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03.02.2025 | Nachhaltige Geldanlagen | Schwerpunkt | Online-Artikel

Europas Investoren bleiben bei ESG auf Kurs

verfasst von: Angelika Breinich-Schilly

4 Min. Lesedauer

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Trotz Donald Trumps fossiler Energiepolitik und Rückschritten bei Klima-Allianzen in den USA bleiben professionelle Anleger diesseits des Atlantiks auf Nachhaltigkeitskurs. Passende Rahmenbedingungen bieten Deutschland und Europa langfristig Wettbewerbsvorteile, besagt eine aktuelle DIW-Studie.

Während der ehemalige US-Präsident Joe Biden noch vor rund einem Jahr die Pläne für den Bau mehrerer Flüssiggasterminals wegen ihrer Klima- und Umweltauswirkungen auf den Prüfstand stellte, tritt sein Nachfolger Donald Trump bei fossilen Brennstoffen mächtig aufs Gas. Mit Chris Wright machte er einen Top-Manager aus der Öl-Branche, der den Klimawandel leugnet, zu seinem Energieminister. Neben der verstärkten Nutzung von heimischen Erdöl soll nach der neuen politischen Agenda des Weißen Hauses vor allem mehr US-amerikanisches Liquefied Natural Gas (LNG), also Flüssiggas, gefördert und nach Europa verkauft werden. Das wird in den USA meist mit der umstrittenen Fracking-Methode gewonnen. Mögliche umweltschädlichen Auswirkungen der LNG-Infrastrukturen spielen bei den aktuellen Entscheidungen in Washington keine Rolle.

US-Banken und Vermögensverwalter verlassen Klima-Allianzen

Bereits vor Trumps offiziellem Amtsantritt haben sich die großen US-Banken sowie Vermögensverwalter wie Blackrock oder Vanguard aus den Klima-Allianzen der globalen Finanzindustrie im vorauseilenden Gehorsam zurückgezogen. Von mehreren republikanisch geführten Bundesstaaten waren letztere zuvor sogar verklagt worden, mit Strategien und Maßnahmen zum Klimaschutz gegen Kartellgesetze zu verstoßen. Auch einige kanadische Institute sind dem Beispiel ihrer US-Wettbewerber gefolgt und verließen die Net-Zero Banking Alliance der Vereinten Nationen. Selbst die US-Notenbank Federal Reserve (FED) ist aus dem Network for the Greening of the Financial System (NGFS) ausgestiegen. 

Eine "Reaktion auf kurzfristige politische Erwägungen", nannte Graham Steele, ehemals Stellvertretender Sekretär für Finanzinstitute im US-Finanzministerium, den Austritt der Fed aus dem Gremium. Dort forschen Zentralbanken, Aufsichtsbehörden und Finanzinstitute weltweit gemeinsam, um klimaresiliente Finanzsysteme voran zu bringen. Laut der Europäischen Investitionsbank EIB dient die Arbeit der Finanzakteure "der Bewältigung klimabezogener Risiken und der Lenkung von Finanzströmen in CO2-arme und klimaresiliente Projekte". 

Europäische Anleger setzen weiterhin auf ESG 

Viele professionelle Anleger in Europa und Asien setzen ungeachtet dieser Entwicklungen bei ihrer Portfolioallokation in den kommenden 18 Monaten weiterhin auf ökologische, soziale und Governance-Aspekte (ESG). Das berichtet der Mitte Januar veröffentlichte "Professional Investor DNA Survey" des Fondsmanagers Fidelity International. Umweltfaktoren stehen für 63 Prozent der über 120 befragten institutionellen Investoren dabei an erster Stelle. Unternehmensführung (58 Prozent) und sozialen Kriterien (51 Prozent) rangieren auf den Plätzen zwei und drei. 

Beim Thema Nachhaltigkeit geht es vor allem um Dekarbonisierung, Energiewende und der Erhalt von natürlichen Ressourcen. Dieser Fokus spiegelt den Studienautoren die Entscheidung der Investoren, aber auch vieler politischer Entscheidungsträger in Europa und Asien wider, Netto-Null-Emissionsziele zu erreichen. Trotz der hohen Relevanz des Themas beklagen dennoch 68 Prozent der Befragten Schwierigkeiten bei der Messung der Auswirkungen von ESG-Investitionen, die als größte Herausforderung betrachtet wird.  Uneinheitliche oder sich ändernde Vorschriften (52 Prozent) oder das fehlende Angebot an hochwertigen ESG-Produkten (42 Prozent) - vor allem in Asien - werden auch von den Investoren nennannt, wie nachstehende Grafik belegt: 

Umsetzungshindernisse weiter abbauen

"Unsere Studie zeigt, dass ESG in den Köpfen der Anleger nach wie vor präsent ist. Auch wenn ESG-Investitionen mittlerweile in die Vermögensallokation integriert sind, sind weitere Fortschritte erforderlich, um Umsetzungshemmnisse abzubauen", betont Jenn-Hui Tan, Chief Sustainability Officer bei Fidelity International. Das gelte etwa bei der Beschaffung und Analyse hochwertiger Unternehmensdaten und dem Umgang mit ESG-Regularien. "Hier bestehen nach wie vor Diskrepanzen zwischen nationalen, europäischen und globalen Regulierungsrahmen." 

Ein positiver ESG-Impact lässt sich den professionellen Anlegern zufolge am besten mittels Impact Investing (59 Prozent), einem ausschließenden Screening (52 Prozent), einem individuellen Unternehmensengagement (44 Prozent) und staatlicher Regulierung (44 Prozent) erreichen. 

US-Entwicklung bringt Chancen für Deutschland und EU

Diese Ergebnisse zeigen, dass sich Deutschland und die Europäische Union nicht auf einen klimapolitischen Unterbietungswettlauf mit den USA einlassen sollten. Werden unter der Trump-Regierung der Klimaschutz torpediert und deshalb die Bedingungen für nachhaltig orientierte Unternehmen schlechter, ist das laut einer aktuellen Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung in Berlin (DIW Berlin) eine Chance, den Clean-Tech-Sektor zu stärken und wieder Unternehmen auf den hiesigen Markt zurückzuholen. Dies gelinge, wenn "hierzulande die Rahmenbedingungen stimmen und anders als in den USA politische Verlässlichkeit vorherrscht", so die DIW-Expertinnen Claudia Kempfert und Frankziska Holz.

Investitionen in emissionsfreie Technologien tragen zur dringend notwendigen Modernisierung der Industrie durch Innovationen bei. So werden langfristig Wettbewerbsvorteile und zukunftsfähige Jobs geschaffen. Wenn die USA diese schon aufs Spiel setzen, sollte Deutschland es besser machen", resümieren die Studienautorinnen und raten, mit ambitionierten Schritten voranzugehen. 

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