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2025 | Buch

Neue Materialien für einen realitätsbezogenen Mathematikunterricht 10

ISTRON-Band zum Modellieren in der Praxis: Lernumgebungen zur Kompetenzorientierung in den Sekundarstufen

herausgegeben von: Michael Besser, Maike Hagena, Janina Krawitz, Natalie Tropper-Grimann

Verlag: Springer Berlin Heidelberg

Buchreihe : Realitätsbezüge im Mathematikunterricht

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Über dieses Buch

Die 10 Beiträge dieses Sammelbands zeigen, wie mathematisches Modellieren erfolgreich in den alltäglichen Mathematikunterricht integriert werden kann: Angeboten werden praktisch erprobte Lernumgebungen für die unterschiedlichen Jahrgangsstufen der Sekundarstufen.
Die Autor*innenteams der Beiträge bestehen jeweils aus erfahrenen Mathematiklehrkräften und Hochschullehrenden der Mathematik bzw. Mathematikdidaktik. Diese reflektieren ihre Lernumgebung kritisch und verorten sie dafür in einem fachlichen und fachdidaktischen Rahmen. Darüber hinaus werden Ideen zu Unterrichtsplanung und Unterrichtsverlauf skizziert und eigene Erfahrungen unter Rückgriff auf Schüler*innenlösungen diskutiert.
Unterrichtsmaterialien zu ausgewählten Beiträgen sind online verfügbar. Sie ermöglichen einen schnellen Zugang zu den Lernumgebungen und den direkten Einsatz im eigenen Mathematikunterricht.

Inhaltsverzeichnis

Frontmatter
Modellieren mit großen Zahlen – Schätzen und Messen auf dem Fußball- und Beachvolleyballfeld
Zusammenfassung
Zwischen Realität und Mathematik findet das mathematische Modellieren seine Anwendung – warum also nicht direkt draußen am realen Objekt modellieren? Dieser Idee wird in diesem Beitrag am Beispiel des Sportplatzes für die Sekundarstufe I nachgegangen. Im Fokus steht ein Vergleich der Anzahl der Sandkörner eines Beachvolleyballfelds mit der Anzahl von Grashalmen auf einem Fußballplatz. Nach einer curricularen Einordnung werden die Aufgabe sowie zugehörige Modellierungsansätze und Lösungsstrategien vorgestellt. Zudem wird im Beitrag die MathCityMap-App als mögliche digitale Unterstützung für das Modellieren im Freien – insbesondere im Hinblick auf die Binnendifferenzierung – präsentiert. Die Einheit wurde mit 14 Lernenden der 6. bis 8. Jahrgangsstufe eines Begabtenförderungsprogramms praktisch erprobt. In einer abschließenden Reflexion werden Modellbildungsprozesse der Lernenden dargestellt sowie mögliche Unterstützungsmaßnahmen für die Unterrichtspraxis diskutiert.
Simon Barlovits, Simone Jablonski, Melanie Schubert, Sina Wetzel
Daten, Modelle und Prognosen – das verborgene Vordringen einer Virusvariante
Zusammenfassung
In der vorgestellten Lernumgebung für die gymnasiale Oberstufe werden authentische Infektionszahlen eines Zeitabschnitts des Jahres 2021 aus dem Zusammenhang der SARS-CoV-2-Epidemie mithilfe von exponentiellen Modellen beschrieben, darauf basierend wird eine Prognose für den folgenden Zeitabschnitt hergeleitet und diese mit dem tatsächlich eingetretenen Verlauf verglichen.
Bei der Beschreibung geht es darum, die Parameter des exponentiellen Modells aus den gegebenen Daten zu bestimmen. Dazu lösen die Lernenden zunächst Exponentialgleichungen. Dabei tritt das Problem auf, dass mehr Datenpunkte als Parameter gegeben sind, es sich also um ein überbestimmtes System handelt. Je nach Auswahl der genutzten Datenpunkte resultieren sehr unterschiedliche Modellfunktionen. Diese Schwierigkeiten werden überwunden, indem alle Datenpunkte gleichzeitig in die Bestimmung der Parameter einbezogen werden. Dies geschieht rechnergestützt mit einem Tabellenkalkulationsprogramm (TK), zunächst hands-on durch optische Anpassung. Anschließend wird die Güte der Anpassung durch die Einführung von Fehlerfunktionalen wie der Summe der Fehlerquadrate quantifiziert.
Auf Basis der so bestimmten Parameter wird eine Prognose für den Verlauf der Epidemie erstellt und diese mit den tatsächlichen Zahlen verglichen. Die Ursachen für die großen Abweichungen werden vor dem Hintergrund eines zeitgenössischen Artikels aus der Wochenzeitung DIE ZEIT diskutiert.
Um das Unterrichtsvorhaben zielgerichtet durchführen zu können, sollten die Schülerinnen und Schüler bereits Kenntnisse im Umgang mit Exponentialfunktionen haben sowie Exponentialgleichungen händisch lösen können. Auch grundlegende Potenz- und Logarithmengesetze sollten dabei bekannt sein. Das Unterrichtsvorhaben soll zwei Einheiten zu je 45 min umfassen – idealerweise im Rahmen einer Doppelstunde. Die geförderten Kompetenzen bedienen die Vorgaben, die von der Kultusministerkonferenz (KMK) in den Bildungsstandards für die Allgemeine Hochschulreife im Fach Mathematik festgelegt wurden. Es werden sowohl die Leitideen „Funktionaler Zusammenhang“ und „Messen“ aufgegriffen als auch Kompetenzen im Bereich des mathematischen Modellierens in allen drei Anforderungsbereichen gefördert.
Neben den Online-Materialien für den direkten Einsatz im Unterricht, aufgelistet in der detaillierten Beschreibung der Unterrichtsphasen, dienen weiterführende Online-Materialien der Lehrkraft zur Vertiefung. Letztere sind am Ende des Beitrags aufgeführt.
Sebastian Bauer, Johanna Doktor, Lukas Donner
Modellierungsproblem Fahrradstellplätze – Wenn alle mit dem Fahrrad kommen …
Zusammenfassung
Ein konkretes Problem an der eigenen Schule, nämlich für ausreichende Fahrradstellplätze zu sorgen, erwies sich im Verlauf des 8. Schuljahres nicht nur als geeignet, die Einführung neuer fachlicher Lerninhalte zum Schuljahresbeginn zu motivieren, sondern es konnte mehrfach im Laufe des Schuljahres wieder aufgegriffen werden, um bisherige Lerninhalte in neuen Kontexten anzuwenden und wachzuhalten. Damit wird in diesem Beitrag der Ansatz verfolgt, eine authentische Situation sowohl für die Kompetenzentwicklung zum mathematischen Modellieren als auch langfristig für die Erkenntnisgewinnung und den fachlichen Kompetenzaufbau der Lernenden zu nutzen. Dabei erweist sich der Realitätsbezug als hilfreich für das Erkennen des Mehrwerts der Verwendung von Mathematik zur Problemlösung.
Christiane Besser, Regina Bruder
Experimente zu Bierschaumzerfall und Teeabkühlung – Potentiale zur Modellvalidierung
Zusammenfassung
In diesem Beitrag stellen wir eine Lernumgebung zum Modellieren mit Experimenten für die Jahrgangsstufen 10 oder 11 vor. Im Zentrum der Umgebung stehen zwei Modellierungsaufgaben mit zugehörigen Experimenten zum Zerfall von Bierschaum sowie zur Abkühlung von Tee. Ziele sind, Schülerinnen und Schüler zur Validierung von Modellen anzuregen und die Relevanz des Validierungsschrittes innerhalb der Modellierung zu reflektieren. Beide Modellierungsaufgaben sind im Inhaltsbereich Exponentialfunktionen verortet. Im Unterricht zu beachten ist, dass Lehrkräfte Validierung und deren Reflexion explizit anregen müssen.
Sebastian Geisler, Holger Wuschke, Stefanie Rach
Eine Einführung in die Modellierung von Virusausbreitung und -eindämmung in der Gesellschaft
Zusammenfassung
In diesem Beitrag werden drei verschiedene Modelle zur Simulation einer Virusausbreitung vorgestellt, die aus der Unterrichtspraxis von Mathematiklehrkräften entwickelt wurden. Diese beziehen sich auf ein Würfelmodell auf Papier, ein Würfelmodell in einem Rollenspiel und ein Modell mit Scratch.
Das zentrale Ziel dieser drei Modelle ist es, die Schülerinnen und Schüler an die Entwicklung eigener Modellierungsprozesse heranzuführen und damit vielseitige Simulationen zu erproben (Kompetenz K3). Mathematisch beruhen alle Modelle auf dem SIR- bzw. dem SI-Modell der Epidemiologie. Dabei können sich die verschiedenen Modelle ergänzen, aber auch eigenständig eingesetzt werden. Die Schülerinnen und Schüler interpretieren hierbei unter der Leitidee „Daten und Zufall“ (Leitidee L5) eine Ansteckung als stochastisches Ereignis, und sie untersuchen, analysieren und hinterfragen Modelle und zugrunde liegende Annahmen. Sie können lernen, wie eine komplexe Situation durch das schrittweise Hinzufügen von Parametern im Modell erfasst werden kann, und sollen anschließend eigene Simulationen durchführen und entwickeln. Im Rahmen der Simulation mit Scratch interpretieren die Schülerinnen und Schüler die Resultate der Simulation als funktionale Zusammenhänge (Leitidee L4, Kompetenzen und Leitideen nach den Bildungsstandards der KMK 2023).
Des Weiteren können die Schülerinnen und Schüler lernen, mathematische Zusammenhänge zu präsentieren und im Rahmen des Modellierungskreislaufs mathematische Ergebnisse im Sachkontext zu interpretieren.
Regina Gente, Andreas Kral, Rolf Woeste, Andreas Eichler
Normatives Modellieren im Kontext des Klimawandels – wie viel CO2 stoßen Lebensmittel aus?
Zusammenfassung
Ausgehend von der Fragestellung „Wie viel CO2 stoßen Lebensmittel aus?“ wird mithilfe der folgenden Lernumgebung eine interdisziplinäre Perspektive aus mathematischer und politischer Bildung eingenommen. Es wird erläutert, wie der Treibhausgas-Ausstoß von Lebensmitteln im Mathematikunterricht verschieden modelliert werden kann. Entlang unterschiedlicher Annahmen entstehen verschiedene Modelle und Ergebnisse zur Beurteilung des CO2-Fußabdrucks von Lebensmitteln, die gemeinsam mit den Schüler:innen diskutiert werden können. Schüler:innen können daran lernen, dass verschiedene Modelle, die fachlich alle fehlerfrei sind, in politischen Diskussionen zu unterschiedlichen Schlussfolgerungen führen können, z. B. wenn es um die Besteuerung von Lebensmitteln mit sehr hohem Treibhausgas-Ausstoß geht. Dadurch wird deutlich, dass die Auswahl oder Konstruktion von mathematischen Modellen in politischen Diskussionen wichtig ist und mehr oder weniger explizite Wertungen beinhaltet. Zur einfachen didaktischen Umsetzung wird dazu eine Erweiterung des Modellierungskreislaufs nach Blum und Leiß (2006) für normative Modellierungen eingeführt, die hilft, die einzelnen Unterrichtsschritte, inklusive einer Diskussion und Reflexion der Modelle, umzusetzen. Die praktischen Erfahrungen nach dem Einsatz in mehreren Klassen(stufen) zeigen, dass das Diskutieren der Modelle für die Schüler:innen neu und ungewohnt ist, aber das Potential bietet, ein kritisches Bewusstsein für die Zielsetzungen unterschiedlicher Modellierungen zu fördern.
Lara Gildehaus, Michael Liebendörfer, Sven Hüsing, Rebecca Gottschalk, Franzisca Strauß
Von Waffeln, Kegeln und der Modellierung: mit einem Sachproblem den mathematischen Modellierungsprozess erschließen und reflektieren
Zusammenfassung
In diesem Beitrag wird eine Unterrichtseinheit für die 9. Klasse im Bereich der Berechnung des Oberflächeninhalts von Körpern und des Flächeninhalts von Figuren vorgestellt. Aus atomistischer Modellierungsperspektive werden in dieser Einheit besonders die Teilschritte des Modellierens als einzelne Tätigkeit herausgegriffen und bewusst geübt. Mithilfe der Adaptation eines vielen Lehrkräften bekannten Sachproblems wird dabei der Fokus besonders auf die Schritte des Interpretierens und Validierens gelegt. Die detaillierte Präsentation der Durchführung und der Aktivitäten der Lernenden sollen eine Adaptation für den eigenen Unterricht leicht ermöglichen.
Corinna Hankeln, Gilbert Greefrath
„T-Shirts aus Bangladesch“ – Modellieren im Kontext Bildung für nachhaltige Entwicklung
Zusammenfassung
Die globale Textilindustrie ist entlang der Lieferkette mit ökologischen und sozialen Missständen verbunden. Insbesondere in den oftmals in Ländern des Globalen Südens verorteten Produktionsstätten, aber nicht nur dort herrschen schlechte Arbeitsbedingungen, u. a. eine weit unter dem existenzsichernden Mindestlohn liegende Entlohnung. Im Beitrag wird diese Thematik aufgegriffen und die Frage der Bezahlung von Näherinnen und Nähern in Bangladesch (als einem der größten Textilexporteure der Welt) ins Zentrum einer mathematischen Modellierung gestellt. Beschrieben wird ein Lernsetting zur Förderung von Modellierungskompetenzen, das im Sinne einer Bildung für nachhaltige Entwicklung gleichzeitig soziales Lernen in globaler Dimension (vgl. Scheunpflug 2001, 2016) ermöglichen soll. Die Ausführungen beinhalten neben Erläuterungen zur Konzeption der Modellierungsaufgabe „Wie lange muss ein*e Näher*in (z. B. pro Tag, pro Woche oder pro Monat) in Bangladesch arbeiten, um von der T-Shirt-Produktion leben zu können?“ und zur unterrichtlichen Umsetzung in einer 10. Gymnasialklasse auch eine Analyse exemplarischer Lösungen von Schülerinnen und Schülern.
André Krug, Marina Wagener, Anne Christin Pummer, Stanislaw Schukajlow
Ein Schwimmbecken auf dem eigenen Schulhof
Zusammenfassung
Ein Schwimmbecken auf dem eigenen Schulhof – diese Modellierungsaufgabe hat das Ziel, Schülerinnen und Schüler zum mathematischen Modellieren zu motivieren. In Kleingruppen werden für den eigenen oder einen fremden Schulhof passend zur vorhandenen Fläche Schwimmbecken entworfen und deren Volumina berechnet, und die verschiedenen Lösungen werden dann anhand von Zeichnungen und Rechnungen präsentiert und miteinander verglichen. Die Lernchancen liegen nicht nur in Rechenfertigkeiten und -fähigkeiten in den Bereichen Raum und Form und Funktionaler Zusammenhang. Die Lernenden werden auch dazu angeregt, individuelle Größenvorstellungen zu validieren, Fachbegriffe zu wiederholen, kreativ zu denken und in verschiedenen Perspektiven zu zeichnen.
Im diesem Beitrag wird die Aufgabe, die in zwei unterschiedlichen Settings erprobt wurde, vorgestellt. Die Schilderung der Unterrichtserfahrungen macht deutlich, dass sowohl Klassen mit mehr als auch mit weniger Modellierungserfahrung an diesem Lerngegenstand gewinnbringend arbeiten können.
Diana Meerwaldt, Marcel Meier, Werner Blum
Das Festlegen von Regeln als Facette mathematischer Modellierung – Ein Unterrichtsvorhaben zu Sitzverteilungen im Allgemeinen und im Bundestag
Zusammenfassung
So wie Spielregeln ein Spiel bestimmen, kann auch mit mathematischer Modellierung unsere gesellschaftliche Gegenwart normativ geprägt werden. Bei Verhältniswahlen ist besonders ersichtlich, dass die mathematische Festlegung, wie Stimmen in Mandate umzurechnen sind, Realität gestaltet. Die Zuordnung von Mandaten zu Stimmen ist nämlich nicht eindeutig, sondern man muss, wie auch bei vielen Spielregeln, zwischen Varianten wählen. Am Beispiel von Verhältniswahlen wird in dem hier vorgestellten Unterrichtsvorhaben der Modellierungskreislauf mehrmals durchlaufen. Exemplarisch wird dabei über Annahmen, Hindernisse und Festlegungen die nicht nur abbildende Funktion von (normativer) Modellierung greifbar, die auch das Mathematikbild insgesamt erweitert. Mithilfe realer Daten und digitaler Werkzeuge werden zunehmend komplexere Modelle der Sitzverteilungen bis hin zur Bundestagswahl 2021 mathematisch-sachkundlich diskutiert.
Stefan Pohlkamp, Julia Kujat, Johanna Heitzer
Metadaten
Titel
Neue Materialien für einen realitätsbezogenen Mathematikunterricht 10
herausgegeben von
Michael Besser
Maike Hagena
Janina Krawitz
Natalie Tropper-Grimann
Copyright-Jahr
2025
Verlag
Springer Berlin Heidelberg
Electronic ISBN
978-3-662-69989-8
Print ISBN
978-3-662-69988-1
DOI
https://doi.org/10.1007/978-3-662-69989-8