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2022 | Buch

Nachhaltigkeit als Transformation

Potenziale und Probleme dissidenter Praktiken

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Über dieses Buch

Angesichts der sozial-ökologischen Krisendynamik stehen kapitalistische Gesellschaften vor dem Scheideweg. Gelingt es in den nächsten Jahren nicht, die ökologischen Wachstumskosten dauerhaft zu minimieren und die subjektiven Ressourcen der privaten Lebensführung vor ihrer Vernutzung zu bewahren, droht der Verlust einer offenen Zukunft für die kommenden Generationen. Weltweit richten sich Gruppen, Bewegungen und Institutionen gegen die Auswüchse des modernen Kapitalismus, der mittlerweile zu einer eigenen Lebensform avanciert ist. Nachhaltigkeit bedeutet aus dieser Perspektive eine Transformation der kapitalistischen Verhältnisse, die sich auf unterschiedlichen Ebenen vollziehen muss. Die praktische Dimension dieser Dissidenz ist jedoch bisher kaum zum Gegenstand soziologischer Untersuchungen geworden. Die Arbeit greift das Desiderat auf und skizziert mittels eines qualitativen Forschungsdesigns, wie sich kapitalistische in ökonomische Praktiken überführen lassen, an welchen Stellen Prozesse der Dekommodifizierung und Dekommerzialierung beobachtet werden können und auf welche Weise die Akteure kapitalistische Externalisierungskosten reduzieren.

Inhaltsverzeichnis

Frontmatter
Kapitel 1. Einleitung
Zusammenfassung
Die Einleitung skizziert das zentrale Erkenntnisinteresse dieser Arbeit und stellt den Aufbau des Buches vor.
Moritz Boddenberg

Teil I

Frontmatter
Kapitel 2. Nachhaltigkeit im Kapitalismus
Zusammenfassung
Das Kapitel zeichnet nach, inwiefern sich Nachhaltigkeit heute als Leitbegriff der modernen Gesellschaft verstehen lässt und welche Merkmale des Phänomens Anschlussmöglichkeiten für die Entwicklung einer genuin soziologischen Perspektive auf Nachhaltigkeit bieten. Dazu rekonstruiert es die Vorstellung, dass mit dem Kapitalismus eine an Dominanz gewinnende Lebensform verbunden ist, die eine Expansion von Marktprinzipien in unterschiedliche gesellschaftliche Bereiche bewirkt. Auf diese Weise konstituiert sich das Denk- und Handlungsschema eines ökonomischen Habitus, der die Lebensführung der Bürgerinnen in spezifischer Weise präformiert. Für die gesellschaftlichen Akteure hat diese Entwicklung zum Teil pathologische Effekte der Entfremdung und Erschöpfung, die im Anschluss auf der Grundlage klassischer und moderner Gesellschaftsdiagnosen aufzeigt werden.
Moritz Boddenberg
Kapitel 3. Nachhaltigkeit jenseits von Wachstum und Wettbewerb
Zusammenfassung
Das Kapitel beleuchtet alternative Gesellschaftsentwürfe und skizziert auf diese Weise den aktuellen Forschungsstand zur Debatte über die Potenziale einer sozial-ökologischen Transformation. Die Ausführungen dienen der im zweiten Teil der Arbeit vorgestellten Studie als empirischer Referenzrahmen und bilden die Grundlage für die Entwicklung der zentralen Forschungsfragen. Dazu wird zunächst der sozialwissenschaftliche Transformationsbegriff bestimmt, der in der Debatte um Nachhaltigkeit einen zentralen Platz einnimmt. Anschließend betrachtet das Kapitel mit Überlegungen zum Postkapitalismus, der Postwachstumsgesellschaft und dem Konvivialismus drei zentrale Vorstellungen einer zukünftigen Gesellschaftsordnung, um im Anschluss die Perspektive auf mögliche Strategien der Transformation zu verschieben, die zur Veränderung der gegenwärtigen kapitalistischen Verhältnisse führen können.
Moritz Boddenberg
Kapitel 4. Theoretische Register: Praktiken, Lebensformen und ökonomische Dissidenz
Zusammenfassung
Der entscheidende Vorteil für die Analyse des transformativen Entwicklungspfades von Nachhaltigkeit besteht darin, dass eine praxistheoretische Perspektive auf mögliche Potenziale seiner Verbreitung nicht nur individuelle, sondern auch habituelle Dispositionen erfassen kann, die darüber entscheiden, ob eine bestimmte Praxis angenommen wird. Um diese Position theoretisch herzuleiten, skizziert das Kapitel zunächst einige Grundannahmen der Praxistheorie und arbeitet die Merkmale sozialer Praktiken heraus. Als theoretische Referenzpunkte führt es anschließend die Begriffe der „Lebensform“ und der „ökonomischen Dissidenz“ ein, um deutlich zu machen, wie sich kapitalistische von ökonomischen Praktiken unterscheiden und wodurch sich der Kapitalismus auf der Ebene sozialer Praktiken auszeichnet.
Moritz Boddenberg

Teil II

Frontmatter
Kapitel 5. Methodisches Design
Zusammenfassung
Das Kapitel erörtert das Sampling der durchgeführten Studie und stellt dar, in welchen gesellschaftlichen Bereichen sich Praktiken der ökonomischen Dissidenz empirisch erforschen lassen. Die Untersuchung erfolgt dabei auf Basis qualitativer Forschungsmethoden. So wird davon ausgegangen, dass Antworten auf die Fragen nach Brüchen und Verschiebungen des ökonomischen Habitus sowie nach der Entstehung neuer Lebensformen und deren Konflikte nur in der soziologischen Beobachtung der konkreten Lebenspraxis der handelnden Akteure zu finden sind. Die Analyse der kapitalistischen Überformung ökonomischer Praktiken basiert auf narrativen Interviews, Gruppendiskussionen sowie der Methode der fokussierten Ethnographie – explorative Erhebungsverfahren, deren Auswahl in diesem Abschnitt begründet und näher erläutert werden.
Moritz Boddenberg
Kapitel 6. Praktiken ökonomischer Dissidenz
Zusammenfassung
Das Kapitel präsentiert jene Praxisformen, die sich aus der inhaltsanalytischen Auswertung der generierten Daten ergeben. Dabei geht es der Frage nach, wie sich Praktiken, die sich der tradierten kapitalistischen Logik entziehen, genauer beschreiben lassen. Als Basis für diese Charakteristik dient das empirische Material, bestehend aus Transkripten der Interviews und der Gruppendiskussion sowie den Protokollen der fokussierten Ethnographie.
Moritz Boddenberg
Kapitel 7. Affekte und Artefakte – Zur Materialität dissidenter Praktiken
Zusammenfassung
Praktiken der ökonomischen Dissidenz sind in vielerlei Hinsicht mit positiven und negativen Emotionen gekoppelt, die sich auf Artefakte richten, ihre Gebrauchsweise beeinflussen oder aber von ihnen hervorgerufen werden. Das Kapitel geht der Frage nach, welche Affekte und Artefakte bei den dissidenten Praktiken eine besondere Bedeutung annehmen und wie sich diese soziologisch deuten lassen. Auf Grundlage des Interviewmaterials und der ethnographischen Beobachtungen werden die zentralen Affekte dissidenter Praktiken herausgearbeitet und hinsichtlich ihrer Wirkungsgrade für eine mögliche Diffusion in weitere gesellschaftliche Teilbereiche analysiert. Im Anschluss richtet sich der Blick auf die mit den Praktiken verbundenen Affekte, die sich einerseits im Streben nach Gemeinschaftlichkeit und andererseits in der Suche nach Selbstwirksamkeit ausdrücken. Abschließend wird erörtert, inwiefern die Praktiken von affektiven Ambivalenzen geprägt sind und aufgezeigt, dass die Gefühle der Akteure zwischen Frustration und Hoffnung auf Besserung changieren und sie auf das Management von Emotionen angewiesen sind.
Moritz Boddenberg
Kapitel 8. Probleme und Grenzen dissidenter Praktiken
Zusammenfassung
Das normative Leitbild der Nachhaltigkeit ist mit bestimmten Problemen und strukturellen Grenzen verbunden, die dieses Kapitel zum Gegenstand macht. Analysiert werden hier neben dem Nischendasein auch die habituellen Grenzen dissidenter Praktiken, die sich aus der milieuspezifischen Affizierung der transportierten Affekte ergeben. Anschließend richtet sich der Blick auf die Gefahr der Entpolitisierung, die mit der Betonung der Eventhaftigkeit von Nachhaltigkeitsbemühungen verbunden ist.
Moritz Boddenberg
Kapitel 9. Dissidenz als Lebensform? Brüche mit dem ökonomischen Habitus
Zusammenfassung
Das Kapitel wirft die Frage auf, ob dissidente Praktiken Brüche mit dem ökonomischen Habitus bewirken und neue Denk- und Handlungsschemata eröffnen. Entlang fünf soziologischer Portraits werden mögliche Freiräume ausgeleuchtet, die veränderte Lebensformen jenseits von marktgetriebener Konkurrenz und wachstumsorientiertem Profitdenken hervorbringen und auf das subjektive Potential für Transformationen hinweisen. Im Mittelpunkt stehen dabei reflexive Prozesse, die Habitustransformationen anstoßen und dissidente Praktiken im Alltag stabilisieren.
Moritz Boddenberg
Kapitel 10. Schluss: Potenziale und Grenzen von Nachhaltigkeit als Transformation
Zusammenfassung
Das Kapitel fasst die zentralen Aussagen des Buches zusammen und arbeitet die zentralen Potenziale und Probleme dissidenter Praktiken heraus.
Moritz Boddenberg
Backmatter
Metadaten
Titel
Nachhaltigkeit als Transformation
verfasst von
Moritz Boddenberg
Copyright-Jahr
2022
Electronic ISBN
978-3-658-37675-8
Print ISBN
978-3-658-37674-1
DOI
https://doi.org/10.1007/978-3-658-37675-8