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2019 | Buch

Narrative des Populismus

Erzählmuster und -strukturen populistischer Politik

herausgegeben von: Prof. Dr. Michael Müller, Prof. Jørn Precht

Verlag: Springer Fachmedien Wiesbaden

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Über dieses Buch

Populistische Ideologeme und populistische Kommunikation beruhen auf Narrativen, also erzählerischen Grundmustern, die gesellschaftliche Denkmuster abbilden. Eine narrative Analyse dieser Muster führt zu einem besseren Verständnis des Phänomens des Populismus. In diesem Band setzen sich die Autoren mit diesen Erzählmustern und -strukturen populistischer Politik auseinander und stellen die Frage nach dem Zusammenhang politischer und medialer Diskurse im thematischen Feld des Populismus.
Der InhaltPopulismus - Versuch einer begrifflichen Differenzierung • Umrisse des populistischen Narrativs als Identitätspolitik • Narrative der Demokratie • Volkserzählungen • Eklektizismus populistischer Narrative • Populistische Narrative im sozialen Netzwerk • Erzählformen des Populismus • Populismus in den Leitmedien
Die HerausgeberDr. Michael Müller ist Professor für Medienkonzeption und Medienanalyse, Semiotik und Erzähltheorie. Er leitet das Institut für Angewandte Narrationsforschung (IANA) der Hochschule der Medien in Stuttgart.
Jørn Precht ist Professor für Transmediales Storytelling, Dramaturgie und Stoffentwicklung für AV- und Online-Medien an der Hochschule der Medien in Stuttgart und leitet dort das Institut für Angewandte Narrationsforschung (IANA).

Inhaltsverzeichnis

Frontmatter
Narrative, Erzählungen und Geschichten des Populismus. Versuch einer begrifflichen Differenzierung
Zussamenfassung
Der Begriff des Narrativs hat derzeit Konjunktur in ganz verschiedenen Wissens- und Diskursbereichen und findet sich zunehmend auch in journalistischen und wissenschaftlichen Texten; nicht immer klar ist dabei jedoch, was der jeweilige Autor genau darunter versteht. Dieser Aufsatz will neben einer Klärung des Begriffs „Narrativ“ diesen von denen der „Geschichte“ und der „Erzählung“ abgrenzen. Zudem wird der Begriff des „Metanarrativs“ eingeführt als eine Strukturform gesellschaftlicher und politischer Diskurse. Auf der Basis dieser Begriffsklärung wird dann untersucht, wie spezifische (rechts)populistische Narrative gebaut sind, und wie sie auf kulturelle Diskurse Bezug nehmen. Beispielhaft werden dabei die von der rechtspopulistischen Gruppierung „Pegida“ aktivierten Metanarrative analysiert.
Michael Müller
Umrisse des populistischen Narrativs als Identitätspolitik
Zussamenfassung
Hatte vor etwa zehn Jahren der Begriff des Mythos Konjunktur, so heute der des Narrativs. Häufig fungiert er nur als Modewort und bezeichnet ein ungenau umrissenes Feld von ideologischen Aussagen oder rhetorischen Versatzstücken.
Karin Priester
Narrative der Demokratie: Reden über das Volk, die Politik und den Populismus
Zussamenfassung
In einer Demokratie sollten Bürger misstrauisch werden, wenn Politik als Kampf zwischen Populisten und Anti-Populisten inszeniert wird, wenn es plötzlich nur noch zwei politische Lager zu geben scheint, von denen nur eines als politisch legitim angesehen wird. Erfahrungsgemäß hat nicht jeder, der gegen den Populismus auftritt, auch die Verteidigung der Demokratie im Sinn.
Markus Arnold
Volkserzählungen. Narrative des Volkes, Narrative über das Volk
Zussamenfassung
Um Volkserzählungen als Narrativen des Volkes und Narrativen über das Volk nachzugehen, werden in dem Beitrag zunächst das breite semantische Feld von Volk in Relation zu Nation und Staat abgesteckt sowie nach den Erzählungen gefragt, die in Deutschland für die narrative Konstitution des Volkes wichtig wurden. Besondere Aufmerksamkeit gilt dem an den historischen Arminius angelehnten Gründungsmythos von Hermann dem Cherusker, der wirkungsvollsten Volkserzählung der Deutschen als Nation. Diese Bezüge aus der Zeit der Herausbildung der Ideen von deutschem Volk und deutscher Nation dienen als Grundlage, um in gegenwärtigen populistischen Narrativen der Erzählung von einem ‚wahren‘ Volk nachzugehen, unter anderem anhand der aktuellen Sprachpolitik der AfD-Fraktion im Deutschen Bundestag oder auch der Verwendung des Begriffs Umvolkung durch AfD-Politiker. Schließlich wird die in der identitären Demokratietheorie von Rousseau und Carl Schmitt entwickelte Idee der Identität zwischen Herrscher und Beherrschten als Kennzeichen einer guten politischen Ordnung im populistischen Narrativ von US-Präsident Donald Trump aufgezeigt, als Führer nicht der Repräsentant, sondern die Verkörperung des amerikanischen Volkes und so mit dem Volk eins zu sein.
Wolfgang Bergem
Vermittelter Eklektizismus: Zur scheinbaren Vielfalt populistischer Narrative
Zussamenfassung
„Der Mensch möchte gerne in allem und über allem sein, und die Sentenz in der Grabschrift des Loyola: non coerceri maximo, contineri tamen a minimo [Nicht eingegrenzt vom Größten und dennoch einbeschlossen vom Kleinsten] – kann eben so die alles begehrende, alles unterjochende gefährliche Seite des Menschen, als den höchsten und schönsten ihm erreichbaren Zustand bezeichnen. In welchem Sinne sie für jeden gelten soll, muß sein freier Wille entscheiden“.
Daniel-Pascal Zorn
Verbreitung populistischer Narrative in den Kommentarspalten des sozialen Netzwerks Facebook
Zussamenfassung
Menschen wollen verstehen, was in ihrem Leben passiert, suchen nach Zusammenhängen. Das gilt nicht nur für uns im digitalen Zeitalter, die wir mit unserem Smartphone jederzeit Informationen abrufen können.
Jørn Precht
Lügenpresse, gesunder Volkskörper, tatkräftiger Macher: Erzählformen des Populismus
Zussamanfassung
Der globale Aufstieg des Populismus ist nicht nur für viele kritische Bürgerinnen und Bürger rätselhaft, sondern stellt auch die sozialwissenschaftliche Forschung vor die Herausforderung, überzeugende Erklärungsangebote anzubieten. Der Beitrag schließt an aktuelle Überlegungen aus der politikwissenschaftlichen und kultursoziologischen Populismusforschung an, in denen Wesensmerkmale und Politikstile identifiziert werden und versucht, aus einer stärker narratologischen Perspektive dominante Erzählformen herauszuarbeiten. Hierbei wird die These vertreten, dass sich der Erfolg populistischer Narrative nur in Wechselwirkung zur Vertrauenskrise einer unglaubwürdig gewordenen liberalen Erzählung eines allgemeinen Fortschrittsversprechens verstehen lässt. Der in vielen Ländern entstandene Antagonismus zwischen populistischen und liberalen Narrativen ist jedoch nicht auf der Ebene der rationalen Argumentation auflösbar – beispielsweise durch die Strategie des Faktenchecks – wodurch die gegenseitige Feindseligkeit eher reproduziert wird. Vielmehr bewegen sich populistische Narrative meist auf einer rein affektiven Ebene, binden liberale Elemente in einer pervertierten Weise in ihre Erzählformate ein und mobilisieren dadurch brüchig gewordene kollektive Identitäten. Fünf Erzählformen sind von zentraler Bedeutung: die Aversion gegen Establishment, Funktionseliten und Intellektualität, die mit dem Topos des Verrats verbunden ist; die Reaktivierung von Opfermythen und Heldengeschichten; die Beschwörung des zu schützenden „Volkskörpers“ durch externe Feindbildkonstruktionen, die auf die Mobilisierung von Ängsten abzielt; die „einfache Herkunft“ als Glaubwürdigkeitsversprechen und die Verklärung der Heimat; die widersprüchliche Inszenierung von Moral und Exzess.
Frank Gadinger
Unbemerkte Botschaften. Wie Populismus in die Leitmedien einfließt
Zussamenfassung
Köln, genauer: die Übergriffe auf der Kölner Domplatte Silvester 2015/2016, haben in der deutschen Debatte einen Symbolwert gewonnen, der durch das Ereignis selbst nicht zu erklären ist. Von einem „Exzess im Diskurs“, der auf den Exzess der sexualisierten Gewalt gefolgt sei, spricht der Migrationsforscher Martin Zillinger. Die Berichterstattung auch seriöser Medien über das Thema Flucht ist seither deutlich stereotyper gerahmt: „Die deutschen Medien haben den gewalttätigen Einwanderer als Angstfigur neu entdeckt“ zitiert die Frankfurter Rundschau den Wissenschaftler Thomas Hestermann, der die Auswirkungen der Silvesterdebatte in überregionalen Tageszeitungen und TV-Sendern untersucht hat: „Ernüchterung und Alarmismus zögen sich ‚wie ein roter Faden durch die gesamte Berichterstattung‘“.
Friederike Herrmann
Metadaten
Titel
Narrative des Populismus
herausgegeben von
Prof. Dr. Michael Müller
Prof. Jørn Precht
Copyright-Jahr
2019
Electronic ISBN
978-3-658-22374-8
Print ISBN
978-3-658-22373-1
DOI
https://doi.org/10.1007/978-3-658-22374-8