Weder das „alte“ Paradigma der Markteffizienz noch die neueren Ansätze der „Behavioral Finance“ konnten bisher ein umfassendes und kohärentes Bild einer realitätsnahen Kapitalmarkttheorie vermitteln. Meist fehlt dabei ein grundlegendes Verständnis menschlichen Verhaltens, das oftmals als „Black Box“ gilt und in vielen theoretischen Modellen keine Rolle spielt. Wegweisende Impulse zur Durchdringung und Aufdeckung dieser menschlichen „Black Box“ kommen derzeit aus dem Bereich der modernen Neurowissenschaft sowie der interdisziplinären Kognitionsforschung. Beide Ansätze erforschen die Aufnahme, Perzeption und Verarbeitung von Informationen, die nachgelagerte Entscheidungsfindung sowie andere typische Grundelemente menschlicher Verhaltensweisen. Speziell die modernen Neurowissenschaften liefern überraschende Erkenntnisse, wie das menschliche Gehirn oftmals „irrationale“ Verhaltensweisen induziert. Die Komplexität menschlicher Emotionen, Heuristiken und unterbewusster Impulse bildet dann den faszinierenden Hintergrund, um „irrationale“ Kapitalmarkt-Anomalien und andere schwer erklärbare Phänomene besser zu verstehen.
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Vgl. Jäncke (2013), Neurowissenschaften, S. 23. Jäncke ist Inhaber des Lehrstuhls für Neuropsychologie an der Universität Zürich und in dieser Funktion einer der führenden Kognitionsforscher in Europa.
Roth (2012), Willensfreiheit, S. 216. Roth stellt dazu weiter fest, dass wir „an den Fäden des Unbewussten“ hängen, deren „Macht“ wir nicht „unmittelbar“ bemerken.
Auch hier scheint erneut der Hinweis auf das alte Beispiel von Keynes und seinem „Schönheitswettbewerb“ angebracht; vgl. dazu bereits oben, Abschn. 4.3.
Singer (2002), Beobachter, S. 181 f. Dieses Zitat spricht für sich selbst und reflektiert eine intellektuelle Redlichkeit und Bescheidenheit, die bei orthodoxen Verteidigern der Effizienzmarkthypothese oftmals zu fehlen scheint.
Diese Fähigkeiten des Gehirns sind klar evolutorisch geprägt. Ihre Relevanz im Prozess der Evolution wird schnell deutlich, wenn der Katzenschwanz im obigen Beispiel gegen den Schwanz eines Löwen getauscht wird.
Dabei würde es bleiben wenn der methodologische Individualismus der Standardtheorie in der Finanzwissenschaft Bestand hätte. Er hat ihn aber nicht, weil der Mensch ein zutiefst soziales Wesen ist. Vgl. dazu ausführlicher unten, Abschn. 5.3.
Vgl. dazu unter anderem auch: Gigerenzer et al. (1999), Heuristics. In ähnlicher Weise auch die Arbeiten von Kahneman und Tversky (1979), Prospect; Kahneman (2011), Thinking. Vgl. dazu auch bereits oben, Abschn. 4.1 und 4.2.
Der in nachfolgender Abbildung dargestellte Markt-Zyklusverlauf ähnelt in wesentlichen Punkten dem psycho-dynamischen Marktphasenmodell von Rapp, vgl. Rapp (1997), Behavioral.
Eine hervorragende Erklärung und Darstellung derartiger „Phänomene“, speziell aus Sicht der Komplexitätsforschung, findet sich bei Arthur (2013), Complexity, S. 9–13.
Damit besteht eine wichtige Parallele zu zentralen Aussagen der Behavioral Finance, analog aber auch zu grundsätzlichen Erkenntnissen der Komplexitätsforschung und der Chaostheorie; vgl. zu Ersterem: Rapp (1997), Behavioral; zu Letzeren: Arthur (2013), Complexity, S. 9–13.
Abrupte Eingriffe des limbischen Systems sind typischerweise mit einem erhöhten Ausmaß an Stress verbunden, der in der Regel nicht lange durchgehalten werden kann. Vgl. dazu die Aussagen zum limbischen System, oben Abschn. 5.3.
Diese Überlegungen sind vollständig kompatibel zu Grundüberlegungen aus dem Bereich der Behavioral Finance; vgl. dazu bereits oben, Kap. 4 sowie ausführlich: Rapp (1997), Behavioral. Sie entsprechen ebenfalls wichtigen Grundannahmen und Modellen der Komplexitätsforschung; vgl. dazu grundlegend: Arthur (2013), Complexity.
Diese Iteration lässt sich sehr gut anhand des keynesschen Bilds vom „Schönheitswettbewerb“ illustrieren, vgl. dazu bereits oben, Abschn. 2.3 und 4.3. Die moderne Komplexitätsforschung spricht hingegen nüchtern von „Feedback“-Schleifen; vgl. dazu Sornette (2003), Crash, S. 82–132; und analog: Arthur (2013), Complexity, S. 12: „Positive feedbacks in fact are very much a defining property of complex systems…“.