Die Staaten der Meterkonvention verabschiedeten am 16. November in Versailles eine grundlegende Revision des Internationalen Einheitensystems (SI). Künftig werden sich alle SI-Einheiten auf sieben ausgewählte Naturkonstanten beziehen.
Die Idee, eine Maßeinheit auf der Basis von Naturkonstanten zu definieren, ist prinzipiell nicht neu. Was bei der Definition der Sekunde mittels Atomuhren vor 50 Jahren und bei der Definition des Meters mithilfe der Lichtgeschwindigkeit vor über 30 Jahren begonnen wurde, wird nun für alle Einheiten im Internationalen Einheitensystem fortgesetzt. Eine Übersicht über die sieben SI-Basiseinheiten und deren Herausbildung in der Wissenschaftsgeschichte bieten die Springer-Autoren Bruno P. Kremer und Horst Bannwarth in "Einführung in die Laborpraxis" ab Seite 51. Die jetzt von der Generalkonferenz für Maß und Gewicht (CGPM) beschlossene Neudefinition des SI-Einheitensystems wird am 20. Mai 2019, dem Welt-Metrologietag, in Kraft treten.
Um alle SI-Einheiten auf Naturkonstanten zu beziehen, fanden in den letzten Jahren in den großen metrologischen Laboratorien der Welt wie der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt (PTB) in Deutschland aufwendige Experimente statt, um eben diese Konstanten so gut es irgend geht zu messen. Schließlich konnten die Wissenschaftler die Werte der betreffenden Naturkonstanten sehr genau festlegen.
Im neuen SI wird es keine definitionsbedingten Schwankungen mehr geben, da die Naturkonstanten verbindlich festgelegte Werte bekommen, heißt es in einer Mitteilung der PTB, die im Internet ausführlich über die Forschung zum neuen SI informiert. So werde das neu definierte Kilogramm stabil für alle Zeiten sein. Ein Urkilogramm, dessen Masse sich verändert, ist dann Geschichte. Alle elektrischen Einheiten inklusive des Ampere werden als Quantenrealisierungen (über den Josephson- und den Quanten-Hall-Effekt oder "einfach" durch Zählen von Elektronen pro Zeit) Teil des Systems. Und nicht zuletzt wird das Mol nun auch definitorisch über eine festgelegte Anzahl von Teilchen (die Avogadro-Konstante) einer spezifizierten Substanz erfasst.
Offenheit auf der gesamten Einheiten-Skala
In einer hochtechnischen Welt, in der weder die Längenteilungen beim Nanometer aufhören werden noch die Zeitteilungen bei Femtosekunden, ist diese technische Offenheit des neuen SI gegenüber allen zukünftigen Genauigkeitsfortschritten ein großer Gewinn, sind die PTB-Forscher sicher. Die Revision des Einheitensystems schaffe bessere Voraussetzungen für Innovationen überall da, wo es auf höchste Messgenauigkeit ankommt – bei der Entwicklung von Quantentechnologien ebenso wie bei den Diagnosemöglichkeiten der Medizin, den Effizienzsteigerungen bei der Energiegewinnung oder den Analysemethoden der Klimaforschung. Und diese Offenheit gelte auf der gesamten Skala der jeweiligen Einheit, da die Naturkonstanten keinen speziellen Skalenabschnitt hervorheben. Dies sei ein gewaltiger Fortschritt im Vergleich zur jetzigen Situation, in der zum Beispiel das Kilogramm nur genau einen Punkt auf der Masseskala, nämlich den 1-kg-Punkt, festlegt.