Nachhaltiges, klimaneutrales Marketing ist für die gesamte Branche sehr relevant geworden. Der Trend hat sich in den vergangenen zwölf Monaten noch einmal deutlich verstärkt, sowohl national als auch international.
Für nachhaltiges Handeln und Green Marketing gibt es viele Stellschrauben in den Marketingabteilungen der Unternehmen.
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Spätestens jetzt sollten Marketingabteilungen und Dienstleister damit beginnen, das Thema ernst zu nehmen, ihre CO2-Bilanz aufstellen und die organisatorisch notwendigen Schritte einleiten, um klimaneutral zu werden. Der Druck wird auch seitens der Politik erhöht: Regelungen zur Nachhaltigkeit in Unternehmen mit mehr als 500 Beschäftigten treten bereits bald in Kraft und mittelfristig werden gesetzliche Regelungen zur Klimaneutralität voraussichtlich für alle gelten.
O5C2 statt CO2
Um CO2 zu reduzieren, sollten Unternehmen O5C2 machen. Dabei handelt sich dabei nicht um ein anderes chemisches Molekül, sondern vielmehr um eine Vorgehensweise, um die Klimabilanz zu verbessern. O5C2 steht für:
- Calculate Impact
- Optimize Strategy
- Optimize Circulation
- Optimize Creatives
- Optimize Production
- Optimize Distribution
- Compensate Impact
Mithilfe dieser sieben Schritte sind Marketer relativ einfach dazu in der Lage, eine Nachhaltigkeitsstrategie zu entwickeln und ihre Umweltbilanz zu optimieren. Jeder Verbesserung eines Ist-Zustandes liegt zunächst einmal seine Analyse zugrunde. Bezogen auf das Marketing eines Unternehmens bedeutet "Calculate Impact" also, die interne oder durch Dienstleister verursachte CO2-Bilanz möglichst präzise zu erfassen. Eine Agentur, die von einem Unternehmen ein Briefing erhält und die ersten Kampagnenideen entwickelt, sollte bestenfalls dazu in der Lage sein, in die Präsentation bereits mit zu integrieren, wieviel CO2 diese Kampagne verursacht. Das machen bisher die wenigsten Agenturen. Nach der möglichst exakten Kalkulation des CO2-Verbrauchs geht es anschließend um die Stellschrauben, an denen Unternehmen und Dienstleister ansetzen können, um nachhaltiger zu werden.
Die Idee hinter Optimize Strategy ist, dass der größte Hebel zur Optimierung ganz am Anfang einer Marketingkampagne steht, nämlich in der Strategie. Ein sehr beeindruckendes Beispiel dafür, welche Auswirkung eine solche Strategieänderung haben kann ist Ethereum, eine digitale Plattform, die die Blockchain-Technologie einsetzt. Durch eine Umstellung des zugrunde liegenden Algorithmus von einem "proof of work" auf einen "proof of state" konnte der Energieverbrauch um 99,5 Prozent gesenkt werden. Eine Änderung auf der konzeptionellen strategischen Ebene kann also schon große Mengen an CO2 und wichtigen Rohstoffen einsparen. Das Gleiche gilt im Marketing beispielsweise mit der richtigen Wahl der Marketingkanäle.
Kampagnenmanagement optimieren
Ein weiterer wichtiger Punkt ist fast so alt wie das Marketing selbst. "Optimize Circulation" meint die Optimierung der Selektionen, der Adressqualität, der Berücksichtigung von Kundenwünschen hinsichtlich ihres präferierten Marketingkanals bei der Ansprache und die Deduplikation der eingesetzten Adressen. Wer ein Mailing an eine falsche Zielgruppe verschickt und hohe Streuverluste hat, verschwendet nicht nur Budget, sondern belastet auch unnötig das eigene Klimakonto. Ein echter "door opener" also für eine Diskussion mit dem Chief Marketing Officer (CMO) oder der Agentur.
Egal, ob Unternehmen ihre Marketingkampagnen selbst kreieren oder dafür einen Dienstleister beauftragt haben: Auch im Bereich der Kreation gibt es CO2-Einsparpotenziale, weshalb "Optimize Creatives" die Aufforderung ist, diese aufzudecken. So gibt es beispielsweise ökologische Schriftarten, die weniger umweltbelastend sind als gängige Fonts. Auch die Menge und die Farbe des Textes, der für die Kampagne eingesetzt wird, sollte geprüft werden. Durch den geschickten Einsatz von Weißraum oder alternativen Farbtönen lässt sich schon einiges bewirken. Ein dunkles grau ist weniger klimaschädlich als ein sattes schwarz, das fünf Mal so viel Tinte verbraucht. Das menschliche Auge bemerkt den Unterschied meist nicht einmal. Die Reduktion der Anzahl oder der Größe von Abbildungen in Kampagnen wirkt sich ebenfalls positiv auf die Ökobilanz aus. Und ein Self-Mailer spart nicht nur Material, sondern auch CO2. Die Liste ließe sich beliebig fortsetzen. Kreative in Unternehmen und Agenturen werden sich hiermit auseinandersetzen müssen.
"Optimize Production" schließt konsequent an den kreativen Prozess der Kampagnenerstellung an. Wie oft gibt es zweiseitige Schreiben, deren Inhalt optimal getextet auch problemlos auf eine Seite gepasst hätte, oder wie viel Material eingespart werden könnte, wenn Unternehmen konsequent das Papier beidseitig bedrucken würden. Aufkleber auf Printprodukten sind nicht nur ineffizient und unpraktisch, sie sind aufgrund der verwendeten Klebstoffe auch klimaschädlich. Weitere Ansatzpunkte für Optimierungen sind zum Beispiel Verpackungsmaterialien, eingesetzte Rohstoffe wie pflanzliche Tinte oder Recyclingpapier und weitere Möglichkeiten. Die Größe und Auflösung von Bildern in E-Mail-Marketing-Kampagnen ist nicht nur besser für den Versand und damit für die Kunden (Spameinstufung, Ladezeiten, Dateigröße), sondern eben auch für die CO2-Bilanz eines Unternehmens.
Den ökologischen Fußabdruck verbessern
"Optimize Distribution" weist darauf hin, dass Unternehmen, die ihren ökologischen Fußabdruck in der Distribution verbessern möchten, ihre Logistik und Lieferanten diesbezüglich prüfen sollten. Vielleicht wird auch die distributionsnahe Produktion künftig eine viel stärkere Rolle spielen als heute. Natürlich bleibt am Schluss eine gewisse Menge CO2 übrig, die durch die beste Optimierung nicht eingespart werden kann. Dafür kommt am Ende des Prozesses nun der Punkt "Compensate Impact". Die Kompensation im Rahmen einer Nachhaltigkeitsstrategie wird dann mit entsprechenden Initiativen dafür sorgen, dass die Restmenge an CO2 ausgeglichen wird. Verschiedene Quellen liefern auch hier wieder unterschiedliche Zahlen, aber es deutet sich an, dass Kompensationszahlungen in einer Größenordnung liegen, die nur einen sehr geringen Prozent- oder gar nur Promille-Wert der Ausgaben für eine Marketingkampagne ausmachen, unabhängig von dem betrachteten Marketingkanal. Das wäre leistbar, auch inzeiten enger Marketingbudgets.
Das O5C2 -Modell soll zum Nachdenken anregen und aufzeigen, dass der Weg zu einem wirklich grünen Dialogmarketing herausfordernd, aber mit der richtigen Einstellung, der richtigen Strategie und der notwendigen Konsequenz möglich ist. Unternehmen und Dienstleister, die sich frühzeitig ihrer ökologischen Verantwortung stellen und die richtigen Weichenstellungen im Marketing legen, sind für die Zukunft bestens aufgestellt. Sie sollten am besten jetzt damit anfangen.