Skip to main content

2023 | Buch

Multi-Akteurs-Netzwerke: Kooperation als Chance für die Umsetzung der Agenda 2030

herausgegeben von: Estelle Herlyn, Magdalène Lévy-Tödter, Klaus Fischer, Nicolai Scherle

Verlag: Springer Fachmedien Wiesbaden

Buchreihe : FOM-Edition

insite
SUCHEN

Über dieses Buch

​Um das 2020er-Jahrzehnt – das zur Decade of Action für die Umsetzung der Sustainable Development Goals (SDGs) deklariert wurde – möglichst erfolgreich im Sinne der Agenda 2030 zu gestalten, ist ein wesentlich stärkeres, vor allem konzertiertes globales Zusammenwirken verschiedener Akteure aus Politik, Wissenschaft, Wirtschaft und Zivilgesellschaft notwendig.
Dieses Buch setzt sich systematisch mit verschiedenen Kooperationsformen und Erfolgsfaktoren in Multi-Akteurs-Netzwerken und deren Chancen und Grenzen bezüglich der Umsetzung der 17 Sustainable Development Goals auseinander. Es bietet zunächst einen Überblick über Bedeutung und Voraussetzung von Kooperation im Verlauf der Entwicklung der Menschheit und erläutert die Rolle unterschiedlicher staatlicher und nicht-staatlicher Akteure in Bezug auf eine nachhaltige Entwicklung. Erfolgskritische Faktoren für die Konzeptionierung, Planung, Umsetzung und Evaluation von Multi-Akteurs-Partnerschaften werden ergründet. In diesem Kontext bringt der Sammelband Expertinnen und Experten aus Wissenschaft, Politik, Wirtschaft und weitere Akteursgruppen mit ihren jeweiligen Perspektiven zusammen, um entsprechende Perspektivenwechsel zu ermöglichen, Synergieeffekte zu generieren und Lösungsansätze aufzuzeigen, die auf Kooperation basieren.
Dieser Sammelband richtet sich an Akteure aus Wirtschaft, Forschung, Politik und Gesellschaft. Sie alle werden gebraucht, wenn wirkungsvolle Partnerschaften entstehen sollen, die dazu beitragen können, dass die dringend benötigten Fortschritte im Bereich der Agenda 2030 gelingen. Studierenden soll dieses Buch die unbedingte Notwendigkeit von Kooperationen für die Umsetzung der Agenda 2030 nahebringen.

Inhaltsverzeichnis

Frontmatter
Kapitel 1. Einleitung
Zusammenfassung
Die Weltgemeinschaft ist aktuell weit von einer erfolgreichen Umsetzung der Agenda 2030 entfernt. Um das 2020er-Jahrzehnt – das zur Decade of Action für die Umsetzung der Sustainable Development Goals (SDGs) deklariert wurde – möglichst erfolgreich im Sinne der Agenda 2030 zu gestalten, ist ein wesentlich stärkeres, vor allem konzertiertes globales Zusammenwirken verschiedener Akteure aus Politik, Wissenschaft, Wirtschaft und Zivilgesellschaft notwendig. Essenziell sind in diesem Kontext sogenannte Multi-Akteurs-Netzwerke. Die bloße Zunahme an Multi-Akteurs-Kooperationen lässt jedoch noch keine Rückschlüsse auf ihre tatsächlichen Problemlösungsbeiträge zu. Ein genauerer Blick auf ihre Erfolgsvoraussetzungen und sie hemmende Zielkonflikte erscheint angemessen. Zentrales Anliegen des vorliegenden Sammelbands ist eine systematische konzeptionelle Auseinandersetzung mit Multi-Akteurs-Netzwerken und Multi-Akteurs-Partnerschaften, bei der eine realistische Betrachtung ihrer Möglichkeiten und Grenzen nicht zu kurz kommt.
Estelle Herlyn, Magdalène Lévy-Tödter, Klaus Fischer, Nicolai Scherle

Multi-Akteurs-Netzwerke im Kontext der globalen Nachhaltigkeitsziele

Frontmatter
Kapitel 2. Zur Bedeutung der Kooperation in menschlichen Gruppen und Gesellschaften – Von den Anfängen bis zur Frage der Klimagerechtigkeit in einer globalisierten Welt
Zusammenfassung
Das Prinzip der Kooperation, das historisch oft mit Gewalt durchgesetzt wurde, hat entscheidend dazu beigetragen, dass die Menschheit im Laufe ihrer Geschichte das heutige zivilisatorische Niveau erreicht hat. Zur Bewältigung der heutigen großen Herausforderungen wie Klimaschutz und Biodiversitätserhalt ist Kooperation auf der globalen Ebene unbedingt notwendig. Das gilt für die gesamte Agenda 2030. Da Zwangsmaßnahmen zwischen Staaten in diesem Kontext keine Option darstellen, ist Gerechtigkeit Grundvoraussetzung für die erforderliche freiwillige Kooperation. Bis heute verhindern jedoch ungelöste Gerechtigkeitsfragen zwischen dem Globalen Norden und dem Globalen Süden Fortschritte in der Bewältigung z. B. der Klima- und Biodiversitätskrise. Vor dem Hintergrund der weitgehenden Handlungsunfähigkeit der Staaten in diesem Kontext wird der Schutz der Weltgemeingüter wie der Atmosphäre oder der Regenwälder nur dann erfolgreich sein, wenn es weltweit gelingt, ökonomisch leistungsfähige Akteure dafür zu gewinnen, mit erheblichen finanziellen Beiträgen zur internationalen Zusammenarbeit dringend erforderliche Maßnahmen im Globalen Süden zu ermöglichen.
Franz Josef Radermacher
Kapitel 3. Multi-Akteurs-Partnerschaften als Chance für eine erfolgreiche Umsetzung der Agenda 2030
Zusammenfassung
Multi-Akteurs-Partnerschaften (MAP) stellen eine Chance für die Umsetzung der Agenda 2030 dar, die unbedingt genutzt werden sollte. Die 17 Nachhaltigkeitsziele sehen sich inmitten der Decade of Action zahlreichen ungelösten Herausforderungen gegenüber, die als Symptome ungelöster Gerechtigkeitsfragen zwischen Globalem Norden und Globalem Süden gesehen werden können. Da keine einzelne Akteursgruppe, weder die Politik noch die Unternehmen, die vor uns liegenden Aufgaben alleine bewältigen kann, ist die akteursübergreifende Kooperation ein unbedingt notwendiges Element einer möglichen Lösung. Zentrale drängende Erfordernisse, deren Erfüllung Multi-Akteurs-Partnerschaften in besonderer Weise unterstützen können, sind Beiträge zur Schaffung von intragenerationeller Gerechtigkeit, die Überwindung bis heute bestehender Zielkonflikte zwischen (nachholender) wirtschaftlicher Entwicklung und Umwelt- und Klimaschutz sowie die Mobilisierung erheblicher finanzieller Mittel für den Globalen Süden. Auch die Grenzen von Multi-Akteurs-Partnerschaften sollten mit Realismus betrachtet werden: Es kann nichts Richtiges im Falschen geben. Bei nicht nachhaltigkeitsfördernder Regulierung, wie man sie oftmals im Bereich der Handelspolitik findet, wird es jedes Netzwerk schwer haben, seine Anliegen in der notwendigen Breite zu verwirklichen. Auch wird eine Erhöhung von Standards, wie Servicepartnerschaften sie befördern, niemals ohne Querfinanzierung möglich sein. Schließlich sind auch Multi-Akteurs-Partnerschaften nicht davor gefeit, Ansätze zu verfolgen, die der globalen Dimension der Agenda 2030 nur auf den ersten Blick gerecht werden, bei genauerem Hinsehen jedoch Partikularinteressen bedienen. Mit einem differenzierten Blick auf die bestehenden Herausforderungen rund um die Agenda 2030 sowie auf die Möglichkeiten und Grenzen von MAP sollte es in Zukunft möglich sein, die bestehenden Chancen zu nutzen, existierende Netzwerke in ihrer Wirkung zu stärken und neue Netzwerke so zu konzipieren, dass sie sehr gezielt den drängenden Herausforderungen unserer Zeit begegnen und ihnen etwas entgegensetzen.
Estelle Herlyn

Zentrale Rahmenbedingungen und Erfolgsfaktoren

Frontmatter
Kapitel 4. Kritischer Denkanstoß zu ökonomischen Aspekten von Multi-Akteurs-Partnerschaften
Zusammenfassung
Multi-Akteurs-Partnerschaften (MAP) zielen darauf ab, unter Beteiligung der als relevant erachteten Partner Maßnahmen zur Erreichung bestimmter Ziele zu identifizieren und deren Umsetzung zu ermöglichen. In diesem Zusammenhang treffen unterschiedliche Interessen aufeinander, die miteinander in Einklang gebracht werden sollen. Damit stellen sich aus ökonomischer Perspektive Fragen nach der Effizienz derartiger Netzwerke. Dieser Beitrag setzt sich hieran anknüpfend damit auseinander, welche Faktoren in dieser Hinsicht für MAP eine Rolle spielen. Es werden Hinweise herausgearbeitet, wovon die Beurteilung des Erfolges der MAP abhängen dürfte und inwieweit und in welchem Ausmaß sie als Lösung für Nachhaltigkeitsprobleme herangezogen werden sollten. Dabei wird berücksichtigt, dass Koordination zwar zum einen wünschenswert ist, zum anderen fallen jedoch Koordinationskosten an, die Kooperationsgewinne reduzieren oder sogar überkompensieren können. Ein besonderes Augenmerk legt der Artikel dabei auf anfallende Transaktionskosten und die Wirkung der MAP.
Sven Schulze
Kapitel 5. Das Wirkungsnarrativ von Multi-Akteurs-Partnerschaften – Wie intendierte Wirkungen (besser) erfasst, veranschaulicht und kommuniziert werden können
Zusammenfassung
Multi-Akteurs-Partnerschaften (MAP) sind zu einem wichtigen Mechanismus geworden, um auf die Agenda 2030 und die Ziele für nachhaltige Entwicklung hinzuarbeiten. Eine Herausforderung, mit der sich MAP jedoch häufig konfrontiert sehen, ist das Erfassen ihrer Wirkung. Auf der konzeptionell-theoretischen Ebene kann dabei zwischen drei Elementen unterschieden werden: (1) ein Wirkungspfad, der die Schritte von Aktivitäten und Outputs bis hin zur Wirkung dokumentiert, (2) fünf Wirkungsebenen, die von der individuellen über die partnerschaftliche bis zur gesellschaftlichen Ebene reichen, und (3) drei Einflussbereiche, die angeben, inwieweit die MAP Einfluss auf die intendierte Wirkung hat. Zusammen bilden Wirkungspfad, Wirkungsebenen und Einflussbereiche das Wirkungsnarrativ einer MAP. Dieser Beitrag zeigt, wie das Arbeiten mit einem Wirkungsnarrativ MAP praxisnah dabei unterstützen kann, ihre intendierte Wirkung zu erfassen und zu veranschaulichen. Das Wirkungsnarrativ dient außerdem als Basis, um im nächsten Schritt Indikatoren für die Wirkungsmessung zu entwickeln. Die präsentierten Ergebnisse sind das Resultat eines Aktionsforschungsprojekts mit ausgewählten MAP der deutschen Entwicklungs- und internationalen Zusammenarbeit.
Stella Pfisterer, Cansin Karakus, Susanne Salz, Marieke de Wal
Kapitel 6. In Multi-Akteurs-Partnerschaften Nachhaltigkeitsziele verwirklichen
Zusammenfassung
2015 wurden die Nachhaltigkeitsziele vereinbart, um soziale und ökologische Herausforderungen durch verantwortungsvolle Zusammenarbeit anzugehen. Voraussetzungen sind Interesse an gemeinsamen Lösungen, Investition in Bildungen von kooperativen Ansätzen und Respekt vor den Unterschieden zwischen Partnern. Dieser Beitrag zeigt auf, wie erfolgreiche Multi-Akteurs-Partnerschaften (MAPs) als Kooperationsprozess in vier Phasen umgesetzt werden. Das vorgestellte Prozessmodell, „Dialogic-Change-Modell“ zeigt, wie Erfolgsfaktoren für Planung, Implementierung und Monitoring an die jeweiligen Bedürfnisse des Kontexts angepasst werden können. Durch die Anwendung dieses integrativen und strukturierten Ansatzes entstehen neue Fähigkeiten und Perspektiven, die zu sozialen Innovationen führen und systemische Veränderungen bewirken.
Petra Künkel, Alina Grün, Theresa Kuschka
Kapitel 7. Performance oder Wirkung? Definition und Messung des Erfolgs von SSCM-Aktivitäten nachhaltigkeitsorientierter Brancheninitiativen
Zusammenfassung
Multinationalen Unternehmen wird im Kontext ihres Wirkens in globalen Lieferketten eine bedeutende Rolle für die Erreichung globaler Nachhaltigkeitsziele zugeschrieben. Sie nehmen unter anderem durch Instrumente eines Sustainable Supply Chain Managements (SSCM) Einfluss auf die Umsetzung sozialökologischer Standards und die Einhaltung von Mindestanforderungen an ihren weltweiten Produktions- und Zulieferstandorten, etwa im Bereich von Menschenrechten oder des Umweltschutzes. In diesem Kontext bildet das Engagement in Brancheninitiativen als horizontale Multi-Akteurs-Netzwerke einen bedeutenden strategischen Baustein im Rahmen des SSCM vieler fokaler Unternehmen. Diese horizontalen Kooperationen gewinnen durch ihre Verankerung in internationalen Leitlinien und Zielsetzungen sowie in nationalen Regulierungen zur unternehmerischen Sorgfaltspflicht strukturell zunehmend an Bedeutung. Ihr potenzieller und tatsächlicher Beitrag zur Umsetzung der globalen Nachhaltigkeitsziele findet jedoch im wissenschaftlichen Kontext bisher noch wenig Berücksichtigung. Aus diesem Grund setzt sich der vorliegende Beitrag mit dem nachhaltigkeitsbezogenen Wirkungspotenzial SSCM-orientierter Brancheninitiativen auseinander und wirft einen Blick auf das in öffentlich zugänglichen Dokumenten formulierte Selbstverständnis verschiedener Initiativen. Dabei werden die dort zu findenden Erfolgskonzepte aus den Perspektiven des betrieblichen Nachhaltigkeitsmanagements („Performance“) und einer übergeordneten Nachhaltigkeitsgovernance („Wirkung“) eingeordnet, etwa in den Bereichen Menschenrechte und Umweltschutz.
Felix Burkhardt, Julia Schwarzkopf, Klaus Fischer, Martin Müller
Kapitel 8. Vom Handeln zum Wissen: Unterstützung von transformativem Wandel in Multi-Akteurs-Partnerschaften mittels des Positive-Deviance-Ansatzes
Zusammenfassung
Der Beitrag diskutiert das Potenzial des Positive-Deviance-Ansatzes (PD-Ansatz) im Rahmen von Multi-Akteurs-Partnerschaften (MAPs) zur Unterstützung der Sustainable Development Goals (SDG). Unter MAPs werden kollaborative Partnerschaften zwischen verschiedenen Stakeholder-Gruppen, wie etwa Zivilgesellschaft, Politik, Privatwirtschaft und Wissenschaft, verstanden. Das Projektmanagement von MAPs erfolgt oftmals regulär nach dem Ansatz des Project Cycle Managements mit Schwerpunkt auf dem Logical Framework Approach, welcher dem Paradigma vom „Wissen zum Handeln“ folgt. Der Beitrag diskutiert den PD-Ansatz als eine mögliche Alternative (Ergänzung) zu regulärem Projektmanagement. Der PD-Ansatz erfordert ein Umdenken vom „Handeln zum Wissen“. Der Beitrag fokussiert auf das Ablauf-Modell des PD-Ansatzes und zeigt konzeptionell auf, welche a) Paradigmenwechsel, b) Prozessabläufe und c) veränderte Rollenverteilungen der Akteure notwendig sind, um PD-Projekte im Rahmen von MAPs umzusetzen.
Nadine Pratt, Sarah Lubjuhn, Daniela García-Sánchez
Kapitel 9. Ausgewählte Zugänge und problemzentrierte Perspektiven auf Vertrauen als zentralen strategischen Erfolgsfaktor internationaler Multi-Akteurs-Partnerschaften
Zusammenfassung
Vertrauen verkörpert ein elementares Prinzip im Umgang mit anderen. Als zentraler „Mechanismus der Reduktion sozialer Komplexität“ (vgl. Luhmann, 1989) stellt Vertrauen in internationalen Multi-Akteurs-Partnerschaften (MAP) eine Conditio sine qua non dar, wollen die Kooperationspartner erfolgreich ihre avisierten Ziele erreichen. Gerade die Tatsache, dass Multi-Akteurs-Partnerschaften in der Regel in interkulturelle Kontexte eingebunden sind, impliziert immer wieder ein regelrechtes Vertrauensdilemma: Einerseits nimmt der Bedarf an vertrauensvoller Zusammenarbeit in grenzüberschreitenden Kooperationen zu, da sich die Gestaltung und Umsetzung der projektierten Strukturen, Prozesse und Ziele über Grenzen hinweg deutlich zeitaufwendiger und erfolgsunsicherer als innerhalb des eigenen Landes erweisen. Andererseits wird die Entwicklung von Vertrauen zwischen Akteuren aus divergierenden Kulturen immer wieder dadurch erschwert, da man häufig nur unzulänglich mit den Spielregeln sozialer Interaktion und den sie begründenden Werten, Normen und Grundannahmen der Kooperationspartner vertraut ist. Vor diesem Hintergrund möchte der vorliegende Beitrag – primär aus interkultureller Perspektive – mit Vertrauen für ein normativ aufgeladenes Konstrukt sensibilisieren, das sich zu einem immer wichtigeren strategischen Erfolgsfaktor in internationalen Multi-Akteurs-Partnerschaften entwickelt.
Nicolai Scherle

Initiativen, Fallstudien und Umsetzungsbeispiele

Frontmatter
Kapitel 10. Allianz für Entwicklung und Klima – Innovative Partnerschaft für die Agenda 2030 und das Pariser Klimaschutzabkommen
Zusammenfassung
Das Anliegen der vom Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) ins Leben gerufenen Allianz für Entwicklung und Klima ist die nicht-staatliche Förderung von Entwicklung im Sinne der Agenda 2030 und internationalem Klimaschutz. Mit ihrem ganzheitlichen Ansatz begegnet sie zahlreichen Herausforderungen, die heute in diesem Kontext bestehen. Unterschiedlichste private Akteure fördern heute im Rahmen ihrer Klimaschutzaktivitäten entsprechende internationale Projekte, die positive Wirkungen in Richtung verschiedener Nachhaltigkeitsziele der Agenda 2030 entfalten. Ihr Ziel ist die Ambitionssteigerung beim internationalen Klimaschutz und die rasche Erreichung bilanzieller Treibhausgasneutralität. In Zukunft eröffnen sich vielfältige weitergehende Potenziale. Diese betreffen z. B. die dringend erforderliche Ausweitung der internationalen Klimafinanzierung, neue Zertifikate im Umfeld technischer CO2-Entnahme oder auch ein verstärktes Handeln nach dem Verursacher- und dem Leistungsfähigkeitsprinzip.
Olivia Henke, Estelle Herlyn, Sven Jansen
Kapitel 11. Von regionalen und nationalen Kohlenstoffmärkten zu einem globalen Kohlenstoffmarkt: Perspektiven einer Verknüpfung von Emissionshandelssystemen
Zusammenfassung
Der anthropogene Klimawandel ist nach wie vor eine der größten Herausforderungen des 21. Jahrhunderts. Und trotz vielfältiger – zum Teil ungerechtfertigter – Kritik hat sich der Emissionshandel als ein sehr gut geeignetes Instrument zur Begrenzung der Treibhausgasemissionen erwiesen –nicht nur, aber insbesondere auch aufgrund seiner Effizienzvorteile. Gerade nach der Corona-Pandemie und ihren noch gar nicht voll absehbaren ökonomischen Konsequenzen kommt es künftig besonders auf Effizienz an, wenn das 1,5-Grad-Ziel noch erreicht werden soll: Klimapolitik muss so gestaltet sein, dass pro eingesetztem Euro die maximale CO2-Vermeidung erreicht wird. Um seine Vorteile voll ausspielen zu können, bedürfte der Emissionshandel bei einem globalen Problem wie dem Klimawandel aber idealerweise eines globalen Treibhausgasmarktes. Deshalb kommt der Verknüpfung, dem sogenannten Linking, der bereits bestehenden nationalen und regionalen Emissionshandelssysteme weltweit eine zentrale Bedeutung in der zukünftigen Klimapolitik zu. Vor diesem Hintergrund analysiert der vorliegende Beitrag die Chancen und Hindernisse für die Etablierung eines multinationalen Kohlenstoffmarktes. Hierzu entwickeln wir zunächst erstens Kriterien für nachhaltigen Emissionshandel und bewerten die bestehenden Systeme anhand dieser Kriterien. Zweitens zeigen wir, wie ein multinationales Linking die Wirksamkeit des Instruments noch weiter verbessern kann. Unter Einbeziehung der bisherigen Erfahrungen mit der Verknüpfung in Europa, Japan und Nordamerika analysieren wir zudem vergleichend das Design bestehender Systeme hinsichtlich ihrer Eignung für ein Linking. Dabei zeigt sich, dass es für ein Gelingen einer solchen Verknüpfung – ganz im Sinne des Themas dieses Sammelbandes – vielfältiger Kooperationen zwischen verschiedenen staatlichen wie privaten Akteuren bedarf. Solch Multi-Akteurs-Partnerschaften dienen dann nicht nur dem Ziel des Klimaschutzes, sondern bewirken auch zusätzliche Co-Benefits zur Umsetzung der Nachhaltigkeitsziele der Agenda 2030.
Achim Lerch, Sven Rudolph, Elena Aydos
Kapitel 12. Quo vadis Bündnis für nachhaltige Textilien in Zeiten verbindlicher Vorgaben?
Zusammenfassung
Das Bündnis für nachhaltige Textilien wurde 2014 vom Bundesentwicklungsministerium ins Leben gerufen, um die sozialen und ökologischen Bedingungen in globalen Textillieferketten zu verbessern. Seitdem unterstützt das Bündnis Unternehmen bei der Umsetzung ihrer Sorgfaltspflichten. Gleichzeitig verdichten sich die Anforderungen gesetzlicher Regelungen unternehmerischer Sorgfaltspflichten. Mitte 2021 hat der Deutsche Bundestag das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz verabschiedet. Anfang 2022 ist die Europäische Kommission diesem Beispiel mit einem eigenen Legislativvorschlag zur Regelung unternehmerischer Sorgfaltspflichten gefolgt. Freiwillige Multi-Akteurs-Partnerschaften (MAP) wie das Textilbündnis sind nun gefragt, sich diesen veränderten Rahmenbedingungen zu stellen. Der Beitrag geht der Frage nach, wie dies konkret erfolgen kann und zeigt, dass MAP auch zukünftig einen wirksamen Hebel für strukturelle Veränderungen in globalen Lieferketten darstellen können.
Anosha Wahidi
Kapitel 13. Arbeitssicherheit in der Bauindustrie: Skandinavische „Safety Training Parks“ als Modell für lokale Multi-Akteurs-Partnerschaften im Globalen Süden?
Zusammenfassung
Die Bauindustrie zählt zu den Branchen mit den weltweit meisten Arbeitsunfällen und mit großen Herausforderungen bei der Erreichung des globalen Nachhaltigkeitsziels von Decent Work. Sowohl auf Baustellen in den Industrienationen als auch im Globalen Süden sind die Arbeitssicherheitsbedingungen oftmals schlecht, wobei neben der generellen Verfügbarkeit von Arbeitsschutzmaßnahmen und -infrastrukturen das Arbeitsschutzverhalten der Arbeiterinnen und Arbeiter als zentraler Ansatzpunkt im Vordergrund stehen. Unzureichender Arbeitsschutz beeinträchtigt dabei nicht nur die körperliche Gesundheit der unmittelbar betroffenen Personen, sondern führt oftmals auch zu weitreichenden negativen Auswirkungen auf die ökonomische Situation und die Entwicklungsperspektiven der jeweiligen Familien und Angehörigen. In diesem Beitrag werden skandinavische Safety Training Parks vorgestellt, die in den letzten zehn Jahren mit dem Ziel der Verbesserung des Arbeitsschutzes in der Bauwirtschaft als lokale Lernorte in verschiedenen Städten in Finnland und Schweden entstanden sind und als Multi-Stakeholder-Partnerschaften unter Beteiligung von Unternehmen, Kommunen, (Hoch-)Schulen und weiteren Akteuren betrieben werden. Ausgehend von der Vorstellung des didaktischen Konzepts der Parks und ihrer Funktionsweise als lokale Multi-Stakeholder-Partnerschaften wird diskutiert, inwieweit dieses Modell unter Berücksichtigung der jeweils spezifischen Rahmenbedingungen auch als Lösungsansatz zur Verbesserung der Arbeitssicherheit auf dem Bau in Ländern des Globalen Südens, darunter auch im informellen Sektor, herangezogen werden kann. So zeigen verschiedene Beispiele aus anderen Bereichen, dass die Inwertsetzung lokal verfügbarer Ressourcen und Kompetenzen, die Ansprache vor Ort relevanter Stakeholder-Gruppen sowie das didaktische Konzept eines am „lebenswirklichen“ Arbeitssystem ansetzenden Lernsettings wichtige Prämissen für die Akzeptanz und Verhaltenswirksamkeit von Arbeitsschutzinitiativen sind.
Arto Reiman, Klaus Fischer
Kapitel 14. socialbnb – ein internationales Multi-Akteurs-Netzwerk zur Schaffung eines nachhaltigen Tourismus im Sinne der Agenda 2030
Zusammenfassung
Einer erfolgreichen Umsetzung der 17 Ziele für nachhaltige Entwicklung bis zum Jahr 2030 stehen zahlreiche komplexe Herausforderungen gegenüber. Multi-Akteurs-Netzwerke bieten viel Potenzial, diese Herausforderungen anzugehen und eine möglichst ganzheitliche Zusammenarbeit zu gewährleisten. Doch so vielversprechend Multi-Akteurs-Netzwerke in der Theorie auch sein mögen, in der Praxis zeigen sich immer wieder etliche Hürden, die entsprechenden Partnerschaften in ihrer Entwicklung entgegenstehen können. Der vorliegende Beitrag stellt das junge Start-up socialbnb vor, das ein innovatives touristisches Konzept entwickelt hat, um verschiedene Akteursgruppe zusammenzubringen und Einnahmen aus dem Tourismus zur Finanzierung der Anliegen der Agenda 2030 generiert. Auf einer digitalen Plattform können zivilgesellschaftliche Organisationen ihre ungenutzten Räumlichkeiten als Übernachtungsmöglichkeit für Reisende zur Verfügung stellen. Dadurch ermöglicht socialbnb zum einen eine nachhaltige Finanzierung von Projekten, die sich der Agenda 2030 verschrieben haben, zum anderen sensibilisiert es Reisende, sich verstärkt mit ökologischen und sozialen Aspekten auseinanderzusetzen. Nicht zuletzt vernetzt socialbnb Akteursgruppen aus der Entwicklungszusammenarbeit und dem Tourismus. Der vorliegende Beitrag stellt nicht nur das konzeptionelle Selbstverständnis von socialbnb vor, sondern er zeigt auch zentrale Erfolgsfaktoren und Herausforderungen auf, die die bisherige Entwicklung der Plattform begleitet haben.
Alexander Haufschild, Dirk Reiser
Metadaten
Titel
Multi-Akteurs-Netzwerke: Kooperation als Chance für die Umsetzung der Agenda 2030
herausgegeben von
Estelle Herlyn
Magdalène Lévy-Tödter
Klaus Fischer
Nicolai Scherle
Copyright-Jahr
2023
Electronic ISBN
978-3-658-38523-1
Print ISBN
978-3-658-38522-4
DOI
https://doi.org/10.1007/978-3-658-38523-1