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2013 | Buch

Neuroleadership - Grundlagen, Konzepte, Beispiele

Erkenntnisse der Neurowissenschaften für die Mitarbeiterführung

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Über dieses Buch

„Neuroleadership“ - international in aller Munde, im deutschsprachigen Raum jedoch bisher nicht wissenschaftlich aufgearbeitet. Diese Lücke schließt dieses Buch, das nun in der 2., überarbeiteten und aktualisierten Auflage erscheint.

Die beiden Autoren beschreiben zunächst den Stand der Forschung und berücksichtigen dabei sowohl die englischsprachige als auch deutsche Literatur. Nach einer Einführung in die neurowissenschaftlichen Grundlagen erfolgt ein Überblick vorhandener Ansätze zum Thema Neuroleadership. Darauf folgt wird ein eigener Ansatz vorgestellt, wie ganzheitliches Neuroleadership auf Organisations- und Personalebene aussehen kann. Abschließend werden aktuelle Forschungsansätze in diesem Themenkomplex vorgestellt.

Das Buch verdeutlicht dem Leser, dass wissenschaftliche Grundlagen der Neurowissenschaften die BWL verändern, und zeigt die Anwendung anhand eines konkreten Modells. Denn: Die Erkenntnisse der Neurowissenschaften werden über kurz oder lang auch in die betriebswirtschaftliche Personalarbeit einfließen.

Inhaltsverzeichnis

Frontmatter
1. Einführung
Zusammenfassung
• Das bisherige Verständnis der Neuroökonomie definiert sich durch ein Verständnis im engeren und weiteren Sinne.
– Die Neuroökonomie im engeren Sinne befasst sich mit klassischen mikroökonomischen Fragestellungen.
– Die Neuroökonomie im weiteren Sinne umfasst sämtliche Forschungskomplexe, die sich mit den neuronalen Grundlagen ökonomisch relevanten Verhaltens auseinandersetzen.
• Mit der Definition der Neurobetriebswirtschaftslehre soll ein neuer Begriff etabliert werden, der die betriebswirtschaftlichen Funktionen von den (mikro-)ökonomischen Themenstellungen abgrenzt. Zielsetzung der Neurobetriebswirtschaftslehre ist es, den Nutzen neurowissenschaftlicher Studien auf die klassische Betriebswirtschaftslehre zu übertragen. Die einzelnen Disziplinen innerhalb der Neurobetriebswirtschaftslehre lauten Neuromarketing, Neurofinance, Neuromanagement und Neuroleadership.
Die Merkmale von Neuroleadership lauten:
– Die Erfüllung der vier neurowissenschaftlichen Grundbedürfnisse führt zu besseren Voraussetzungen, um das Belohnungssystem zu aktivieren.
– Es wird versucht, Konsistenz über Instrumente der Personalwirtschaft und Organisationslehre zu erreichen.
• Die Erkenntnisse der Neurowissenschaften prägen auch das Menschenbild in den Wirtschaftswissenschaften. Der „Brain-Directed Man“
– ist durch Vorerfahrungen neuronal getriggert, wodurch er eine komplexe und sehr individuelle Motivationsstruktur aufweist, und
– ist lebenslang wandlungs- und lernfähig, wenn das Belohnungssystem im Gehirn aktiviert werden kann.
Theo Peters, Argang Ghadiri
2. Neurowissenschaftliche Grundlagen im betriebswirtschaftlichen Kontext
Zusammenfassung
• Die Historie der Neurowissenschaft beginnt mit der Jungsteinzeit (Trepanation). Akzeptanzprobleme darüber, dass das Gehirn das zentrale Organ des Menschen darstelle, können von der Antike bis ins Mittelalter gesammelt werden. Dem technologischen Fortschritt sind seit der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts die bahnbrechenden Ergebnisse zu verdanken.
• Die Neurowissenschaften umfassen alle Einzeldisziplinen, die Aufschluss über den Aufbau und die Funktionsweise der Prozesse im menschlichen Gehirn bieten, u. a.
– Neurobiologie: Untersucht die Strukturen, Funktionen und Entwicklung von Nervenzellen und Nervensystemen
– Neurochemie: Befasst sich mit den chemischen Vorgängen im Nervengewebe
• Das Gehirn lässt sich grob in drei Bereiche untergliedern:
– Stammhirn: Sofortige Reaktionen, Instinkte und elementare Reflexe – Limbisches System: Emotionales Zentrum
– Großhirnrinde: Differenzierteste Form der Informationsbearbeitung
• Bei den Messmethoden der Hirnforschung dominieren der Einsatz der funktionellen Magnetresonanztomographie (fMRT oder engl. fMRI) und des Elektroenzephalogramms (EEG). Während das EEG die kognitiven Aktivitäten an der Großhirnrinde in Echtzeit messen kann, kann das fMRT auch tiefergehende Bereiche des Gehirns, die auch für Emotionales zuständig sind, untersuchen. Hierbei ist das konkrete Untersuchungsziel abzuwägen.
• Nervenzellen werden als Neuronen bezeichnet. Sie bestehen aus einem Zellkern und Axon sowie Dendriten.
• Für Neuroleadership gibt es eine Vielzahl relevanter Studien und Ergebnisse. Doch von übergeordneter Bedeutung sind die folgenden drei bahnbrechenden Erkenntnisse:
– Die Plastizität des menschlichen Gehirns bezeichnet die Fähigkeit des Gehirns, sich bis ins hohe Lebensalter an neue Lebensbedingungen anzupassen (lebenslanges Lernen).
– Das Belohnungssystem bezeichnet einen Mechanismus im Gehirn, bei dem die emotionalen Zentren im limbischen System erregt werden. Dabei werden verstärkt belohnende Hormone, wie z. B. Dopamin, ausgeschüttet, die berauschende Glücksgefühle auslösen.
– Spiegelneuronen agieren in verflochtenen Netzwerken und tragen dazu bei, dass der Mensch sich in andere hineinversetzen kann und Gefühle und Stimmungen des Gegenübers wahrnimmt.
• Unter Cognitive Enhancement wird die gezielte Beeinflussung und Steigerung der kognitiven Leistungsfähigkeit, der Gedächtnis- und Konzentrationsfähigkeit, Aufmerksamkeit sowie Wachheit durch die Aufnahme von Medikamenten verstanden.
Theo Peters, Argang Ghadiri
3. Neurowissenschaftliche Grundbedürfnisse der Konsistenztheorie
Zusammenfassung
1. Beschreiben Sie kurz Sinn und Zweck des konsistenztheoretischen Modells!
2. Nennen und erläutern Sie die vier menschlichen Grundbedürfnisse aus dem konsistenztheoretischen Modell!
3. Stellen Sie die Wirkung von Oxytocin im Zusammenhang mit dem entsprechenden Grundbedürfnis dar! Stützen Sie Ihre Ausführungen anhand eines kurzen Beispiels aus dem betriebswirtschaftlichen Kontext!
4. Was ist mit dem Bedürfnis nach Orientierung und Kontrolle gemeint? Was sollte eine Führungskraft in diesem Zusammenhang beachten?
5. Wodurch unterscheidet sich das Grundbedürfnis nach Selbstwerterhöhung und Selbstwertschutz von den anderen Grundbedürfnissen?
6. Was kann eine Führungskraft unternehmen, um das Grundbedürfnis eines Mitarbeiters nach Lustgewinn und Unlustvermeidung positiv zu beeinflussen? Bringen Sie dabei die neuronalen Vorgänge in Zusammenhang mit dem Prozessschema des Gehirns!
7. Nennen und beschreiben Sie die Bestimmungsfaktoren des menschlichen Handelns! Was sind motivationale Schemata und motivationale Ziele?
8. Erklären Sie das Annäherungs- und Vermeidungsschema und geben Sie jeweils ein passendes Beispiel aus dem Unternehmensalltag!
9. Welche Erkenntnisse liefert die Persönlichkeitspsychologie für die Verhaltensschemata?
10. Nennen und beschreiben Sie die beiden Extremtypen, die sich aus der Verbindung von Motivationssystemen und der Persönlichkeitspsychologie ergeben! Unterstützen Sie Ihre Beschreibung anhand eines Beispiels!
11. Was wird unter dem Begriff „Konsistenz“ verstanden? Untermauern Sie Ihre Ausführungen mit einem Beispiel!
12. Wie entsteht Kongruenz? Stellen Sie Ihre Ausführungen in Formeiner geeigneten Abbildung dar und erläutern Sie die einzelnen Elemente!
13. Was bezeichnet „Inkongruenz“? Welche Arten von Inkongruenz kennen Sie?
Theo Peters, Argang Ghadiri
4. Neurowissenschaften und Führung von Mitarbeitern
Zusammenfassung
• Dem integrativen Gehirnmodell liegt die grundlegende Motivation des Gehirns zugrunde, Belohnungen zu maximieren und Bedrohungen zu minimieren. Der Mensch wird dahingehend in seinem Tun und Handeln gesteuert. Beim integrativen Gehirnmodell werden die drei Ebenen unterschieden:
– Emotion: Schnelle Verarbeitung und unbewusste Reaktionen anhand gespeicherter Handlungsmuster (limbisches System)
– Kognition: Langsame Verarbeitung und bewusste Handlungen (Großhirnrinde)
– Selbstregulation: Zusammenspiel von Emotion und Kognition zur bewussten Aneignung neuer Handlungs- und Reaktionsweisen basierend auf dem Grundgedanken der Neuroplastizität
• Die Verarbeitung von Emotionen und Kognitionen bzw. bewussten und unbewussten Prozessen wird durch die zwei Systeme „Reflexion“ (engl. reflexive system bzw. X-System) und „Reflektion“ (engl. reflective system bzw. C-System) unterschieden.
– Das X-System (Amygdala, Basalganglien, teilweise lateraler temporaler Kortex) verarbeitet die ständige Wahrnehmung aus der Umwelt und wendet auf eingehende Informationen abgespeicherte Handlungsmuster an. Es agiert unbewusst und automatisch.
– Das C-System (hauptsächlich Elemente des Kortex) wird bei Konflikten in der Verarbeitung des X-Systems aktiviert. Anhand der kognitiven Fähigkeiten wird eine Lösung entwickelt, damit die Verarbeitung weitergeführt werden kann.
• Die Selbstregulation bezeichnet die Absicht eines Individuums, Einfluss auf das Erleben von Emotionen zu nehmen. Es werden fünf Strategien unterschieden:
– Situationsselektion: Art der Regulation, bei der Maßnahmen getroffen werden, um einen gewünschten emotionalen Zustand zu erreichen
– Situationsmodifikation: Modifikation von externen Größen, in denen die Emotionen erlebt werden
– Aufmerksamkeitssteuerung: Lenken der Aufmerksamkeit auf andere Aspekte der Situationen gelenkt zur Regulation von Emotionen
– kognitive Umbewertung: Veränderung von Bewertungen, um das Erleben der Emotionen und Situation zu beeinflussen
– Reaktionsmodulation: Veränderung der mit den Emotionen einhergehenden subjektiven, verhaltensbedingten und körperlichen Reaktionen
Theo Peters, Argang Ghadiri
5. Konzepte zur Umsetzung von Neuroleadership
Zusammenfassung
Neurowissenschaftliche Erkenntnisse für die Personalarbeit auf Mitarbeiter- und Organisationsebene sind bereits in folgenden Ansätzen aufgearbeitet worden:
• Mitarbeiterebene:
– Das SCARF-Modell nach Rock formuliert fünf Dimensionen, die eine Führungskraft für die Mitarbeiterführung beachten sollte (Status, Certainty, Autonomy, Relatedness, Fairness). Sein Modell basiert auf neurowissenschaftlichen Studien und Erfahrungen aus der Praxis.
– Elger fasste neurowissenschaftliche Ergebnisse in Form von Handlungsempfehlungen in sieben Grundregeln des Neuroleaderships für Führungskräfte zusammen. Neben der Berücksichtigung des Belohnungssystems sind die Faktoren Fairness und Feedback, die Beeinflussung durch Vorinformationen, die Individualität des Gehirns und der dazugehörigen Erfahrungen sowie die Eigendynamik von Situationen zu beachten.
– Für das Neurocoaching nach Rock und Page gilt es, ein Selbstbewusstsein zu entwickeln, das Verständnis über Veränderungen zu erlangen, das Wissen über den Ablauf von Entscheidungs- und Problemlösungsprozessen zu haben, Besonnenheit in Stresssituationen aufzuweisen und einen guten Umgang mit Mitmenschen aufzuzeigen.
– Das Neurocoaching nach Pillay unterteilt das Gehirn in vier für Coaching relevante Bereiche: das denkende und fühlende Gehirn sowie das Handlungs- und Belohnungssystem und entwickelt für jeden Bereich entsprechende Handlungsempfehlungen.
– Das Brain-Dominance-Modell nach Hermann ermittelt mit einem Selbsttest, welche Denk- und Verhaltensstile bei einem Menschen vorherrschen. Seine Einteilung beruht u. a. auf Erkenntnissen zu den zwei Gehirnhemisphären und dem limbischen System.
• Organisationsebene:
– Hüther stellt mit Supportive Leadership ein Konzept vor, das auf der Grundlage neurobiologischer Forschung Vorschläge macht, wie Mitarbeiter dabei unterstützt werden können, ihre Potenziale zu entwickeln.
– Pillays Neurochange-Management-Ansatz kategorisiert das Gehirn in fünf verschiedene Systeme, die bei Veränderungen zusammenspielen und Widerstände und Erfolge erklären
– Neurocoaching nach Schwartz et al. basiert auf einem Kreislauf, bei dem zunächst Änderungsbedarf erkannt werden muss, Reaktionsweisen anschließend umbewertet werden, eine Reflektion über Erwartungen und Werte des Wandels erfolgt, das Verhalten neu ausgerichtet und anschließend gefestigt wird – mit der ständigen Notwendigkeit, hinterfragt zu werden.
Theo Peters, Argang Ghadiri
6. Ganzheitliches Neuroleadership
Zusammenfassung
Mit dem AKTIV-Modell können Führungskräfte neurowissenschaftliche Forschungsergebnisse systematisch für die Mitarbeiterführung anwenden. Zielsetzung ist, dass die Führungskraft durch den systematischen Einsatz von etablierten Instrumenten der Personalwirtschaft und Organisationslehre die Konsistenz des Mitarbeiters beeinflusst. Das Vorgehen unterteilt sich in fünf Schritte:
1. Analyse: Der IST-Zustand der Grundbedürfnisse desMitarbeiters wird dem SOLLZustand gegenübergestellt. Dafür können das Konsistenzprofil oder Konsistenzinterview genutzt werden.
2. Konsistenzprofil: Dieser Schritt dient dazu, die Ergebnisse aus dem Analyseschritt grafisch darzustellen.
3. Transformation: Im dritten Schritt werden die Konsistenzprofile mit den Verhaltensschemata des Mitarbeiters in verschiedene GO-Typen und NO-Typen transformiert.
4. Inkonsistenzvermeidung: Hier werden Instrumente und Führungskonzeptionen aufgezeigt, die sich zur Stimulierung der neurowissenschaftlichen Grundbedürfnisse des Mitarbeiters anbieten.
5. Vereinbarung: Der letzte Schritt des AKTIV-Modells stellt die Vereinbarung zwischen Führungskraft und Mitarbeiter dar. Die Veränderungen werden besprochen und Zielvereinbarungen festgelegt. Als besondere Führungsfähigkeiten, die ein Neuroleader haben sollte, lassen sich folgende Anforderungen nach dem PERFEKT-Schema für das Neuroleadership herauskristallisieren:
• Potenzialentfaltung des Mitarbeiters unterstützen und fördern
• Ermutigung der Mitarbeiter für neue Lösungen undWege
• Rückmeldungen geben
• Freiheiten einräumen
• emotionales Führen
• Kommunikation auf Augenhöhe
• transparentes Handeln
Theo Peters, Argang Ghadiri
7. Aktuelle Forschungsansätze
Zusammenfassung
• Neurofeedback stellt eine Methode dar, die anhand des EEG die Gehirnaktivitäten interpretiert. Mentale Zustände lauten dabei:
– Delta: Schlaf- oder Trancezustand
– Theta: Übergang vom Schlafzustand in einen Wachzustand, „Tagträumerei“
– Alpha: Breite Aufmerksamkeit, Entspannungszustände, Ruhephasen
– Beta: Fokussierte Konzentration und Aufmerksamkeit, Informationsverarbeitung
• Mind Machines beeinflussen durch eine audio-visuelle Stimulierung die Gehirnaktivitäten und können mentale Zustände beeinflussen.
• Die kulturellen Neurowissenschaften stellen die Kombination der Neurowissenschaften mit der kulturellen Psychologie dar. Zu denThemengebieten gehören:
– Wahrnehmung: Amerikanische Probanden zeigten im Vergleich zu asiatischen, dass sie bei Bildern Objekte im Vordergrund fokussieren, während Asiaten eine ganzheitliche Wahrnehmung aufweisen.
– Erkennen von Emotionen: Angst wird von Gesichtern aus dem eigenen Kulturkreis stärker wahrgenommen. Handelt es sich dabei um Gesichter von Personen aus einem anderen Kulturkreis, ist die Aktivierung der Amygdala geringer.
Theo Peters, Argang Ghadiri
Backmatter
Metadaten
Titel
Neuroleadership - Grundlagen, Konzepte, Beispiele
verfasst von
Theo Peters
Argang Ghadiri
Copyright-Jahr
2013
Electronic ISBN
978-3-658-02165-8
Print ISBN
978-3-658-02164-1
DOI
https://doi.org/10.1007/978-3-658-02165-8