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24.09.2013 | Naturwissenschaftlich-technische Anwendungen | Schwerpunkt | Online-Artikel

Intelligente Zähler nehmen Schlüsselrolle ein

verfasst von: Sabine Voith

5:30 Min. Lesedauer
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Intelligente Zähler, auch Smart Meter genannt, sind elektronische Zähler mit zugehörigen Kommunikationsschnittstellen. Sie können Informationen über den aktuellen Energieverbrauch und dessen zeitlichen Verlauf sowie die Energiequalität automatisiert erfassen und zeitnah bereitstellen. Für ein Energiesystem der Zukunft nehmen sie eine Schlüsselrolle ein. Doch schaut man sich den Stand der Technik an und den Grad der Markteinführung, steht die Technologie noch am Anfang. Neue Erkenntnisse werden aktuell aus Studien, Forschungs- und Pilotprojekten gewonnen.

Mit den Energiezielen der Bundesregierung ist eine Steigerung der Energieeffizienz verbunden. Soll der Stromverbrauch gegenüber 2008 bis 2020 um zehn Prozent und bis 2050 um 25 Prozent reduziert werden, braucht es mehr Effizienz. Intelligente Stromzähler können nicht nur Informationen zum Strom­, Gas­, Wärme­, Kälte­ und Wasserverbrauch verarbeiten. Sie können auch dazu beitragen, bei privaten und gewerblichen Nutzern die Energieeffizienz zu steigern. Sie machen den Stromverbrauch transparent und schaffen so die Grundlage für Maßnahmen, die geeignet sind, den Energieverbrauch zu senken. Die Transparenz macht außerdem den Betreiber für den Stromverbrauch sensibel.

Auch bei der Entwicklung intelligenter Stromnetze, Smart Grids, kommt intelligenten Zählern eine Schlüsselposition zu. Das Energiesystem wird künftig deutlich flexibler werden, um auf Erzeugungsschwankungen, die unter anderem die Volatilität einiger erneuerbarer Energieformen mit sich bringt, kurzfristig reagieren zu können. Smart Grids bieten hier einen Lösungsansatz. Intelligente Zähler erfassen die aktuelle Verbrauchssituation und geben diese Angaben sowie Preisinformationen an den Stromverbraucher weiter. Ziel ist es, durch günstige Preise die Stromnachfrage zu steuern.

Stand der Technik

Es gibt einfache elektronischen Zähler, die dieselben Funktionen wie mechanische Zähler haben, manche haben den Zusatz "fernauslesbar" zu sein. Technologisch aufwändigere Zähler haben bidirektionale Schnittstellen und verfügen über eine Reihe von Funktionalitäten.

Die elektronischen Zähler, die vor allem in Modellprojekten zum Einsatz kommen, haben mehrere Funktionen: Sie zeigen über ein Anzeigefeld grundsätzlich den aktuellen Zählerstand an, wie elektromechanische Zähler auch. Sie können aber auch einen Lastgang aufzeichnen, der den tatsächlichen Energiebezug über den Tag erfasst. Je nach Vertrag mit dem Energieversorger können die Energiewerte mehreren Tarifzeiten zugeordnet werden. Die in festgelegten Zeitrastern gemessenen Strom- und Gasverbrauchsdaten werden für die Dauer des Tests in der Kommunikationseinheit des Stromzählers gespeichert. In festgelegten Abständen überträgt dieses Kommunikationsmodul die Messdaten an ein Zählwerterfassungssystem. Diese Zähler unterscheiden sich von Messgeräten mit externer Kommunikationseinheit.

Bislang unterscheiden sich die europaweit zum Einsatz kommenden elektronischen Zähler in Funktion und Ausstattung teilweise noch erheblich. Wesentliche Kriterien sind, ob die Zähler eine Fernübertragung haben oder nicht und ob die Kommunikationseinheit intern oder extern ist. Eine von der Europäischen Kommission gebildete Gruppe, die "Smart Meters coordination Group", soll eine offene Software­ und Hardwarearchitektur für intelligente Zähler schaffen. Auf der Tagesordnung stehen: Definition eines einheitlichen Datenschutzprofils und Festlegen von Standards für die technische Vereinheitlichung und die Kompatibilität der Systeme.

Die Industrie forscht unter anderem an der Kommunikation des Zählers mit dem Energiemanagementsystem des Anbieters. Eine Innovation eines deutschen Unternehmens Ende 2012 war, vorhandene Stromleitungen zur Übertragung von Verbrauchs- und Netzdaten zu nutzen. Dies spart Energieversorgern zusätzliche Kommunikationswege und damit verbundene Investitionskosten.

Markteinführung

"Smart Metering wird in den kommenden Jahren zweifelsohne eine flächendeckende Einführung in Europa erfahren", lautet die These der Autoren Christian Aichele und Oliver D. Doleski, die sie im Kapitel "Smart Metering und das Human Interface" erläutern und in Projektbeispielen im Buch beweisen. Unter dieser Voraussetzung geht es um einen künftigen Markt, an dem sich die ersten Akteure nun positionieren. Energieversorger entwickeln Produkte rund um Smart Metering. Unternehmen und Branchen treten mit eignen Produkten auf den Markt, um sich ihren Anteil an der Wertschöpfungskette der Energieversorgung zu sichern.

Der Einsatz von intelligenten Zählern in Europa wird in erster Linie durch die Rahmenbedingungen aus dem 3. Energiebinnenmarktpaket geregelt. "Für alle Mitgliedsstaaten ist die Einführung von intelligenten Messgeräten für 80 Prozent der Stromkunden bis 2020 gefordert, sofern kein Nachweis erbracht wird, dass ein entsprechend breiter Einsatz nicht wirtschaftlich realisierbar ist", informiert die DENA, die Deutsche Energie-Agentur.

Messstellenbetreiber und Verteilnetzbetreiber müssen seit 2010 in Neubauten und bei umfangreichen Gebäuderenovierungen elektronische Zähler einbauen. In der Praxis wird diese Forderung bereits durch den Einbau einfacher elektronischer Zähler erfüllt, die nicht für eine weitergehende "intelligente" Kommunikation ausgelegt sind. Ob Installationen vorgenommen werden, unterscheidet sich regional.

Verbindlich ist der Einsatz von intelligenten Stromzählern ab einem Jahresverbrauch von 6.000 kWh. Das wurde mit der Novellierung des Energiewirtschaftsgesetzes vom Juli 2011 festgelegt. Die Marktentwicklung wird sich dadurch beschleunigen.

Smart Meter sollen in Systeme integrierbar sein wie "Smart Home" oder "Smart Grid". Weitere Anwendungsfelder für Smart Meter neben der Elektrischen Energie sind die Bereiche Erdgas, Fernwärme und Wasser. Zur Markteinführung nehmen die Autoren Hans-Gerd Servatius, Uwe Schneidewind und Dirk Rohlfing ausführlich Stellung im Kapitel "Das ,Smart Metering Dilemma‘ – Strategische Überlegungen zum flächendeckenden Einsatz von Smart Metering".

Projekte

In Deutschland findet der Einsatz von Smart Metern derzeit insbesondere in Modellprojekten statt. Diese werden meist von Energieversorgungsunternehmen gemeinsam mit Herstellern und Beratungs- und Forschungsinstitutionen durchgeführt. In den größeren Projekten wird das Versorgungsgebiet einzelner Kommunen mit intelligenten Zählern ausgestattet. Hier stehen die Wirtschaftlichkeit und die Nutzerakzeptanz auf dem Prüfstand.

Beim Projekt "Mülheim zählt" wird vom bisher größten Rollout von 100.000 intelligente Zählern gesprochen. Zentrale Fragestellungen eines anderen Projektes, der "Modellstadt Mannheim", sind: Nachweis der technischen Machbarkeit und Test der verwendeten Systemkomponenten, Praxisversuch mit variablen Tarifen und deren Akzeptanz bei Kunden, Test der Funktion eines "Energiebutlers", der tarifabhängig Haushaltsgeräte steuert sowie Entwicklung potenzieller zukünftiger Geschäftsmodelle.

An den Projekten sind mehrere Partner beteiligt. Sie führen begleitend mehrere Studien durch, unter anderem zum technischen, energiewirtschaftlichen und regulatorischen Rahmen bei der Einführung von Smart-Grids, zu dem Nutzen von thermischen Speichern als Energiespeicher, zu möglichen Geschäftsmodellen, zu Anreizsystemen und zur Akzeptanz der getesteten Systeme. Neu ist, dass neben Industrie- und Gewerbekunden auch Privatkunden mit den Zählern ausgestattet werden. Das Rollout in Deutschland analysieren die Autoren Matthias Wissner und Christian Growitsch im Artikel "Flächendeckende Einführung von Smart Metern – Internationale Erfahrungen und Rückschlüsse für Deutschland".

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