Wolfgang Siebenpfeiffer, Thomas Schlick, Uwe Skrzypek, Martin Hillebrecht, Volkher Weißermel und Thilo Röth (v. l. n. r.) während der Podiumsdiskussion auf den 16. Karosseriebautagen Hamburg.
Tim Hoppe
Mit der allmählich größer werdenden Zahl elektrisch angetriebener Fahrzeuge steht die Automobilindustrie erst am Anfang eines großen Transformationsprozesses, ist Thomas Schlick von Roland Berger überzeugt. Für alle sichtbar werde die tatsächliche Transformation erst, sobald neue Shared-Mobility-Konzepte etabliert seien und speziell hierfür entwickelte Fahrzeuge in großer Stückzahl verkauft würden, so Schlick während der Podiumsdiskussion zum Abschluss des ersten Konferenztags. Gerade weil man sich im frühen Stadium der Transformation befinde, müsse sich die Automobilindustrie nicht vorwerfen lassen, dass sie auf diesem Gebiet bereits den Anschluss verpasst habe – der Zug sei noch für niemanden abgefahren.
Auch Uwe Skrzypek von Daimler sieht dem anstehenden Transformationsprozess gelassen entgegen. Die neuen Sharing-Konzepte werden sich erst ganz allmählich breit machen und bestehende Fahrzeug- und Mobilitätsangebote ergänzen. Im Premiumsegment würden auch weiterhin hochwertige Autos für den Individualverkehr nachgefragt, so Skrzypek.
Martin Hillebrecht sieht dagegen Herausforderungen, die bald gelöst werden müssen. Der Leiter des Leichtbauzentrums von Edag ist überzeugt, dass die Vielfalt an Karosserievarianten deutlich zunehmen werde, etwa um gleiche Fahrzeuge mit unterschiedlichen Antriebsarten anbieten zu können. Dies erfordere flexible Fertigungsprozesse, die zudem wirtschaftlich genug für die Produktion in Hochlohnländern sei. In diesem Zusammenhang sieht Professor Weißermel von der HAW Hamburg auch für die Brennstoffzelle noch Platz im künftigen Antriebsmix. Diese werde sicherlich künftig noch weniger Bauraum erfordern als heute.
Mehr Sicherheitssysteme für automatisiertes Fahren
Angesprochen auf die Auswirkungen des automatisierten Fahrens auf den Karosseriebau, schätzt Thilo Röth, Geschäftsführer von Imperia, dass der Zeitpunkt, da Autos keine Unfälle mehr bauen, definitiv kommen werde – nur werde er diese Zeit nicht mehr erleben. Bis dahin sei eher davon auszugehen, dass die Sicherheitssysteme im Auto massiv ausgebaut werden, um jede noch so kleine Gefahr eines Unfalls eines selbstfahrenden Autos auszuschließen. Deswegen sei auf mittlere Sicht im Zusammenhang mit dem automatisierten Fahren keine Reduzierung des Fahrzeuggewichts zu erwarten.
Leichtere Autos durch Tempolimit
Schließlich stellte Moderator und ATZ-Herausgeber Wolfgang Siebenpfeiffer die Frage, ob sich denn mögliche künftige Geschwindigkeitsbegrenzungen auf Autobahnen auf die Karosserie auswirkten. Thomas Schlick ist sich sicher, dass diese nicht kommen werden, da sich eine solche Maßnahme weder signifikant auf die Gesamtemissionen des Straßenverkehrs in Deutschland, noch auf die Zahl der Verkehrstoten auswirke. Zudem hindere ein Tempolimit die Industrie an der Entwicklung weltweit nachgefragter, innovativer Fahrzeuge. Dem widersprach ein Mitarbeiter eines deutschen OEMs und Teilnehmer der Konferenz: In seinem Konzern würden konkrete Planspiele für Tempolimits angestellt – mit dem Ergebnis, dass Autos wegen der dann geringeren Crashanforderungen deutlich leichter sein könnten.