Klimaschutz und Nachhaltigkeit gibt es nicht zum Nulltarif. Ein Teil des Kapitals für die grüne Transformation soll die Finanzbranche generieren - etwa durch nachhaltige Geldanlagen. Doch diese überzeugen längst nicht jeden Anleger.
"Mit der zunehmenden Bedeutung von Nachhaltigkeit steigt das öffentliche Interesse an den sozialen und ökologischen Auswirkungen von unternehmerischem Handeln wie auch das Interesse der Unternehmen selbst, gesellschaftliche Verantwortung zu übernehmen", postuliert das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) auf seiner Homepage. Nach dem Willen der Europäischen Union soll die Finanzbranche zur treibenden Kraft bei der Klimarettung werden.
"Dies sieht der Aktionsplan Nachhaltige Finanzierung vor, wobei nachhaltig die Trias aus Environment, Social und Governance meint, kurz ESG", erklärt Stefan Terliesner im "Bankmagazin" von Dezember 2022. Eine zentrale Rolle hierbei spielt die Taxonomie-Verordnung der EU und die damit verbundenen Offenlegungspflichten. Diese sollen Kapitalströme zunächst in saubere Investitionen, perspektivisch dann auch in sozial korrekte Verwendungen lenken.
Markt für nachhaltige Anlagen gewinnt an Dynamik
Spätestens seit der Verabschiedung des EU-Aktionsplans als Teil der Umsetzung des Pariser Abkommens zum Klimawandel und der UN-Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung befindet sich der Markt für nachhaltige Kapitalanlagen auf Wachstumskurs. Dementsprechend wird auch die Palette nachhaltiger Geldanlagen immer vielfältiger und breiter", schreibt Carmen Mausbach im Versicherungsmagazin-Sonderheft vom Sommer 2023.
Eine Erhebung bestätigt diesen Trend: 54 Prozent der mehr als 2.000 vom Meinungsforschungsinstitut Yougov im Auftrag von Pangaea Life befragten Personen im Alter ab 18 Jahren verbinden mit dem nachhaltigem Investieren an erster Stelle Wandel und Veränderung. Dann folgen fast gleichauf die Begriffe Hoffnung (29 Prozent) und Verzicht (28 Prozent).
Dieses Ergebnis deutet laut Daniel Regensburger, Geschäftsführer von Pangaea Life, darauf hin, dass Menschen Nachhaltigkeit mit einer positiven Zukunftsvision, aber auch mit Einschränkungen, verknüpfen. "Das Resultat spiegelt auch die Diskussionen über den richtigen Weg in Sachen Klimaschutz in unserer Gesellschaft wider."
Greenwashing und Wissenlücken schrecken ab
Vor allem Greenwashing-Vorwürfe gegen Fondsanbieter in den Medien verunsichern der Studie zufolge die Verbraucher. So sind für 21 Prozent der Befragten Bedenken wegen Greenwashing die größte persönliche Hürde für ein nachhaltiges Investment. Zu wenig Know-how halten weitere 21 Prozent von ESG-konformen Kapitalanlagen ab. Jeweils 16 Prozent scheuen die damit verbundenen Risiken oder haben schlicht kein Interesse am Thema. Über mangelnde Transparenz beklagen sich immerhin 15 Prozent der Teilnehmer.
Bei der Frage, welche Nachhaltigkeitsaspekte potenziellen Kunden bei der Wahl eines grünen Anlageprodukts besonders wichtig sind, gewinnen die Buchstaben S und G in ESG weiter an Relevanz. Nach dem Umweltschutz (21 Prozent) und dem Klimaschutz (20 Prozent) folgen die ethische Unternehmensführung sowie soziale Belange mit jeweils 16 Prozent auf Rang drei. Damit werden auch diese Aspekte "immer mehr zur Pflicht", betont Regensburger.
Damit mehr Menschen Kapital ökologisch, ethisch und sozial anlegen, sollten die Produkte jedem Fünften (21 Prozent) zufolge besser erklärt werden. Für 18 Prozent müssen nachhaltige Anlagen auch mindestens dieselbe Rendite wie herkömmliche Investments erwirtschaften. Auf eine bessere Transparenz des nachhaltigen Impacts legen 17 Prozent der Befragten wert.
Nachhaltigkeit von Fonds sichtbarer machen
"Um die Nachhaltigkeitseffekte von Fonds sichtbar zu machen, sind Gütesiegel und Ratings eine Hilfe", so Versicherungsmagazin-Autorin Mausbach. Im deutschsprachigen Raum habe sich das FNG-Siegel für nachhaltige Investmentfonds etabliert. Für Beratende sei es das wichtigste ESG-Rating für Fonds, die die drei Kriterien Umweltschutz (Environment), soziale Aspekte (Social) sowie eine gute Unternehmensführung (Governance) berücksichtigen. Die Autorin beruft sich dabei auf eine Umfrage von Fonds Professional Online, "nach der fast jeder zweite befragte Vertriebler diesem Siegel eine wichtige Bedeutung beimisst".
Das FNG-Siegel wird vom FNG vergeben und basiert auf einem verpflichtenden Mindeststandard als ersten Schritt. Ein absolutes Tabu sind Investitionen in Waffen und Rüstung, Kernenergie, Kohlebergbau sowie Fracking und Ölsande. Wie bereits erwähnt, muss der Fonds im Zuge der EU-Offenlegungsverordnung nach Artikel 8 oder 9 eingestuft sein. In einem zweiten Schritt wird geprüft, wie die Fonds in den Bereichen institutionelle Glaubwürdigkeit, Produktstandards und Portfolio-Fokus abschneiden. [...] Ende November 2022 wurden 291 Fonds mit dem unabhängigen Gütesiegel ausgezeichnet", fasst Mausbach zusammen.