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18.11.2021 | Mitarbeitermotivation | Schwerpunkt | Online-Artikel

Der Purpose als Herzschlag von Unternehmen

verfasst von: Michaela Paefgen-Laß

5 Min. Lesedauer

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Die Pandemie hat die Bedingungen von Arbeit auf den Kopf gestellt und außerhalb des Büros drücken Umweltprobleme auf den Magen. Das wirkt sich auf die innere Haltung zum Job aus. Taugt der Purpose als Beziehungskitt?

Führungskräfte und junge Talente sind sich einig: Arbeit muss Sinn stiften. Die Bedeutung des Purpose, so ist im Deloitte Sonderbericht Human Capital Trends 2021 zu erfahren, wächst zusehends. Rund 44 Prozent der Millennials und 49 Prozent der Generation-Z-Vertreter haben in den vergangenen beiden Jahren Jobentscheidungen aufgrund von ethischen Überlegungen getroffen. Arbeitgeber bei Wachstum und Gewinnmaximierung zu unterstützen, reicht ihnen als Antrieb für Leistung nicht aus. Sie wollen dabei sein, wenn im Inneren ihrer Organisation Impulse für eine bessere Welt entstehen. 

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Was bringt euch der Purpose?

Die meisten Führungskräfte (86 Prozent) haben erkannt, dass eine neue Generation von Arbeitnehmenden hohe Ansprüche an das "Warum" ihrer Arbeit mit in die Unternehmen bringt. Sie erwarten sogar, dass sich der Trend in den kommenden fünf Jahren weiterentwickeln wird. Mitarbeitende, so gaben sie für die Studie zu Protokoll, fordern mehr Teilhabe an der Erfüllung von gesellschaftlich relevanten Aufgaben. Deshalb wählen sie sinnvolle und erfüllende Aufgaben bei Arbeitgebern, die sie dazu motivieren ihre Potenziale in den Dienst der gemeinsamen "guten Sache" zu stellen. 

Dieses Streben nach Sinn zahlt sich für Unternehmen langfristig aus. Für bestehende Probleme werden kreative Lösungen gesucht. Das treibt Innovationen voran und lässt Strukturen entstehen, die das Leben robuster und resilienter machen. Springer-Autor Daniel Dettling ist sich sicher: "Die Zukunft gehört sinnstiftenden Unternehmen. Sie sind es, die einen Beitrag zur Erhöhung der Zukunftsintelligenz leisten können", schreibt er über die neue Generation von Purpose-Unternehmen (Seite 252). 

Gewachsen ist die Bedeutung des Purpose in den vergangenen Jahren mit den Ansprüchen der Gesellschaft an das ethische Handeln von Organisationen und ihrem Management. Die Industrieskandale sowie die globale Klimakrise haben bewegt, dass Unternehmen zu mehr gesamtgesellschaftlicher Verantwortung aufgefordert sind. Wie der ethische und ökologische Druck durch die Öffentlichkeit die Transformation von Geschäftsmodellen beschleunigen kann, zeigt sich am Beispiel der Abgasaffäre: Um Vertrauen zurückzugewinnen, investieren Autobauer verstärkt in die Elektromobilität.

Vorsicht vor falschen Purpose-Botschaften

Die Pandemie wiederum hat die soziale Organisation herausgefordert. Von jetzt auf gleich für ungewisse Zeit ins Homeoffice versetzt, mussten Mitarbeitende ihre Adaptionsfähigkeit beweisen. Gleichzeitig waren sie in den wenigen stillen Momenten zwischen Videocall, schlechten Internetverbindungen und Homeschooling allein gelassen mit der Frage nach dem "Warum" ihrer Aufgaben - wozu tragen sie bei, was bewirken sie, was verändern sie?

Mit Rückkehr der Beschäftigten in die Büros werden Antworten darauf fällig. Gelingt das nicht, steigen Mitarbeiter aus oder verlieren die innere Bindung zum Arbeitgeber. Also ist Beziehungsarbeit angesagt. Der Deloitte-Sonderbericht entwirft vier Szenarien für zukünftige Beziehungen zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern, abhängig von staatlicher Unterstützung und dem Angebot an qualifizierten Kräften.

Szenario

Beziehungsform

Beschreibung

Auswirkungen

Arbeiten nach kurzlebigen Trends

reaktiv

Arbeitgeber reagieren schnell auf Einflüsse von außen und Forderungen ihrer Mitarbeitenden. 

Sie aktualisieren ihre Strategien ständig durch Beobachtungen nach innen und außen,  Mitarbeiterbefragungen, Marktumfragen.

  • oberflächliche Bindungen
  • vernachlässigen von Minderheitsbedürfnissen
  • keine Abgrenzung zum Wettbewerb
  • exzessive Mitarbeiterbefragung wird zur Dauerüberwachung

Wettbewerb der Talente

unpersönlich

Arbeitgeber betrachten ihre Mitarbeitenden als leicht ersetzbar. Sie nutzen Machtpositionen aus, anstatt in die Personalentwicklung zu investieren. 

Um Personalkosten zu sparen, wird Arbeit ausgelagert ins Ausland, auf Freelancer, Gig-Arbeiter und Crowdworker .

  • geringe Mitarbeiterloyalität, -motivation, -bildung
  • schnelle Abwanderung und hohe Fluktuation
  • schlechtes Onboarding
  • Innovation und Eigeninitiative werden ausgebremst
  • Ruf des Unternehmens leidet

Arbeit ist nicht alles

professionell

Arbeitnehmer ziehen Grenze zwischen Beruf und Privatleben. Leistung wird erbracht um Lebensunterhalt und Freizeit finanzieren zu können.

Unternehmen verlassen sich auf nüchterne Beziehungen, Arbeit erhält keinen tieferen, gesellschaftspolitischen Sinn.

  • Entfremdung der Mitarbeitenden
  • Mitarbeitermotivation schwächelt
  • fehlendes Zugehörigkeitsgefühl
  • Ruf des Unternehmens leidet

Purpose überall

gemeinschaftlich

Unternehmen und Mitarbeitende folgen gemeinschaftlich dem erklärten Purpose, Unternehmenszweck. Dieser Antrieb holt qualifizierte Kräfte ins Haus und motiviert sie zu hoher Leistungsbereitschaft.

Junge Talente folgen ethischen Überlegungen. Der Bedeutung des Purpose wächst.

  • macht unsicher: Purpose-Statement oder PR-Maßnahme?
  • schürt hohe Erwartungen von Mitarbeitenden und Kunden
  • Entfremdung andersdenkender Mitarbeiter
  • Mitspracherechte von Mitarbeitenden werden zu wenig geachtet




Wie der Purpose Beschäftigte zur Gemeinschaft macht

Im Purpose spiegelt sich die innere Haltung des Unternehmens wider. Damit ist er ein sensibles Gut und keine Pose, die sich an Markttrends hängen oder durch das Marketing-Megaphon verkündet werden sollte. Wie das Szenario "Purpose überall" zeigt, wirkt ein gemeinschaftliches Ziel zwar attraktiv auf interne wie externe Stakeholder und bindet gut ausgebildete Talente. 

Weniger daran interessierte Mitarbeitende oder Andersdenkende, können sich aber auch schnell abhängt oder in eine ideologische Ecke gedrückt fühlen. Das Purpose-Statement muss also aufrichtig kommuniziert, verstanden, ins Tagesgeschäft integriert und in der Unternehmensstrategie verankert werden. Was ist zu tun? 

Die Springer-Autoren Annette Bruce und Christoph Jeromin finden, dass die meisten Unternehmen bereits einem historisch verankerten Purpose folgen, sich dessen aber nicht bewusst sind. Der Prozess zum Corporate-Purpose ist also eine Spurensuche, keine Arbeit auf dem Reißbrett. Dazu muss sich quer durchs Unternehmen gefragt werden: "Seien Sie hier mutig, die entscheidenden Fragen an allen Stellen des Unternehmens zu stellen, vom obersten Unternehmenslenker bis zum kleinsten Rädchen im Getriebe. Sie alle sind in gleichem Maße Teil des Unternehmens und damit Teil des Corporate Purpose" (Seite 66). Und so lässt sich der Corporate Purpose recherchieren und formulieren  (ab Seite 62):

  • Unternehmensgeschichte rekapitulieren: Wie wurden wir, was wir sind?
  • Purpose-Historie recherchieren: Welchen Purpose hatten die Unternehmensgründer?
  • Purpose-Quest durchführen: Was wissen die Mitarbeiter über den Purpose?
  • Bedeutung formulieren: Warum tun wir, was wir tun?
  • Das Purpose-Statement ist: mutig, langfristig angelegt, eindeutig und einzigartig, wahr, integriert, bedeutsam

Fazit: Jede Handlung im Unternehmen dient dem Purpose. Mitarbeiter, die den Purpose verinnerlicht haben, richten ihr ganzen Tun am Purpose aus und verschwenden keine Zeit mit Ideen, die dem zuwider laufen. Gerade deshalb muss sich jeder Mitarbeitende im Purpose wiederfinden und zu jeder Minute im Unternehmen spüren und erleben können. Den Purpose zu formulieren ist eine Herausforderung, ihn zu leben ist Arbeit. Den Purpose laufend zu evaluieren, eine Pflicht.

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