In Zeiten des digitalen Wandels ihres Geschäfts suchen Autobauer die Nähe zu Online-Fahrdiensten, auch Ridesharing-Dienste genannt. Vor allem die jüngeren Generationen wollen Autos nur nutzen, statt besitzen. Mit dem Wandel hin zum autonomen Fahren werden wohl auch in Zukunft insgesamt weniger Autos auf den Straßen unterwegs sein.
"Neue Akteure aus Silicon Valley fordern dabei schon jetzt die etablierten Unternehmen mit neuen Geschäftsmodellen für Mobilität heraus“, schreibt Wolfgang Bernhart im Artikel Autonomes Fahren -Märkte, Treiber und Geschäftsmodelle aus der ATZelektronik 2-2016. Beispiele hierfür seien Carsharing und vor allem Mitfahrdienste, wie sie von Uber, Lyft und anderen sogenannten Ridehailing-Plattformen angeboten werden.
Um die Zukunft nicht zu verpassen, steigt Volkswagen daher mit 300 Millionen Dollar (267 Millionen Euro) bei der Taxi-App Gett ein und Toyota beim Fahrdienst-Vermittler Uber. General Motors investierte im Januar eine halbe Milliarde Dollar (rund 460 Millionen Euro) in den US-Fahrdienstvermittler Lyft, den direkten Konkurrenten von Uber. Jüngsten Medienberichten zufolge sucht Lyft offenbar nach weiteren Partnern in der Autobranche.
Kunden kaufen keine Autos, sondern Mobilitätsservices
Im jetzigen System kann der Nutzer entweder ein Transportmittel - zum Beispiel ein Auto - oder ein Ticket für die Beförderung kaufen - zum Beispiel eine Bus- oder Zugfahrkarte. Künftig werden Mobilitätsservices gekauft, "die auf den individuellen Nutzerbedürfnissen beruhen, anstelle des Kaufs von Transportmitteln", schreiben Martin Russ und Karin Tausz im Artikel Mobilität als Service - Nutzerorientierung als Paradigma zwischen Markt und öffentlicher Grundvorsorge aus der e & i Elektrotechnik und Informationstechnik 7-2015. Alle verfügbaren Transportservice könnten dabei integriert werden.
Dass digital vernetzte Dienstleistungen rund um das Thema Mobilität in den kommenden Jahren eine hohe Wachstumsdynamik und vielversprechende Ertragschancen versprechen, ist den Autoherstellern schon seit Längerem bewusst. Folglich sind viele seit Jahren im Bereich Mobilitätsdienstleistungen unterwegs. Gingen Partnerschaften mit Digitalfirmen ein, beteiligten sich oder übernahmen Start-ups.
So setzt BMW auf seinen eigenen Carsharing-Dienst DriveNow und die Fahrzeug-Vermittlung ReachNow, die es jedoch bislang nur in Seattle gibt. Daimler fokussiert sich auf sein Moovel-Projekt. Mit einer Smartphone-App kann der Kunde verschiedene Mobilitätsoptionen wie car2go, Taxi, Mitfahrgelegenheit oder öffentliche Verkehrsmittel abrufen und Reisen planen. In puncto Ridesharing haben BMW und Daimler jedoch noch keine Partnerschaft bekannt gegeben.
Das Auto und die Online-Welt verschmelzen
Die Digitalisierung und der Wandel der Mobilität erfordern ganz neue Ansätze der Kooperation. Das Auto wird immer stärker um eine Datenwelt ergänzt, die die individuelle Mobilität verändert. "Klassische Wertschöpfungsketten wandeln sich zu Sektor übergreifenden Wertschöpfungsnetzen, in denen mancher seine bisherige Rolle neu definieren muss; in denen es aber auch erhebliche Chancen für neue Player und Ideen gibt", schreiben die Springer-Autoren Arnold Picot und Rahild Neuburger im Kapitel Mobilitätskonzepte von morgen - Erwartungen der Nutzer und ihre Implikationen für zukünftige Marktstrukturen aus dem Buch Marktplätze im Umbruch. Ähnlich sieht es Lars Zimmermann, Geschäftsführer von hy!, einem Netzwerk von über 1200 Start-Ups, Risikokapitalgeber, Technologie- und Industrieunternehmen: "Viele wichtige Impulse bei der Entwicklung digitaler Innovationen und Geschäftsmodelle in der Mobilität werden aus Industrien heraus erfolgen, die keinen unmittelbaren Bezug zur Automobilindustrie haben". Dabei verschwinden die Grenzen zwischen Autoindustrie und Online-Branche zunehmend und es entstehen ungewöhnliche Partnerschaften.
So kaufte sich Apple jüngst mit einer Milliarde Dollar beim chinesischen Fahrdienstvermittler Didi Chuxing ein und arbeitet laut Medienberichten auch an einem eigenen Auto. Google und Fiat Chrysler kooperieren beim automatisierten Fahren und mit der FordPass-App ist es unter anderem möglich, sich und anderen Personen den Zugriff auf das Fahrzeug via App zu erlauben. Gleichzeitig arbeiten Uber und der chinesische Internetkonzern Baidu an selbstfahrenden Autos. Der Plan dahinter: Autonomes Taxis, die per App bestellt werden können, und den Stadtverkehr sicherer und effizienter machen sollen.