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27.01.2021 | Mobilitätskonzepte | Schwerpunkt | Online-Artikel

Dies sind die fünf Shared-Mobility-Trends 2021

verfasst von: Christiane Köllner

6 Min. Lesedauer

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Die Shared-Mobility-Branche hat 2020 wie viele andere unter der Corona-Krise gelitten. Doch die Lage könnte sich bessern. Fünf Trends sollen dem Markt für geteilte Mobilität Auftrieb verleihen. 

Fünf Trends sollen der Shared-Mobility-Branche Auftrieb verleihen.


Wie hat sich die Mobilität in Corona-Zeiten verändert? Markterhebungen zeigen: Das Auto gehört zu den Gewinnern der Corona-Krise. Auch Fahrrad fahren und zu Fuß gehen haben an Bedeutung gewonnen. Auf der Verliererseite stehen: Flugzeuge, der öffentliche Nahverkehr und Züge. Und wie steht es um die Hybridvariante, das kurzeitige Anmieten eines Fahrzeugs, das man sich nacheinander mit anderen teilt? Auch der Trend zu Smart Mobility und Sharing-Angeboten wird durch Covid-19 und die Präferenz individueller Mobilität eher gebremst. 77 Prozent der Deutschen geben an, seltener Carsharing und Ride Hailing zu nutzen, wie eine Untersuchung der Beratungsfirma Strategy& gezeigt. 

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Welche Alternativen zum eigenen Fahrzeug wird es in Zukunft geben?

Wer ohne eigenes Fahrzeug war hatte lange Zeit im Wesentlichen drei Alternativen: Öffentlicher Nah- und Fernverkehr, Taxi oder Mietwagen. Doch dieses überschaubare Angebot hat sich innerhalb der letzten zehn Jahre deutlich verändert. Weil über Smartphones Mobilitätsdienste jederzeit und einfach gebucht werden können, die Unzufriedenheit über die negativen Begleiterscheinungen des Fahrzeugbesitzes steigt, und gleichzeitig speziell bei jüngeren Menschen die Bedeutung von Autos als Statussymbol sinkt, entsteht zwischen dem eigenen Pkw oder Zweirad, dem relativ preisgünstigen, aber unflexiblen öffentlichen Nahverkehr und dem relativ teuren Mietwagen oder Taxi viel Platz für neue Angebote. Hier haben sich heute vor allem Carsharing und Ride Hailing etabliert, in Zukunft werden vielleicht Robocabs und manntragende Drohnen dazukommen. 

Smart-Mobility-Angebote werden wieder Fahrt aufnehmen 

Und doch dürfte die Lage für Smart-Mobility-Angebote nicht permanent schlecht bleiben: Das Marktvolumen für Mobilitätsdienste, die das eigene Auto ersetzen, beträgt in Europa aktuell 127 Milliarden US-Dollar, wovon 17 Milliarden US-Dollar auf den deutschen Markt entfallen. Das Umsatzpotenzial könnte sich europaweit bis 2035 mit 549 Milliarden US-Dollar mehr als vervierfachen, so Strategy&. Und auch Free-Floating-Carsharing-Anbieter Sharenow sieht positive Tendenzen und macht ein stärkeres Bewusstsein für alternative Mobilität während der Covid-19-Pandemie aus: "Die Menschen hinterfragen ihr Mobilitätsverhalten. Dies bietet Potenzial für mehr Akzeptanz von alternativen Mobilitätsformen", so Sharenow-CEO Olivier Reppert.

Um die Nutzerakzeptanz zu steigern, rät das Beratungsunternehmen McKinsey den Anbietern dazu, ihre Strategien zu überdenken und sich auf Partnerschaften, Portfolio-Optimierung und ein verbessertes Fahrzeugdesign zu konzentrieren, um eine sichere Mobilität in der Zukunft zu ermöglichen. Damit Kunden künftig öfter einsteigen, ist den Nutzern auch ein gutes Hygienekonzept wichtig. Auch Invers, ein Anbieter von automatisierten Fahrzeug-Sharing-Lösungen, geht davon aus, dass der Markt für geteilte Mobilität mit dem Abflachen der pandemischen Entwicklung signifikant an Fahrt aufnehmen wird. Fünf Trends haben die Experten bei Invers identifiziert, die den Markt für Shared Mobility 2021 entscheidend beeinflussen sollen:

1. Mobilitäts-Abos stark im Kommen

Das Bedürfnis nach flexibler individueller Mobilität wächst laut Invers. Auch und vor allem durch die Pandemie. "Kunden wollen ein eigenes Fahrzeug steuern, sich aber möglichst nicht binden: sie wollen für kurze Zeit mieten, transparente Preise und geringe Fixkosten. Auto-Abos schließen diese Lücke zwischen Miet- oder Leasingfahrzeugen und eigenem Auto", so Invers. In dem Markt sei viel Dynamik: Anbieter wie Cluno und Vive la Car sind schon länger aktiv. VW-Carsharer WeShare hat jüngst reagiert: Seit kurzem können Kunden monatlich kündbare Abos erwerben und von günstigeren Tarifen profitieren. Finn.auto-Gründer Max-Josef Meier bietet seit vergangenem Jahr ein Abo-Modell und hat kürzlich Investoren überzeugt, weitere 20 Millionen Euro bereit zu stellen. Der chinesische Anbieter Geely hat sein europäisches Abo-Angebot Lynk für 2021 angekündigt.

"Ob das Abo-Modell zum wirklichen Game-Changer taugt und erfolgreich am Markt die traditionellen Beschafungsoptionen wie Verkauf oder Leasing verdrängt, werden die nächsten Jahre zeigen", prognostizieren Wissenschaftler der Universität Freiburg im Kapitel Das Abo-Model – der Game Changer im Automotive? aus dem Buch Neue Dimensionen der Mobilität. Die Möglichkeit bestehe aber durchaus. "Als wesentliche Implikationen für die Praxis sollten die Anbieter darüber nachdenken, inwiefern sie Gebrauchtwagen in ihre Flotten integrieren könnten", raten die Forscher. Für den Kunden könnten so sehr interessante Preise entstehen und "dem Abo-Modell den Weg von einem Nischenprodukt zur breiten Beschaffungsform ermöglichen".

2. Moped-Sharing ist noch ausbaufähig

Mopeds sind seit 2012 eine Konstante im Sharing-Markt, bisher noch auf ausbaufähigem Niveau, wie Invers erklärt. Vor allem im urbanen Raum sollen derzeit die Nutzerzahlen zeigen. "Laut aktueller Moped-Sharing-Studie ist die Zahl der geteilten Mopeds im vergangenen Jahr weltweit von 66.000 um 58 Prozent auf heute 104.000 Fahrzeuge gestiegen, die Zahl der registrierten Nutzer sogar von 5 Millionen auf 9 Millionen, also um 80 Prozent", nennt Invers Zahlen zum Moped-Sharing. Die Fahrzeuge seien robust und langlebig, komfortabel und machen die Parkplatzsuche einfach. Außerdem hätten die Anbieter viele Städte und Regionen noch nicht erschlossen: in UK, Frankreich und Italien, aber auch in Osteuropa schlummere noch erhebliches Potenzial, so Invers.

3. E-Bikes: der nächste Hype geteilter Mobilität

E-Bikes sollen laut Invers der nächste Hype geteilter Mobilität sein. So hätten Lime und FreeNow schon im September 2020 in Hamburg E-Bike-Sharing in ihr Programm aufgenommen. In Berlin habe zum gleichen Zeitpunkt Wheels seine Fahrzeuge – eine Kombination aus E-Scooter und E-Bike – auf die Straße gebraucht. Zum Jahresende 2020 habe Dott angekündigt, ab März 2021 in London und Paris ihren Kunden neben den Scooter-Sharing-Services auch E-Bike-Sharing anzubieten. Laut Branchenkennern stünden weitere Mitbewerber schon in den Startlöchern.

4. Corporate Carsharing soll "kraftvoll zurückkommen"

Um Corporate Carsharing ist es in der Vergangenheit etwas still geworden. Das soll sich laut Invers 2021 ändern. Das Konzept werde "kraftvoll zurückkommen, um das klassische Firmen-Leasing abzulösen", prognostiziert Invers. Die Deutsche Telekom zum Beispiel wolle weniger individuelle Dienstwagen und mehr effiziente, ganzheitliche Mobilitätsangebote machen, die zudem die CO2-Ziele unterstützen. Carsharing und Shuttle-Dienste sollen dabei eine entscheidende Rolle spielen.

Beim Corporate Carsharing "stellt das Unternehmen einen Fahrzeugpool zur Verfügung, dessen Fahrzeuge von Mitarbeitern für dienstliche oder auch private Fahrten verwendet werden können", erklärt Springer-Autor Julian Weber im Kapitel Mobilität als Dienstleistung des Buchs Bewegende Zeiten. Gegenüber öffentlichem Carsharing habe Corporate Carsharing klare Vorteile: zum einen ein disziplinierterer Umgang mit den Fahrzeugen, da die Nutzer als Firmenangehörige bekannt seien und somit gegebenenfalls zur Rechenschaft gezogen werden können. Zum anderen einene leichtere Integration von Elektrofahrzeuge, da eine zentrale Ladeinfrastruktur bereitgestellt werden kann.

5. Shared Mobility profitiert von neuer Digital-Akzeptanz 

Home-Office, Distanz-Unterricht, Online-Shopping, digitale Delivery-Services, Corona-App: Die Corona-Krise hat die Akzeptanz digitaler Angebote signifikant beschleunigt, so Invers. Davon profitiere auch die Shared-Mobility-Branche, deren Geschäftsmodell zu einem großen Teil digital ist. Das gelte vor allem für die Kundenbeziehung, die nahezu ausschließlich via Smartphone stattfindet. "Je mehr potenzielle Nutzer sich an digitale Angebote gewöhnen, desto eher sind sie bereit, auch für die Mobilität zum Smartphone zu greifen, um flexibel Scooter, Moped oder Auto zu nutzen", glaubt Invers.

Auch Springer-Autor Julian Weber erkennt das Potenzial der Digitalisierung für die Anbieter und Nutzer von Mobilitätsdienstleistungen. "Vom öffentlichen Personenverkehr über das klassische Taxi bis zu Carsharing und Ride Hailing: Über alle angebotenen Dienste hinweg ermöglicht die Digitalisierung nicht nur eine Erweiterung des bestehenden Funktionsumfangs, sondern vor allem eine Verbesserung des Ease of Use, was zu einer deutlichen Steigerung der Akzeptanz und Verbreitung der Mobilitätsdienstleistungen und damit im Endeffekt auch zu vielfältigen neuen Geschäftsmodellen und Angeboten führt", so Weber im Kapitel Technologische Trends des Buchs Bewegende Zeiten.

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