Erreicht der E-Lkw-Akku sein Lebensende, hat das Fahrzeug noch einen erheblichen Restwert. Das Management des Batteriewerts über den gesamten Lebenszyklus ist daher unerlässlich, wie eine aktuelle Studie verdeutlicht.
Der Anteil an neu zugelassenen E-Lkw wächst. Mit der Umstellung von dieselbetriebenen Lastwagen auf batterieelektrische Fahrzeuge, ändert sich aber nicht nur die Technologie. Auch bei der Nutzung der batterieelektrischen Lkw sind neue Ideen und Strategien gefragt. Denn: Die Traktionsbatterie löst den Dieselmotor als wertvollste Einzelkomponente eines Lkw ab.
Wie Berylls Strategy Advisors in der Studie "Battery Lifetime Value: How Energy Storage will Determine the Life Cycle of Electric Trucks" erklärt, macht bei einer Sattelzugmaschine im Fernverkehr mit 600 kWh Batteriekapazität der Energiespeicher 60 % der gesamten Produktkosten aus. "Auch wenn dieser Anteil sinken wird, haben die Batterien einen massiven Einfluss auf den Wert von Elektro-Lkw während ihres gesamten Lebenszyklus", so Berylls. Hier komme ein gravierender Unterschied zum Diesel-Lkw zum Tragen: Die Lebensdauer von Fahrzeugen und ihren wichtigen Komponenten, wie der Batterie, ist zukünftig nicht mehr synchron.
Restwert von E-Lkw und Batterie getrennt betrachten
Nach Ansicht von Berylls Strategy Advisors findet diese Erkenntnis bislang zu wenig Beachtung. Dabei sei dies ein radikaler Bruch mit bisherigen Verhältnissen: Denn der Restwert von Fahrzeug und Batterie müsse fortan getrennt betrachtet werden. "Das gezielte Management des Batteriewerts über den Lebenszyklus ist deshalb ein Muss für die Zukunft und weicht fundamental vom gelernten Umgang mit gebrauchten Diesel-Lkw ab", heißt es. Schließlich sei der Energiespeicher die wertvollste Einzelkomponente eines batteriebetriebenen Lkw. Er bestimme nicht nur den Wert des neuen Lkw, sondern auch erheblich den Restwert des gebrauchten.
Berylls-Truck-Experte Steffen Stumpp präzisiert das: "Anders als bei dieselbetriebenen Fahrzeugen gibt es beim Verschleiß oder der Degradation keine Parallelität zwischen dem Fahrzeug und seiner wertvollsten Komponente. Während die Batterie nach acht oder spätestens zehn Jahren ihr Lebensende erreicht, hat der Lkw nach diesem Zeitraum noch einen Restwert zwischen 25 und 50 Prozent, je nach Anwendung und Spezifikation."
Zugriff auf gebrauchte Lkw-Akkus sicherstellen
Dazu kommt: Es gibt keine Proportionalität zwischen der Degradation und dem Wertverlust der Lkw-Batterie. "Auch wenn ihr State of Health (SoH) nach acht Jahren noch 80 Prozent beträgt, endet ihr erstes Leben, da sie ihren ursprünglichen Zweck nicht mehr erfüllt. Doch eine gebrauchte Lkw-Batterie ist alles andere als wertlos: Second-Life-Anwendungen bieten verschiedene Möglichkeiten, den potenziellen Zeitwert des Akkus durch einen weiteren Lebenszyklus in einen Gewinn umzumünzen", heißt es von Berylls. Zudem lasse sich durch das Recycling der Batterie ihr Materialwert nutzen, unter der Voraussetzung, dass die Rohstoffpreise zum Zeitpunkt des Recyclings hoch genug sind, um den Logistik- und Recyclingaufwand zu rechtfertigen.
Wichtig ist daher die Kontrolle und das Management der Batterie seitens der Truck-OEMs. "Es liegt auf der Hand, dass das Management des Batteriewerts über die Lebensdauer ein wesentlicher Erfolgsfaktor im Zeitalter der emissionsfreien Fahrzeuge ist. Darum müssen die Lkw-Hersteller sicherstellen, dass sie am Lebensende Zugriff auf die Akkus haben. Denn selbst ihr Recycling- oder Materialwert ist hoch", so Steffen Stumpp. Eine Prognose, welche Lebenszyklusoptionen künftig die besten sein werden, sei derzeit jedoch noch nicht möglich, schließlich würden hier verschiedene, nicht vorhersehbare Einflüsse eine Rolle spielen.
Mit Truck-as-a-Service die Kontrolle behalten
Entsprechend empfiehlt Berylls, dass Truck-OEMs baldmöglichst die erforderlichen Geschäftsmodelle und Prozesse implementieren. Dazu gehörten Methoden zur Messung und Steuerung des Batteriewerts über die Zeit oder die Fernüberwachung der Akkus inklusive einer permanenten Zustandsanalyse, um eine Transparenz über den Gesundheitszustand während des gesamten Lebenszyklus zu schaffen. Mit Vertriebsmodellen wie Battery-as-a-Service und/oder Truck-as-a-Service lasse sich die Kontrolle über den kompletten Lebenszyklus behalten.
Auch sollte laut Berylls ein Angebot für Ersatzbatterien geprüft werden, um gebrauchte Lkw mit hohem Restwert, wie beispielsweise Betonmischer, nach einem First-Life im Verkehr halten zu können. Und schließlich müssten sich die Hersteller mit der Entwicklung und Umsetzung von Recycling- und Aufbereitungsmöglichkeiten zu vertretbaren Kosten auseinandersetzen.