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19.07.2022 | Nachhaltige Geldanlagen | Gastbeitrag | Online-Artikel

Tools standardisieren ESG-gerechte Anlageberatung

verfasst von: Martin Greweldinger

3:30 Min. Lesedauer

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Nachhaltiges Investieren rückt zunehmend in den Fokus von Investoren und Regulatoren. Das Gros der Anbieter hat bereits entsprechende Produkte. Noch müssen Interessenten diese noch proaktiv anfordern. Doch bald gehören ESG-Faktoren zur Standardkomponente des Anlegerprofils. 

Die Europäische Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde ESMA hatte im vergangenen April die Konsultation zu den Änderungen an Mifid II abgeschlossen. Am 2. August 2022 treten die neuen Regeln in Kraft. Im Zuge dieser Änderungen schreibt die EU vor, dass Präferenzen in Bezug auf ESG (Environment, Social, Governance) in die Anlageberatung integriert werden müssen. Dadurch sollen der Anlegerschutz verbessert und nachhaltige Investitionen gefordert werden. Die neuen Regelungen verpflichten die Finanzinstitute, künftig Nachhaltigkeitspräferenzen ihrer Kunden proaktiv zu erfragen, genauso wie sie bereits deren Risikotoleranz und Investmentkompetenz erfassen.

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Die Änderungen an Mifid II erfordern nicht nur einen Kulturwandel in der Finanzbranche, sie zwingen Finanzinstitute auch dazu, ein ESG-Klassifizierungssystem - basierend auf regulatorischen Vorschriften und Branchenstandards wie EET (European ESG Template) - anzuwenden, um eine Liste mit nachhaltigen Produkten zusammenzustellen. Banken und andere Finanzdienstleister müssen die neuen Regeln bis zum Inkrafttreten der überarbeiteten Richtlinie in diesem August umsetzen. Andernfalls riskieren sie, hinter die Konkurrenz zurückzufallen und mit Regulatoren in Konflikt zu geraten.

Technologische Lösung für ESG-Anlagen

Investieren nach ESG-Kriterien bietet aus ethischer sowie finanzieller Sicht viele Chancen, stellt aber technologisch eine Herausforderung dar. Das große Potential kann nicht ausgeschöpft werden, wenn die eingesetzte Technologie den Anforderungen nicht gewachsen ist. Finanzinstitute müssen sicherstellen, dass ihre Investmentplattformen in der Lage sind, mit veränderten Regeln für Kunden in der EU umzugehen und Investmentprodukte anzubieten, die sich an ESG-Kriterien orientieren und sowohl Vermögensverwaltungs- als auch Anlageberatungsmandate umfassen.

Eine moderne ESG-Lösung sollte die Nachhaltigkeitspräferenzen von Investoren anhand der zu erwartenden nachteiligen Auswirkungen (Principal Adverse Impacts, kurz PAI) erfassen, Minimalquoten für nachhaltige Anlagen in Abhängigkeit der Klassifizierung von Anlageprodukten festlegen und nachhaltige Investments gemäß der EU-Verordnung über nachhaltigkeitsbezogene Offenlegungspflichten (SFDR) klassifizieren. 

Spezifischer ESG-Layer für das Framework

Die Nachhaltigkeitspräferenzen der Investoren sollen in sämtliche Prozesse in den Bereichen Anlageberatung und Vermögensverwaltung einfließen. Die Lösung sollte Eignungsanforderungen modellieren und ESG-Daten von verlässlichen Quellen wie zum Beispiel dem MSCI automatisiert zusammentragen und vergleichen können. Gute ESG-Daten und  Ratings sind schon deswegen unerlässlich, weil Anleger Nachhaltigkeitsbekundungen oft noch misstrauen. So ergab eine Avaloq-Umfrage, dass 61 Prozent der vermögenden Investoren in Europa derzeit bezweifeln, ob nachhaltige Investitionsmöglichkeiten wirklich nachhaltig sind. 

Am einfachsten können Finanzinstitute die neuen Regeln umsetzen, indem sie ihrem Framework zur Geeignetheitsprüfung einen spezifischen ESG-Layer hinzufügen. Dies kann bedeuten, dass sie den Investorenfragebogen erweitern, standardisierte ESG-Ratings integrieren und neue Ausschlusskriterien definieren. Diese Prüfung gehört zu einem Investment Suitability Framework – was eine regulatorische Voraussetzung bei Kunden in der EU ist. 

Mit diesem zusätzlichen ESG-Element wird sichergestellt, dass die erforderlichen Nachhaltigkeitsaspekte im Investment Profiling Berücksichtigung finden. Eine weitere Lösung - ein sogenannter ESG-Adapter - ermöglicht es, externe Daten von Ratingagenturen in das Kernbankensystem zu integrieren. Auf diese Weise kann ein Finanzinstitut sein Datenmodell mit relevanten ESG-Informationen anreichern. So sorgt das Institut dafür, dass seine Investmentvorschläge und Portfoliomanagement-Prozesse stets mit den Mifid II-Anforderungen in Einklang stehen und mit den ESG-Zielen seiner Kunden.

Mit ESG bei jüngeren Kunden punkten

Die neuen regulatorischen Anforderungen holen Verpasstes nach und räumen dem Thema ESG jene Wichtigkeit ein, die es bei Anlegern bereits genießt. Das gilt insbesondere bei der jüngeren Generation, also den vermögenden Kunden von morgen. 

Die neuen Regeln bieten Finanzinstituten aber auch die Chance, im Bereich Nachhaltigkeit eine Führungsrolle einzunehmen, statt der Entwicklung hinterherzuhinken. Indem sie proaktiv handeln und eine solide technologische Lösung implementieren, um die neuen Regeln umzusetzen, können Finanzinstitute ihren Ruf und ihre Glaubwürdigkeit in Sachen Nachhaltigkeit stärken. In Zukunft wird dies für die Akquisition und Bindung von Kunden unerlässlich sein.

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