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30.09.2024 | Nachhaltigkeit | Im Fokus | Online-Artikel

Energieunternehmen mit Nachholbedarf bei Nachhaltigkeitsberichten

verfasst von: Mathias Keiber, Jan F. Wagner

4 Min. Lesedauer

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Laut Global ESG Monitor hat die Energiebranche bei den EU-Standards für die Berichterstattung zur Nachhaltigkeit noch viel Luft nach oben – wenn auch nicht ganz so viel wie andere Branchen.

Die führenden Energieunternehmen sind auf die Erfüllung der EU-Standards zur Nachhaltigkeitsberichterstattung (ESRS) im Branchenvergleich etwas besser vorbereitet als der Duirchschnitt. Allerdings bestehen nach wie vor Lücken und es fehlt an Detailtiefe. Zudem sind in der Qualität der Berichterstattung erhebliche Unterschiede zwischen den untersuchten Energieunternehmen festzustellen. Das zeigt der Global ESG Monitor 2024 (GEM).

Aus der Energiebranche wurden die Geschäftsberichte von zehn europäischen Unternehmen analysiert: RWE, Eon, Encavis und EnBW aus Deutschland, EDF und Engie aus Frankreich, Enel aus Italien, Iberdrola aus Spanien, Ørsted aus Dänemark und Vattenfall aus Schweden. Im Median umfassten die Nachhaltigkeitsinformationen der Geschäftsberichte 100 Seiten – lediglich Banken (143 Seiten) und Versicherer (103 Seiten) berichteten ausführlicher.

46 % der möglichen Punkte

Im Durchschnitt erreichten die untersuchten Energieunternehmen einen Gesamtscore von 46 % der möglichen Punkte – und damit etwas mehr als der Gesamtdurchschnitt von 41 %. Jedoch ist das Ergebnis maßgeblich von den Topscorern EDF und Orsted geprägt, die innerhalb der GEM-Stichprobe Spitzenplätze belegen und somit zu den sechs Energie-Unternehmen gehören, die sich für einen Integrity Star qualifiziert haben. Dagegen weisen vier Unternehmen unterdurchschnittliche Leistungen auf.

Als "lückenhaft und stark ausbaufähig" stuft der Global ESG Monitor die Berichterstattung der Energieunternehmen im Bereich Biodiversität ein: Hier erzielen sie im Durchschnitt einen Score von 35 % der möglichen Punkte. Dabei liegt der Best-in-Class-Wert bei 67 Punkten, während der Last-in-Class-Wert nur einen Punkt erreicht.

Über alle Branchen hinweg basiert die Untersuchung auf der Auswertung der Nachhaltigkeitsberichte von 194 Unternehmen aus dem DAX, dem M-DAX, S-DAX sowie einer internationalen Stichprobe. Die Berichte wurden im Hinblick auf die Einhaltung der ESRS-Standards analysiert.

Auswertung durch Denkfabrik GEM

Ein Analystenteam der Denkfabrik GEM wertete die Berichte anhand einer festgelegten Methodik aus, die auf den Standards der Global Reporting Initiative (GRI), den Vorgaben von ESRS und den International Financial Reporting Standards (IFRS) beruht. Jedes Unternehmen wurde dreifach anhand von bis zu 5000 Variablen bewertet. Verpflichtend sind die ESRS-Standards erst für Geschäftsberichte 2024 und betreffen zunächst nicht alle Unternehmen. Laut Bundesjustizministerium (BMJ) müssen zuerst kapitalmarktorientierte Unternehmen mit mehr als 500 Mitarbeitern ESRS umsetzen und im Geschäftsbericht dokumentieren.

Die große Erweiterung kommt nächstes Jahr, da alle Unternehmen mit mehr als 250 Mitarbeitern und 40 Millionen Euro jährlichem Umsatz ihre Geschäftsberichte für 2025 entsprechend anpassen müssen. Ab 2026 gilt die Verpflichtung auch für kapitalmarktorientierte Unternehmen mit mehr als zehn Mitarbeitern. Ab 2028 betrifft dies auch Firmen mit einer Zweigstelle im EU-Ausland und mit über 150 Millionen Euro jährlichem Umsatz. Die Wirtschaftsprüferkammer in Berlin geht davon aus, dass die Standards rund 15.000 Unternehmen in Deutschland betreffen werden. Den Erfüllungsaufwand, der mit ESRS verbunden ist, beziffert das BMJ noch auf 1,4 Milliarden Euro. Hinzu kommen einmalige Kosten in Höhe von rund 748 Millionen Euro.

Beispiele von ESRS-Standards, die die Unternehmen in ihren Geschäftsberichten berücksichtigen müssen, sind Angaben zum Klimaschutz, zur Verringerung der Umweltverschmutzung, zur Chancengleichheit in der Firma oder zur Korruptionsbekämpfung. 

Bergbau und Verkehrswesen am weitesten

Seitens DAX- und M-DAX-Unternehmen lag der Erfüllungsgrad mit jeweils 44 und 43 % höher als der Durchschnitt. Unternehmen im kleineren S-DAX waren dagegen mit 37 % unterdurchschnittlich. Mit Blick auf die untersuchten Branchen schnitten Bergbau und Verkehrswesen am besten ab (50 und 48 %), während die Branchen erneuerbare Rohstoffe/alternative Energie und Dienstleistungen am schlechtesten waren, mit jeweils 36 und 39 % Erfüllung. "Die enorme Bandbreite der erreichten Scores zeigt, wie weit der Weg für die Unternehmen im aktuellen Berichtsjahr noch ist, unabhängig von ihren Geschäftsmodellen, Branchenzugehörigkeit oder Größe", kommentierten die GEM-Analysten. Dazu gehört auch die Tatsache, dass bislang nur 59 % der Unternehmen eine so genannte doppelte Wesentlichkeitsanalyse gemacht haben.

Die Analyse umfasst sowohl finanzielle als auch nichtfinanzielle Risiken und gehört zu den grundlegenden ESRS-Anforderungen. Welche Themen die Unternehmen in die Analyse einbeziehen, bleibt ihnen, mit Ausnahme des Themas Klimaschutz, selbst überlassen. Das sehen die GEM-Analysten etwas kritisch. In der Studie schreiben sie: "Für alle anderen Themenbereiche bleibt die Anforderung (das heißt die Einbeziehung in die Analyse) optional. Aktuell machen nur 13 % der Unternehmen von dieser Option Gebrauch, was Fragen offenlässt, zum Beispiel, warum ein Unternehmen aus einer als wasserintensiv bekannten Branche das Thema Wasser nicht als wesentlich betrachtet."

Verfolgen Sie die branchenspezifischen Auswertungen (Energiebranche: 10.10.2024) live in der Webinar-Reihe.

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