Die ATZ-Fachtagung "Fahrzeuge von morgen" möchte Orientierung geben, welche neuen Materialien und Verbindungstechniken es in die Umsetzung schaffen. Dazu gehören auch innovative Exterieur- und Interieurdesigns.
Durch die Trends Elektromobilität und automatisiertes Fahren gibt es Unsicherheiten in der Automobilentwicklung, welches System in welcher Ausprägung und Vielfalt kommen wird. Die ATZ-Fachtagung "Fahrzeuge von morgen" zeigt in Frankfurt am Main Handlungswege auf: Welche neuen Materialien und innovativen Fahrzeugkonzepte können es bei einer großen Bandbreite an Exterieur- und Interieurdesigns, aber auch Mobilitätskonzepten und -dienstleistungen in die Serie schaffen?
Prof. Lutz Eckstein, ika der RWTH Aachen, spannte bei der Begrüßung der rund 100 Teilnehmer den großen Rahmen auf. In fünf Ebenen unterteilt, setzt die Politik auf dem ersten Niveau die Vorgaben. Einflüsse machen aber auch soziale Gruppierungen, zu nennen sei hier Greta Thunberg, immer stärker geltend. Die dritte Ebene bestehe aus den ökonomischen Zwängen, seien sie volks- oder betriebswirtschaftlich betrachtet. "Auf Ebene vier kommen Nutzer ins Spiel", strukturierte der Institutsleiter. Erst in der fünften Ebene sind die Ingenieure anzutreffen, die neue Lösungen entwickeln sollen - und das für Systeme von der Mikromobilität bis zum Güterfernverkehr. Dabei genüge es nicht mehr, das Fahrzeug als in sich geschlossenes System zu betrachten. "Vielmehr hält eine vernetzte Denkweise als 'Mobilität in Summe' Einzug", stellte Eckstein fest.
Werbung kann Finanzierung des autonomen Fahrens unterstützen
"Sharingdienste krempeln die Mobilitätswelt um", konstatierte Florian Herrmann, Fraunhofer IAO, in seiner Keynote im Forschungs- und Bildungszentrum HOLM am Frankfurter Flughafen. Gestern wurde ein Pkw noch als Satz vieler Komponenten verstanden. Heute definiert er sich über Funktionen, die Teil eines mobilen Ökosystems seien. "Wir müssen lernen, das Auto als integrativen Bestandteil dieses Systems zu begreifen", sagte Herrmann. Bei den Mobilitätsdiensten haben die Nutzer laut der IAO Studie "The Value Time" (in Kooperation mit Horváth & Partner) eine Zahlungsbereitschaft von 1000 bis 1400 Euro für das autonome Fahren erklärt, was aber nicht für die Finanzierung der notwendigen Technologien ausreiche. Als Ausgleich können vielfältige, dynamische und lokalisierte sowie personalisierte Werbeformen auf Robotaxis, People Movern etc. dienen, um die Kosten einzuspielen.
Interieurkonzept der Zukunft
Für das SAE-Level-5-Fahren sieht Han Hendriks, Yanfeng Technology, folgendes Szenario: Die Erfahrung mit Multisensorik im Innenraum ersetze die herkömmliche Bedienung über solide Tasten und Schalter. Der Dateneingang und -ausgang vom Fahrzeug und zurück werde auf neue Wege gestellt. Komfort und Ruhe gewönnen an Bedeutung, "Silence is gold". Mit dem kreierten Smart-Cabin-Konzept gelangt man in eine vernetzte und mobile neue Welt mit vielfältigen Licht-, Duft-, Desinfizierungs- und Unterhaltungsfunktionen. Dieses Konzept habe auch die internen Prozesse des neu aufgestellten chinesischen Zulieferers verändert, die Transformation angetrieben. "Es holte uns aus der Komfortzone", sagte der CTO. Derzeit sammeln 20 Pilot-Testfahrzeuge, die mit der innovativen Kabinentechnik ausgestattet sind, Daten bei Probanden in China. "Der beste Weg, die Zukunft vorauszusagen, ist, sie zu gestalten", schloss Hendriks.
Mehr 3-D-Touchscreens ins Cockpit
Die möglichen Formen der Ästhetik für künftige Fahrzeugkonzepte brachte Anders Warming, Warming Design, ins Spiel. "Ein gutes Design muss bemerkenswert sein, man muss es nachzeichnen können, wenn man sich umgedreht hat", stellte er fest. Diesen Wow-Effekt sieht der Stardesigner, der schon für BMW, Volkswagen und Borgward gearbeitet hat, immer öfter in der Architektur von Städten und Häusern, aus denen er Anleihen für das Auto von morgen nimmt, sei es für das Exterieur- oder Interieurdesign.
Wichtig ist ihm, den Stellenwert des 3-D-Touchscreens zu stärken, denn mit diesem HMI-System könne auf die zu oft verwendeten Schalter, Hebel und Taster verzichtet werden, der Innenraum werde klarer und aufgeräumter. Viele von ihm vorgeschlagene Bauteile können nur mit neuen Materialien und dem 3-D-Drucker hergestellt werden, wozu die Stylisten eine gute Grundlagenausbildung in möglicher Produktionstechnik an den Universitäten genießen sollten. Für ein atemberaubendes Design darf kein Stein auf dem anderen bleiben, "die Designer dürfen spinnen".