Comammox-Bakterien könnten die Lachgasemissionen in der Landwirtschaft reduzieren. Wiener Forscher haben einen Mechanismus dafür entdeckt.
Comammox-Bakterien sind in der Lage, mit der stickstoffreichen organischen Verbindung Guanidin als einzige Energie- und Stickstoffquelle zu wachsen. Das hat ein internationales Forschungsteam unter Leitung des Zentrums für Mikrobiologie und Umweltsystemwissenschaft (CeMESS) der Universität Wien entdeckt.
Diese Fähigkeit eröffnet neue Möglichkeiten für die gezielte Anzucht dieser Mikroben und könnte helfen, landwirtschaftliche Lachgas-Emissionen zu reduzieren. Die Forschungsergebnisse wurden kürzlich in der renommierten Fachzeitschrift Nature veröffentlicht.
Nitrifikanten wichtig
Die Nitrifikation, die Umwandlung von Ammoniak über Nitrit zu Nitrat, wird von speziellen Mikroorganismen, den Nitrifikanten, durchgeführt und spielt eine zentrale Rolle im globalen Stickstoffkreislauf.
Obwohl dieser Prozess wichtig für die Nährstoffentfernung in Kläranlagen ist, trägt er auch zur Emission von Lachgas bei, einem starken Treibhausgas, das zudem zum Ozonabbau beiträgt. Die Forscher haben nun eine Methode entdeckt, mit der sich Nitrifikanten fördern lassen, die weniger Lachgas freisetzen.
Comammox-Bakterien gelten als „grüne“ Nitrifikanten, da sie nur geringe Mengen Lachgas produzieren und besonders effizient Stickstoffverbindungen in Kläranlagen abbauen. Seit ihrer Entdeckung im 19. Jahrhundert galt Ammoniak als ihre Hauptenergiequelle – bis 2015 nachgewiesen wurde, dass sie auch Cyanat nutzen können.
Marton Palatinszky, Erstautor der aktuellen Studie, erklärt: „Unser Team hat nun gezeigt, dass Comammox-Bakterien auch mit dem unkonventionellen Substrat Guanidin wachsen können.“ Die Bakterien nutzen ein spezielles Enzym, um Ammonium aus Guanidin zu gewinnen.
Wenig über Guanidin-Abbau bekannt
Guanidin ist ein Stoffwechselprodukt, das in Böden durch den Abbau von Düngemittelzusätzen sowie im Abwasser durch den Abbau von Medikamenten wie Metformin entsteht. Bisher war wenig über die Verbreitung und den Abbau von Guanidin bekannt. Das Forschungsteam konnte jedoch nachweisen, dass Comammox-Bakterien Guanidin in Kläranlagen und auch in landwirtschaftlichen Böden verwerten.
Die Wiener Mikrobiologen arbeiten nun daran, Comammox-Bakterien aus Umweltproben anzureichern, da bisher weltweit nur ein Stamm dieser Bakterien im Labor verfügbar ist. Laut Katharina Kitzinger, Senior Scientist am CeMESS, ist der Ansatz durchaus vielversprechend, da kein anderer getesteter Nitrifikant mit Guanidin wachsen konnte. Zudem wird untersucht, ob die Zugabe von Guanidin zu Düngemitteln die Häufigkeit von Comammox-Bakterien in Böden erhöht und so die Lachgasemissionen verringern kann.