Nach zwei Jahren Corona und langen Lockdown-Phasen ist das Vermögen privater Haushalte massiv gestiegen. Dabei wollen die Sparer ihr Geld nicht einfach irgendwie angelegen. Viele setzen auf nachhaltige Investments und bei fast jedem Zehnten ist bereits das gesamte Portfolio grün.
Seit dem Ausbruch der Corona-Pandemie haben viele Menschen in Deutschland Geld auf die hohe Kante gelegt, das sie aufgrund mehrerer Lockdowns nicht ausgeben konnten. Laut der Deutschen Bundesbank ist das Vermögen privater Haushalte im vierten Quartal 2021 gegenüber dem Vorquartal um 161 Milliarden Euro auf rund 7,618 Billionen Euro geklettert - ein Rekord.
Kapitalanlage soll ESG-Kriterien erfüllen
Wenn es darum geht, wie das Geld angelegt wird, gewinnen für viele Bundesbürger nachhaltige Faktoren an Relevanz, schreibt Carmen Mausbach im aktuellen Sonderheft der Zeitschriften "Versicherungsmagazin" und "Bankmagazin":
Immer mehr Kunden sind daran interessiert, ihr Geld in Produkte anzulegen, die Wert auf ökologische, soziale und ethische Kriterien legen. Die wachsende Bedeutung dier so genannten ESG-Kriterien, die für die englischen Begriffe Environment, Social und Governance stehen, macht sich daher auch am Kapitalmarkt bemerkbar."
Ein Trend, den auch eine Umfrage von J.P. Morgan Asset Management unter 1.000 Personen ab 18 Jahren vom September 2021 bestätigt. Der zufolge ist bereits für 73 Prozent der Bundesbürger das Thema Nachhaltigkeit bei der Geldanlage wichtig. Bei einem Drittel (33 Prozent) sind rund die Hälfte der Investments nachhaltig. 21 Prozent der Teilnehmer sagen sogar, dies sei bei einem Großteil ihrer Anlagen der Fall. Und weitere neun Prozent geben an, ihr Geld bereits vollständig nachhaltig angelegt zu haben. Weitere zehn Prozent haben zudem damit begonnen, ihre Investments an den Klimawandel anzupassen.
Nachhaltige Investmentfonds boomen
Besonders beliebt bei den Sparern sind laut Mausbach nachhaltige Investmentfonds. "Ein großer Teil der nachhaltigen Investmentfonds wird aktiv gemanagt. Dabei trifft ein professionelles Fondsmanagement die Entscheidung, welche Titel aufgenommen und wann diese umgeschichtet werden sollen", erklärt die Autorin. In der Regel sei es das Ziel, eine vorgegebene und nachhaltig vorselektierte Benchmark in Form eines Index zu schlagen. "Einige nachhaltige Investmentfonds bilden einen kompletten Börsenindex nach. Diese passiv gemanagten Produkte werden als Exchange Traded Funds (ETFs) oder börsengehandelte Indexfonds bezeichnet."
Laut der Befragung von J.P. Morgan Asset Management ist 38 Prozent der Menschen bei der Wahl ihrer Geldanlage ein ausgewogenes Verhältnis aus Ertrag und Nachhaltigkeit wichtig. Bei Frauen ist dieser Wunsch mit 41 Prozent noch etwas stärker ausgeprägt als bei den Männern (35 Prozent). Weiteren 38 Prozent der Umfrageteilnehmer ist Nachhaltigkeit ausdrücklich "etwas wichtiger" oder "wichtiger" als die Rendite. Hier haben die Männer mit 39 Prozent die Nase vor den Frauen mit 36 Prozent.
Mit 24 Prozent sind hingegen einem knappen Viertel der Befragten Erträge "etwas wichtiger" oder "wichtiger", wobei männliche Anleger mit 27 Prozent vor den weiblichen (23 Prozent) liegen.
Impact Investing wird relevanter
Neben dem Umwelt- und Sozialengagement der Wirtschaft selbst (33 Prozent) und dem sogenannten Investment Stewardship (30 Prozent), also dem positiven Einfluss von Fondsgesellschaften auf die Portfoliounternehmen, ist für ein knappes Drittel (29 Prozent) der Deutschen das Impact Investing wichtig. Damit investieren Anleger gezielt in Lösungen sozialer oder ökologischer Probleme.
"Obwohl Impact Investing oft als eine Form des Socially Responsible Investing (SRI) betrachtet wird, liegt der wesentliche Unterschied darin, dass SRI Investments nach ESG-Faktoren durchleuchten, während Impact Investing sowohl auf einen positiven, messbaren Einfluss abzielt als auch auf einen finanziellen Gewinn", fasst es Maram Ahmed im englischsprachigen Buchkapitel "Performance-Based Financing" (Seite 68) zusammen.
Anleger schätzen nachhaltige Geschäftsmodelle
Von diesen Impact Investoren verfolgt ein Viertel (25 Prozent) spezifische Investmentstrategien mit einem klar definierten Nachhaltigkeitsbezug. 23 Prozent haben einen sogenannten Best-in-Class-Ansatz und leiten ihr Kapital in Unternehmen, die in ihrem Bereich führend sind. Am wenigsten sinnvoll halten die Sparer nachhaltige Investmentansätze nur auf Basis von Ausschlüssen solcher Betriebe, die nicht nachhaltig agieren (17 Prozent).
"Es zeigt sich, dass sich die Deutschen schon eine Meinung gebildet haben, wie sie ihre nachhaltigen Investments umgesetzt haben möchten. Es geht demnach nicht nur darum, ESG-Risiken zu minimieren, sondern eine nachhaltige Zukunft gestalten zu wollen", meint Holger Schröm, Executive Director bei J.P. Morgan Asset Management.
Sparer stellen hoche Ansprüche an Nachhaltigkeit
Insgesamt sind die Ansprüche an die Nachhaltigkeit bei der Kapitalanlage und Altersvorsorge stark gewachsen, wie auch eine Online-Umfrage im Auftrag des Versicherungs- und Vorsorgeanbieters Pangaea Life vom März 2022 gezeigt hat. "Kunden erwarten, dass nachhaltige Produkte eine hohe Sicherheit und eine attraktive Rendite vereinen“, erklärte Daniel Regensburger, Pangaea-Life-Geschäftsführer, bei der Veröffentlichung der Ergebnisse.
Verschiedene öffentliche Skandale rund sogenanntes Greenwashing hätten Anleger für das Thema Transparenz sensibilisiert. Er sieht die Bringschuld deshalb auch bei den Produktgebern. "Sie müssen zeigen, welche nachhaltige Wirkung Investitionen konkret entfalten."
Damit eine tatsächlich nachhaltige Investmententscheidung nach weltweit anerkannten Nachhaltigkeitsnormen getrofen werden kann, hat das Forum Nachhaltige Geldanlagen (FNG) ein Qualitätssiegel für nachhaltige Investmentfonds entwickelt", schreibt hierzu Carmen Mausbach.
Besonders nachhaltige Investmentfonds werden mit drei Sternen ausgezeichnet. Die Zertifzierung gilt jeweils für ein Jahr und werde danach erneut geprüft.