Um Formteile leichter aus Spritzgießwerkzeugen entfernen zu können, haben Wissenschaftler eine Beschichtung mittels Sol-Gel-Technologie realisiert, welche sich sogar bei bereits eingebauten Werkzeugen anwenden lassen soll.
Ein typisches Verfahren des Urformens aus dem plastischen oder teigigen Zustand ist das Spritzgießen. In "Einführung in die Fertigungstechnik" beschreiben die Springer-Autoren Ralf Förster und Anna Förster die dabei aufeinander folgenden Abläufe en détail. Schließlich: "Nach dem Abkühlen des Werkstoffes und dem Öffnen der Spritzgussform kann das Bauteil entnommen bzw. ausgeworfen werden" (Seite 29)
Um nun Formteile leichter aus Spritzgießwerkzeugen entfernen zu können, haben Wissenschaftler der Industrieforschungseinrichtung Innovent in Jena, einem Gründungsmitglied der Deutschen Industrieforschungsgemeinschaft Konrad Zuse, nach eigenen Angaben eine Beschichtung der Werkzeugeinsätze auf Sol-Gel-Basis realisiert. Ziel der Entwicklung war es, die Produktivität und die Werkzeugstandzeit zu steigern sowie Ausschussraten und Energiekosten zu senken.
Mit seinem Buch "The Sol-to-Gel Transition" hat Springer Autor Plinio Innocenzi von der Universität Sassari eine ausführliche Darstellung des Sol-Gel-Übergangs in anorganischen und hybriden organisch-anorganischen Systemen vorgelegt. Als Quintessenz kommt Innocenzi darin zu dem Schluss, dass der Sol-Gel-Prozess heutzutage als ein fast allgegenwärtiger Prozess in der Nanochemie zur Herstellung einer Vielzahl unterschiedlicher Materialien in Form von Filmen, Membranen, Nanopartikeln, Aerogelen, meso- und mikroporösen oder selbstorganisierten Materialien anzusehen sei (Seite 97).
Vielseitiges Verfahren
Deshalb, so die Wissenschaftler von Innovent, sei wohl kaum ein Beschichtungsverfahren so vielseitig wie die Sol-Gel-Technik, mit der sich einerseits so unterschiedliche Substratmaterialien wie Glas, Metalle, Polymere oder auch Textilien beschichten und zum anderen über eine definierte Einstellung der Reaktionsbedingungen unter Verwendung einer Vielzahl möglicher Precursoren und Zusätze eine sehr große Bandbreite an Schichteigenschaften gezielt einstellen ließen.
Konkret: Über einen Auftrag der Sole mittels Sprühdüse können somit anwendungsnah Beschichtungen auf Werkzeugeinsätze aufgebracht werden, ohne diese aus deren Halterung ausbauen zu müssen, heißt es in einer Mitteilung der Industrieforschungseinrichtung. Eine Integration des Beschichtungsvorganges in den Reinigungszyklus der Werkzeuge (wobei diese ohnehin ausgebaut werden) sei ebenfalls möglich.
Effektivität der Sol-Gel-Beschichtungen
Mit den beschichteten Werkzeugeinsätzen ließ sich die benötigte Entformungskraft generell deutlich reduzieren, durchschnittlich um 40 Prozent, fanden die Entwickler heraus. Dieser Effekt fiel jedoch abhängig von der eingesetzten Formmasse sowie der Rauheit der Substratoberfläche sehr unterschiedlich aus. Für Formteile aus Polyamid ergab sich das höchste Potential.
Für die Beschichtung von Werkzeugen und deren Komponenten hält Innovent mehrere stabile Sole für Anwender bereit, aus denen haftfeste sowie trennaktive Schichten generiert werden könnten. Diese ließen sich im Bedarfsfall über ein eigens ausgearbeitetes Regime auch wieder entfernen. Mittels angepasster Schichtanalytik könne eine Überwachung des Zustandes der Beschichtung am eingebauten Werkzeug erfolgen.