Immobilien-Investoren müssen Resilienz als Schlüsselstrategie verstehen. Immobilienexpertin Isabella Chacón Troidl plädiert für nachhaltige Anpassungen an den Klimawandel, um langfristig Wettbewerbsvorteile zu erzielen.
Der Energieverbrauch und der CO2-Ausstoss spielen für Mieter wie Investment-Manager eine wichtige Rolle bei der Immobilienwahl.
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Die Stimmungslage an den Immobilienmärkten hatte sich zuletzt wieder etwas aufgehellt. Doch von einer echten Entwarnung kann noch keine Rede sein. Im Gegenteil: Unsicherheiten hinsichtlich mittel- und langfristiger geopolitischer und wirtschaftlicher Entwicklungen oder auch das fast ungebremste Voranschreiten des Klimawandels mit schwer vorhersehbaren Folgen für jeden Menschen und Lebensbereich, prägen die aktuelle Nachrichtenlage. Für Immobilien-Investments ist und bleibt Resilienz damit das Gebot der Stunde. Aus meiner Sicht geht es dabei nicht nur darum, sich der Ad-hoc-Risiken zu erwehren, sondern daraus eine langfristige Erfolgsstrategie zu entwickeln.
Resilienz als Erfolgsfaktor in unsicheren Zeiten
Gemeinhin wird Resilienz mit Widerstandsfähigkeit übersetzt. Das lateinische Wort resilire bedeutet jedoch zurückspringen oder abprallen: Drohende Gefahren aber - zumal dann, wenn sie auf Langzeittrends zurückzuführen sind - prallen nicht einfach so ab und danach springt alles wieder auf den Status quo ante zurück. Auch das Aussitzen dieser Gefahren stellt keine Option dar. Stattdessen kann und sollte man sie bestmöglich in der eigenen Strategie auffangen.
Immobilien sind gerade im Kontext des Klimawandels ein in gleich mehrfacher Hinsicht sehr gutes Beispiel dafür. Sie sind in Bau und Betrieb ein wesentlicher CO2-Emittent, worin auch ein großer Impact-Hebel liegt. Zudem müssen sie auf die veränderten Klimabedingungen vorbereitet sein, um dauerhaft vermarktbar zu bleiben. Nur wenn sie den Mietern attraktive, nachhaltige und sichere Lebens- und Arbeitsräume bieten, können sie für die Vermieter auch betriebswirtschaftlich resiliente Investments darstellen. Beides gehört zusammen und findet auf drei Ebenen der Resilienz statt: auf Portfolio-, auf Objekt- und schließlich auf Lage- beziehungsweise Stadtebene.
Diversifikation minimiert Einzelrisiken
Auf Portfolioebene geht es zunächst darum, durch eine breite Diversifizierung von Regionen, Nutzungsarten und Mietergruppen Einzelrisiken zu minimieren oder gar zu antizipieren - aber auch darum, eine schlüssige Gesamtstrategie und somit die betriebswirtschaftliche Resilienz des Portfolios zu stärken. Letztere hängt in erster Linie von stabilen Verkehrswerten und den langfristigen Mieteinkünften ab.
Diese beiden wichtigen Stellschrauben lassen sich durch gezielte Investments am Bestand entsprechend justieren. Grundsätzlich empfehlen sich Assetklassen mit einer weitestgehend konjunkturunabhängigen Nachfrage, wie Healthcare, Wohnen oder Bildungsinfrastruktur. Unsere Resilienzanalysen zeigen uns, welche Märkte und Nutzungsarten in den Krisenzeiten der vergangenen Zyklen die geringsten Rückgänge bei verschiedenen Return-Kennzahlen aufweisen. Der reine Blick auf Volatilitäten genügt hier nicht.
Auf Energieeffizienz kommt es an
Auf Objektebene kommt es darauf an, ein möglichst nachhaltiges und energieeffizientes Asset zu haben. Immer mehr potenzielle Mieter achten aus unterschiedlichen Motiven auf Maßnahmen zur Reduzierung der Energieverbräuche und CO2-Emissionen - angesichts tendenziell steigender Energiepreise und der CO2-Besteurung von Gebäuden, ist das auch betriebswirtschaftlich geboten.
Wertsteigerung durch Green Premiums
Die lebhafte Diskussion rund um sogenannte Green Premiums - also die Aufwertung taxonomiekonformer Immobilien - versus Brown Discounts, mit denen weniger nachhaltige Objekte abgewertet werden, ist dafür ein aktuelles Beispiel. Sehr wahrscheinlich wird sich dieser Unterschied künftig noch stärker auf den jeweiligen Verkehrswert und erzielbare Mieten niederschlagen. Hinzu kommt eine zumindest in Europa weiter zunehmende Regulierung wie etwa die EU-Richtlinie "Fit für 55", nach der auch der Gebäudesektor bis 2050 komplett klimaneutral sein soll.
Resiliente Immobilien können das Mikroklima in ihrer unmittelbaren Umgebung positiv beeinflussen, beispielsweise durch begrünte Dächer und Fassaden. In den Städten können durch eine Entsiegelung von Asphaltflächen in Versickerungsflächen oder die Einrichtung von Regenrückhaltebecken die Überschwemmungsrisiken durch Starkregen im gesamten Quartier reduziert werden, um nur einige Beispiele zu nennen. Auch alternative Mobilitätskonzepte können dazu beitragen, den Standort unter veränderten Klimabedingungen lebenswert zu halten. Hierbei geht es also nicht nur um das Gebäude selbst. Doch ohne resiliente Immobilien keine resilienten Städte und Quartiere.
Herausforderung Klimawandel
Der Klimawandel stellt, neben anderen Megatrends wie beispielsweise dem demografischen Wandel und der Digitalisierung, eine wachsende Herausforderung für unsere Gesellschaft und damit auch für die Immobilienbranche dar. Die Dynamik dieser langfristigen Megatrends stellt komplexe Anforderungen an wettbewerbsfähige Immobilien. Gerade im Bestand lässt sich vieles durch konsequente Sanierungen und Repositionierungen erreichen.
Wie Value-Add-Investments Resilienz fördern
Value-Add-Ansätze sind für Investoren eine Möglichkeit, aktiver einzugreifen und zu gestalten, was in einem Umfeld des stetigen Wandels genau jene resilienzfördernde Maßnahme sein kann, die eine positive Wettbewerbsfähigkeit erzeugt. Vor allem im Bürosegment, wo der Leerstand wieder gestiegen ist, werden vornehmlich qualitativ hochwertige Flächen gesucht.
Diese durch den Ankauf von Bestandsobjekten und gezielte Value-Add-Maßnahmen - dazu zählen selbstverständlich auch Investitionen in Energieeffizienz und Klimaschutz - zu schaffen, birgt somit auch attraktives Renditepotenzial.
Entwicklungsdynamik in nachhaltige Investmentstrategie integrieren
Noch weitergedacht, bedeutet Resilienz für mich nicht nur, die Bälle aktiv aufzufangen, sondern ihre Bewegungen zu antizipieren und damit genau richtig positioniert zu sein, um die Dynamik der Entwicklungen nahtlos in eine nachhaltige Investmentstrategie zu integrieren. Wer nämlich weiß, wo ein Ball aufkommt, bevor er überhaupt landet, verschafft sich wertvolle Wettbewerbsvorteile.