2018 | OriginalPaper | Buchkapitel
Notwendigkeit und Möglichkeit der Utopie
verfasst von : Thomas Metscher
Erschienen in: Der aufrechte Gang im windschiefen Kapitalismus
Verlag: Springer Fachmedien Wiesbaden
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Der Aufsatz behandelt ein Thema, das seit Morus’ Utopia von 1516 in der Geschichte europäischen Denkens bis in das 20. Jahrhunderts hinein eine hohe Bedeutung besaß: den Begriff einer Gesellschaft, die so verfasst ist, dass in ihr die Krisen und Katastrophen einer als defizitär erfahrenen Gegenwart als durch rationales Handeln gelöst oder lösbar erscheinen. Mit der globalen Durchsetzung eines entfesselten Kapitalismus und dem Zusammenbruch einer ihrem Anspruch nach sozialistischen Gegengesellschaft wird von einem „postapokalyptischen Zeitalter“ gesprochen. Wer eine Erneuerung des utopischen Denkens für unverzichtbar hält, hat es schwer. Ein geschichtsteleologischer Optimismus ist angesichts der Dominanz ökonomischer Macht so wenig möglich wie der Rückgriff auf konservative Konzepte einer im Kern intakten Weltordnung oder die Wiederbelebung der traditionellen Utopie. Angesichts der heute gegebenen geschichtlichen Lage, die so anders ist als von Marx und Engels erwartetet, ist die Überzeugung der Hinfälligkeit der Utopie durch die Entwicklung des Sozialismus zur Wissenschaft zu revidieren – nicht im Sinne einer Rückkehr zum Utopiebegriff des vormarx’schen Sozialismus, auch nicht im Sinne des metaphysisch grundierten Utopiebegriffs von Ernst Bloch, sondern im Sinn einer Denkmöglichkeit, die der materialistische Geschichtsbegriff selbst bereitstellt.