmenden aller Art thematisiert [...].  Die Vier-Tage-Woche ist, wie gesagt, keine Erfindung der Gen Z. Die junge Generation hat lediglich den Mumm, sich eine geänderte Arbeitswelt laut und vor allem selbstverständlich zu wünschen und ist bereit - hierbei hilft ihr die Tatsache, dass ein eklatanter Fachkräfte- und Nachwuchsmangel herrscht - diese selbstbewusst zu fordern. (Seite 84/85)

Die Gen Z mit gutem Beispiel ins Team holen

Wie also wird aus Unternehmen und den Talenten der Generation Z ein perfektes Match? Jungen Menschen ist es nicht egal, was sie tun. Sie möchten mit ihrer Arbeit nicht nur die eigene Existenz sichern, sprich "gutes Geld" verdienen, sondern im gleichen Zuge und unbedingt mit ihrem Wirken etwas Gutes bewirken. Eine Generation, die nach einer als sinnhaft empfundenen Tätigkeit strebt, möchte beim Arbeitgeber glaubwürdige Werte vorfinden.

Unternehmen auf Talentsuche rät Expertin Hüttmann, bereits im Bewerbungsgespräch zu klären, ob Kandidaten und Kandidatinnen in der engeren Auswahl, sich mit dem Geschäftsmodell des Unternehmens, den Produkten oder Dienstleistungen identifizieren können. Damit Unternehmen und die Gen Z zueinanderfinden, sollten Führungskräfte und Personaler Folgendes beachten (Seite 120):

  • Überlegt Euch als Unternehmen, wie und wo Ihr Euch für die Gesellschaft oder die Umwelt engagiert.
  • Entscheidet Euch für Initiativen, die zu Eurem Geschäftsmodell, zur Unternehmenskultur, zur Belegschaft passen.
  • Entscheidet Euch für Projekte, die Euch authentisch am Herzen liegen.
  • Eure Führungskräfte müssen mit gutem Beispiel vorangehen und selbst dabei sein.
  • Entscheidet Euch lieber für kleine Projekte und lebt diese authentisch, als mit großer Bugwelle wenig Überzeugendes anzukündigen.
  • Macht Euren Bewerbern gleich im Interview auch Eure Erwartungshaltung klar: Es wird nicht jeden Tag Wertekompatibilität geben. Das gehört dazu. Das muss man aushalten.

"Hier könnt ihr nichts gewinnen"

Abschließend an die Generation Z gewandt und über die Brille der eigenen Generation hinaus: "Liebe Gen Z, geht also zunächst davon aus, dass die Berufswelt genauso bunt ist wie das Leben selbst und dass es gilt, gesunde Umfelder zu finden und toxische zu verlassen", schreibt Hütmann.  "Sammelt genügend Daten und lauft nicht gleich beim ersten Zweifel davon. Geht aber entschieden, wenn das Maß voll ist und Ihr sicher sein könnt, dass Ihr dort, wo Ihr seid, nicht vorankommt, nicht wertgeschätzt werdet, Euch nicht entwickeln und von professionell agierenden Menschen lernen könnt." (Seite 170)

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