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2020 | Buch

Normative Theorien autoritärer Herrschaft

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Über dieses Buch

Während die normative Begründung von Demokratie seit der Antike ein zentrales Thema der politischen Ideengeschichte darstellt, erhält die Rechtfertigung autoritärer Herrschaft bisher relativ wenig Aufmerksamkeit. Diese Diskrepanz soll mit diesem Buch beseitigt werden. Übersichtsweise werden die relevanten Beiträge politischer Philosophen und Vertreter religiöser und ideologischer Strömungen abgehandelt und zu sieben Autoritätstypen zusammengefasst: den sittlichen, religiösen, schützenden, vernünftigen, ideologischen, elitären und populistischen Autoritarismus.

Inhaltsverzeichnis

Frontmatter
Kapitel 1. Einleitung
Zusammenfassung
In der Einleitung zum Buch „Normative Theorien autoritärer Herrschaft“ wird die Ausgangsfrage der gesamten Untersuchung eingeführt, nämlich wie sich autoritäre Herrschaft trotz aller negativen Konnotationen, die sich aus einer demokratischen Perspektive mit ihr verbinden, normativ begründen lässt. Der Fokus der Untersuchung wird auf die politische Ideengeschichte gelegt und zwar von den Anfängen (Platon, Konfuzius) bis zur Gegenwart (Populismustheorien). Der Aufbau des Buches wird über eine Beschreibung der einzelnen Kapitel dargelegt.
Dietmar Braun
Kapitel 2. Die analytischen Dimensionen von Rechtfertigungsdiskursen autoritärer Herrschaft
Zusammenfassung
Das zweite Kapitel des Buches „Normative Theorien autoritärer Herrschaft“ klärt Begrifflichkeiten und entwickelt eine Heuristik, die die Analyse der Rechtfertigungsdiskurse autoritärer Herrschaft in der politischen Ideengeschichte im weiteren Verlauf anleiten soll. Was genau versteht man unter autoritärer Herrschaft; mithilfe welcher analytischen Kategorien kann die Legitimität von Herrschaft allgemein und von autoritären Regimen insbesondere beschrieben werden; wie lässt sich autoritäre von totalitärer Herrschaft abgrenzen; wie unterscheiden sich demokratische und autoritäre Systeme im Hinblick auf ihre Herrschaftsstruktur: dies sind die grundlegenden Erkenntnisfragen in diesem Kapitel. Als konstituierende Merkmale eines Rechtfertigungsdiskurses werden schließlich die normativen Ziele, die Legitimititätsquelle und der Herrschertypus einerseits und die Herrschaftsorganisation andererseits benannt.
Dietmar Braun
Kapitel 3. Der sittliche Autoritarismus: Die Herrschaft der Gelehrten
Zusammenfassung
Im dritten Kapitel des Buches „Normative Theorien autoritärer Herrschaft“ wird der erste Rechtfertigungsdiskurs autoritärer Herrschaft in der politischen Ideengeschichte, der „sittliche Autoritarismus“ über eine Beschreibung und Analyse der „Politeia“ von Platon und der „Analekten“ von Konfuzius vorgestellt. Das normative Ziel einer tugendhaften und harmonischen Gesellschaft bildet hier den Ausgangspunkt der Überlegungen. Vernunft und Moral sind hier die Basis, auf der autoritäres Regieren aufgebaut sein sollte. Die Herrschaft ist von daher „Gelehrten“ überantwortet, die in besonderer Weise das nötige Wissen erworben und die erforderliche moralische Lebensführung gezeigt haben. Eine funktionalistisch gedachte Einordnung des gesellschaftlichen Individuums in die „sittliche Gemeinschaft“ bildet eine weitere wichtige Prämisse in der Argumentationsstruktur dieses Rechtfertigungsdiskurses und trägt zur Akzeptanz autoritärer Herrschaft bei.
Dietmar Braun
Kapitel 4. Religiöser Autoritarismus: Die Herrschaft der Priester
Zusammenfassung
Im vierten Kapitel des Buches „Normative Theorien autoritärer Herrschaft“ wird der Versuch unternommen, den autoritären Gehalt von Herrschaft in religiösen Doktrinen zu bestimmen. Die Rechtfertigungsdiskurse hier beschäftigen sich sowohl mit der Herrschaftsbeziehung von Kirche und Gläubigen wie auch mit der zwischen Staat und Bürger sowie mit der Beziehung von Kirche und Staat. Sowohl das Christentum wie der Islam sind „Heilslehren“ und haben den Anspruch, die Gläubigen über den moralisch richtigen Weg zur „Erlösung“ zu führen. Autoritäre Herrschaft wird „Priestern“ zuerkannt, die als geistliche Gelehrte das Wissensmonopol auf die Exegese heiliger Schriften reklamieren können. Der Gläubige wird hier zum „Wissensempfänger“. Gehorsamkeit gegenüber den weltlichen Autoritäten zieht sich wie ein roter Draht durch die Rechtfertigungsdiskurse religiöser Herrschaft. Im Verlauf des Kapitels werden Diskurse unterschiedlicher Denker oder Debatten im Christentum (Augustinus, von Aquin, hierokratischer Diskurs im Kirchenstaat, der Konziliarismus, Luther, Calvin) sowie in Kurzform auch im Islam vorgestellt, in denen sich unterschiedliche Meinungen über das Verhältnis von Kirche und Gläubigen, aber auch zwischen Staat und Kirche wiederfinden. Die Aussagen über religiösen und politischen Gehorsam stehen im Mittelpunkt.
Dietmar Braun
Kapitel 5. Der schützende Autoritarismus: Die Herrschaft der absoluten Alleinherrscher
Zusammenfassung
Im fünften Kapitel des Buches „Normative Theorien autoritärer Herrschaft“ werden die Rechtfertigungsdiskurse eines „schützenden Autoritarismus“ (Machiavelli, Bodin, Hobbes, Schmitt) einer vergleichenden Analyse unterzogen. Das normative Ziel aller dieser Diskurse ist der Schutz und die Sicherheit der Bürger in einem gefährdeten Gemeinwesen durch autoritäre Herrschaft. Als Herrscherfigur erscheint der für die Zeit des Absolutismus charakteristische „absolute Alleinherrscher“, dessen Machtmonopol uneingeschränkt gilt. Die Legitimität dieser Herrscher beruht auf der Erfüllung des impliziten Versprechens auf Schutz und Sicherheit. Ein Versagen in Bezug hierauf diskreditiert den Herrschaftsanspruch. Die Rolle der Bürger ist die des Untertanen, der auf seinen Anspruch auf Selbstbestimmung freiwillig verzichtet hat.
Dietmar Braun
Kapitel 6. Der vernünftige Autoritarismus: Die Herrschaft des konstitutionellen Monarchen
Zusammenfassung
Im sechsten Kapitel des Buches „Normative Theorien autoritärer Herrschaft“ steht die politische Theorie Hegels, dokumentiert in der „Rechtsphilosophie“, zentral. Hegels Vision eines idealen „sittlichen Staates“ möchte individuelle Freiheit und Gemeinschaftsorientierung miteinander in Einklang bringen. Dies gelingt in einer politischen Ordnung, die in sich „vernünftig“ ist, die als die höchste Stufe in der Entwicklung des „Weltgeistes“ gesehen werden kann. Die autoritär geführte „konstitutionelle Monarchie“ ist der adäquate institutionelle Ausdruck dieser vernünftigen Ordnung. In dieser Ordnung ist der Monarch als „Letztentscheider“ an die „gelebte Verfassung“ eines historisch gewachsenen nationalen Gemeinwesens gebunden und über die Vorstellung einer organisch gewachsenen und funktionalistisch aufgebauten gesellschaftlichen und politischen Ordnung legitimiert. Die Bürger sind aktiver Teil dieser funktionalen Ordnung.
Dietmar Braun
Kapitel 7. Der ideologische Autoritarismus: Die Herrschaft der revolutionären Intellektuellen und der Führer
Zusammenfassung
Im siebten Kapitel des Buches „Normative Theorien autoritärer Herrschaft“ werden die beiden ideologischen Strömungen des Marxismus-Leninismus und des deutschen und italienischen Faschismus analysiert. Sie lassen sich aufgrund ihrer in der Zukunft liegenden normativen Ziele und dem Anspruch auf Massenmobilisierung als „säkulare Heilslehren“ bezeichnen. Beide Ideologien teilen einige Diskursbausteine wie den Manichäismus und die Eschatologie, die Betonung des politischen Kampfes oder den Vorrang des Kollektivs vor der individuellen Selbstentfaltung miteinander. Ihre philosophischen Grundlagen – die „rationale“ Denktradition im Marxismus-Leninismus und die „lebensphilosophischen“ Denktraditionen im Faschismus – unterscheiden sich allerdings deutlich. Dies führt auch zu anderen Vorstellungen über autoritäres Regieren: Der Marxismus-Leninismus fordert eine „Diktatur des Proletariats“ im Übergang zum Heilsversprechen, dem Kommunismus, in der „revolutionäre Intellektuelle“ mithilfe einer Einheitspartei die autoritäre Führung übernehmen. Im Faschismus trägt das organizistische Denken über die „Volksgemeinschaft“ zur herausgehobenen und entrückten Person des „Führers“ bei. Beide Ideologien treffen sich aber wieder in ihrem Anspruch auf die Etablierung einer totalitären Ordnung, einer allumfassenden geistigen, kulturellen und politischen Durchdringung der Gesellschaft mit dem Zweck der permanenten Mobilisierung der Bürger für die Erreichung des Heilsversprechens.
Dietmar Braun
Kapitel 8. Der elitäre Autoritarismus: Die Herrschaft der Aristokraten und Oligarchen
Zusammenfassung
Das achte Kapitel des Buchs „Normative Theorien autoritärer Herrschaft“ greift die Lehre einiger Denker zu Anfang des 20. Jahrhunderts auf, die als Begründer einer Elitentheorie gelten dürfen: Pareto, Mosca und Michels. Diese Theoretiker verfolgten nach eigenen Aussagen kein normatives Ziel, sondern betrachteten ihre Analysen als die wahre Erkenntnis von Herrschaftsverhältnissen in allen menschlichen Gesellschaften. Autoritäre Herrschaft über Eliten, die sich aufgrund ihrer „natürlichen Fähigkeiten“ von der „Masse“ unterscheiden, erscheint hier als nicht wegzudenkendes Faktum jeder politischen Ordnung. „Gute Elitenherrschaft“ wird positiv gewertet, weil sie in der Lage ist, die politische Stabilität einer Gesellschaft zu erreichen. Die Analysen beschäftigten sich dann aber vor allem mit den Fällen „schlechter Elitenherrschaft“ und ihrer Vermeidung. In diesem Zusammenhang steht die These der „Elitenzirkulation“ zentral, die Bedingungen „guter Elitenherrschaft“ offenlegen soll. Diese These kulminiert in der Rechtfertigung von vorübergehender Gewaltherrschaft. Der Bürger wird aus dem Blickwinkel des elitären Autoritarismus als inkompetent, manipulierbar und politisch apathisch gesehen.
Dietmar Braun
Kapitel 9. Der populistische Autoritarismus: Die Herrschaft der Cäsaren
Zusammenfassung
Im neunten Kapitel des Buchs „Normative Theorien autoritärer Herrschaft“ stehen die aktuellen Diskussionen über den „Populismus“ zentral. Im Unterschied zu allen anderen Typen des Autoritarismus ist hier die „Volkssouveränität“ das ursprüngliche Rechtfertigungsprinzip für politische Herrschaft, allerdings in der radikalen Form einer „reinen Mehrheitsherrschaft“. In der Analyse wird gezeigt, wie populistische Herrschaft in autoritäre Herrschaft verwandelt werden kann. Dies geschieht mithilfe weiterer Diskursbausteine wie der „plebiszitären Führerdemokratie“ Webers und der „Zuschauerdemokratie“ Manins. Populistische Herrschaft wird zwangsläufig zur Herrschaft von „Cäsaren“, die über das Plebiszit autorisiert werden und mithilfe der Akklamation durch die Bürger immer mehr Macht an sich reißen können und schließlich kaum Machbeschränkungen erfahren. Organizistische Vorstellungen der Einheit von Volk und Machthabern legitimieren hier die autoritäre Herrschaft.
Dietmar Braun
Kapitel 10. Die Rechtfertigungsdiskurse autoritärer Herrschaft im Überblick und Vergleich
Zusammenfassung
Das Schlusskapitel des Buchs „Normative Theorien autoritärer Herrschaft“ fasst die Erkenntnisse über die verschiedenen Autoritarismustypen vergleichend zusammen. Was sind die Gemeinsamkeiten und Unterschiede autoritärer Herrschaft, vor allem gegenüber demokratischer Herrschaft. Hierbei wird zuerst die Unterteilung der Rechtfertigungsdiskurse nach normativen Zielen über ihre Darstellung in den Autoritarismustypen veranschaulicht. Als nächstes steht die Hervorhebung der grundlegenden Differenzen zur Idee der Volkssouveränität im Mittelpunkt wie die positive Einschätzung willkürlichen Regierens und die Hervorhebung des Kollektivs vor der individuellen Selbstentfaltung. Drittens werden die analysierten Legitimitätsdiskurse nach vier Legitimitätsprinzipien geordnet: das meritokratische Prinzip, das organizistische Prinzip, das Prinzip der persönlichen Eignung und das des fiktiven Machttransfers. Zuletzt werden die Gemeinsamkeiten im Denken über die nötige Herrschaftsorganisation autoritären Regierens dargestellt.
Dietmar Braun
Metadaten
Titel
Normative Theorien autoritärer Herrschaft
verfasst von
Prof. Dr. Dietmar Braun
Copyright-Jahr
2020
Electronic ISBN
978-3-658-29961-3
Print ISBN
978-3-658-29960-6
DOI
https://doi.org/10.1007/978-3-658-29961-3