Durch den vermehrten Einsatz von Hüftprothesen in den letzten Jahren ist auch die Häufigkeit aseptischer Prothesenlockerungen gestiegen. Eine biologisch aktive Beschichtung soll Implantate jetzt besser einwachsen lassen.
Beispiel für ein Hüftgelenkspfannenimplantat (Accolade II)
Stryker European Operations B.V.
Der Einsatz von Hüftprothesen ist in den vergangenen zehn Jahren innerhalb der Europäischen Union stark gestiegen – vor allem in Österreich und Deutschland mit 300 Implantaten pro 100 000 Einwohner. Damit hat auch die Häufigkeit aseptischer Entzündungsprozesse zwischen Knochen und Implantat, verbunden mit einer Lockerung der Prothese, zugenommen. Die Folge ist eine verkürzte Lebensdauer des Hüftgelenks. Ein Konsortium von elf Forschungs- und Industriepartnern hat sich unter der Leitung des Fraunhofer-Instituts für Produktionstechnologie IPT aus Aachen nun zusammengeschlossen, um eine neue Generation von Endoprothesen zur Behandlung aseptischer Lockerungserkrankungen zu entwickeln.
Das EVPRO-Projekt startete im Januar 2019 und wird von der Europäischen Union im Programm Horizon 2020 mit insgesamt 5,8 Millionen Euro gefördert. Ziel des Forschungsprojekts ist es, der verkürzten Lebensdauer von Hüftrevisionsprothesen entgegenzuwirken und das Entzündungsrisiko zu reduzieren. Die elf Projektpartner aus vier Ländern wollen so die Mobilität älterer Menschen und damit ihre Lebensqualität und ihr Wohlbefinden verbessern, indem sie Komplikationen im Zusammenhang mit implantierten Gelenkprothesen verringern und die Anzahl nachfolgender medizinischer Behandlungen reduzieren. Die Partner erwarten, dass die Ergebnisse von EVPRO zu einer deutlichen Abnahme aseptischer Lockerungen beim Gelenkersatz führen werden.
Stärkere Verbindung zwischen Implantat und Knochen
Die Forscher entwickeln im Projekt EVPRO biologisch aktive Beschichtungen für die Hüftrevisionsendprothese, die in der Lage sind, Entzündungen an der Oberfläche der Endoprothese zu kontrollieren und die Knochenregeneration zu fördern. Die Beschichtung kombiniert ein neues bioaktives, adaptives, nano-funktionalisiertes, abbaubares Biomaterial mit extrazellulären Vesikeln, das in eine beständige knocheninstruktive, mikro- und nanoporöse TiO2-Oberfläche integriert ist. Diese Beschichtungen werden an der Schnittstelle zwischen Implantat und entzündetem Gewebe eingebracht, um Entzündungen wahrzunehmen und selbstregulierend zu modulieren. Darüber hinaus können knochenbildende Zellen, sogenannte Osteoblasten, in die Beschichtung migrieren und einwachsen und so die Verbindung des Implantats mit dem Knochen stärken. Dies verbessere nicht nur die Heilung, sondern verlängere auch die Gesamtlebensdauer des Implantats. Langfristig erwarten die Forscher, dass die Zahl der Operationen zum Ersatz abgenutzter Implantate abnehme und sich dies positiv auf die Dauer der erforderlichen Krankenhausaufenthalte und die Verschreibungen teurer Medikamente auswirke.