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11.02.2019 | Multikanal-Banking | Interview | Online-Artikel

"Bankgeschäft ist Vertrauensgeschäft"

verfasst von: Angelika Breinich-Schilly

4:30 Min. Lesedauer

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Interviewt wurde:
Prof. Dr. Detlef Hellenkamp

ist seit 2010 Leiter im Studiengang BWL-Bank der Dualen Hochschule Baden-Württemberg (DHBW) in Stuttgart. Zudem begleitet er als Hochschullehrer den Master Finance (M. A.) der DHBW am Center for Advanced Studies in Heilbronn.

Banken tun sich aus technischen, aber auch aus regulatorischen Gründen mit der Entwicklung und Vermarktung neuer Produkte schwer. Professor Detlef Hellenkamp im Interview über Herausforderungen und innovative Strategien.

Springer Professional: Viele Banken bedienen sich kleinerer Fintechs als Kooperationspartner. Ist das auf lange Sicht sinnvoll?

Professor Detlef Hellenkamp: Die Rahmenbedingungen sind für zahlreiche Kreditinstitute alles andere als optimal. Die technischen Anforderungen der Kreditinstitute, insbesondere in den öffentlich-rechtlichen und genossenschaftlichen Verbundsystemen, sind im Besonderen abhängig von den Release-Zyklen der Rechenzentralen. Eine einzelne Sparkasse oder Genossenschaftsbank ist gar nicht in der Position eine eigene Digitalisierungsstrategie umzusetzen. Darüber hinaus werden erhebliche Ressourcen in den Rechenzentralen bereits seit über zehn Jahren durch fortwährende Regulierungsanforderungen des Gesetzgebers 'blockiert'. Um ein hohes Maß an Agilität und Flexibilität in der Entwicklung zu haben, wäre sicherlich die Umstellung zahlreicher – veralteter – Kernbankenverfahren auf Open Source in der deutschen Kreditwirtschaft wünschenswert. Wesentlich wird dabei sein, dass Services der Kreditinstitute möglichst schnell auf einer Plattform vereint werden.

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Ständig veränderte Rahmenbedingungen und gesetzliche Anforderungen, aber auch die voranschreitende Digitalisierung der letzten Jahre stellen den Bankensektor vor immer neue Herausforderungen. 


Die hohen regulatorischen Rahmenbedingungen zum Betreiben von Bankgeschäften gelten natürlich für alle. Denken Sie hier nur zusätzlich an die seit November 2017 geltenden Bankaufsichtliche Anforderungen an die IT – BAIT zur Konkretisierung der Marisk-relevanten IT-Anforderungen, unter anderem auch mit Blick auf neue richtungsweise innovative Technologien wie zum Beispiel Blockchain. Insofern können Kooperationen/Integrationen mit Fintechs die vorstehenden Herausforderungen der Kreditinstitute reduzieren. Fintechs können natürlich Lösungen durch Integration in das bestehende Kernbankensystem oder Schnittstellenentwicklung, die API, anbieten. Diese Lösungen müssen insgesamt aber harmonieren mit dem strategischen Geschäftsmodell einer Bank und dem daran ausgerichteten Kernbankenverfahren, um langfristig aus Banksicht nicht einen komplexen und starren, digitalen Flickenteppich zu entwickeln

Auch neue Regularien sorgen immer wieder für Ärger. Jüngst haben Medien von einem Schreiben der Banken und Sparkassen an die BaFin berichtet, in dem diese neue, zusätzliche Vorgaben der europäischen Bankenaufsicht EBA im Rahmen der Zahlungsdiensterichtlinie PSD2 monieren. Sehen Sie die Lage ebenfalls problematisch oder ist das eher ein Sturm im Wasserglas? 

Was heißt hier Sturm im Wasserglas, das könnten Sie bei nahezu allen der inzwischen unzähligen Regulierungsvorschriften entgegnen. Selbstverständlich müssen die Kreditinstitute auf die operativen Konsequenzen hinweisen, insbesondere, wenn Termine so gewählt werden, dass sie in der Branche insgesamt nicht eingehalten werden können. Die Mehrheit großer Banken und Zahlungsdiensteanbieter in Europa arbeiten in der Umsetzung einer PSD2-konformen Schnittstelle ohnehin bereits abgestimmt miteinander (Berlin Group). Drittanbieter können über eine neue API-Schnittstelle auf Konteninformationen von Bankkunden zugreifen, wenn diese ihr Einverständnis erteilt haben. Die Kreditinstitute müssen ab Mitte März 2019 einen Testzugang für Drittanbieter bereitstellen, der drei Monate später im Echtbetrieb aktiviert werden soll. Die zweite EU-Zahlungsdiensterichtlinie (PSD2) bildet hierfür den regulatorischen Rahmen, die konkrete inhaltliche Ausgestaltung kommt von der EBA mit den sogenannten regulatorisch-technischen Standards (RTS). Wenn die EBA nun aber noch im Dezember 2018 Dokumente zu den RTS mit Details zur Umsetzung veröffentlicht, dann wundert es mich überhaupt nicht, dass Banken und Sparkassen die Umsetzungsrisiken anzeigen, um die zahlreichen Herausforderungen mit den vorhandenen IT-Kapazitäten umzusetzen. Denken Sie in diesem Kontext auch an die kritisch und sehr kontrovers geführten Diskussionen beispielsweise zu einer Fallback-Schnittstelle oder dem sog. Screen-Scraping. Ein politisch fixiertes Datum einer regulatorischen Rahmenbedingung muss diskutiert und selbstverständlich, wie bei Mifid II und anderen Regulierungsvorhaben auch verschoben werden können, wenn weitreichende Risiken dem entgegenstehen.

In den vergangenen Jahren haben insbesondere Sparkassen und Genossenschaftsbanken unrentable Filialen im Zuge des Online Bankings geschlossen. Nun eröffnen immer wieder neue, sogenannte Stadtteilfilialen – zuletzt in Bremen, die sich auch als Treffpunkt der Nachbarschaft verstehen. Sehen Sie darin ein nachhaltiges Konzept – zumindest für städtische Regionen?

Bankgeschäft ist Vertrauensgeschäft. Insofern wird der Mensch, wenn auch zukünftig im Kontext eines anderen Kompetenzverständnisses, eine wichtige Funktion im Bankgeschäft haben. Die Sparkasse Bremen AG richtet mit den sogenannten Stadtteilfilialen ihr Filialkonzept neu aus und setzt dabei auf modernste Technik, Regionalität und Persönlichkeit vor Ort. Das Raumkonzept soll sich durch das Mitwirken von Kunden und Mitarbeitern in den Stadtteil integrieren. Die Stadtteilfiliale wird nicht nur als Bank, sondern auch für stadtteilrelevante Themen und Aktivitäten wie zum Beispiel gemeinwohlorientierte Veranstaltungen, Informationsabende oder Produktneuheiten von Unternehmern aus der Nachbarschaft genutzt. Konzeptionell passt ein solches Konzept natürlich gut zum öffentlich-rechtlichen Auftrag einer Sparkasse. Der sonst übliche Kundenkontakt soll durch eine geänderte Raumnutzung deutlich intensiviert werden, was zu einer zunehmenden Kundenbindung und einem erhöhtem Kundenvertrauen führen kann. Wenn dieses Kundenvertrauen sich dann auf die Kunde-Bank Beziehung übertragen lässt, könnten aus einem solchen Konzept erhebliche Mehrwerte für die Sparkasse generiert werden. Auch andere Banken suchen mit geänderten Filialkonzepten bereits seit Jahren die Nähe zum Kunden, beispielsweise die Commerzbank mit Ihrem Flagship-Filial-Konzept. Das Risiko keinen persönlichen Kundenkontakt zu haben bzw. diesen sukzessive zu verlieren, liegt natürlich darin im Rahmen einer digitalen Produkt- und Leistungstransparenz beliebig austauschbar zu werden.

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