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2025 | Buch

New Players in Mobility

Technische und betriebswirtschaftliche Aspekte

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Über dieses Buch

Beim 16. Wissenschaftsforum Mobilität in Duisburg wurde im Juni 2024 über neue Anbieter in der Automobilindustrie und der Mobilitätsbranche diskutiert. Der Tagungsband enthält Beiträge an den Schnittstellen der betriebswirtschaftlichen und der ingenieurwissenschaftlichen Forschung, die dort präsentiert wurden. Dabei werden v.a. folgende Aspekte beleuchtet:

New Players in Mobility Management New Players in Mobility Engineering Cities and their inhabitants – Influencing mobility New competition from IT and Asia Addressing and incentivizing customers

Inhaltsverzeichnis

Frontmatter
New Players in Mobility: Technische und betriebswirtschaftliche Aspekte – Einordnung

Dieses Kapitel fasst die Themen zusammen, die auf dem 16. Wissenschaftsforum Mobilität der Universität Duisburg-Essen 2024 diskutiert wurden und ordnet sie in die Diskussionen auf den Wissenschaftsforen der letzten Jahre ein.

Heike Proff

(New Players in) Mobility Management

Frontmatter
Strategic Endgames – Wie sieht die Anbieterlandschaft der Zukunft aus?

In der Automobilindustrie ist angesichts der weltweiten Megatrends Urbanisierung, Dekarbonisierung, Digitalisierung und demographischer Wandel eine mehrfache Transformation zu einer vernetzten (connected), autonomen, geteilten (shared) und elektrischen Mobilität (CASE) in vollem Gange. Diese Transformation betrifft alle Automobilmärkte der Welt, wenn auch unterschiedlich schnell und stark. Deshalb wird sich die Automobilindustrie in den meisten Märkten in den nächsten 10 Jahren komplett verändern. Die Frage ist nur, wie der Weg bis dahin aussehen wird, wohin er führt und wo die traditionellen Anbieter bleiben.

Heike Proff
Decoding the Patent Landscape: Insights into the Evolution of Autonomous Driving

A multitude of scholars and industry professionals acknowledge that autonomous driving is a predominant trend in automotive innovation, influencing the industry alongside trends in electric and shared mobility as well as connectivity of vehicles. These technological trends that shape the automotive industry are fueled by the increasing demand of younger generations of drivers which prioritize digital technologies, access to information, comfort, convenience, and the sharing instead of owning mobility. As autonomous driving has not only the potential to redefine the automotive landscape, but also other societal topics such as urban planning, it seems crucial to understand its historical evolution, geographical dynamics, key players and key applications. In contrast to existing fragmented case studies or small-scale samplings, this study is the first to offer a comprehensive analysis of the evolution of autonomous driving by using an extensive patent dataset comprising over 23,000 priority-patents dating back to 1960. By synthesizing this huge dataset, we uncover the development of autonomous driving, hereby, revealing how key players, applications, and markets have shaped its journey. Thus, this research not only contributes to understanding the historical landscape but also provides strategic foresight for stakeholders navigating the future of mobility.

Daniel Runkel, Michael Stephan
Fahrzeug. Stehzeug. Werkzeug

In diesem Text beschäftigen wir uns mit Fragen, die um das Automobil als privat besessenes Objekt im öffentlichen Raum entstehen. Wir gehen dabei im Besonderen auf seine physische Form ein. Unter der Prämisse, dass das Automobil als Verkehrsmittel in naher Zukunft nicht verschwinden wird, versuchen wir, mit Design als Werkzeug die bisherige Konzeption dieses Artefaktes aufzubrechen und neue Gestaltungsansätze möglich zu machen. Diese Ausbruchsversuche manifestieren sich in Projekten, die nicht nur allesamt im universitären Kontext entstanden sind, sondern diesen auch als konstituierende Bedingung brauchen. Denn der akademische Raum erlaubt bei der Gestaltung von Autos eine epistemische und gestalterische Freiheit, die der Markt nicht zulässt. Schließen werden wir mit den Umrissen einer Programmatik für eine andere Art von Automobildesign, die auf eine Bereicherung des öffentlichen Raums hin ausgerichtet ist. Wir reflektieren diese Programmatik auch in Bezug auf einen möglichen Konflikt mit bestehenden rechtlichen Rahmenbedingungen und kulturellen Gewohnheiten.

Fritz Specht, Dustin Jessen, Kurt Mehnert
Kooperation für den Wandel: Erfolgsfaktoren der Geschäftsmodellinnovation für KMU in der Automobilbranche – eine explorative Analyse in Südostniedersachsen

Aufgrund des tiefgreifenden Strukturwandels sehen sich Automobilhersteller und Zulieferer gezwungen, ihre Geschäftsmodelle zur Erhaltung der Wettbewerbsfähigkeit zu transformieren. Dabei sehen sich vor allem kleine und mittlere Unternehmen (KMU) mit besonderen Herausforderungen konfrontiert, da diese im Vergleich zu Großunternehmen deutlich weniger Ressourcen zur Bewältigung der Transformation aufbringen können. In der wissenschaftlichen Literatur besteht bereits ein gutes Verständnis über grundlegende Erfolgsfaktoren der Geschäftsmodellinnovation. Es zeigt sich jedoch ein Forschungsdefizit hinsichtlich spezifischer Erfolgsfaktoren im Kontext der Transformation von KMU in der Automobilindustrie. Die vorliegende explorative Studie adressiert diesen Forschungsbedarf. Die Datengrundlage umfasst 15 semi-strukturierte Interviews mit Experten von KMU (darunter 12 Geschäftsführer) aus der Automobilindustrie in der Region Südostniedersachsen. Die qualitative Inhaltsanalyse zeigt insbesondere, dass die begrenzten Ressourcen zur Geschäftsmodellinnovation durch aktive Gestaltung von Kooperationsaktivitäten teilweise kompensiert werden können. Dabei scheinen im Transformationsprozess jeweils phasenspezifische Kooperationen mit verschiedenen Stakeholdern erfolgversprechend zu sein. So können unter anderem Kooperationen mit Akteuren aus der Wissenschaft in einer frühen Phase (zum Beispiel die Exploration neuer Geschäftsmodelle) hilfreich sein. In späten Phasen des Innovationsprozesses bietet beispielsweise die Beteiligung in Testfeldern oder Reallaboren eine Möglichkeit zur Erprobung neuer Produkte und Services. Basierend auf den qualitativen Ergebnissen, entwickelt die Studie einen Handlungsrahmen für KMU zur Gestaltung von Kooperationen im Bereich der Geschäftsmodellinnovation.

Jannika Behne, Rick Pingel, Nils Schaupensteiner, Bastian Land, David M. Woisetschläger
Generative Artificial Intelligence as Driver for Innovation in the Automotive Industry – A Systematic Analysis

Generative Artificial Intelligence (GenAI) is reshaping multiple industries by enabling autonomous generation of diverse content types including text, images, and videos. However, each industry needs to determine whether these new AI models are truly value-adding beyond the hype. Through a systematic analysis of academic literature, we identify and categorize potential use cases of GenAI in automotive process and product innovation, such as R&D processes and in-vehicle software. Further, we discuss the degree of innovation of these applications from incremental to radical. Our results show that in product development, GenAI improves customer review analysis, vehicle design, sound design, and crash test simulations. Software development sees enhanced code generation and data augmentation for autonomous driving, battery management and in-vehicle security. Manufacturing benefits from better quality control by improved defect detection, and operational planning. GenAI also advances real-time in-vehicle applications through sensor data enhancement, improved anomaly detection, and additional security measures. Incremental innovations largely relate to improved training data augmentation for autonomous driving and manufacturing software, while radical innovations feature vehicle co-pilot systems based on large language models (LLM), enhanced safety and increased technology acceptance due to explainable autonomous driving. Lastly, the novel GenAI models offer opportunities for new players to enter the field, for example in the field of training or sensor data improvement and applications built upon LLM for improved human-vehicle and human-robot interaction. This paper provides structured insights into the innovation potential of GenAI, highlighting current applications and identifying opportunities for future research. This study aims to bridge the existing gap in academic knowledge by using a replicable approach based on high-quality publications, thereby offering valuable perspectives for both researchers and practitioners in the automotive field.

Laura Bischoff, Michael Stephan
Zukunftsmobilität & Mobilitätsdienstleister: Eine qualitative Untersuchung urbaner Geschäftsmodelle im Mobilitätssektor

In den letzten zehn Jahren haben sich in der Mobilitätsbranche evidente Entwicklungen vollzogen. Diese Entwicklungen sind vor allem auf das autonome Fahren, die Elektrifizierung, neue Wettbewerber und ein verändertes Eigentumsverhalten zurückzuführen. Diese Disruptionen sind vor allem für städtische Gebiete interessant, was auch auf die zunehmende Verstädterung in der ganzen Welt zurückgeführt werden kann. Aus diesem Grund beschäftigt sich dieses Paper mit den Auswirkungen der aktuellen Einflussfaktoren auf zukünftige Mobilitätsformen und die zugrunde liegenden Geschäftsmodelle der Mobilitätsanbieter. Das Ziel dieses Artikels ist die Identifizierung von robusten und erfolgreichen Merkmalen neuer Mobilitätsdienstleistungen im urbanen Raum. Zu diesem Zweck wurde die Methode der qualitativen Interviews angewendet. Es wurden ein Gruppeninterview mit den Bewohnerinnen und Bewohnern von Städten und acht Experteninterviews mit Fachleuten aus dem Bereich der Mobilität durchgeführt. Zur Analyse der erhobenen Daten wurde die qualitative Inhaltsanalyse nach Mayring verwendet. Es zeigt sich, dass neue Anbieter von Mobilitätsdienstleistungen auf dem freien Markt umfangreiche Aufgaben zu bewältigen haben, um das große Zukunftspotenzial optimal nutzen zu können. Einer der wichtigsten Punkte ist die Wertschöpfung solcher Modelle. Zu diesem Zweck sollte die Skalierbarkeit und die Rentabilität in den Mittelpunkt der Geschäftsmodelle für die urbane Mobilität gestellt werden. Im Rahmen der Wirtschaftlichkeit spielt aber auch der Kundennutzen eine wichtige Rolle. So hat sich eines der wichtigsten Kaufmotive für individuelle Mobilität in den letzten Jahren nicht verändert. Es ist die Flexibilität und Individualität des eigenen Fahrzeuges. Urbane Mobilitätsanbieter sollten sich daher nicht vernachlässigen, auch Ermöglicher individueller Mobilität zu sein.

Phillipp Noll, Roland Vogt
Akzeptanzmodell der Elektrifizierung im organisatorischen Bereich (eAM)

Ab 2035 werden in der Europäischen Union keine Neufahrzeuge mehr zugelassen, die nicht klimaneutral betankt werden können. Deutschland strebt die Klimaneutralität bis 2045 an und plant den Einsatz von Elektrofahrzeugen. Firmenflotten sind durch kürzere Haltedauern und häufigere Zulassungen für die Elektrifizierung prädestiniert. Der Elektrifizierungsprozess in den Unternehmen verläuft schleppend. Die erfolgreiche Einführung einer solchen Innovation hängt von ihrer Akzeptanz ab. In einer Forschungsarbeit wurde das Technologiemodell der Elektrifizierung (eAM) entwickelt, das Faktoren enthält, die die Akzeptanz der Entscheidungsträger zur Elektrifizierung beeinflussen.

Carina Büttner
Der Einfluss des Absatzanteils von Elektrofahrzeugen auf den Unternehmenswert der Automobilhersteller in Relation zu EBIT, EBITDA und Umsatz

Der Beitrag analysiert anknüpfend an den Beitrag von Jung und Sommer (2024) inwieweit der Absatzanteil von Elektrofahrzeugen die finanziellen Indikatoren EV/EBIT, EV/EBITDA und EV/Umsatz beeinflusst. Die Untersuchung zeigt, dass ein höherer Absatzanteil von Elektrofahrzeugen tendenziell mit einer Verbesserung der Unternehmensbewertung einhergeht, wobei der Effekt auf die Bewertungsmultiplikatoren in Abhängigkeit der betrachteten Art(en) von Elektrofahrzeugen variiert. Besonders bei batterieelektrischen Elektrofahrzeugen sind Hinweise für eine positive Auswirkung auf die Unternehmensbewertung festzustellen, dies ist bei Hinzuziehen von Plug-in-Hybriden in geringerem Ausmaß der Fall. Diese Ergebnisse bieten wichtige Einblicke für das Management der Automobilhersteller, um ihre Strategien im Kontext der zunehmenden Elektrifizierung zu optimieren. Der Beitrag schließt mit einem Ausblick auf weiterführende Forschung, die die tiefergehende Untersuchung der ermittelten Effekte und deren langfristige Auswirkungen auf die Industrie beinhalten kann.

Paul Donnermeyer, Benjamin Jung
Klimaziele quo vadis? – Eine Analyse von Klima- und Nachhaltigkeitsberichten europäischer Automobilhersteller

Getrieben durch Anforderungen der Stakeholder an Nachhaltigkeits-Kriterien, die auch durch Politik und Banken zunehmend forciert werden, kommunizieren Automobilhersteller teils anspruchsvolle Klimaziele (Poligkeit et al., 2023). Vorangegangene Studien haben gezeigt, dass Klimaziele als Managementinstrument eine große, oft strategische Bedeutung haben können. Effektiv gestaltete Ziele können ein Indikator für erfolgreiche CO2-Reduktion sein (Dahlmann et al., 2019). Dabei reichen die Ziele oftmals weit in die Zukunft und implizieren mitunter radikale Veränderungen von Geschäftsmodellen und Lieferketten (Berger-Schmitz et al., 2023). Vor diesem Hintergrund untersucht dieses Paper die Verbreitung von Klimazielen unter Automobilherstellern mit Produktionsstandort in Europa sowie deren Gestaltung. Mittels qualitativer Inhaltsanalyse werden öffentlich zugängliche Dokumente, beispielsweise Nachhaltigkeits- und Klimaberichte, von 32 europäischen Automobilherstellern analysiert. Die Untersuchung zeigt, dass es eine große Bandbreite bei der Ausgestaltung der Klimaziele gibt, welche unter anderem mit der Unternehmensgröße variieren. In der Berichterstattung unterscheiden sich die Ziele durch den anvisierte Zeitrahmen, den Detailgrad, sowie die abgedeckten Emissionskategorien (Scopes) deutlich. Dies erschwert es Stakeholdern, z. B. das Ambitionsniveau der Klimaziele des jeweiligen Herstellers einzuordnen. Basierend auf aktueller Literatur gibt dieser Beitrag Stakeholdern Kriterien an die Hand, die helfen, Klimaziele zwischen Unternehmen vergleichbar zu machen. Die Erkenntnisse des vorliegenden Beitrages liefern somit wichtige Hinweise zum aktuellen Stand der selbst gesteckten Klimaziele der europäischen Automobilhersteller.

Martina Klein, Julia Braun, Magdalena Mißler-Behr
Sustainable Mobility at Higher Education Institutions: analysis of the Mobility behaviour and Data Collection Practices

A significant part of CO2 emissions stem from the mobility sector. This contribution examines various approaches to greenhouse gas accounting in commuter traffic and business travel in the university context. A questionnaire was developed, tested and used to analyse the mobility habits of commuting students and employees. The business travel data as well as the logbooks of the university’s own fleet of vehicles are analysed for two complete years. For the investigated university, emissions for commuting surpasses by far those from the business travel. The results deliver insights on where to start when conceiving measures to reduce the carbon footprint from mobility. Additionally, a comparison of business travel volume before and after the pandemic highlights how traditional mobility behaviour has changed due to the pandemic-induced disruptionA detailed analysis of the effort deployed during the gathering, processing and evaluation of the different data streams is presented. On this basis, the contribution emphasises that digitisation and automation of the whole process is a fundamental requirement for enabling regular, quantitative reporting.

Thomas Bousonville, Franziska Meichle, Xaver Geske
Bikeability Scoring auf Basis von Open Data – Ein Open-Source Modell

Aufgrund der Verkehrswende erhält das Fahrrad, als potenzielle Alternative zum PKW, verstärkt Aufmerksamkeit von Stadtplanenden. Es besteht ein Informationsdefizit zum Bestand dedizierter Verkehrsinfrastruktur für den Radverkehr. Andere, für den Radverkehr wichtige Aspekte der Stadtplanung, wie die räumliche Verteilung potenzieller Fahrtziele, werden oft nicht in Betracht gezogen. Via Open Data stehen Daten zur Verfügung, die bei der Schätzung der Bikeability von Städten helfen können. Diese Datenquellen werden noch nicht voll ausgenutzt. Aufbauend auf existierender Forschung wurde ein Modell entwickelt, mit dem sich offene Daten automatisiert auswerten lassen, um eine schnelle und vergleichbare Bewertung städtischer Bikeability zu ermöglichen. Die Parameter des Modells lassen sich für verschiedene Städte und Anwendungsfälle individualisieren. Mithilfe des beschriebenen Modells wurde beispielhaft eine Bewertung der Bikeability der Stadt Aachen durchgeführt. Zusätzlich wurde eine Simulation eines Ausbauszenarios für den städtischen Radverkehr durchgeführt. Anhand dieser Beispiele konnte die Aussagekraft des Modells demonstriert werden.

Jan Kellershohn, Florian Maurer, Christian Jungbluth

(New Players in) Mobility Engineering

Frontmatter
Einbindung erweiterter Stakeholderstrukturen in das modellbasierte Anforderungsmanagement autonomer MaaS-Fahrzeuge

Das autonome Fahren stellt seit Jahren unverändert eines der wesentlichen Zukunftsthemen innerhalb der Automobilindustrie dar. Neben der Chance einer gesteigerten Verkehrssicherheit im SAE-Level 3 Betrieb, gelten jedoch SAE-Level 4 Anwendungen im urbanen Raum, kombiniert mit Ride-Hailing oder Ride-Pooling Anwendungsfällen sowie den damit verbundenen innovativen Geschäftsmodellen als nachhaltige Entwicklungen für Kunden, Städte und die Gesellschaft. Zur Konzeption der hochvernetzten, autonomen Fahrzeuge müssen diese im Kontext eines übergeordneten System of Systems (SoS) betrachtet werden. In diesem stellt das Fahrzeug gemeinsam mit weiteren Instanzen (z. B. dem Flottenbetreiber, dem Mobilitätsanbieter und weiteren) eines von mehreren gleichberechtigten Subsystemen dar. Dabei entstehen neue Schnittstellen zwischen den Systemen und gleichzeitig gewinnen Anforderungen neuer Stakeholder stärker an Bedeutung. Um die Komplexität dieser veränderten Stakeholderstruktur bei der Entwicklung des Mobilitätssystems beherrschen zu können, bieten das Model-based Systems Engineering (MBSE) eine umfangreiche Bandbreite an Methoden – speziell im Bereich des Anforderungsmanagements. Dieser Beitrag zeigt einen Weg zur Modellierung von Stakeholder-Profilen, der anschließenden Ableitung ihrer Anforderungen sowie der Priorisierung unter veränderlichen Rahmenbedingungen auf. Mithilfe des RFLP-Ansatzes (RFLP = Requirement, Functional, Logical, Physical) wird aufgezeigt, wie die veränderte Stakeholder-Struktur sich auf den Systemkontext des SoS auswirkt und inwiefern die funktionalen Elemente in Abhängigkeiten unterschiedlicher Releases priorisiert werden. Als Anwendungsbeispiel des beschriebenen Ansatzes dient dabei ein autonomes MaaS-Fahrzeug (MaaS = Mobility as a Service), welches, als Teil eines urbanen Mobilitätssystems, sowohl für den Ride-Pooling als auch den Ride-Hailing Betrieb zum Einsatz kommt.

Christian Raulf, Daniel Nikolai Schmidt
Ladestationen für Elektrofahrzeuge in der SUMO-Simulationsumgebung und ihre Auswirkungen auf den Verkehrsfluss

Die Planung von Ladestationen gewinnt zunehmend an Bedeutung. Daher ist es wichtig, ihre Auswirkungen auf den Verkehrsfluss und damit ihre optimale Positionierung zu beurteilen. Um diese optimalen Positionen zu ermitteln, sind mikroskopische Verkehrsflusssimulationen ein effizientes Werkzeug. Verschiedene Positionen der Ladestation können ausprobiert werden, bis eine optimale Lösung zur Platzierung gefunden ist. Das quelloffene, mikroskopische Verkehrsflusssimulationstool SUMO bietet eine optimale Grundlage für diesen Zweck, bietet aber noch nicht die Möglichkeit, Ladestationen effizient in Verkehrsnetze zu implementieren. Im Rahmen eines aktuellen Forschungsprojektes wird eine neuartige Methode zur Implementierung von Ladestationen an ihrem realen Standort innerhalb der SUMO-Umgebung vorgestellt. Die exemplarische Darstellung der entwickelten Methodik wird an der Stadt Essen im Ruhrgebiet durchgeführt.

Eva Spachtholz, Marvin Glomsda, Ingmar Kranefeld, Frédéric Etienne Kracht, Dieter Schramm
EMV und Elektromobilität – Haben wir die EMV bei der Elektromobilität im Griff? – Und…lädt es?

Die Elektromagnetische Verträglichkeit (EMV) bezieht sich auf die Fähigkeit eines elektrischen Geräts, nur akzeptable elektromagnetischen Störungen auszusenden und gleichzeitig auch gegen solche Störungen immun zu sein. Im Falle der Ladeinfrastruktur sowie der Fahrzeuge im Anwendungsgebiet der Elektromobilität sind gute EMV-Eigenschaften von großer Bedeutung. So wird sichergestellt, dass beim Lade- und zukünftig auch Rückspeisevorgang keine leitungsgebundenen oder gestrahlten elektromagnetischen Störungen auftreten, die andere Geräte oder Systeme beeinträchtigen könnten. Damit ist die Einhaltung von EMV-Normen und -Vorschriften wesentlich für eine zuverlässige und störungsfreie Elektromobilität und den Betrieb elektronischer Systeme in allen Bereichen der Gesellschaft.Mit diesem Beitrag sollen die für die Elektromobilitätsbranche kritischen Punkte angesprochen und ein zielführendes Vorgehen bezüglich der EMV-Anforderungen, insbesondere bei der Energieversorgung der Elektrofahrzeuge, abgeleitet werden. Dazu werden die beiden im Titel genannten Eingangsfragen beantwortet: Haben wir die EMV bei der Elektromobilität im Griff? Und…lädt es?

Jörg Bärenfänger, Andreas Grünwaldt
Automatisierung und Digitalisierung in der Wasserstoffherstellung: Konzeptuelle Einführung der Verwaltungsschale zur Effizienzsteigerung des Datenaustauschs

Neue Antriebskonzepte, wie beispielsweise die Brennstoffzellen-Technologie, ermöglichen eine zukunftsorientierte Ausrichtung von Mobilitätslösungen, indem sie dabei helfen, die angestrebte Klimaneutralität im Straßenverkehr zu erreichen (Umweltbundesamt. (2024). Klimaschutz im Verkehr. https://www.umweltbundesamt.de/themen/verkehr/klimaschutz-im-verkehr#ziele ). Für die großflächige Nutzung solcher Technologien ist die Bereitstellung erheblicher Mengen an idealerweise grünem (CO2-neutralem) Wasserstoff essenziell, der in einer Brennstoffzelle in elektrische Energie umgewandelt wird. Die Herstellung von Wasserstoff wird dabei durch Elektrolyseure gewährleistet, welche heutzutage überwiegend in manuellen Produktionsprozessen hergestellt werden. Um die zukünftig hohe Nachfrage nach Wasserstoff durch eine hohe Verfügbarkeit an Elektrolyseuren zu decken, ist die Automatisierung der Herstellung unumgänglich. In diesem Kontext zeigen erste Forschungsergebnisse bereits konkrete Ansätze auf. Für weitere Steigerungen des Automatisierungsgrades muss insbesondere der Informationsaustausch zwischen den in der Elektrolyseurproduktion beteiligten Komponenten, wie beispielsweise Robotern, durch Integration von einheitlichen Schnittstellen und standardisierten Datenformaten erleichtert werden. Ein prominentes Beispiel eines standardisierten Datenformats kann die sogenannte Verwaltungsschale sein. Diese bietet dabei die Möglichkeit, die entstehenden Daten während des Betriebs in einer einheitlichen Struktur zu beschreiben, sodass eine übergreifende Interoperabilität zwischen verschiedenen Komponenten eines Produktionssystems und Unternehmen gewährleistet ist. Diese Veröffentlichung untersucht die Entwicklung eines Einführungskonzeptes der Verwaltungsschale am Beispiel eines Endeffektors zur automatisierten Rohrverschraubung an einem Wasserelektrolyseur. Dabei wird eine wasserfallartige Methode zur Einführung der Verwaltungsschale in bestehende Systeme präsentiert, die aus sechs aufeinander aufbauenden Schritten besteht. Mithilfe eines entwickelten Datenparsers wird eine Verwaltungsschale für das betrachtete System erstellt, welche als lokale Datei verfügbar ist.

Alexander Große-Kreul, Tobias Drees, Tommy Luong, Patrick Adler, Bernd Kuhlenkötter

Cities and their inhabitants – Influencing mobility

Frontmatter
Verkehrswende: Neue öffentliche Transportsysteme im ländlichen und suburbanen Raum

In ländlichen und suburbanen Regionen sowie deren Anbindung an die Städte dominiert der motorisierte Individualverkehr, da der Ausbau öffentlicher Verkehrsmittel schwer wirtschaftlich darstellbar ist und viel Zeit in Anspruch nimmt. Technologien im Bereich Automatisierung, Digitalisierung, batterieelektrische Speichertechnologien und perspektivisch Autonomie ermöglichen neue flexible bedarfsorientierte, kosteneffiziente und umweltfreundliche Regionaltransportsysteme wie On-Demand-Bus und -Zugsysteme und Lufttaxis. In einer qualitativen Studie wurden die neuen Regionaltransportsysteme gegenübergestellt und durch vordefinierte Metriken bewertet. Bei dieser Analyse zeigt sich das Verhalten der einzelnen Systeme auf unterschiedlichen Missionsdistanzen. Die verschiedenen Transportsysteme haben jeweils Stärken und Schwächen und können ihr volles Potenzial am besten im intermodalen Verbund mit den bestehenden Verkehrsträgern ausspielen. Durch den Einsatz eines Verbundes neuer Regionaltransportsysteme kann dem motorisierten Individualverkehr eine konkurrenzfähige Alternative gegenübergestellt werden.

Jan Pertz, Benedikt Scheier, Klaus Lütjens, Vanessa Laqua, Jens König
Zwischen Effizienz und Verantwortung: Die Implementierung ethischer Prinzipien in der Mobilitätsbranche zur Harmonisierung von Ökonomie und Gesellschaft

Die Frage nach den Rahmenbedingungen für eine Implementierung ethischer Prinzipien in der Mobilitätsbranche ist nicht neu aber gleichzeitig auch immer noch nicht beantwortet. Im Fokus steht hier ökonomische Effizienz sowie ökologische und soziale Verantwortung zu vereinen, was zentral ist für das moderne Wirtschaftsverständnis. Die Herausforderung der heutigen Zeit liegt jedoch darin, auch ethische Werte wie Gerechtigkeit und Sicherheit in Geschäftspraktiken und Technologien zu integrieren, ohne die wirtschaftliche Rentabilität zu beeinträchtigen. Erforderlich sind ein ganzheitlicher Ansatz und die Bereitschaft aller Akteure, langfristige Ziele über kurzfristige Gewinne zu stellen was häufig an der Kurzfristigkeit des Horizonts scheitert. Die Integration von ethischen Über-legungen in Geschäftsstrategien erfordert klare Richtlinien, transparente Kommunikation und die Einbindung verschiedener Interessengruppen, darunter Regierungen, Unternehmen, VerbraucherInnen und Umwelt-schützerInnen. Die Förderung von Innovationen, die sowohl wirtschaftliche als auch soziale Vorteile bieten, sowie Anreize für Unternehmen, ethische Praktiken zu übernehmen, könnten ebenfalls entscheidende Faktoren sein. Letztlich erfordert die Harmonisierung von Ökonomie und Gesellschaft in der Mobilitätsbranche eine integrative Herangehensweise, die die Interessen aller Beteiligten berücksichtigt.

Ann-Katrin Voit
Dynamisches und autonomes Curbside Management für eine flexible und adaptive Straßenraumgestaltung in Echtzeit

Das Konzept des dynamischen und autonomen Curbside Managements stellt eine deutliche Abkehr von traditionellen und statischen Planungsansätzen dar. Der Fokus liegt hierbei auf der Integration autonomer Technologien in dynamische und zukunftsfähige Urbane Straßenräume. Durch dieses adaptive Konzept sollen das Mikroklima verbessert, Lärmbelastung und Gefahrenstellen reduziert sowie die Verteilung von Verkehrsflächen gerechter und dynamischer gestaltet werden. Ziel ist durch Design-Forschung mit Virtual Reality die technologischen Fortschritte autonomer Fahrzeuge in eine adaptive Architektur zu integrieren, um den Straßenraum in Echtzeit an die Bedürfnisse der Stakeholder anpassen und aufteilen zu können. Kern des Konzepts ist ein autonom agierendes System, das sich mithilfe von Modulen im aktiven Stadtraum adaptiv neu organisiert. Während der Hauptverkehrszeiten können zusätzliche Fahrspuren für den motorisierten Individualverkehr geschaffen werden, außerhalb der Hauptverkehrszeiten kann Raum für Gastronomie, Radwege oder Parkplätze geschaffen werden. Die standardisierte Basisplattform ermöglicht die Individualisierung der Module für unterschiedliche Stakeholder, von der Restaurantbestuhlung bis zur mobilen Grünfläche. Die Evaluierung der Prototypen erfolgt virtuell anhand eines digitalen Zwillings eines Straßenzuges in Vancouver, Kanada. Dabei wird die dynamische Wegeführung für Radfahrer und Fußgänger während einer Umwandlungs-Phase analysiert. Eyetracking und Positionsdaten ermöglichen die Auswertung der Interaktion mit autonomen Elementen im Straßenraum, um Erkenntnisse für die Optimierung von Modulen, Sequenzierung und Raumgestaltung zu gewinnen. Diese Forschungsarbeit leistet deshalb einen Beitrag zur dynamischen und bedarfsgerechten Gestaltung des urbanen Straßenraums, um eine zukunftsfähige und flexible Mobilität zu gewährleisten

Architekt Markus Holzmair, Christian Jacoby, Sebastian Stadler
Wirkungsanalyse verschiedener Maßnahmen zur Strukturierung des Berliner Reisebusverkehrs mithilfe einer agentenbasierten Verkehrssimulation

Im Rahmen dieser Arbeit wurde für Berlin ein einheitliches Reisebuskonzept entwickelt, um die durch den Reisebusverkehr verursachte Umweltverschmutzung, Lärmbelästigung und die potenziellen Konflikte zwischen den verschiedenen Verkehrsteilnehmern, einschließlich Pendlern, Anwohnern und Touristen, zu vermeiden. Um die verschiedenen Formen der Organisation des Reisebusverkehrs in Berlin zu modellieren und auszuwerten, wird die agentenbasierte Verkehrssimulation MATSim verwendet. Anhand dieser Simulation kann die Reduzierung der CO2-Emissionen sowie geeignete Konzepte zur Beförderung von Touristen für die Busbetreiber evaluiert werden. Ein zentraler Bestandteil der untersuchten Maßnahmen ist dabei eine Klassifizierung der Stellflächen für Busse, sodass es eine Trennung zwischen Stellflächen zum Ausstieg und Stellflächen zum längeren Parken gibt. Der Fokus dieser Arbeit liegt somit nicht allein auf dem Reisebusverkehr selbst, sondern vielmehr auf der Beseitigung von ineffizienten Betriebsstrukturen und der Bewertung von Maßnahmen, wie diese vermieden werden können.

Ricardo Ewert, Mustafa Anil Can Dizdar, Kai Nagel, Thomas Richter
Welche Effekte haben klimatische Extremereignisse auf das Verkehrssystem – ein Ansatz zur Resilienzbewertung am Beispiel der Stadt Duisburg

Es ist von entscheidender Bedeutung, das Systemverhalten von Verkehrsinfrastrukturen bei wetterbedingten Extremereignisse zu verstehen, damit der Verkehr bei Naturkatastrophen besser gesteuert bzw. strategisch organisiert werden kann. In dieser Studie werden topologische und verkehrsbasierte Maßnahmen vor und nach einer durch Starkregen verursachten Störung des Verkehrssystems betrachtet, um die Auswirkungen auf die Infrastruktur und die Resilienz des Verkehrs zu bewerten. Während topologische Indikatoren die Robustheit des Verkehrssystems aufgrund von Überschwemmungen auf den Betrieb untersuchen, quantifizieren Verkehrsindikatoren die Veränderungen der Verkehrsbelastungen, der Reisezeiten sowie der Verkehrsnachfrage.

Mohammad Sharif, Dirk Wittowsky
Multimodalisierung – Eine neue strategiegeleitete Verkehrs- und Mobilitätsplanungspraxis

Der vorliegende Beitrag verfolgt das Ziel, anhand eines aktuellen Planungsgegenstandes (i) die vorherrschende planungspraktische (Re)Produktion von Verkehrs- und Mobilitätshierarchien zugunsten des Systems privater Automobilität sichtbar zu machen und zu problematisieren, um darauf aufbauend (ii) für Wege aus dem Fundus strategischer Planung zu sensibilisieren und über mögliche Einschreibungen multimodaler Strukturmomente in die gebaute, autozentrierte Umwelt einen Enthierarchisierungsprozess weg von der Automobilität hin zur Multimodalität anzustoßen. Dafür wird nachfolgend der Begriff der „Multimodalisierung“ als planungspraktischer Imperativ vorgeschlagen.

Sören Groth, Jan Garde, Christian Gerten, Maite Jeske, Dirk Wittowsky
Bikesharing – Nutzung, Wahrnehmungen und Entwicklungspotenziale

Mit zunehmender Verbreitung digitaler Technologien ist seit Beginn der 2000er Jahre auch das Angebot digital basierter Mobilitätsdienste rasch angewachsen. Zu diesen Diensten zählen auch Bikesharingsysteme, die mittlerweile in nahezu allen deutschen Großstädten angeboten werden. Seit 2015 wird in der Metropolregion Rhein-Neckar und seit 2019 in Freiburg (Breisgau) ein Bikesharingsystem angeboten. Die systemimmanente automatische Erfassung von Informationen zu Mietvorgängen (bspw. Ausleihzeiten, Quell-Ziel-Beziehungen) ermöglichte im Rahmen zweier wissenschaftlicher Evaluationsprojektes verkehrsplanerisch relevante Analysen der Mietradnutzung. Zusätzliche Befragungen von Mietrad-Nutzenden vermitteln zudem Erkenntnisse zu soziodemographischen Merkmalen der Nutzenden und zu ihren Nutzungsmustern, Befragungen von Nicht-Nutzenden geben Aufschluss zu Nutzungshemmnissen. Beide untersuchten Mietradsysteme zeichnen sich durch ein nahezu stetiges, nur durch die COVID-19-Pandemie gedämpftes Wachstum der Nachfrage aus. Zugleich generiert sich diese Nachfrage weiterhin aus einem soziodemographisch vergleichsweise engen Segment jüngerer, gut gebildeter Erwachsener mit einem dominanten Anteil männlicher Personen. Die Nutzungsmuster der Mieträder verweisen auf eine überdurchschnittliche Nutzung insbesondere für Freizeitzwecke. Dabei wird der ÖPNV zum Teil substituiert, zum Teil ergänzt. Nutzungshemmnisse für Nicht-Mietradnutzende sind vor allem subjektiv wahrgenommene oder objektiv vorhandene Angebotslücken und Zugangsschwellen der Mietradnutzende, gepaart mit der fehlenden Notwendigkeit zu Alternativen zur eigenen, habitualisierten Verkehrsmittelwahl. In Maßnahmen zur Überwindung dieser Hemmnisse wie einer Verdichtung der Mietradangebote und ihrer nahtlosen Integration in bestehende Verkehrssysteme finden sich wichtige Schlüssel zur Verstetigung des Nachfragewachstums.

Sebastian L. Grüner, Volker Blees, Matthias Kowald, Christina Rutka, Christian Wirtgen
Integration of Autonomous Delivery Solutions in Urban Logistics—Practical Insights from a Pilot Project

To address challenges in last mile logistics, various projects and companies globally are developing pilot tests of new vehicles and use cases. This collaborative effort involves stakeholders from retail, logistics, software and hardware development, and regulatory bodies. It is essential not only to define application areas and technical solutions jointly but also to adapt existing technologies, align different interests, and meet regulatory requirements. The BeIntelli project, implemented in the center of Berlin, serves as one such example. It features an autonomous van and four delivery robots, utilizing a two-tier delivery system. In this system, the van operates as a mobile hub, distributing packages to robots for final delivery and integrating seamlessly with the existing urban infrastructure. For groceries, deliveries are initiated directly from stores by the robots. Given the novelty of the BeIntelli project, numerous procedural dependencies and undefined processes were encountered. This paper summarizes these challenges and extracts generalizable insights from the deployment of autonomous delivery mechanisms. Key findings highlight the technical reliability of system components, the demands placed on technology partners, and the navigation of regulatory landscapes, especially concerning the acquisition of operational licenses. The empirical data and experiences gathered from the BeIntelli project provide valuable lessons for stakeholders in last mile logistics, encouraging broader adoption and refinement of autonomous delivery systems. The study emphasizes the need for collaborative efforts across retail, logistics, technology, and regulatory domains to implement such innovative solutions.

Julian Maas, Martin Kosch, Frank Straube
Nachhaltigkeitsbewertung in der Supply Chain

Das Ziel der Arbeit ist die Entwicklung einer systematischen Vorgehensweise zur ganzheitlichen Bewertung der Nachhaltigkeit in der Lebensmittelindustrie. Dabei werden die Hauptdimensionen Lebensmittel, Verpackung und Lieferkette sowie die Zielkonflikte zwischen diesen Kriterien berücksichtigt. Aktuelle Bewertungsansätze betrachten nur Teile der Lieferkette und ermöglichen daher keine ganzheitliche Bewertung. Dies führt zu unvollständigen Analysen und Entscheidungsgrundlagen, da Zielkonflikte zwischen den Dimensionen nicht ausreichend beachtet werden. Eine umfassende Betrachtung ist notwendig, um den Einfluss aller Stakeholder und Prozesse auf die Nachhaltigkeit des gesamten Lieferkette transparent darzustellen. Durch eine strukturierte Vorgehensweise, die auf Experteninterviews und der Analyse qualitativer Daten basiert, wurde eine methodische Grundlage geschaffen. Diese erlaubt die Identifikation und Gewichtung von Nachhaltigkeitskriterien mittels der Analytic Hierarchy Process-Methode. Daraus resultiert ein systematischer Ansatz zur Bewertung der Nachhaltigkeit, der die Hauptdimensionen und deren Zielkonflikte integriert. Jede Hauptkategorie (Lebensmittel, Verpackung, Lieferkette) wird mit Unterkategorien versehen und vorerst separat, anschließend ganzheitlich bewertet. Die Ergebnisse ermöglichen eine ganzheitliche Bewertung der Nachhaltigkeit und bieten Entscheidungsunterstützung zur Verbesserung der Nachhaltigkeit entlang der gesamten Wertschöpfungskette, um diese transparent zu gestalten.

Rolf Ibald, Monika Söndgerath, Konstantin Struth
Wege zur erfolgreichen Integration von Lastenrädern und E-Kleinfahrzeugen in der gewerblichen Mobilität – Konzeptionierung und Durchführung eines deutschlandweiten Langzeittest

Zur Erreichung der klimapolitischen Ziele ist eine weitere Emissionsreduktion im gewerblichen Verkehr dringend geboten. Für diese Transformation können E-Lastenräder und E-Kleinfahrzeuge (LEVs) einen wichtigen Beitrag leisten, wenn sie die Anforderungen der nutzenden Unternehmen erfüllen. Hierzu hat es in der Vergangenheit bereits Testprogramme gegeben, bei denen die Komplexität der Fuhrparkumgestaltung durch neue Fahrzeugkonzepte deutlich wurde. Die Etablierung passgenauer Nutzungsszenarien erfordert Entwicklungszeit, um die verschiedenen Stakeholder und deren Bedarfe umfassend zu berücksichtigen. Darauf aufbauend wurde ein neues Konzept zur Integration von Lastenrädern und E-Kleinfahrzeugen in Unternehmen entwickelt. Dieses sieht eine deutlich längere, rund 12-monatige Pilotierung neuer Fahrzeugkonzepte vor und ermöglicht dadurch, Akzeptanzbarrieren auf unterschiedlichen betrieblichen Ebenen (Geschäftsführung, operativ Verantwortlichen oder Fahrende) zu identifizieren und mittels begleitender Maßnahmen zu adressieren. Dieser Beitrag stellt das Konzept und die Erfahrungen bei seiner praktischen Umsetzung mit 22 Betrieben im Rahmen des DLR-Projekts „Ich entlaste Städte 2“ vor. Deutschlandweit wurden Unternehmen aus den Bereichen Dienstleistung, Handwerk und Handel Fahrzeuge aus einem Pool an 45 Lastenrädern und E-Kleinfahrzeugen bereitgestellt. Zur Bewertung der verkehrlichen, ökonomischen, ökologischen und sozialen Wirkungen der Fahrzeugintegration in diversen Nutzungsszenarien wurden Befragungen und Interviews mit Stakeholdern durchgeführt und die Fahrtdaten aufgezeichnet. Es zeigte sich unter anderem, dass zur erfolgreichen Integration die Vorerfahrung und Akzeptanz der Mitarbeitenden und der fuhrparkbezogene Entscheidungsstil (z. B. progressiv oder konservativ) innerhalb des Unternehmens zu berücksichtigen ist, um eine erfolgreiche Transformation zu erzielen. Drei prototypische Varianten der Fahrzeugintegration wurden identifiziert. Anhand des Fallbeispiels eines Facility-Management-Dienstleisters wird die Umsetzung des Konzepts zur Integration von Lastenrädern und E-Kleinfahrzeugen mitsamt den entwickelten Maßnahmen dargestellt. Hier wurde deutlich, dass die lange Pilotierung dem Unternehmen ausreichend Zeit zur Erprobung bot, was zur langfristigen Verstetigung der Lastenradnutzung führte.

Martin Plener, Robert Seiffert, Johannes Gruber

New competition from IT and Asia

Frontmatter
Digitalisierung in der Automobilfertigung – Microservice-basierter Datenaustausch für den Anlagenentstehungsprozess

Der Datenaustausch zwischen zahlreichen Teilprozessen und beteiligten Zulieferern im Anlagenplanungsprozess ist aufgrund der Verwendung proprietärer Datenformate aus einer Vielzahl von herstellerspezifischen Tools komplex. Infolgedessen ist der derzeitige Datentransfer im Anlagenentstehungsprozess durch Dateninkonsistenzen und erhöhte Fehlerquoten gekennzeichnet, die bei der Einbeziehung multidisziplinärer proprietärer Datenformate zusätzliche Überarbeitungen erfordern. In dieser Veröffentlichung wird eine Microservice-basierte Systemarchitektur vorgeschlagen, die den Datenaustausch zwischen herstellerübergreifenden Teilprozessen im Anlagenplanungsprozess vereinfachen soll. Zu diesem Zweck werden die erforderlichen Komponenten der Systemarchitektur spezifiziert, nämlich Microservices und ein Backbone, die in Kombination als Datenaustauschplattform an eine Datenbank angebunden sind. Als Datenaustauschformat wird der offene Standard AutomationML verwendet, der die Informationen in eine objektorientierte Datenstruktur umwandelt, die die Struktur, Topologie, Attribute und Rollen der zu beschreibenden Objekte zusammenfasst. Im Rahmen der Arbeit wird eine erste Server-Client Applikation vorgestellt, um den funktionalen Überblick für einen vereinfachten Datenaustausch zu demonstrieren, der grundlegende Datenverwaltungsfunktionalitäten und die Konvertierung von AML nach JSON umfasst. Für die Validierung von Funktionalitäten in einem frühen Stadium des Entwicklungsprozesses wurde Python gewählt, da es den Entwicklern ermöglicht, schnell funktionierende Softwaremodule zu erstellen und Ideen zu validieren. Für die Auswahl eines geeigneten Software-Frameworks wird eine Liste von Anforderungen erstellt, um verschiedene Lösungen zum Aufbau von Microservice-Architekturen zu bewerten. Ein Vergleich von Flask, Django und FastAPI, drei etablierten Python-Bibliotheken, zeigt, dass FastAPI mit seinen integrierten Funktionen die Kriterien Datenbankintegration, Sicherheit und Skalierbarkeit erfüllt. Die sich daraus ergebende Systemarchitektur zeigt das Potenzial zur Beschleunigung der Planungsprozesse von Fertigungsanlagen und weist auf die Flexibilität und Skalierbarkeit durch den Einsatz von Microservices hin.

Tommy Luong, Alexander Große-Kreul, Tobias Drees, Bernd Kuhlenkötter
Nutzbarmachung von Mobilfunkdaten für die Mobilitätsplanung

Up-to-date micro data on spatial structure and mobility behavior become increasingly important for transport planning. The research project „VerBindungen“ (funded by German Federal Ministry for Digital and Transport) investigated chances and restrictions of integrating micro data from official statistics and mobile network data (MND) (Statistisches Bundesamt et.al. 2024). Information retrieval from MND is a modeling process requiring various data sources for calibrabration and validation. However some information needed to eleminate biases in MND raw data is still not available in Germany. Therefore new suryeys on mobile phone usage and data quality standards for MND based information production are required to help MND gain an adaquate role in transport planning.

Bert Leerkamp, Florian Groß, Tim Holthaus
Expertensysteme zur Entscheidungsfindung nachhaltiger Transformationsprozesse für Logistik- und Transportanwendungen im Kontext emissionsfreier Mobilität

Im Kontext aktueller regulativer Vorgaben der EU wird angestrebt, eine weitergehende Treibhausgasreduktion in allen Sektoren um 55 % bis 2030 ggü. 1990 zu erreichen. Für den Verkehrssektor wurde durch die Bundesrepublik Deutschland zur Erfüllung dieser Emissionsziele eine Richtlinie (KsNI) eingesetzt, die u. a. die Förderung von Machbarkeitsstudien vorsieht, welche die Beschaffung von klimafreundlichen Nutzfahrzeugen (Nfz) und Ladeinfrastruktur vorbereiten. Für die Logistik-Unternehmen sind für derart weitreichende Umstellungsprozesse Instrumente zur Erfassung und Strategieplanung, basierend auf digitalisierten TCO-Berechnungen und Expertensystemen mit Dashboard-Visualisierung ein wichtiges Werkzeug. Das geschilderte Planungs-Tool, welches im Rahmen einer „Use-Case-Study“ in Zusammenarbeit mit einem mittelständischen Bau- und Entsorgungsunternehmen entwickelt wurde, schaffte die Grundlage für die Anwendung von auf Business-Intelligence (BI) basierenden Expertensystemen in Logistikbetrieben. Das neu entwickelte Tool wird mit dem Akronym „MarBeL“ bezeichnet und besteht aus vier einzelnen Modulen, die in den Ergebnisauswertungen unterschiedliche Key-Performance-Indikators (KPIs) für die Entscheidungsempfehlung visualisiert ermitteln. Vorgelagert werden variable Inputdaten sowie der Datenbestand aus mehreren dynamischen Datenbanken zusammengeführt, sowie durch einen Algorithmus verarbeitet und in Analysen zu KPIs umgewandelt sowie in Diagrammen dargestellt. Basis für die digitalen Analysemethoden sind Eingangsdaten in Form von Substitutionsoptionen des bestehenden Fuhrparks sowie vorformulierte Szenarien für dessen schrittweisen Ersatz durch emissionsfreie Fahrzeuge. Dabei werden die Anforderungen an Stromlade- und Wasserstoff-Kraftstoffinfrastrukturen neben Aspekten der Energieversorgung automatisiert mitberücksichtigt. Anschließend werden diese Anforderungen mittels Auswertealgorithmen in Gesamtbetriebskosten und Umweltauswirkungen übersetzt, wobei auf dynamische Datenbanken mit zurückgegriffen wird. Die Ergebnisse werden in Handlungsempfehlungen zur Beschaffung alternativer Fahrzeuge und notwendiger Infrastrukturen überführt. Zur abschließenden Gesamtbewertung wird das Expertensystem mit einer Multiparameter-Datenbank verknüpft, die regulatorische sowie marktbezogene Informationen aller relevanter Einflussgrößen berücksichtigt. Die Ergebnisse werden durch den Nutzer in frei gestaltbaren Dashboards visualisiert. Anhand dieses Expertensystems wird damit eine nach Gesichtspunkten ökonomischer und ökologischer Ziele optimierte Umstellung der Fahrzeugflotte von Transportunternehmen ermittelt. Im Rahmen einer nachgelagerten Case-Study eines konkreten Logistik-Anwendungsfalles konnte das Planungs-Tool MarBeL den Nachweis erbringen, optimale Flottenumstellungsszenarien zu ermitteln, wobei die resultierenden TCO-Prognosen im Einklang mit gängigen Veröffentlichungen stehen.

Moritz Bippus, Lorenz Bamler, Oliver Ehret, Ralf Wörner
IT-Sicherheitsaspekte bei Stauprognose und Verkehrssteuerung

In der modernen Verkehrssteuerung spielen nicht zuletzt aufgrund der starken Vernetzung digitaler Komponenten IT-Sicherheitsaspekte eine zunehmende Rolle. Dieser Beitrag beleuchtet potenzielle Bedrohungen, denen Verkehrssteuerungssysteme ausgesetzt sind, und untersucht Maßnahmen zur Sicherstellung der Integrität und Verfügbarkeit dieser Systeme, wobei der Fokus auf den allgemein nutzbaren Programmierschnittstellen (APIs) der Anbieter liegt. Die Analyse erfolgt interdisziplinär und basiert auf der Untersuchung relevanter Systeme in Deutschland und der EU. Im Ergebnis zeigt sich, dass eine (bisher nicht erfolgte) Einstufung von Daten-Aggregatoren als kritische Infrastruktur ein begründbarer regulatorischer Schritt wäre, um die Resilienz von Verkehrssteuerungssystemen gegenüber Cyberangriffen zu stärken.

Ulrich Greveler
MobyDex: A Platform for Analyzing Multimodal Mobility Systems

The objective of reaching net zero emissions of greenhouse gases set out by the European Climate Law (Europe-an Parliament, 2021) requires significant changes in the mobility sector. Today, most emissions in this sector are caused by cars equipped with combustion engines (Umweltbundesamt, 2023). Thus, providing competitive sus-tainable alternatives to motorized individual transport is generally considered to be a critical factor for a successful transformation. When bundled as easy-to-use Mobility-as-a-Service (MaaS) offerings, integrated multimodal mobili-ty systems can provide such an alternative (Ministerium für Verkehr des Landes Nordrhein-Westfahlen, 2022). However, due to their heterogenous nature, high variability and large size, the analysis and planning of their struc-ture raises several challenges.The goal of the MobyDex research project (MobyDex Consortium, 2024) is to address these challenges by provid-ing a software platform that enables detailed analyses of multimodal mobility systems at a regional level. The core abstraction introduced by MobyDex is a multimodal mobility index that precisely captures the actual mobility offers and demand. To gather the system state, MobyDex integrates real-time status data from public transportation and micro-mobility providers as well as floating-car-data and movement data generated by cellular networks. By con-trasting different components of the mobility index, MobyDex can support a broad range of applications.In this paper, we describe the high-level architecture of the MobyDex platform. Thereby, we present the structure of the underlying mobility index, and we discuss how it can be used to support a broad spectrum of applications. Finally, we derive resulting technical and scientific challenges and outline how they will be addressed by MobyDex.

Marcus Handte, Alexander J. Golkowski, Christopher W. Frank, Pedro José Marrón
Software Defined Vehicle – It’s all about Execution and Implementation

In der modernen Automobilindustrie markiert das Software Defined Vehicle (SDV) einen revolutionären Wandel, bei dem statt der Hardware nun die Software die Hauptrolle übernimmt. Diese Entwicklung führt zu einer neuen Ära und zeichnet sich dadurch aus, dass Funktionen und Eigenschaften über die gesamte Lebensdauer hinweg durch Software bestimmt werden, was zu neuen dienstleistungsorientierten Geschäftsmodellen führt. Hierbei ist die Entkopplung von Software und Hardware ein zentraler Faktor, wodurch zudem eine flexiblere und effizientere Entwicklung ermöglicht wird. Obwohl OEMs die Bedeutung von SDVs erkannt haben, stellt die Implementierung dieser Technologie in den Unternehmen aufgrund der komplexen Veränderungen in den Prozessen und Strukturen eine große Herausforderung dar. Es geht hierbei nicht nur um technologische Voraussetzungen, sondern um organisatorische und strukturelle Anpassungen. Diese Veränderungen bringen eine hohe Komplexität mit sich, insbesondere durch die Echtzeit-Interaktion verschiedener Komponenten. Organisationen müssen sich anpassen, um den Wandel zu SDVs erfolgreich zu bewältigen, was neue Ansätze in der Entwicklung und Integration erfordert. Unternehmen wie Tesla und chinesische Newcomer setzen dies bereits in der Praxis um, während traditionelle Hersteller wie Volkswagen und Renault durch eigene Softwareinitiativen aufschließen. Hierbei müssen traditionelle OEMs eine Kultur des kontinuierlichen Lernens und der schnellen Anpassung etablieren, um die gewünschte Transformation erfolgreich umzusetzen. Sie müssen zu einer Software Defined Organisation (SDO) werden. Dieses Paper beleuchtet den aktuellen wissenschaftlichen Stand zu SDV, wie das Konzept definiert ist und setzt dies ins Verhältnis zu den unterschiedlichen Ansätzen der OEMs bezüglich organisationaler und struktureller Umsetzung. Es zeigt eine klare Abweichung zwischen erkannter theoretischer Notwendigkeit und der praktischen Umsetzung, vorrangig bei traditionellen OEMs. Diese Problemstellung beantwortet das Paper mit dem MHP-Implementierungsansatz, der die zentralen Faktoren zur nötigen Weiterentwicklung der Prozesse und Strukturen bei den OEMs darstellt.

Jan Wehinger, Jörg Saße, Nils Schaupensteiner, Patrick Ruhland, Andreas Pracht-Konstantinidis, Aylin Schöhl
Gender Bias in Mobilitäts-Apps: Wie man Gender Stereotypisierungen in der Konzeption digitaler Produkte vermeiden kann

Dieser Artikel beschäftigt sich mit dem Thema Gender Bias in der funktionellen Gestaltung von Mobilitäts-Apps im deutschsprachigen Raum. Angesichts der weltweiten Nutzungstrends, die Frauen als Hauptnutzerinnen öffentlicher Verkehrsmittel sehen, ist es verwunderlich, dass deren besondere Ansprüche an eine sichere, zugängliche und situationsbedingte Mobilität nicht ausreichend in digitalen Lösungen berücksichtigt werden. Denn Mobilitäts-Apps werden vor allem an dem Nutzungsverhalten und den Reisebedürfnissen von alleinreisenden, jungen Männern ausgerichtet. (Becker & Herling, 2017; Reidl, 2021) Demnach ist in dem Beitrag zu lesen, wie Produktteams eine gender-sensitive Produktkonzeption gestalten können, welche die Bedürfnisse aller Reisenden ausgewogen in den Mittelpunkt stellen. Konkret geht es um die Vermeidung von Gender Stereotypisierung in der Produktarbeit.

Stefanie Pichler
Datenräume als Basis für neue Akteure in der Mobilität

Das Mobilitätsökosystem steht vor vielfältigen Herausforderungen, unter ihnen Umweltschutz, neue Technologien und Regularien. Diese Herausforderungen betreffen nicht nur einzelne Akteure, wie Kommunen, Technologieanbieter, oder Dienstleister. Stattdessen betreffen sie das gesamte Mobilitätsökosystem und erfordern eine Zusammenarbeit über Organisationsgrenzen hinweg. Daten spielen dabei eine Schlüsselrolle. Um neue, digitale Lösungen zu schaffen, ist das Teilen von benötigten Mobilitätsdaten essenziell. Beispiele sind Infrastrukturdaten, Daten der Verkehrsteilnehmenden, oder Fahrzeugdaten. Es entsteht ein mehrseitiger Markt für Mobilitätsdaten, bestehend aus Datengebern, Datennutzenden, sowie neuartigen Anbietern von intermediären Diensten. Doch die Bereitstellung von qualitativ hochwertigen Daten ist kostspielig, Daten sind mit Rechten verknüpft, und können Geschäftsgeheimnisse enthalten. Deshalb stellen fehlende Vertrauensmechanismen und die Sorge vor Kontrollverlust eine Hürde für das Teilen von Daten und somit die Realisierung von neuen Lösungen dar. Das Vertrauen spielt eine wesentliche Rolle bei der Bereitschaft von Organisationen und Individuen die Daten zu teilen, insbesondere mit neuen und sich dynamisch verändernden Akteuren in offenen Ökosystemen. Als Lösungsansatz haben sich Datenräume entwickelt, die als mehrseitige, verteilte Plattformen benötigte Technologien, Standards und Governance-Mechanismen bereitstellen. Datenräume bilden einen Kontext für attributbasiertes Vertrauen, ermöglichen eine Orchestrierung auf der Grundlage von Metadaten und Peer-to-Peer-Transaktionen und ermöglichen die implementierungsunabhängige, organisationsübergreifende Berücksichtigung von Bedingungen. In den letzten Jahren haben sich Datenräume von der Konzeptphase zu greifbaren Technologien und aktiven Gemeinschaften entwickelt. Der Beitrag analysiert Datenräume aus technologischer, rechtlicher, und organisatorischer Perspektive und stellt dar, welche Implikationen sich für bestehende Akteure im Mobilitätsökosystem ergeben und welche neuen Akteure im Mobilitätsdatenökosystem aus Individuen, Privatwirtschaft, und dem öffentlichen Sektor auftreten.

Anna Maria Schleimer, Marcel Altendeitering, Marius Hupperz, Michael Steinert

Addressing and incentivizing customers

Frontmatter
On-Demand Car Functions: Die Faktoren der Akzeptanz

Diese Studie untersucht die technologische Akzeptanz von On-Demand Car Functions (ODCFs) mittels einer qualitativen Inhaltsanalyse von Experteninterviews. Ziel der Arbeit ist es, relevante Akzeptanzfaktoren für ODCFs zu identifizieren und ein tieferes Verständnis für das Verhalten und die Einstellungen der Konsumenten zu entwickeln. Durch die Analyse konnten 52 Akzeptanzfaktoren identifiziert und in 14 Hauptkategorien eingeordnet werden. Die Studie stellt einen ganzheitlichen Forschungsansatz zur Untersuchung der Akzeptanz von ODCFs vor, welcher die Basis für zukünftige wissenschaftliche Arbeiten bildet. Die Ergebnisse unterstreichen die Komplexität der Akzeptanz von ODCFs und die Notwendigkeit, verschiedene Faktoren zu berücksichtigen. Die Arbeit leistet einen wichtigen Beitrag zur Forschung im Bereich der Technologieakzeptanz und bietet praktische Einblicke für die Gestaltung und Vermarktung von ODCFs.

Tom Gräsner, Roland Vogt
Einführungsstrategien nachhaltiger on-demand Mobilitätkonzepte im öffentlichen Nahverkehr

Um die international und national beschlossenen Klimaziele zu erreichen, müssen die verkehrsbedingten Emissionen in der Bundesrepublik Deutschland drastisch reduziert werden. Hierzu bedarf es einer umfassenden Mobilitätswende, welche die Etablierung emissionsärmerer und effizienterer Mobilitätsformen umfasst. Ein Lösungsansatz können on-demand Dienste bieten, die den öffentlichen Personennahverkehr bedarfsgerecht gestalten und so dessen Akzeptanz steigern. Zahlreiche bisher eingeführte on-demand Dienste mussten jedoch nach Beendigung des Projekt- bzw. Förderzeitraums wieder eingestellt werden. Maßgebliche Herausforderungen waren die Integration der Dienste in die bestehenden ÖPNV- und Mobilitäts-Strukturen sowie teilweise damit einhergehende ökonomische Aspekte. In diesem Beitrag wird eine Methode vorgestellt, welche neben der Einführung neuartiger Mobilitätsdienste auch die Entwicklung eines nachhaltigen Mobilitäts-Ökosystems anstrebt. Der Fokus liegt dabei auf ländlich geprägten Regionen und ihren besonderen Herausforderungen im Bereich des öffentlichen Nahverkehrs. Die Methode beschreibt ein fünf-phasiges Handlungsschema, in welchem Potenziale bestehender Strukturen genutzt, Mobilitäts-Stakeholder eingebunden und verhärtete Mobilitätsverhalten allmählich positiv verändert werden. Anhand der Initiative Neue Mobilität Paderborn wird aufgezeigt, dass mithilfe der Methode erste Schritte hin zu einem Mobilitäts-Ökosystem absolviert werden können. Darüber hinaus werden Einführungsszenarien für die neuartige, sich noch in der Entwicklung befindliche Mobilitätslösung NeMo.bil in einer Beispielregion erarbeitet.

Jonathan Behm, Moritz Ostermann, Julian Bomm, Sören Rahmann, Thomas Tröster, Thorsten Marten
SnackTrack: Digitaler Zwilling für Turbo-Umstiege – Imbissbestellung leicht gemacht!

Die Digitalisierung kann ganz neue Perspektiven für Reisende, Einzelhandel und Gastronomie an Verkehrsknoten wie Bahnhöfen und für Verkehrsunternehmen bieten. Mit einer digitalen Verfügbarkeit und Zurverfügungstellung von Reisekettendaten in Echtzeit geht die Möglichkeit einher, auch für individuell Reisende einen sogenannten Digitalen Zwilling zu etablieren. Aus den darin enthaltenen Informationen lässt sich beispielsweise die Verweilzeit potenzieller Kunden bis zum Erreichen des Anschlussverkehrsmittels ableiten. Bei automatisierter Übertragung dieser Daten, etwa mittels einer App, können Anbieter aus Einzelhandel und Gastronomie potenziellen Kunden individuelle, in der (verbleibenden) Umsteigezeit voraussichtlich realisierbare Angebote unterbreiten. Ein Schlüsselelement zur Optimierung der Realisierbarkeit solcher Angebote kann eine Abkehr vom bekannten First-In-First-Out (FIFO) Prinzip der Kundenbedienung sein. Eine Optimierung und Virtualisierung der Warteschlange unter Kenntnis des individuellen Zeitbudgets und Anforderungsprofils der Kunden hat das Potenzial, mehr Kundenbedürfnisse zu bedienen als im Status quo. Eine Steigerung der Bedienraten im Einzelhandels- und Servicebereich am Knoten könnte bei verlässlichen Fahrgastinformationen darüber hinaus auch zu einem kürzeren Verbleib auf den Bahnsteigen führen und zur Entlastung dieser Bereiche, einem beschleunigten Fahrgastwechsel und zu mehr Aufenthaltsqualität auch am Gleis beitragen. Das Prinzip, auf Basis der Kenntnis des Servicewunsches und des Zeitbudgets der Reisenden realisierbare Angebote an Umsteigebahnhöfen zu unterbreiten, wird in diesem Paper als „SnackTrack“ bezeichnet. Ein solches Anwendungsszenario wird als Basis für weitere Forschung und die Entwicklung konkreter Umsetzungsmöglichkeiten skizziert. Methodisch findet eine Kombination aus Literaturanalyse, Erfahrungen aus anderen Verkehrsknoten (insb. Flughäfen) und Simulation Anwendung. Ergänzend dazu erfolgt die Auswertung einer empirischen Befragung von Stakeholdern zur Validierung des Konzepts.

Erik Grunewald, Sven Maertens, Kathrin Viergutz, Jan Wegener, Benedikt Scheier
Anreizmechanismen als Mittel zur Änderung des Mobilitätsverhaltens

In der öffentlichen Debatte über die Mobilitätswende stehen oftmals technische Lösungen im Mittelpunkt (vgl. Manderscheid 2020, S. 38). Allerdings liegt es nahe, nicht nur die technischen, sondern auch die sozialen Aspekte in den Blick zu nehmen, um zu einem ganzheitlichen Verständnis der Verkehrsmittelwahl zu gelangen und Möglichkeiten ihrer Veränderung zu identifizieren. Anreizmechanismen, auch Nudges (Thaler und Sunstein, 2009) genannt, können eine wichtige Rolle spielen und eine Ergänzung zu technischen, infrastrukturellen oder gesetzlichen Maßnahmen darstellen. Dieser Artikel identifiziert wesentliche theoretische Ansätze zur Erklärung des Mobilitätsverhaltens. Dabei wird der Frage nachgegangen, an welchen Punkten aus theoretischer Sicht Anreizmechanismen ansetzen könnten und wie diese gestaltet sein sollten, um zu einer Änderung des Mobilitätsverhaltens beizutragen. Hierzu wird auch ein Überblick über bereits in der Praxis verwendete Konzepte gegeben, bevor schließlich ein theoriefundiertes Konzept für eine geeignete Kombination und Anwendung verschiedener Anreize präsentiert und diskutiert wird. Dabei wird festgestellt, dass zur Erklärung des Mobilitätsverhaltens eine Kombination aus verkehrlichen Faktoren, individuellen Einstellungen und Kontextfaktoren am besten geeignet ist (vgl. Weyer und Hoffmann, 2023; Widmer et al., 2019; Schneider, 2013). Folglich empfiehlt es sich, Anreize nicht pauschal auszuspielen, sondern zunächst eine Typisierung der Adressat:innen vorzunehmen, um individuell angepasste Anreize verwenden zu können. Für das vorgeschlagene Anreiz-Konzept erscheint vor allem eine App-basierte Ausspielung individualisierter Routenempfehlungen und Feedbacks sinnvoll. Diese Lösung ist einerseits ohne besonders große Hardware-Investitionen realisierbar, wodurch eine großflächige und flexible Umsetzbarkeit gewährleistet wird. Andererseits zeichnet sich diese Lösung dadurch aus, dass sie mit weiteren Anreizmechanismen kombinierbar ist und an bereits vollzogene Änderungen des Verhaltens automatisiert angepasst werden kann.

Kay Kohaupt-Cepera
Darstellung der Mehrzweckflächenbelegung öffentlicher Verkehrsmittel an urbanen Haltestellen

Diese Studie untersucht den Einfluss zweier Darstellungsvarianten von Belegungsinformationen für Mehrzweckflächen in Fahrzeugen des öffentlichen Personennahverkehrs an urbanen Haltestellen auf das Entscheidungsverhalten und die subjektive Beanspruchung der Fahrgäste. Mehrzweckflächen dienen in den Verkehrsmitteln z. B. als Stellfläche für Rollstühle, Kinderwagen oder Fahrräder. Aktuelle Informationen über deren Belegung können für die Fahrgäste von großem Interesse sein, um sich zu entscheiden, welche Einstiegstür des Verkehrsmittels sie nutzen wollen, und sich dementsprechend an der Haltestelle aufzustellen. Die zwei Darstellungsvarianten wurden bezüglich Entscheidungsdauer, Entscheidungszuverlässigkeit und subjektiver Entscheidungssicherheit untersucht. Die Studie wurde mit insgesamt 40 Probanden in einem Abstand von zwei Metern bzw. zwanzig Metern zum Haltestellenanzeiger durchgeführt. Die Ergebnisse zeigen, dass die Variante Kästen im Vergleich zur Variante Haken zu schnelleren Entscheidungen führt. Außerdem wurde festgestellt, dass die subjektive Beanspruchung bei der Variante Kästen geringer war. Es zeigte sich, dass beide Darstellungsvarianten geeignet sind, die Belegungsinformation der Mehrzweckflächen an den Fahrgast zu übermitteln, aber die Variante Kästen zu bevorzugen ist.

Franka Wehr, Ludger Schmidt
The »Sunglider Smart Uberground Metro«: an Example of a Radical New Beginning in Modern Public Transport for the Future Mezzopolis

The »Sunglider Smart Uberground Metro« is a multi awarded autonomous, self-sufficient, photo-electrically fuelled public metro-system on level + 1, conceived for medium-sized cities and urban areas called »mezzopolis«. The metro system consists of completely new designed small, autonomous suspension cars, ground movers, cargo movers for parcel & express services, and pedelecs in sharing mode. The entire track is built on wooden pylons in the middle of the road following strictly their course and carries a 6 m wide wooden PV roof generating at least 130% of the energy consumed by the entire metro. By choosing uberground, glulam track construction and disruptive innovations in car design/manufacturing Sunglider reduces the investments radically. Autonomous vehicles and self-supply of free solar energy are reducing the O&M costs drastically. In this way, the Sunglider can offer a subsidy-free zero fare nevertheless generating profits and convince citizens to leave their cars at home for a high frequent and comfortable municipal public transport.

Dieter Otten, Peter Kuczia, Ewelina Gawell
Ropeways as an Innovation in Latin-American Urban Public Transportation

Large Latin American cities present problems caused by exponential population growth, the existence of densely populated neighborhoods in peripheral areas that are difficult to access due to their topographical characteristics and, therefore, deficiencies and deficiencies in urban transport services. In this regard, we consider urban ropeways as an innovation in the mass public transport service, which appeared first in the city of Medellin, Colombia, and were then extended to other cities in several countries. Through a documentary analysis and interviews, the characteristics and implications of this new mode of public transportation are presented to analyze the Megalopolis of Mexico City case, where several lines of ropeways are currently operating with an impact on environmental, economic and social dimensions. Urban ropeways are emerging as a global trend and represent an innovation in public not only because of the use value and public value they entail, but also because they contribute to the socio-technical transition of urban mobility towards sustainability in metropolitan contexts.

Sergio Gustavo Astorga, Daniel Villavicencio Carbajal

New Players in Mobility – weitere Aspekte

Frontmatter
Mobilität im ländlichen Raum und digitale Hilfsmittel: Status quo und Zukunft

Die Bedeutung nachhaltiger Mobilität sowohl in der Gesellschaft als auch in der Politik steigt seit Jahren. Dabei ist der Verkehrssektor eines der ökologischen Problemfelder, insbesondere in der Klimapolitik: Die Mobilitätsbedürfnisse der Gesellschaft sind offenbar bislang nicht mit den politischen Nachhaltigkeitszielen vereinbar. Dementsprechend groß ist das Augenmerk auf den Verkehrssektor. Da im urbanen Raum die größte Verkehrsnachfrage – und damit auch das größte Potenzial zur Verbesserung von Nachhaltigkeitsindikatoren – vorherrscht, liegt der Fokus von Studien und Maßnahmen meist auf urbaner Mobilität, wie beispielsweise bei den Themen Car-Sharing, autonomes Fahren, Ride-Hailing oder Bike-Sharing. Mobilität im ländlichen Raum wird häufig nachrangig betrachtet, obwohl der motorisierte Individualverkehr dort eine größere Rolle spielt als im urbanen Raum, sodass dort ungenutzte Nachhaltigkeitspotenziale liegen. Vor diesem Hintergrund stellt der vorliegende Artikel die Ergebnisse einer Studie verschiedener soziodemografischer Gruppen in zwei ländlichen Räumen vor. In einer Umfrage wurde das Zusammenspiel zwischen Mobilität, der Nutzung digitaler Hilfsmittel für die Mobilität, Persönlichkeitseigenschaften sowie Einstellungen zur Nachhaltigkeit untersucht. Auf Basis der gewonnen Erkenntnisse werden Rückschlüsse auf die Bedürfnisstruktur verschiedener ländlicher Mobilitätstypen gezogen und Rahmenbedingungen für die Entwicklung von nachhaltigen und digital unterstützten Mobilitätsangeboten definiert.

Wibke Michalk, Jan-Diederich Lüken, Astrid Niederberger
Die Zukunft des Radverkehrs in urbanen Verkehrsstrukturen mit automatisierten Fahrzeugen

Die Förderung des Radverkehrs ist ein zentraler Bestandteil zur Lösung von Verkehrsproblemen und zur Erreichung von Umweltzielen in urbanen Räumen. In Anbetracht der technischen Entwicklung hin zu automatisierten und vernetzten Kraftfahrzeugen (avF) stellen die Wechselwirkungen zwischen avF und dem Radverkehr ein bislang nicht tiefergehend erforschtes Themenfeld dar. Im Forschungsprojekt „RAD-AUTO-NOM“ wurden daher Analysen durchgeführt, um die Vereinbarkeit dieser beiden Verkehrssysteme im Stadtverkehr zu untersuchen. Das Fahrverhalten von avF unterscheidet sich grundlegend von manuell gesteuerten Fahrzeugen durch ihre strikte Einhaltung der Verkehrsregeln, z. B. Geschwindigkeitsbegrenzungen oder Sicherheitsabständen zu anderen Verkehrsteilnehmenden. Die flexible, intuitive und nicht immer regelkonforme Fahrweise von Radfahrenden stellt eine besondere Herausforderung dar, da avF Schwierigkeiten haben können, ihre Bewegungen und Fahrmanöver zuverlässig zu erkennen und vorherzusagen. Algorithmen von avF sind darauf ausgelegt, sowohl die Sicherheit der Fahrzeuginsassen als auch die der anderen Verkehrsteilnehmenden zu gewährleisten. Dennoch bestehen ethische Unsicherheiten hinsichtlich der Entscheidungsfindung und Priorisierung in potenziell gefährlichen Situationen. Die Interaktion zwischen Radfahrenden und Kraftfahrzeugen ist durch diverse Konfliktsituationen geprägt, die durch eine verbesserte Vernetzung und Kommunikation der Fahrzeuge entschärft werden könnten. Typische Situationen wie das Hinterherfahren hinter Radfahrenden oder Überholen erfordern von avF eine genaue Berechnung von Sicherheitsabständen und Geschwindigkeiten, um potenzielle Gefahren zu minimieren. Die Herausforderung liegt dabei in der zuverlässigen Erkennung von Radfahrenden und der präzisen Vorhersage ihrer Bewegungen, was derzeit noch Entwicklungsbedarf bei avF signalisiert. Die zukünftige Weiterentwicklung dieser Technologien könnte jedoch dazu beitragen, Unfälle mit Radfahrenden zu reduzieren und das Sicherheitsgefühl im Straßenverkehr insgesamt zu erhöhen. Eine Online-Befragung wurde durchgeführt, um die Erwartungen und Anforderungen der Radfahrenden an avF zu erfassen. Die Ergebnisse zeigen, dass Radfahrende vor allem Wert auf ein regelkonformes Verhalten seitens der avF legen, während der direkten Kommunikation mit den Kraftfahrzeugen ein geringerer Stellenwert beigemessen wird. Des Weiteren wurde das Unsicherheitsempfinden von Radfahrenden in verschiedenen Verkehrsszenarien untersucht. Dabei zeigte sich, dass eine klare Trennung des Radverkehrs von anderen Verkehrsteilnehmenden zu einem geringeren Stressniveau bei Radfahrenden führt. Sobald autonome Fahrzeuge und Radfahrende aufeinandertreffen, entstehen komplexe Wechselwirkungen, die eine klare Regulierung erfordern. Geschwindigkeiten spielen hierbei eine zentrale Rolle, da sie direkten Einfluss auf das Fahrverhalten von avF und die Sicherheit haben. Das Projekt zeigt, dass die konsequente Einhaltung von Sicherheitsabständen zu Radfahrenden und anderen Verkehrsteilnehmenden ebenfalls von großer Bedeutung ist, um Unfälle zu verhindern und das Vertrauen in autonome Fahrzeuge zu stärken. Eine präzise Detektionstechnologie und klare rechtliche Rahmenbedingungen sind unerlässlich, um eine sichere Interaktion zwischen avF und Radverkehr zu gewährleisten und zugleich die Mobilität in urbanen Räumen effizienter zu gestalten.

Karim El Gharbi, Wilko Manz
Einfluss der Kultur des Heimatlandes auf die digitale Reife von Automobilunternehmen

Neue Wettbewerber und technologische Veränderungen drängen Automobilunternehmen verstärkt dazu, sich anzupassen und digital zu transformieren. Dieser Beitrag beleuchtet daher verschiedene Komponenten, die Automobilunternehmen auf ihrem Weg zur digitalen Reife berücksichtigen müssen. In diesem Kontext wird die Kultur des Heimatlandes als Faktor diskutiert und ihre Wirkung durch Hypothesen zum Einfluss der sechs Kulturdimensionen nach Hofstede auf die digitale Reife in Automobilunternehmen konkretisiert. Zur Messung der digitalen Reife und zur Überprüfung der Hypothesen liefert eine quantitative Untersuchung in 222 Automobilunternehmen aus vier verschiedenen Ländern Ergebnisse. Diese bestätigt signifikant vermutete Wirkungen nationaler Kultur auf die digitale Reife in diesen Unternehmen. Im Rahmen ihrer digitalen Transformation sollten Automobilunternehmen, neben der Anpassung von Prozessen sowie der Erweiterung von Produkten und notwendigen Fähigkeiten, folglich unter anderem langfristorientierte und kollektivistische Strukturen in ihrer Organisation etablieren.

Christian Festing, Heike Proff
Das Deutschlandticket – der Sargnagel für die deutschen Tarif- und Verkehrsverbünde?

Die Einführung des bundesweit gültigen Deutschlandtickets wird signifikante Auswirkungen für die bundesdeutsche Tarif- und Verbundlandschaft herbeiführen, welche sich vermutlich im ersten Schritt in einer Vereinfachung bzw. Vereinheitlichung digitaler ÖPNV-Vertriebskanäle wiederspiegelt. Basierend auf dem Ansatz der „Disruptive Innovation“ (Christensen et al., 2015 (Christensen, C. M., M. E. Raynor, & R. McDonald. (2015). What is disruptive innovation? Harvard Business Review December: S. 44–53.)) stellt das Deutschlandticket womöglich eine disruptive Innovation dar, welche die bestehenden und lokal bzw. regional geprägten ÖPNV-Produkte ersetzen oder zumindest deutlich am Markt verdrängen wird. Dieses Szenario, geprägt von einer möglichen Abwanderung bestehender ÖPNV-Kunden von den heute bestehenden lokalen und regionalen Tarifen zum Deutschlandticket, wird erhebliche Effekte auf die Nachfrage und die Erlöse für die Tarif- und Verkehrsverbünde zur Folge haben und könnte folglich in einem zweiten Schritt zu einer Neustrukturierung bzw. Ablösung der bisherigen bundesdeutschen Tarif- und Verbundlandschaft führen.

Sebastian Knöchel
Operationell verortete Testanordnungen für die künftige Automatisierung des Straßenverkehrs – Was kümmert das die Stadt- und Verkehrsplanung?

Im Laufe des Jahres 2024 wird die Ausstattung von Neuwagen mit Fahrerassistenzsystemen verbindlich vorgeschrieben. Damit wird hoch automatisiertes Fahren auf Level 3 möglich, wenn der Kfz-Führer sich assistieren lassen will. Über die Verlässlichkeit und das Einsatzspektrum solcher Fahrerassistenzsysteme ist indessen zu wenig bekannt. Die Werbebotschaften konzentrieren sich auf Schlagworte, die die Entlastung der Kfz-Führer erwarten lassen. Freilich bleibt die juristische Verantwortung für Fehlfunktionen der Assistenzfunktionalitäten oder bei Missverständnissen über deren Gebrauch weiterhin bei den Lenkenden. Es stellt sich daher die Frage, ob diese Funktionalitäten anhand der verkehrlichen Praxis ausreichend getestet und die Ergebnisse für die Zulassung dokumentiert werden. Viel ist von den digitalen Fähigkeiten der Kfz die Rede, wenig wird über die Verträglichkeit in urbanen Anwendungsräumen und die Nützlichkeit für Mobilitätsgruppen, wie immer sie unterwegs sind, diskutiert.Raum- und Verkehrswegeplanung werden damit bei der Erstellung von Mobilitätsplänen konfrontiert sein. So könnten Verkehrsregulationen für Teile des Straßennetzes in sensiblen Siedlungsgebieten für den Einsatz von Automatisierungstechnologien proaktiv oder restriktiv verordnet werden. Dazu bedarf es verkehrsrechtlicher Instrumente gemäß StVO. Davor sind Test-Szenarien, als ODD bezeichnet, methodisch ausgereift zu entwickeln und verkehrspraktisch auszurichten.

Heinz Dörr, Andreas Romstorfer
Kommunikationsmaßnahmen im Kontext der Realisierung infrastruktureller Vorhaben in der Radverkehrsplanung

Kommunikationsmaßnahmen unterstützen dabei, die Aufmerksamkeit auf infrastrukturelle Maßnahmen, wie beispielsweise der Einrichtung einer Fahrradstraße, zu lenken sowie die Sicherheit des Radverkehrs zu verbessern. Diesem Ansatz wurde mithilfe einer umfangreichen Literatur- und Internetrecherche, Interviews mit ausgewählten Radverkehrsfachleuten sowie einer Online-Umfrage mit weiteren Fachplanenden nachgegangen. Hierdurch konnten eine Vielzahl an Maßnahmen mit Kommunikationswirkung zusammengetragen werden. Das Ziel war die Erarbeitung einer strukturierten Übersicht lokal einsetzbarer Maßnahmen zur kommunikativen und informativen Begleitung infrastruktureller Vorhaben in den Realisierungsphasen Planung, Bau und Inbetriebnahme sowie der bewertenden Einschätzung in Bezug auf Aufmerksamkeit und Radverkehrssicherheit. Die recherchierten Maßnahmen wurden entsprechend kategorisiert und aufgrund ihrer Vielzahl zu Maßnahmengruppen am Ort des infrastrukturellen Vorhabens und begleitend zum Vorhaben zusammengefasst. Für die Bewertung der Eignung stand die Einschätzung von Personen mit entsprechender Expertise in der Radverkehrsplanung im Fokus. Als Ergebnis stellte sich heraus, dass eine Kombination von Maßnahmen am Ort des Vorhabens und begleitenden Maßnahmen als sinnvoll anzusehen sind und die Auswahl sowohl von der Dauer erforderlicher Baumaßnahmen als auch vom inhaltlichen Umfang des Vorhabens abhängig ist. Bezüglich der Ausgestaltung von Kommunikationsmaßnahmen spielen die Faktoren Größe, Standort, Kontrastwirkung, Farbgebung und Inhalt vor allem bei physisch umgesetzten Maßnahmen am Ort des infrastrukturellen Vorhabens eine ausschlaggebende Rolle für die Punkte Aufmerksamkeit und Beitrag zur Radverkehrssicherheit. Ein umsichtiger Einsatz von Kommunikationsmaßnahmen kann zur Erhöhung der Akzeptanz von infrastrukturellen Vorhaben sowie zur Steigerung der Sicherheit von Radfahrenden beitragen.

Maximilian Krauß, Wilko Manz

Schluss

Frontmatter
New Player in Mobility: Technische und betriebswirtschaftliche Aspekte – Schlussbetrachtung mit Key Take-aways

Dieses Kapitel fasst die wesentlichen Erkenntnisse zusammen, die in diesem Tagungsband dokumentiert sind und die auf dem 16. Wissenschaftsforum der Universität Duisburg-Essen im Jahr 2024 diskutiert wurden.

Heike Proff
Metadaten
Titel
New Players in Mobility
herausgegeben von
Heike Proff
Copyright-Jahr
2025
Electronic ISBN
978-3-658-46485-1
Print ISBN
978-3-658-46484-4
DOI
https://doi.org/10.1007/978-3-658-46485-1