Skip to main content

2006 | Buch

Motorradtechnik

Grundlagen und Konzepte von Motor, Antrieb und Fahrwerk

insite
SUCHEN

Über dieses Buch

In den 30er Jahren avancierten sie aber bereits zum Individualverkehrsmittel, das einzige, das sich eine größere Bevölkerungsschicht überhaupt leisten konnte. Ein Auto war für die meisten Menschen in Europa gerade auch in der Nachkriegszeit bis gegen Ende der 50er Jahre un- schwinglich. Die verbreitetsten Motorräder jener Zeit waren zumeist einfach gebaute, leichte 3 Maschinen mit häufig nicht mehr als 200 cm Hubraum, Bild 1. 2. Bild 1. 2 Motorrad als Individualverkehrsmittel der 50er Jahre, DKW RT 125 Die Bestandszahlen von Motorrädern (ab 125 cm³) und PKW in der Bundesrepublik Deuts- land von den 50er Jahren bis heute spiegeln dieses eindruckvoll wider, Bild 1. 3. Die Grafik zeigt im oberen Teil den Fahrzeugbestand und darunter die Aufteilung der Fahrzeuge auf die erwachsene Bevölkerung (älter als 18 Jahre) als Maßstab für die Motorisierung. Der Bestand war 1955 bei Motorrädern um 50 % höher als bei Autos. Das Motorrad war das Individu- fahrzeug breiter Schichten, das die Massenmotorisierung in Deutschland (West wie Ost) in der Zeit des Wiederaufbaus einleitete. Nach Motorrädern bestand ein Bedarf, sie waren nützlich und hatten ein positives soziales Prestige. Dies änderte sich bekanntermaßen rapide mit dem Anstieg des Wohlstandes in den 60er Jahren, gegen deren Ende das Motorrad in Westdeuts- land ganz vom Markt zu verschwinden drohte. Es spielte mit nicht einmal mehr 2 % des PKW-Bestandes nur noch eine Außenseiterrolle.

Inhaltsverzeichnis

Frontmatter

Gesamtfahrzeug

1. Einführung
Auszug
Motorräder und Motorradfahren üben auf viele Menschen eine große Faszination aus. Sie beruht im wesentlichen auf der Unmittelbarkeit des Fahrerlebnisses, der Dynamik und der Intensität der Sinnenbeanspruchung. Motorradfahren bedingt ein sehr enges Zusammenspiel aller Sinne und des Körpers und eine permanente Rückkoppelung und Interaktion zwischen dem Fahrer und der Technik seiner Maschine. Man kann es als sinnliches Technikerleben beschreiben und Bernt Spiegel spricht in seinem sehr interessanten Buch [1.1] von hoch entwickeltem Werkzeuggebrauch. Diese Emotionalität und die Vielfalt des Erlebens sind wesentliche Gründe, dass sich trotz einer Zeitströmung, die den Individualverkehr kritischer als früher betrachtet, Motorräder zunehmender Beliebtheit erfreuen.
2. Fahrwiderstände, Leistungsbedarf und Fahrleistungen
Auszug
Bei der Geradeaus fahrt eines Motorrades treten wie bei jedem Fahrzeug Widerstände auf, die die Fortbewegung hemmen wollen und überwunden werden müssen. Die zusätzlichen Widerstände bei der Kurvenfahrt werden üblicherweise vernachlässigt, weil sie insbesondere beim Motorrad betragsmäßig klein sind und ihre genaue Berücksichtigung unverhältnismäßig kompliziert wäre. Die Höhe der Fahrwiderstände bestimmt die Motorleistung, die zur Erzielung einer bestimmten Fahrgeschwindigkeit erforderlich ist. Man unterscheidet zwischen den Widerständen, die bei stationärer Fahrt (Fahrt mit konstanter Geschwindigkeit) und instationärer Fahrt (Beschleunigung) auftreten, Bild 2.1.

Motor und Antrieb

3. Arbeitsweise, Bauformen und konstruktive Ausführung von Motorradmotoren
Auszug
Nachdem im vorigen Kapitel der Leistungsbedarf für das Motorrad betrachtet wurde, soll nun auf den Motor als Leistungserzeuger eingegangen werden.
4. Motorleistungsabstimmung im Versuch
Auszug
Durch die konstruktive Ausführung der Motorbauteile werden die grundlegenden Voraussetzungen für eine hohe Leistungsausbeute des Motors geschaffen. Die eigentliche Leistungsabstimmung, d.h. die Festlegung des Drehmomentenverlaufs über der Motordrehzahl, erfolgt in Versuchsreihen mit dem Motor auf dem Prüfstand. Wie einleitend im Kapitel 3 dargestellt, ist das Ziel dieser Abstimmung die Erreichung eines möglichst hohen Luftliefergrades über einen weiten Drehzahlbereich des Motors. Die Einflussfaktoren, die im Motorversuch dazu untersucht werden, sind die Steuerzeit zusammen mit der Ventilerhebung, die Sauganlage und die Abgasanlage. Voraussetzung zum Verständnis dieser Abstimmungsarbeiten ist die grundlegende Kenntnis der gasdynamischen Vorgänge beim Ladungswechsel, die nachfolgend in einem knappen Abriss zusammengefasst sind.
5. Motorentuning
Auszug
Das klassische Tuning von Motoren hat immer zwei Verbesserungen zum Ziel, die Anhebung der nominellen Leistung und die Gewichtserleichterung, insbesondere von bewegten Teilen. Behandelt werden die Grundlagen des Tunings von Viertaktmotoren, ohne jedoch detaillierte handwerklichen Anleitungen zur Ausführung zu geben. Ziel ist vielmehr, die leistungssteigernden Maßnahmen im Gesamtzusammenhang mit all ihren Vor- und Nachteilen zu erläutern und einen überblick über wirksame, aber auch über unwirksame bzw. schädliche Tuningmaßnahmen zu geben. Zweitaktmotoren müssen von der Betrachtung weitgehend ausgenommen werden, weil sie aufgrund ihres störungsanfälligeren Ladungswechsels in Abhängigkeit von ihrer Bauart sehr individuell betrachtet werden müssen, was über den Rahmen dieses Buches hinausgehen würde.
6. Kupplung, Schaltgetriebe und Radantrieb
Auszug
Die Leistung von Verbrennungsmotoren kann nicht direkt auf das Hinterrad übertragen werden. Das liegt daran, dass ein verwertbares Drehmoment erst ab einer bestimmten Drehzahl abgegeben wird und darüber hinaus das Drehmoment des Motors (MAngrboy) zum Anfahren und für das Befahren von Steigungen (Bedarfsdrehmoment Mbed, vgl. auch Kap. 2) nicht ausreicht, Bild 6.1. Drehmoment und Drehzahl des Motors müssen daher mittels geeigneter Übersetzungen an die Fahrwiderstände und den gewünschten Geschwindigkeitsbereich des Fahrzeugs angepasst werden. Diese Aufgaben übernehmen beim Motorrad das Schaltgetriebe und der Radantrieb. Zusätzlich ist eine Kupplung erforderlich, die eine Drehzahlangleichung zwischen Motor und Getriebe beim Anfahren bewirkt und für die notwendige Unterbrechung des Kraftflusses beim Schalten sorgt.
7. Kraftstoff und Schmieröl
Auszug
Kraftstoffe und Schmieröle sind heutzutage sehr genau auf die Anforderungen moderner Motoren und Antriebe zugeschnitten. Erst die kontinuierliche Weiterentwicklung der Schmieröle parallel zu den konstruktiven und fertigungstechnischen Fortschritten hat ermöglicht, was uns heute schon fast als selbstverständlich erscheint: den praktisch verschleiß- und störungsfreien Dauerbetrieb der Motoren auf höchstem Leistungs- und Drehzahlniveau über zigtausend Kilometer. Trotz ihrer hohen spezifischen Leistung und der daraus resultierenden höheren Beanspruchungen der Bauteile benötigten die meisten Motorräder bisher in der Regel keine besonderen Ölqualitäten (Ausnahme: spezielle Herstellerempfehlungen).

Fahrwerk

8. Konstruktive Auslegung von Motorradfahrwerken
Auszug
Das Motorradfahrwerk besteht in seiner ursprünglichen Definition aus dem Rahmen, der Vorderradführung mit der Lenkung, der Hinterradaufhängung, den Bremsen und den Rädern mit den Reifen. Bei näherer Betrachtung ist dieser Fahrwerksbegriff aber eigentlich zu eng gefasst, weil der Eindruck entstehen kann, nur diese vier Hauptkomponenten seien für das Fahrverhalten des Motorrades bestimmend. Beim Motorrad gibt es aber, viel deutlicher als beim Automobil, eine sehr enge Koppelung zwischen dem (der) Fahrer(in)/Beifahrer(in) und dem Fahrzeug mit entsprechend vielfältigen Rückwirkungen. Dehnt man den Fahrwerksbegriff auf alle wesentlichen Bauteile aus, die auf das Fahrverhalten einwirken, könnte man folgende Baukomponenten des Motorrades als zum Fahrwerk gehörend bezeichnen:
  • - Rahmen
  • - Vorder- und Hinterradführung
  • - Feder- und Dämpferelemente der Radaufhängung
  • - Lenkung mit Lenker
  • - Vorder- und Hinterrad mit Reifen
  • - Vorder- und Hinterradbremsen
  • - Fahrer- und Beifahrersitzplätze
  • - Verkleidung
  • - Gepäcksysteme
9. Festigkeits- und Steifigkeitsuntersuchungen an Motorradfahrwerken
Auszug
Im Mittelpunkt unserer Betrachtungen zum Motorradfahrwerk stand bisher die Erfüllung der geometrischen und kinematischen Funktionen. Noch wichtiger ist jedoch unter Sicherheitsaspekten die betriebssichere Auslegung der Fahrwerkskomponenten, d.h. die Gewährleistung einer ausreichenden Festigkeit aller Bauteile. Aus der Sicht der Fahrdynamik - und auch das ist ein Sicherheitsaspekt - kommt aber der Steifigkeit der Fahrwerksbauteile eine mindestens ebensogroße Bedeutung zu, denn ein steifes und damit spurstabiles Fahrwerk ist immer auch ein sicheres Fahrwerk.
10. Fahrdynamik und Fahrversuch
Auszug
Die Fahrdynamik des Motorrades wird durch komplexe Zusammenhänge beschrieben. Die notwendigen physikalischen Grundlagen und Kenntnisse der Mechanik, die für eine Erläuterung der Stabilisierungsvorgänge und der Einflussgrößen bei der Kurvenfahrt vonnöten sind, können nicht vorausgesetzt, in einem Buch der Motorradtechnik aber auch nicht in der erforderlichen Breite dargestellt werden. Es werden daher zugunsten des besseren Verständnisses und einer möglichst großen Anschaulichkeit die Vorgänge vereinfacht.
11. Physikalische Grundlagen der Bremsung und Bremsenregelungssysteme
Auszug
Die Bremsenregelungssysteme (ABS = Anti-Blockier-System), müssen speziell auf die Eigenheiten der Motorrad-Fahrdynamik ausgelegt und abgestimmt werden. Deshalb wird diesem Thema ein eigenes Kapitel gewidmet. Da die physikalischen Zusammenhänge bei der Bremsung wichtig für das Verständnis der Bremsenregelung sind, wird zunächst auf diese kurz eingegangen.

Karosserie und Gesamtentwurf

12. Design, Aerodynamik und Karosserieauslegung
Auszug
Mittlerweile wird auch bei Motorrädern der aus dem Automobilbereich entlehnte Begriff Karosserie als Sammelbezeichnung für die Baugruppen Verkleidung, Kotflügel, Abdeckungen, Seitenverkleidung Sitzbank, Tank, Fussrastenanlage und Lenker verwendet (vgl. Kap. 1.3). Die Karosserieauslegung ist sehr eng sowohl mit der Aerodynamik als auch mit dem Design verknüpft. Der Designeinfluss geht allerdings über die Karosserieumfänge weit hinaus. Das Design bestimmt nicht nur wesentlich die Entwurfsphase eines neuen Motorrades, das Design spielt eine zentrale Rolle in weiten Teilen des Entwicklungsprozesses. Wegen der sichtbaren Technik ist die Vernetzung zwischen Technik und Design beim Motorrad sogar teilweise enger als beim Automobil.

Individualisierung

13. Zubehör, Spezialteile und technische Verfeinerung
Auszug
Motorräder haben heute einen exzellenten technischen Stand und das Angebot an Serienmotorrädern ist so vielfältig wie nie zuvor. Dennoch besteht weiterhin der Wunsch nach einer Individualisierung der Fahrzeuge, wobei seit einigen Jahren die optische Aufwertung des Fahrzeugs und die Anpassung an spezielle Einsatzzwecke dem klassischen Tuning mehr und mehr den Rang abläuft.

Zukunftsentwicklungen

14. Trends und zukünftige Anforderungen im Motorradbau
Auszug
Zukunftsprognosen sind auch im Bereich der Motorradtechnik schwierig, und generell stellen sich viele Vorhersagen für die technische oder sonstige Zukunft im späteren Rückblick meist als falsch heraus. Dennoch sind einige Entwicklungen vorhersehbar.
Backmatter
Metadaten
Titel
Motorradtechnik
verfasst von
Jürgen Stoffregen
Copyright-Jahr
2006
Verlag
Vieweg
Electronic ISBN
978-3-8348-9145-7
Print ISBN
978-3-8348-0104-3
DOI
https://doi.org/10.1007/978-3-8348-9145-7

    Premium Partner