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2024 | OriginalPaper | Buchkapitel

9. Notwendigkeit konzeptioneller Kompromisse und Reduzierung der Modellierungskomplexität in kooperativen Spielen zur Lösung betriebswirtschaftlicher Aufteilungsprobleme

verfasst von : Bastian Fromen

Erschienen in: Produktions- und Informationsmanagement

Verlag: Springer Fachmedien Wiesbaden

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Zusammenfassung

Für die Lösung betriebswirtschaftlicher Aufteilungsprobleme, die sich ergeben, wenn Akteure kooperieren und gemeinsam Kooperationserfolge erzielen, bietet die kooperative Spieltheorie ein umfangreiches Instrumentarium. Ein allgemein als Standard anerkanntes Lösungskonzept existiert indes nicht. Zum einen sind bei der Wahl des Lösungskonzepts konzeptionelle Kompromisse einzugehen, da sich wünschenswerte Eigenschaften einer Lösung in der Regel mathematisch widersprechen. Zum zweiten stellt die mit der Modellierung eines Aufteilungsproblems als kooperatives Spiel einhergehende Komplexität eine oft unterschätzte Herausforderung dar. Im vorliegenden Beitrag wird aus dem spieltheoretischen Modell heraus ein Ansatz entwickelt, mit dem für das Lösungskonzept des Nucleolus die Modellierungskomplexität reduziert werden kann, ohne dabei die strukturgebenden Faktoren des zugrunde liegenden Aufteilungsproblems außer Acht zu lassen. Da dieser Ansatz auf die Klasse der konvexen Spiele beschränkt ist, wir das Konzept der konvexen Erweiterung eines Spiels vorgestellt, mit Hilfe dessen der Ansatz heuristisch auf für nicht konvexe Spiele angewendet werden kann.

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Fußnoten
1
Eine detaillierte Darstellung des Problems der Verteilung von Kooperationserfolgen findet sich bei Zelewski (2009), S. 10 ff., sowie Jene (2015), S. 1 ff., Vgl. auch Fromen (2004), S. 11 ff.
 
2
Vgl. beispielsweise Wiese (2005), S. 5 ff.
 
3
Vgl. Fromen (2004), S. 44 ff.
 
4
Vgl. beispielsweise Müller (2019), S. 463 ff., oder die umfangreiche Sammlung von Beiträgen bei Müller & Trost (2018).
 
5
Vgl. Zelewski (2018), S. 216 ff.
 
6
Vgl. Zelewski (2018), S. 218.
 
7
Zur fundierteren Abgrenzung des Problems vgl. Zelewski (2018), S. 212, Jene (2015), S. 1 ff., Zelewski (2009), S. 60 ff., oder Fromen (2004), S. 30 ff. Die folgenden Ausführungen beschränken sich auf den Fall der Aufteilung eines positiven Kooperationserfolgs. Kostenaufteilungsprobleme oder vergleichbare Aufgaben, bei denen negative Größen zu verteilen sind, können leicht in die hier beschriebene Form überführt werden. Vgl. Young (1994), S. 1197 ff.
 
8
Es werden nur die sogenannten TU-Spiele (transferable utility games) betrachtet, also solche Spiele, bei denen Ausgleichszahlungen zwischen den Spielern möglich sind. Zur Abgrenzung vgl. etwa Wiese (2005), S. 257 ff.
 
9
Zu den Grundbegriffen der kooperativen Spieltheorie vgl. beispielsweise Müller (2019), S. 465 ff., Wiese (2005), S. 6 ff., Fromen (2004), S. 80 ff., Curiel (1997), S. 1 ff., oder Owen (1995), S. 11 ff.
 
10
Zur Theorie unvollständiger Spieler vgl. Wilson (1993), S. 371 ff., und Matsuya & Inuiguchi (2016), S. 281 ff. Unvollständige Spiele werden auch Spiele mit unvollständiger Information oder partiell definierte Spiele genannt.
 
11
Für \(K = 2^N\) entspricht das unvollständige Spiel dem bekannten Spiel des klassischen Modells der kooperativen Spieltheorie. Ein Spiel im klassischen Sinne wird hier vollständiges Spiel genannt.
 
12
Vgl. Matsuya & Inuiguchi (2016), S. 287. Die Definition ist technisch aufwendiger als die der Superadditivität für vollständige Spiele, da die Vereinigung zweier Mengen aus \(K\) nicht notwendig selbst in \(K\) enthalten ist. Inhaltlich entspricht sie aber dem bekannten Superadditivitätsbegriff des klassischen Modells.
 
13
Zu den Grundlagen konvexer Spiele vgl. beispielsweise Wiese (2005), S. 108 f.
 
14
Vgl. Wiese (2005), S. 106 ff., oder Matsuya & Inuiguchi (2016), S. 283.
 
15
Vgl. Gillies (1959), S. 50.
 
16
Vgl. Shapely (1971), S. 21.
 
17
Zur großen Anzahl von Lösungskonzepten vgl. beispielsweise Müller (2019), S. 480 ff., Wiese (2005), S. 143 ff., Fromen (2004), S. 95 ff., oder Curiel (1997), S. 5 ff.
 
18
Schon die Menge der vom klassischen Nucleolus abgeleiteten Lösungswerte ist unübersichtlich, z. B. Pre-Nucleolus, \(f\)-Nucleolus, Per-Captia Nucleolus, Nucleon oder Disruption-Nucleolus. Vgl. Fromen (2004), S. 125 ff.
 
19
Vgl. Shapley (1953), S. 307 ff., und beispielsweise Müller (2019), S. 488 ff.
 
20
Diese Eigenschaft wird auch Symmetrie genannt.
 
21
Es gibt weitere Axiomatisierungen des Shapley-Werts. Für einen Überblick vgl. Wiese (2005), S. 213 f.
 
22
Vgl. Young (1985), S. 70.
 
23
Zur strengen Monotonie vgl. Young (1985), S. 69, Müller (2019), S. 476, und Fromen (2004), S. 168.
 
24
Zu den spieltheoretischen Eigenschaften des Shapley-Werts vgl. Fromen (2004), S. 181 f.
 
25
Vgl. Shapley (1971), S. 29.
 
26
Es gibt verschiedene Ansätze, in Anlehnung an den Shapley-Wert ein vergleichbares Lösungskonzept auch für unvollständige Spiele zu definieren. Vgl. dazu Masuya & Inuiguchi (2016), S. 282, 297 ff. Das Problem der mangelnden Robustheit des Konzepts gegenüber Informationsdefiziten liegt aber in der Definition des Shapley-Werts begründet. Vgl. dazu Fromen (2004), S. 182.
 
27
Vgl. Schmeidler (1969), S. 1163 ff., Iñarra et al. (2020), S. 227 f., und beispielsweise Müller (2019), S. 494 ff.
 
28
Zu den spieltheoretischen Eigenschaften des Nucleolus vgl. Fromen (2004), S. 185 ff.
 
29
Vgl. Behringer (1977), S. 345 f.
 
30
Vgl. Fromen (2004), S. 203 ff.
 
31
Vgl. Reijnierse & Potters (1998), S. 81.
 
32
Einen abweichenden Ansatz zur Definition des Nucleolus eines unvollständigen Spiels verfolgen Masuya & Inuiguchi (2016), S. 301 ff.
 
33
Dies ergibt sich unmittelbar aus bekannten Eigenschaften der linearen lexikographischen Optimierung. Die sich aus dem Nucleolus-Problem ergebende lexikographisch zu minimierende Zielfunktion ist linear in \(x\) und hat durch die Berücksichtigung der Einerkoalitionen vollen Rang. Vgl. Fromen (2004), S. 201 f. Damit ist die Funktion injektiv. Existenz und Eindeutigkeit ergeben sich aus Behringer (1977), S. 345 f.
 
34
Es ist unmittelbar klar, dass der erweiterte Nucleolus für \(K=2^N\) dem klassischen Nucleolus entspricht.
 
35
Vgl. Tijs (1981), S. 123 ff., oder beispielsweise Müller (2019), S. 500 ff. Für eine ausführliche Diskussion des \(\tau\) -Werts vgl. Zelewski (2018), S. 224 ff., Jene (2015), S. 205 ff., und Zelewski (2009), S. 91 ff.
 
36
Vgl. Driessen & Tijs (1984), S. 253, oder Müller (2019), S. 502.
 
37
Die Begrenzung auf quasi-balancierte Spiele kann überwunden werden durch die Nutzung des sogenannten \(\chi\) -Werts, der eng mit dem \(\tau\)-Wert verwandt ist. Vgl. Bergatiños & Massó (1996), S. 279 ff., und Jene (2015), S. 128 ff.
 
38
Zu spieltheoretischen Eigenschaften des \(\tau\)-Werts vgl. Fromen (2004), S. 187 f. Durch den Charakter als Kompromisswert erfüllt er neben der Koalitionsrationalität weitere typische spieltheoretische Eigenschaften nicht.
 
39
Vgl. Zelewski (2009), S. 90 ff. und 129 ff., sowie Jene (2015), S. 217 ff.
 
40
Vgl. dazu die sich teilweise überschneidenden, aber insgesamt unterscheidenden Anforderungskataloge bei Müller (2019), S. 469 ff., Zelewski (2018), S. 215 ff., Jene (2015), S. 122 ff. und 289 ff., sowie Fromen (2004), S. 143 ff.
 
41
Vgl. dazu beispielsweise die Kritik bei Zelewski (2018), S. 216, 221.
 
42
Vgl. Zelewski (2018), S. 216 ff.
 
43
Vgl. ebenda.
 
44
Vgl. Young (1994), S. 1194.
 
45
Vgl. Young (1985), S. 68, oder Müller (2019), S. 476 f.
 
46
Vgl. Young (1985), S. 69.
 
47
Vgl. Young (1985), S. 70.
 
48
Diese Erkenntnis ist vergleichbar mit dem Unmöglichkeitssatz von Arrow, der auf Basis unmittelbar nachvollziehbarer Anforderungen die Unmöglichkeit der perfekten Demokratie bewiesen und auch hier die Notwendigkeit von konzeptionellen Kompromissen aufgezeigt hat. Vgl. Arrow (1950), S. 342.
 
49
Vgl. dazu Fromen (2004), S. 179, 186 f., und Maschler (1992), S. 619.
 
50
Vgl. Fromen (2004), S. 30 f., basierend auf Rawls (1977), S. 28 f., 81, 132.
 
51
Dieses Problem ist etwa im deutschen Steuersystem zu beobachten, das vereinfacht als, wenn auch sehr kompliziertes, Aufteilungsproblem angesehen werden kann. Die Aufnahme zusätzlicher Sonderregelungen, die individuell betrachtet gerechtfertigt sein können, verkompliziert das Gesamtsystem weiter und trägt damit nach Rawls’ Fairness-Verständnis nicht zu einer verbesserten Fairness bei. Vielmehr bewirkt sie das Gegenteil: Das System büßt Akzeptanz ein, da die Anzahl derer, die es noch verstehen können, oder der Anteil des Systems, der noch verständlich ist, abnehmen.
 
52
Vgl. dazu auch Zelewski (2018), S. 216 f., 221.
 
53
Vgl. Jene (2015), S. 287 ff.
 
54
Vgl. Zelewski (2009), S. 129 ff.
 
55
Vgl. Hubermann (1980), S. 420.
 
56
Vgl. dazu beispielsweise Wiese (2005), S. 310 ff., oder Hubermann (1980), S. 418 f.
 
57
Vgl. Hubermann (1980), S. 417.
 
58
Zur Auswirkung der Reduzierung zu betrachtender Koalitionen bei der Berechnung des Nucleolus als lineares lexikographisches Optimierungsproblem vgl. Fromen (2004), S. 195 ff.
 
59
Damit erklärt sich der oben verwendete Begriff des Vertreterspiels. Es handelt sich formal um ein Spiel derselben Äquivalenzklasse.
 
60
Für die Lösung ist nicht relevant, ob noch weitere, nicht essentielle Koalitionen in \({\cal K}_v^*\) enthalten sind. Sie würden lediglich den Modellierungs- und Rechenaufwand erhöhen, die Lösung aber nicht verändern. Es würde sich um Spiele in derselben \({\cal N}\)-Äquivalenzklasse handeln.
 
61
Vgl. Reijnierse & Potters (1998), S. 81.
 
62
Aufgrund der großen Zahl von Koalitionen ist nicht beabsichtigt, das Ausgangsproblem durch ein vollständiges kooperatives Spiel tatsächlich zu modellieren. Es genügt zu unterstellen, dass die vollständige Modellierung zu einem konvexen Spiel führen würde, weil im Realproblem beispielsweise klar ist, dass die Skaleneffekte mit zunehmender Koalitionsgröße nicht abnehmen.
 
63
Es ist zu beachten, dass die konvexe Erweiterung hier nur für vollständige Spiele definiert wird. Eine Verallgemeinerung ist für den hier verfolgten Zweck nicht erforderlich und wäre, wie die Definition der Superadditivität auf der Klasse der unvollständigen Spiele gezeigt hat, technisch sehr aufwendig.
 
64
Vgl. Fromen (2004), S. 212.
 
65
Für die konvexe Erweiterung sind weitere Anwendungen denkbar. So ist beispielsweise die Existenz des \(\tau\)-Werts auf der Klasse der konvexen Spiele stets gewährleistet, und der Nucleolus weist für konvexe Spiele zahlreiche weitere wünschenswerte Eigenschaften auf. Vgl. Fromen (2004), S. 140 f. Eine weitergehende Diskussion muss aufgrund der hier gebotenen Kürze zukünftigen Untersuchungen vorbehalten bleiben.
 
Literatur
Zurück zum Zitat Hubermann, G. (1980). The nucleolus and the essential coalitions. In A. Bensoussan & J. L. Lions (Hrsg.), Analysis and Optimization of Systems: Proceedings of the Fourth International Conference on Analysis and Optimization of Systems Versailles, 1980 (Bd. 28, S. 416–422). Springer. https://doi.org/10.1007/BFb0004057 Hubermann, G. (1980). The nucleolus and the essential coalitions. In A. Bensoussan & J. L. Lions (Hrsg.), Analysis and Optimization of Systems: Proceedings of the Fourth International Conference on Analysis and Optimization of Systems Versailles, 1980 (Bd. 28, S. 416–422). Springer. https://​doi.​org/​10.​1007/​BFb0004057
Zurück zum Zitat Maschler, M. (1992). The bargaining set, kernel, and nucleolus. In R. J. Aumann & S. Hart (Hrsg.), Handbook of Game Theory 1 (S. 591–667). Elsevier Science Publishers. Maschler, M. (1992). The bargaining set, kernel, and nucleolus. In R. J. Aumann & S. Hart (Hrsg.), Handbook of Game Theory 1 (S. 591–667). Elsevier Science Publishers.
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Zurück zum Zitat Rawls, J. (1977). Gerechtigkeit als Fairness. Alber. Rawls, J. (1977). Gerechtigkeit als Fairness. Alber.
Zurück zum Zitat Tijs, S. H. (1981). Bounds for the core and the \(\tau\)-value. In O. Moeschlin & D. Pallaschke (Hrsg.), Game Theory and Mathematical Economics (S. 123–132). North-Holland. Tijs, S. H. (1981). Bounds for the core and the \(\tau\)-value. In O. Moeschlin & D. Pallaschke (Hrsg.), Game Theory and Mathematical Economics (S. 123–132). North-Holland.
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Zurück zum Zitat Zelewski, S. (2018). Fair distribution of cooperation gains in supply chains: A justification program from an economic point of view. In D. Müller & R. Trost (Hrsg.), Game Theory in Management Accounting — Implementing Incentives and Fairness (S. 211–234). Springer. https://doi.org/10.1007/978-3-319-61603-2_10 Zelewski, S. (2018). Fair distribution of cooperation gains in supply chains: A justification program from an economic point of view. In D. Müller & R. Trost (Hrsg.), Game Theory in Management Accounting — Implementing Incentives and Fairness (S. 211–234). Springer. https://​doi.​org/​10.​1007/​978-3-319-61603-2_​10
Metadaten
Titel
Notwendigkeit konzeptioneller Kompromisse und Reduzierung der Modellierungskomplexität in kooperativen Spielen zur Lösung betriebswirtschaftlicher Aufteilungsprobleme
verfasst von
Bastian Fromen
Copyright-Jahr
2024
DOI
https://doi.org/10.1007/978-3-658-46113-3_9

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